Ich stimme dem Thread-Eröffner zu. Was ich vor allem wahrzunehmen glaube, ist eine Verflachung des Sortiments. Wenn ich mal bei Toys„R“Us bin, finde ich zwar eine riesige Fläche, die aber in wenige Themen gegliedert ist. 12 laufende Meter Barbie, 12 laufende Meter irgendwelche Fantasy-Figuren usw.
Aber ich möchte spaßeshalber mal den Ketzer spielen:
– Unsere Spielwaren waren vergleichsweise teuer und schlecht. Ich erinnere mich beispielsweise an einen Schuco-Rettungswagen mit Kabelfernsteuerung, der damals sage und schreibe 55 Mark kostete. Der Spielwert war enttäuschend, ein Manövrieren kaum möglich.
– Modellbau: Mein erstes Modell war die kleine Jacht Graupner Carina für 25 Mark. Hinzu kamen ein Motor (5 Mark) und natürlich der Beschlagsatz, bestehend aus ein paar Pfennigteilen, die aber insgesamt 12 Mark kosteten. Im Rückblick eine Frechheit. Der Bausatz war ein Bündel Brettchen und Leisten, Vorfertigungsgrad nahe null. Die wenigen „gestanzten“ Holzteile hat mir mein Vater dankenswerterweise mit der Laubsäge ausgelöst. Das würde heute keiner mehr akzeptieren.
– Metallbaukasten: Jeder Junge hatte so einen. Das gehörte einfach dazu. Die Anwaltssöhne hatten einen größeren, ich hatte einen kleineren. Aber ehrlich gesagt: Geliebt habe ich ihn nie. Wer schraubt den ganzen Käse wieder auseinander?
– Fischertechnik: Habe ich geliebt! Ach, was waren das für wunderbare Stunden! Funktional und stabil wie ein Metallbaukasten, aber schneller und flexibler beim Konstruieren und Zerlegen. War allerdings damals schon frech teuer. Der kleine der beiden Motoren kostete im Jahr 1977 stolze 25 Mark! Fischertechnik hat heute noch jung Fans.
– Lego: Braucht man nicht drüber reden. Konzeptloses Rumrudern zwischen Weltraumkrieg und Fantasy-Schmarrn.
– Die Gute Wilesco-Dampfmaschine: Die hatte damals auch jeder Junge, ich habe meine heute noch. Aber mal ganz ehrlich: Wo war der Spielwert? Wenn ich sie heute für meinen Neffen anschmeiße, bin ich mehr fasziniert als er. Die kleinen Kolben, die Pfeife, das „schnuf-schnuff-schnuff … Aber dann? Gut, auf der Bügelsäge kann man Streichhölzer zerkleinern, auf der Säulenbohrmaschine Wellpappe bohren. Und am Schluss die Putzerei!
– Chemie-Experimentierkästen: Wurde gekauft, „damit der Bub was lernt“. Wenn der Bub aber die Experimente mit Knall-, Rauch und Leuchteffekten einmal durchhatte, also am zweiten Weihnachtsfeiertag, da waren die Reagenzien leer, und der Kasten landete auf dem Dachboden.
– Elektronik: Siehe oben. Ich selbst habe zwar die Elektronik als Beruf gewählt, aber aus den Kästen habe ich nichts gelernt. Die Kästen müssen den Spagat zwischen Spannung, Spiel und Wissensvermittlung schaffen. Das gelingt nicht.
– Plastikmodellbau: Ich habe 1:24-Automodelle von Revell gebaut, weil die fertigen Metallmodelle einfach zu teuer waren. Anders ausgedrückt: Ich wollte nicht basteln um des Bastelns willen, sondern ich wollte ein Auto. Und mal ehrlich: Wie viele von den Dingern wurden wirklich fertig?
– Wie oben schon gesagt: Zum Modellbau bzw. Basteln bin ich eher „aus der Not“ gekommen.
Dasselbe gilt übrigens für den Bereich der sogenannten Hobbyelektronik. Vor 25 Jahren waren viele technisch interessierte Jugendliche und Erwachsene in der Elektronik unterwegs. In größeren Kaufhäusern gab es ganze Regale mit Elektronikbausätzen (wie es sie heute nur noch bei Conrad und Co. gibt). Aber auch hier galt: Die Leute waren nicht an der eigentlichen Elektronik interessiert, sondern am Endprodukt. Das waren zum Beispiel:
Dimmer, Drehzahlregler für die Bohrmaschine, Dämmerungsschalter für das Außenlicht, Belichtungsmesser für das Fotolabor, kleine Mischpulte für die Tonfilmer, größere Mischpulte für die Hobbymusiker und natürlich Musikverstärker.
Will sagen: Jede Zeit hat ihre Spielwaren. Und das ist nicht von Grund auf schlecht.
Es galt und gilt wie beim Fernsehen: Die schlauen Kinder werden schlauer, die dummen Kinder werden dümmer.
Da darf man sich nicht mit Gewalt dagegenstemmen. Persönliches Negativbeispiel: Ich kaufe meiner Tochter einen wunderhübschen Kaufladen, mit rotweißer Markise, einer Balkenwaage, vielen kleinen Schubladen und einer Kasse, die an der Seite eine kleine Kurbel hat und beim Öffnen lustig klingelt. Natürlich alles politisch korrekt aus Holz.
Das arme Kind wusste natürlich nichts damit anzufangen. Einkaufen im Jahr 2011 geht halt anders. Mit Förderband und Scanner an der Kasse. Mit Einkaufswagen, Regalen und Kühltruhen.