Neubauvorstellung CHICKIE IV

molalu

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Die Zeiten lassen es zu noch mehr Zeit im Werkraum zu verbringen, aber auch das zu Papier zu bringen, was in den letzten Monaten an Neubauten entstanden ist. Ich möchte hier gerne meinen Neubau einer CHICKIE IV vorstellen - das Modell eines Gentlemanracers, das schon seit vielen Jahren auf dem Markt ist und das in unterschiedlichen Qualitäten, mit unterschiedlichen Motorisierungen und unterschiedlichsten Ausstattungen gebaut.
Eigentlich habe ich die CHICKIE IV deshalb immer als langweilig angesehen und einen weiten Bogen drumrum gemacht. Bis mich im Mai 2020 mein Freund Charles anschrieb und mir den Rumpf-Rohbau einer CHICKIE IV zum Kauf und zum Weiterbau anbot. Ich habe mich weiterhin gesträubt, aber Charles ist ein guter Verkäufer und hat mir die CHICKIE IV dermaßen schmackhaft gemacht, das ich letztlich zugesagt habe. Vielleicht auch um vor Charles meine Ruhe zu haben😉.

Nachdem auch die Preisverhandlungen erfolgreich abgeschlossen waren, brachte mir Charles nicht nur den perfekt gebauten Rumpf-Rohbau, sondern auch noch ein Sammelsurium an Beschlagteilen, den 355er Plettenberg Bürstenmotor, die Antriebswelle, und, und, und.

Als erstes wurden alle Messingbeschlagteile beiseite gelegt, weil für mich nur verchromte Beschläge in Frage kamen. Danach gab ich bei meinem Freund Franz einen Motorträger aus 5mm Carbon in Auftrag, weil mir der von Charles angelieferte Motorträger aus 2mm GFK letztlich zu wacklig erschien.

Im nächsten Schritt beschäftigte ich mich mit den Bauplänen, die vermutlich in den 90-iger Jahren der Zeitschrift "SchiffsModell" beilagen, oder beim Verlag käuflich erworben werden konnten. Irgendwann konnte man auch einen Frästeilesatz erwerben. Aus so einem Frästeilesatz ist auch der jetzt in meinen Händen befindliche Rumpf entstanden.


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Oben der Rumpf im Rohbau, wie von Charles übernommen. Darunter 2 Bildausschnitte des Original Bauplans aus der "SchiffsModell".

Im nächsten Schritt habe ich die Position des Motors bestimmt und die Länge das Stevenrohr mit 4,7mm Flexwelle festgelegt. Dann das Stevenrohr mit dem Gasbrenner erhitzt und die passenden Biegungen vorgenommen, damit die Position des Struthalters im Rumpfausschnitt passte.


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Der Strut des Wellenendstücks wird im Rumpf von 2 Winkelstücken aus einem leichten Kunststoff (weiß) in der passenden Höhe per Imbusschraube gepresst und fixiert. Parallel habe ich die Seitenwände des späteren Cockpits aus 2mm Mahagoni angebracht und im Rumpfboden 2 Halterungen für die spätere Befestigung des Cockpit-Bodens eingeleimt.

Das letzte Foto greift dem zwar vor, aber der nächste Arbeitsschritt war es das komplette Unterwasserschiff mit 55-iger Glasgewebe von R&G zu belegen. Ich Benenne an dieser Stelle die Firma R&G, weil ich seit vielen Jahren für das Arbeiten mit Harzen und Geweben ausschließlich auf die R&G Produkte zurückgreife, weil mich bei vielen Bauprojekten die Produkt-Qualität überzeugt hat. Sicherlich gibt es auch andere Anbieter, wie z.B. HP-Textiles, die vergleichbar gute Produkte anbieten.


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Nach dem Aushärten des Glasgewebes nass schleifen mit 240er Nasschleifpapier und anschließend eine weitere Schicht Epoxid, um die letzten Unebenheiten auszugleichen und eine perfekte Grundlage für die spätere Lackierung herzustellen. Nach dem aushärten wieder in 2 Arbeitsschritten nass schleifen. 1. Gang 240er - 2. Gang 300er.

Nachdem diese Arbeiten erledigt waren, kam der aufwendigste Arbeitabschnitt - das Belegen des Rumpfes mit Mahagonileisten in der Materialstärke 20 x 2mm. Charles hatte mir von diesen Leisten so viele mitgebracht, man beachte - jede Leiste 3mtr. lang, dass ich in meinem Leben keine Mahagonileisten mehr kaufen muss.
Durch die Materialstärke von 2mm waren die Leisten extrem schwer anzubringen. Die Verwölbungen der Rumpfseiten sind dreidimensional und weil die Leisten so störrisch waren, musste ich schweres Gerät einsetzen, weil die bei Modellbauern üblichen Klemmzangen ihren Dienst versagten und die Spannung der Leisten nicht halten konnten.
Ich entschied mich für Grimpzangen in unterschiedlichen Breiten, wie sie z.B. im PKW Karrosseriebau verwendet werden. Die Spannung dieser Zangen ist individuell regulierbar und das passte dann schlußendlich perfekt für meine Bedürfnisse.


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Ich benötigte in Verbindung mit den Zeiten fürs Aushärten des Leims rund 2 Wochen, um den Rumpf incl. Heckspiegel zu belegen. Charles hatte einen ausgezeichneten Holzlieferanten gefunden, denn die Leisten waren an den Schnittkanten nicht "ausgefranst" und ich konnte Leiste für Leiste bündig verleimen. Auch die Qualität des Mahagoni war hervorragend, was sich bei der späteren erneuten Epoxid-Versiegelung herausstellen sollte.

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Die Rumpfbeplankung war nach 2 Wochen erledigt. Leider fand ich doch den einen oder anderen "Schlitz", also Stellen, an denen die Leisten nicht bündig geschlossen haben. Da habe ich in die Trickkiste gegriffen und die offenen Stellen habe ich mit Mahagoni-Kit verschlossen und nach kurzer Trockenzeit verschliffen (nur mit geübtem Auge sichtbar). Im nächsten Schritt kam der 1. Epoxid-Anstrich dran und dann, wie auch beim Unterwasserschiff, aushärten lassen, nass schleifen und finaler, 2. Epoxid-Anstrich mit erneuten 2 Schleifgängen.
Ohne diesen Aufwand mit den Epoxid-Versiegelungen wäre es unmöglich den Rumpf final mit 2K klar zu lackieren. Das Mahagoni würde den Klarlack wie ein Schwamm aufsaugen.


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Im nächsten Bauabschnitt wollte ich die beiden Klappen auf Deck anfertigen, weil später mal darunter 90% der Antriebs- und RC-Technik sitzen, die gut zugänglich sein sollte. Weiterhin wurde das Deck für die Beplankung mit 1,5mm Flugzeug-Sperrholz vorbereitet. d.h., die offenen Bereiche zwischen den Decksbalken habe ich mit 10mm Balsahölzern verschlossen und an Stellen, wo ich wuste, da wird später geschraubt oder genagelt, kam Fichtenholz zum Einsatz.

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Der eigentliche Plan war es die CHICKIE IV gem. Bauplan mit einem Deck aus Ahornleisten mit schwarzer Kalfaterung belegen. Klassischer Baustil mit breiten Mahagoni-Randleisten und einer mitleren Königsleiste, ebenfalls aus Mahagoni.
Gesagt getan - aber dann die große Überraschung und der Beginn einer lang anhaltenden Frustphase.
Was war geschehen?
Ich hatte in meinem "Holzlager" einen Restbestand an Ahornleisten, der exakt ausreichte, um eine Seite des Decks damit zu belegen. Die restlichen Leisten habe ich bei meinem langjährigen Lieferanten Arkowood nachbestellt und relativ schnell verarbeitet. Das Deck sah traumhaft aus.
Danach wieder das selbe Procedere wie beim Rumpf = 1. Anstrich Epoxid. Als ich am nächsten Tag in meine Werkstatt komme und sehe was mit dem Deck passiert ist, war meine Bau-Euphorie für die CHICKIE IV bei null.
Holz ist bekanntlich ein Naturmaterial (5 Euro fürs Phrasenschwein). Ich habe Ahornleisten aus 2 unterschiedlichen Chargen verarbeitet. Keine Ahnung - der eine Ahorn zu schnell oder zu langsam gewachsen, der andere Ahorn zu viel oder zu wenig Harzanteil. Egal wie - ich hatte eine helle Deckshälfte und ein dunkle Deckshälfte.

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Welche Optionen hatte ich?
Schleifen und durch beizen farblich anpassen? Keine Chance, weil das Epoxidharz bereits die Holzoberfläche versiegelt hatte. Beize kann nicht mehr in das Holz eindringen.
2. Option - Deck komplett runterreißen und neu machen. Keinen Bock drauf - ich bin von Haus aus faul.

Nach 1 Woche schmollen und grübeln habe ich mich dazu entschieden etwas zu machen, was ich bei einer CHICKIE IV so noch nie gesehen habe. Ich lackiere (lasse lackieren) das Deck.

Das Ergebnis mit meiner Farbwahl:


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Wegen der langen Wartezeiten habe ich bereits im Oktober 2020 bei Jürgen Strohbach von BAE exclusive shipmodels alle Beschläge bestellt. Auch die, die für mich individuell angefertigt werden sollten. Das waren Bugbeschlag, Deckelrahmen innen und außen, sowie die beiden seitlichen Heckbeschläge zum Heckspiegel.

Parallel nahm ich mit Wolfgang Noll Kontakt auf. Die mitlesenden Scale-Flieger kennen Wolfgang Noll, weil er der ist, der diese unvergleichbar schönen Dashboards und Cockpitausstattungen in den gängigen Masstäben anfertigt.

Die Teile von Wolfgang Noll waren nach 3 Wochen fertig und konnten angepasst werden. Die letzten Teile von BAE bekam ich Ende Januar 2021 (3 Monate Wartezeit). Auch die in Amerika gekaufte Pilotenpuppe in 1:5 war nach 3 Wochen bei mir. Ist zwar ein Warbird-Pilot, aber ein Marineflieger mit Schwimmweste. Geht gerade so durch, wie ich finde.



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Den Cockpit-Boden habe ich aus 1,5mm Alublech in Riffel-Optik angefertigt. Wie schon zuvor beschrieben herausnehmbar, um bei Bedarf an den Rumpfboden und an den Strut vom Wellenendstück zu kommen.

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In der Zeit des Wartens auf die BAE-Beschläge habe ich mich um die RC- und Antriebstechnik gekümmert. Was habe ich verbaut?

  • 1 Plettenberg 355BM/37/4-Evo wassergekühlten Bürstenmotor
  • 1 150Ah Opto-Regler, wassergekühlt, von Modellbauregler.de
  • 2 x 4S SLS Lipos - 5000mAh - 40C in Reihe geschaltet = 8S
  • 1 Beier Soundmodul mit Mercury-Sound + Fanfare
  • 3 alte Graupner Torpedolampen auf LED umgerüstet und an einen RC-Schalter dran gehängt
  • 1 4-Kanal Futaba Telemetrie-Empfänger
  • 1 Futaba Telemetrie-Modul für die Spannungsanzeige Antriebs-Akku
  • 1 6,6V LiFe-Akku mit doppeltem Anschluß für Empfänger und für die Stromversorgung des Soundmoduls
  • 1 Charlier 2-Blatt-AluProp 57mm für voll getauchte Antriebe
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Die Beschläge sind da😃 Jetzt der schönste und abschließende Teil der Arbeiten.

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Nach 9 Monaten Bauphase, ohne die Vorarbeiten vom Charles gerechnet, dem ich an dieser Stelle ganz herzlich für seinen excellenten Rumpf-Rohbau danke, bin ich dann die letzten Tage mit der CHICKIE IV fertig geworden.
Jetzt juckt es natürlich ganz fürchterlich in den Fingern mit der CHICKIE aufs Wasser zu gehen. Leider sind unsere Gewässer aktuell sehr hart.

Der Frühling kommt garantiert mit warmen Temperaturen und dann liefere ich ganz bestimmt ein Fahr-Video nach.

Feuer Frei - Fragen, Anmerkungen, Kritik und gerne auch Lob😉!!!???
 

molalu

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Danke für das positive feedback - Zitat Jose Carreras: "Der Künstler lebt vom Beifall seines Publikums"🤣

Danke auch für die 👍 likes
 

molalu

User
Eine per PN gestellte Frage möchte ich gerne nachreichen und öffentlich beantworten. "Welches Gewicht hat Deine Chickie im fahrfertigen Zustand?"
Abweichend vom Bauplan, wo das Verdrängungs-Gewicht mit bis zu 8,5 kg angegeben wird, habe ich einen drauf gelegt. Wegen der 2 Lipos und erweiterter RC-Ausstattung, aber auch wegen der 2mm Mahagonileisten und der 2 kg Trimmblei komme ich fahrfertig auf 9,4kg Verdrängung. Damit liegt der Dampfer perfekt auf dem Wasserpass (weiß).
 

molalu

User
Wegen der vielen Fotos mit meinem hässlichen Montage-Ständer, ein Foto von dem schicken Ständer für die CHICKIE IV:

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mir fehlen eher (als Anregung zum Bau, weil mir sowas variables fehlt ...) mehr Bilder von deinem Montageständer ....
vielleicht per PN?
 
Wegen der vielen Fotos mit meinem hässlichen Montage-Ständer, ein Foto von dem schicken Ständer für die CHICKIE IV:


den hässlichen verstellbare Montageständer habe ich sehen wollen,
genau sowas fehlt mit nämlich, ein verstellbarer Ständer, womöglich für Flugzeuge und für Boote,

deswegen die Bitte und mir zur Anregung wie man sowas vernünftig machen kann .....
 

molalu

User
sorry, Missverständnis.

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2 seitliche 17mm starke MDF-Platte 41 x 22 cm,
4 Stützen, ebenfalls aus 17mm MDF horizontal, vertikal und diagonal verstellbar,
die 4 Stützen werden mit je 1 M8 Schloßschraube und Hand-Rändelmutter am Seitenteil fixiert (gepresst)
2 Alurohre verbinden die beiden Seitenteile (nur gesteckt), Durchmesser 35mm, Länge 65 cm

Die ins seitliche Holz gefräste Web-Adresse habe ich nicht gefunden. Der Ständer ist ca. 15 Jahre alt.

Auf dem Ständer habe ich Holzboote mit bis zu 2 mtr. Rumpflänge gebaut. Habe aber auch F5J GFK/CFK-Flugzeugrümpfe (und kleiner) bearbeitet.
 

molalu

User
Heute war die Chiekie IV zum ersten Mal in ihrem Element. Für die ersten Runden liefs zufriedenstellend. Bin mit 2 x 4S gefahren. Das war grenzwertig und Vollgas war nicht möglich. Beim nächsten Einsatz geht`s mit dem Strom runter auf 2 x 3S und dann werde ich noch verschiedene Charlier Alu-Props probieren. Bei dieser Fahrt war ein 52mm 2 Blatt drauf.
Das Soundmodul von Beier ist ein "nice to have", ebenso wie die LED-Positionsleuchten.
Leider macht meine alte GoPro2 nicht mehr so schöne Aufnahmen. Mir fehlt im Moment noch mein langjähriger Kameramann, der meine Sony Alpha bedient. Durch den extremen Weitwinkel der GoPro läuft die Chickie immer wieder aus dem Bild, also ist kaum noch zu erkennen. Mit meiner Sony und Zoom-Objektiv wäre das Video sicherlich schöner geworden.
Bei nächsten Mal wird es bestimmt besser.

 

molalu

User
Freut mich Johannes, wenn ich Dir mit meinen Beschreibungen und Fotos in dem einen oder anderen Bauabschnitt Deines Projektes helfen konnte. Das ist ja letztlich auch der Sinn dieses Forums.
 

ger529

User
Hallo Ingolf, wieder ein super schönes Boot von dir! Meinen aller größten Respekt!

Grüße Christian
 

molalu

User
Danke Christian:) Was ist aus Deinem Ausflug ins Reich der "motorgetriebenen" geworden (Rund-/Spatennase)???
 

ger529

User
Hallo Ingolf, habe ich ehrlich gesagt etwas schleifen lassen. Aber wenn es wieder wärmer ist werde ich Versuchen das Teil zum laufen zu bringen!
 

molalu

User
Was ist los mit den Motorboot-Fahrern? Es ist so ruhig hier bei den „motorgetriebenen“!!??

Wasserstandsmeldung für München, heute den 02.05.2021 – Dauerregen, kalt (lipofeindlich) und windig. Kein Wetter zum Fliegen oder Bötlefahren. In der Werkstatt steht ein neues Bauprojekt, frisch lackiert und beim Aushärten. Also Homeoffice und mal eine kleine Geschichte bei RCN einstellen. „Homeoffice“ mit allem gegebenen Respekt vor den Menschen, die mit allen negativen Nebenwirkungen zum Homeoffice verdonnert wurden.

In 2018 wurde mir von der Ehefrau eines schwerkranken Modellbau-Kollegen der Rohbau-Rumpf eines Runabout zum Kauf angeboten. Lt. Erbauer sollte es eine CHICKIE IV sein, das, was ich lange suchte. Als der Rumpf mit DHL bei mir eintraf, wurde schnell sichtbar, dass es definitiv keine CHICKIE war. In etlichen Telefonaten beharrte der Erbauer auf der CHICKIE. In Respekt vor den lebenslangen Bauleistungen des Kollegen und um ihm eine Freude zu machen, habe ich klein beigegeben und habe den Schriftzug „CHICKIE IV“ auf dem Heckspiegel angebracht. Als ich das Foto verschickte, bekam ich zur Antwort: „Und ich hatte doch Recht“. Über das Ende der Geschichte möchte ich an dieser Stelle keine weiteren Worte verlieren.

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Ich bleibe bei „Runabout“ – eine echte CHICKIE IV habe ich 2020 gebaut und habe in diesem Thread darüber berichtet.

2019 wurde das Runabout „COYOTE UGLY“ parallel zum Bau meiner „Miss Amerika“ fertig gestellt. Anlässlich der letzten Corona-freien Friedrichshafener Faszination Modellbau in 2019 hatte ich, wie schon in den Jahren zuvor, mit meinem Modellbau-Freund Norbert einen gemeinsamen Ausstellungstisch in Halle 5. „Coyote Ugly“ und „Miss America“ bekamen dort, neben vielen anderen Modellen, ihren Platz.

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Noch während der Messe führte ich unendliche Gespräche mit einem Messebesucher, der von meinen Neubauten dermaßen fasziniert war, dass er nicht mehr locker ließ. Es war ein Rheinländer. Das was die Rheinländer können, nennen wir ihn Detlef – sie quatschen Dich ohnmächtig (sorry an alle mitlesenden Rheinländer – das ist mein persönliches und einseitiges Empfinden und damit will ich keinen Rheinländer beleidigen). Letztendlich war ich meine 2 Neubauten los und fuhr mit fast leerem Auto zurück nach München.

Was ich erst sehr viel später bemerkte – dieser Modellboot-Enthusiast war/ist ein Sammler hochwertiger Einzelstücke. Er ist kein Modellbauer und von RC-Technik versteht er auch nichts. Anfang 2021 erhielt ich von Detlef per WhatsApp ein Video mit dem Kommentar „der Jet macht so komische Geräusche, es scheppert so blechern“. Der Jet kommt aus dem Hause MHZ und ist eigentlich ein hochwertiges Produkt, allerdings aus der ersten Serie, die offensichtlich einige Kinderkrankheiten hatte. MHZ wollte und konnte keine Fern-Diagnose stellen und riet nach einem sehr kundenfreundlichen Telefonat den Jet auszutauschen.

Was jetzt? Detlef hat von so etwas keine Ahnung. Wenige Tage später lag der Rumpf in meiner Werkstatt und es begann die Operation am offenen Herzen. Gottseidank hatte der bei MHZ neu bestellte 40mm Jet4 exakt die selben Gehäuseabmessungen. Beim alten Jet war die Impeller-Welle total ausgeschlagen und der Aufwand für eine Reparatur stand in keinem Verhältnis zum Neukauf.

Problem war, dass der Erbauer des Rohbaus den Jet dermaßen gut mit Epoxid im Rumpfboden verharzt hatte, dass ich den perfekt lackierten Holzboden zerstört hätte, wenn ich mit roher Gewalt an den Ausbau gegangen wäre.

Das Jet-Gehäuse aus Alu-Guss hat einen inneren und einen äusseren Rahmen. Die Öffnung im Rumpfboden hat die Maße des inneren Rahmens – der äußere Rahmen sitzt im inneren des Rumpfes auf dem Rumpfboden, wo er letztlich auch verklebt wird.

Um nicht den Rumpfboden zu zerstören, blieb mir nur das Jet-Gehäuse am äußeren Gehäuserahmen per Proxxon Diamantscheibe aus dem Rumpfboden zu „flexen“. Nachteil – der neue Jet hatte jetzt keine Auflage mehr im Rumpfboden. Mir fiel nur eine Lösung ein. Ich fertigte aus 1mm GFK einen Hilfsrahmen an, den ich außen am Rumpfboden mit 3 Leisten anharze.

Die Lösung war perfekt. Das neue Jet-Gehäuse flutschte in den Rahmen und passte fluchtend. Danach wurde das ganze eingeharzt und der ersten Testfahrt stand nichts im Wege.

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:cool:
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Nach dem Einbau des Jet habe ich noch die Anlenkung von Gestänge auf Kabel geändert. Es zeigte sich, dass das Gestänge hakelt und schwergängig war, was das Servo stark beanspruchte. Eine Erkenntnis aus der 1. Testfahrt. Bei der 2. Testfahrt funktionierte die Lenkung perfekt, aber durch einen dummen Fehler hakte die Schubumkehr. Also kein Rückwärtsgang. Was war der Grund? Der große Cockpit-Deckel und damit verbunden der Cockpit-Boden ragte so tief ins Rumpfinnere, das beim Anschrauben des Deckels durch den Cockpitboden das Servo für die Schubumkehr blockiert wurde. Problem erkannt und gelöst. Nun ist alles gut und „mein Rheinländer“ kann demnächst wieder mit dem Runabout driften.

Hier noch ein kleines Video:


Nachstehend die technischen Daten vom Runabout:


  • Reine Rumpflänge ohne Jet: 100 cm
  • Rumpflänge mit Jet: 111 cm
  • Breite: 40 cm
  • Höhe: 12 cm
  • Verdrängung fahrfertig und incl. 2 x 500 gr. Blei: 7,9 kg
  • Bürsten-Motor: Plettenberg HP 355/BM45/3 doppelt wassergekühlt = Gehäuse + Kohlen
  • Regler: AS40-150 opto
  • Lenkservo: Hitec HS 8775MG LowProfile coreless
  • Servo Schubumkehr: Hitec HS 75BB
  • Antriebs-Akkus: 2 x SLS – 3S – 4.000mAh – 40C
Fernsteuerung:

  • Pistolen-Sender: Futaba 4PM
  • Empfänger: Futaba R304SB-E
Fazit: Für mich war dieses Runabout das erste motorgetriebene Boot mit Jet. Ich war/bin begeistert, was man mit so einem Modell anstellen kann. Neben dem Fahren im Flachwasser ist das Driften durch die Kurven, und das bei Vollgas, ein riesen Spaß. Ich kann diese Antriebs-Variante nur jedem empfehlen, der es noch nicht gemacht hat. Man muss ja nicht gleich mit so einem Dickschiff anfangen. Vielleicht ist so ein kleiner Kehrer Jet-Sprint genau das richtige.

Falls Fragen - bitte Feuer frei:cool:
 
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