Pou-du-ciel HM-14 oder zu deutsch: HIMMELSLAUS - Teil 1: Der Bau

HIMMELSLAUS, ein Tandemflügler

von Knut Zink.​

Es ist mir schon mehrmals passiert, dass ich beim Bau eines 6 m-Seglers ungefähr zu ¾ fertig bin und mich dann eine große Langeweile überkommt ("Langzeitprojekt"). Und regelmäßig suche ich dann nach einem „Zwischenflieger“, der etwas Abwechslung und schnelle Ergebnisse bringen soll.

Und dann fiel mir die HIMMELSLAUS ein, die ein Fliegerfreund schon vor etwa 40 Jahren gebaut hatte (siehe zwei Bilder weiter unten) und beschloss, dieses Modell auch mal zu bauen.
Ich hatte immer schon einen Hang zu so skurrilen Modellen, wie beispielsweise Segler: Das Bunte Huhn, Birdy, Pterodactylos oder Motormodelle: Dreidecker oder EtrichTaube.
TAXI oder BETA kann schließlich jeder.

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Geschichtliches
Henri Mignet[/B] (1893 - 1965) war ein französischer Flugzeugkonstrukteur und Pilot.
Er konstruierte bis in die 1930er Jahre diverse Fluggeräte von denen gesagt wurde, dass „alle Elemente funktionierten, aber nie zusammen“. Irgendwie kommt mir das bekannt vor.
Sein Modell HM-14 - HIMMELSLAUS genannt, wurde nur um zwei Achsen gesteuert.
Die Konstruktion war ein Tandemflügel mit zwei ungefähr gleich großen Flügeln. Der Pilot wirkte mit dem Steuerknüppel direkt auf den Anstellwinkel des vorderen Flügels ein, was ein Höhenruder ersetzte. Es gab keine Querruder, nur ein Seitenruder.

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Baubeschreibung

Ich habe mal wieder die klassische Art des Bauens gewählt: Zwei 1:1-Pläne und viel Holz, die ganz harte Tour eben.

Für die HIMMELSLAUS hatte ich amerikanische Pläne. Das Besondere an diesen Plänen ist, dass jedes noch so kleine Detail dargestellt wird, dass die Materialien in Art und Dicke direkt bei den Bauteilen genannt werden und auch Scharniere, Anlenkungen oder Pilotenpuppe mit Nennung der Herstellerfirma im Plan erwähnt werden. Es gibt also keine Teilenummern, die in einer Liste aufgeführt sind und dann auf eine Materialliste verweisen! (deutsche Baupläne)
Auch die Bearbeitungsart wird beschrieben. Da steht an der Nasenleiste: "sand". Soll heißen, man soll hier mit Schmirgel-/Sandpapier arbeiten. Nur die Körnung wird nicht genannt! Und natürlich sind die Maße in Inch angegeben (1 inch = 2,54 cm). Da muss man halt etwas rechnen und sich dann für Leisten oder Brettchen in entsprechenden metrischen Maßen entscheiden.


Der Bau

Seitenleitwerk
Es hat eine Dämpfungsfläche und wird unprofiliert in Stäbchenbauweise aus 5 mm Balsastreifen hergestellt. Ich lenke es beidseitig mit Seilen an. Als Scharniere dienen drei KS-Scharniere.
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Tragflächen
Beide Flächen sind ähnlich aufgebaut, nur in der Spannweite unterschiedlich.
Die vordere Fläche hat 16 gleiche Rippen, die hintere 10 gleiche Rippen. Außen kommen jeweils auf beiden Seiten noch zwei Rippen dazu.
Ich habe für beide Flächen jeweils Musterrippen aus 3 mm Sperrholz angefertigt und dann einen Rippenblock hergestellt. Die beiden äußeren Rippen werden von Hand gemacht.
Oben, dunkelbraun: Rippen nach Plan.
Unten, hell: meine Rippen.

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Die Flächen haben einen geraden Mittelteil, sind dann nach oben geknickt und haben dann noch einen ebenfalls nach oben geknickten Randbogen.

Erste Abweichung vom Plan:
Im Plan ist jeweils ein senkrecht stehender Holm gezeichnet, der aus Balsa mit diversen Sperrholzverstärkungen hergestellt werden soll. Ich habe mich aber für einen Holm aus zwei 15 x 3 mm Kiefernleisten oben und unten mit einer 3mm-Balsaverkastung entschieden. An den Knickstellen wird geschäftet, die Verkastung gibt Biegesteifigkeit.
Im hinteren Drittel läuft noch eine 5 x 5 mm Kiefernleiste als Hilfsholm auf der Unterseite der Flügel durch.

Zweite Abweichung vom Plan:
Die Endleiste aus 6 mm Vollbalsa ist 20 mm breit und soll stumpf an die Rippenenden geklebt und mit Verstärkungsdreiecken stabil gemacht werden. Ich habe die Endleiste 25 mm breit gemacht und für die Rippenenden jeweils einen 5 mm Einschnitt gemacht. Dreiecke habe ich nur an den Knickstellen eingeklebt, sowohl an der End- wie auch an der Nasenleiste.
Die Randbögen werden aus 10 mm Balsa-Formteilen gemacht.
Die anschließende Schleifarbeit ist, wie bei dieser Bauweise üblich, nicht unerheblich.

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Die hintere Fläche wird mit zwei M4-Nylonschrauben auf den Rumpf geschraubt.

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Rechts und links geben je zwei (hinten) oder drei (vorne) Spannseile zum Rumpf Stabilität.
Dafür sind einige Beschläge notwendig.

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Wenn schon "die harte Tour", dann mache ich auch die Schellen aus Rohrstücken, die ich aufschneide und entsprechend biege.

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Die vordere Fläche dient ja als Höhenruder und wird deshalb beweglich auf Streben gelagert.

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Die Ansteuerung der vorderen Fläche, die als HR (Höhenruder) wirkt, geschieht mittels zwei CfK-Stangen vom Rumpf aus. Das HR-Servo sitzt innen im Rumpf.
In der Mitte das SR (Seitenruder)-Servo, unten das HR-Servo.

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4 mm CfK-Stangen mit Messinghülsen und 3 mm Gabelköpfen bewegen die vordere Fläche rauf und runter (HR).

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HR-Ansteuerung im Rumpf.

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Ruderhorn außen am Rumpf.

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Rumpf
Der Rumpf verdient wirklich den Namen Boot. Es gibt vier Spanten und nach dem Spant 2 werden die Seitenwände aus 3 mm Balsa hinten zusammengezogen und verklebt. Boden und Deckel bestehen aus 3 mm Balsa quer verklebt. Das gibt Stabilität.

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Vor dem Spant 1 werden zwei Formspanten waagerecht angeklebt, damit so eine Art Rumpfnase entstehen kann.

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Die Nase wird aus einem Trapez aus 1 mm Sperrholz vom Boden aus zum oberen Formspant gemacht. Danach werden die Seiten mit 3 mm Balsa beplankt.

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Zusammengebaut sieht das dann so aus.

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Jetzt fehlen nur noch die Spannseile, dann ist der Rohbau fertig.


Fahrwerk
Hinten werden zwei Räder mit 45 mm Durchmesser mit dem SLW (Seitenleitwerk) verbunden.

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Das Hauptfahrwerk besteht aus zwei großen Rädern mit 118 mm Durchmesser auf einer starren Achse.

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Antrieb
Ich verwende einen BL-Motor Hacker 30-8 XL 1.100kV, einen Propeller 12x6" und als Flugakku einen 3S oder 4S.

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Der Motor wird mit M4-Schrauben auf einen Aluwinkel geschraubt, der frei auf dem oberen Formspant sitzt. (Gewinde im Alublech + Muttern)

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Diese Schrauben und die in den Flügeln sitzen in M3-Einschlagmuttern, also keine Holzschrauben, wie im Plan vorgeschlagen.

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Pilot
Ich dachte mir, dass dieses Modell unbedingt einen Pilot braucht. Daher habe ich mich für eine Pilotenbüste im Nostalgielook entschieden. Auf einem Deckel montiert, wird sie gleichzeitig den Kabinenbereich abschließen.

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Spannseile
Die Verspannung der Flächen mache ich mit Anglerlitze, mit der ich auch das SR ansteuere.
Diese Seile geben den Flächen Halt.

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Das obligatorische Foto mit dem Erbauer, wegen der Größenverhältnisse!

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Finish
Da die HIMMELSLAUS ein Oldtimer ist, habe ich mich für das Bespanngewebe ORATEX natur/weiß entschieden.
Man muss aber unbedingt auf die Rippen (die sind ohne Aufleimer) ORACOVER-Heißsiegelkleber auftragen. Den verdünne ich immer mit der ORACOVER-Verdünnung. Die Rippen haben nämlich oben als auch unten Bereiche mit Hohlprofil.

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Sieht dann so aus:

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Die roten Applikationen mache ich immer mit Plotterfolie. So brauche ich kein Abdeckband zum Lackieren und auch die Kennbuchstaben schneide ich aus Plotterfolie aus.

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Jetzt hat auch der Vorderflügel eine Kennung erhalten.

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Man beachte die Räder!

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Technische Daten und Ausrüstung
Einheit
Maß/Daten
Spannweite x Tiefe vorderer Flügel
Spannweite x Tiefe hinterer Flügel
cm
cm​
168 x 37
107 x 34
Länge
cm​
93
Abfluggewicht incl. Blei
g​
3600 (incl. 950 g Blei)
Ausrüstung
BL-MotorHacker 30-8XL, 1100 kV
LiPo-Akku3S oder 4S
Propeller12 x 6"

Teil 2 mit Flugerfahrungen folgt.





 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo Knut,

die Kennung find ich super! Rock'n'Roll 4 ever! ;)

Der Rest vom Bericht ist auch sehr schön! Schicker Flieger. Ich vermute er ist rezeptpflichtig, da er der Blutdruck stark senken kann ;)

Viele Grüße Stefan
 
Wer die Graphik auf dem Flügel nicht kennt: sie stammt von M. C. Escher.
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Die roten Ränder habe ich aus Plotterfolie gemacht. Ist viel einfacher als abkleben und lackieren.
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Das ist eine kompliziertere Variante.
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Und so sieht das dann ganz ausführlich aus.
Das Wasser fließt scheinbar bergauf und der Wasserfall geht wieder zum Anfang.
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Der Witz bei Escher ist, einen unmöglichen 3-dimensionalen Gegenstand
2-dimensional darzustellen.
Wenn man bei dem Dreieck mal eine Hälfte abdeckt, scheint es zu stimmen.

(Graphiken aus: Die Welten des M. C. Escher, Heinz Moos Verlag München)
 
Zuletzt bearbeitet:
Stimmt. Meinen letzten 10 ccm-Viertakter OS habe ich unbenutzt in der Schachtel vor ca. 20 Jahren verkauft.
Mal sehen, wie die HL elektrische geht.
K.
 
Danke für deinen Baubericht Knut. Bin auf die Flugerfahrungen gespannt. Aber ich habe noch eine Anmerkung zum gebogenen Aluwinkel für den Motor. Mir ist so ein gebogenes Ding mal durchvibriert. Kannst du dass nach hinten nicht etwas diagonal abstützen?
 
Na ja, eigentlich gefällt mir das auch nicht so gut. Mal sehen, was ich da als Stütze machen kann.
Knut
 
hallo
Habe selber und ein vereinsmidglied zwei gebaut anfang die 1982 mit den OS FS40 , naturlich mit Japanseite bespant fliegt super , loopings flickrols
und nicht zu uberziehen SP 25% totaalflache (vor + hinterfluegel )
die flug-erfahrungen war ein vorbild fur den 1/1 Romibutter Himmelslaus
mfg
 
Toller und skurriler Flieger. Hätte Monsieur Mignet den vorderen Flügel geteilt und die beiden Flächen getrennt abgelenkt, hätte er sich auch noch das Seitenruder sparen können 🤪.
Die Baldachin-Streben für den vorderen Flügel sind ja nur aus Messingrohr, ist das stabil genug?
Da du dich ja schon mehrfach als „Wildflieger“ geoutet hast, frage ich mich, wie du die Laus in den Himmel beförderst. Handstart? Oder reicht ein Feldweg? Oder doch als Gastflieger bei einem Verein?
Danke für den schönen Baubericht!
herzliche Grüße, Gernot
 
Die Baldachin-Streben für den vorderen Flügel sind ja nur aus Messingrohr, ist das stabil genug?
Ich hoffe, das reicht. Allzuviel Belastung wird schon nicht draufkommen.

... als Gastflieger bei einem Verein ...
Na ja, ich habe in den umliegenden Vereinen jeweils einen Freund, der Mitglied ist. Da kann ich dann gegen Gebühr schon mal einen Flug im Jahr machen. Sonst starte ich auf einsamen Teerstraßen, wenn gerade kein Auto kommt.
Handstart wäre mal interessant, aber nur an einer Steilwand in Sylt oder Dänemark.
Ich wollte die Laus einfach mal bauen, ich habe aber viele andere Modelle zum fliegen ...
Knut
 
Zum info
Der HM 1 war ein hanggleiter
HM 11 HM 12 triplanes

Was die Flugeigenschaften angeht, kann ich mich daran erinnern, dass der edw zu groß ist, wenn man den Pou du Ciel nach diesen Plan einstellt, muss man enorm drücken, um einen stabilen Flug zu machen Wenn ich mich nicht irre, kann die Endleiste des Frontflügels um 7 mm angehoben werden, um einen kleineren Anstellwinkel zu erzielen (hier ist es besser zu wenig dan zuviel und bei zu wenig hebt die Pou nicht ab ist aber ein sicherungsfactor) EDW 1 bis 2°)
SP wie im beitrag 10 (past fur dieses plan )

Man startet mit Vollgas und voller Höhe, bis sich die Pou abhebt, dan Neutral

Wenn Sie den Pou noch nicht geflogen haben, würde ich stattdessen die vordere Flügelaufhängung aus 3 mm Federstahl machen (das MS rohr ist nicht ge-eignet)
Ich habe damals viele Flüge mit diesem Modell gemacht, auch wenn der Motor ausging, war alles in Ordnung
extra info
VTH >>Scale no 5 Okt Dec 1991 (zwei beitragen)

und die vollständige Geschichte finden Sie im Buch von 1990
Henri Mignet and his Flying Fleas -Ken Ellis & Geof Jones Haynes publishing group
Somerset England isbn i0-85429-765-0
mfg
 
Ich fliege diese Art von Fliegern anders ein. BODENSTART - Schwerpunkt 1,5 cm weiter vor
als angegeben, Vollgas und schauen was der Flieger macht, er sollte
nicht abheben können, zurück zum Startplatz Schwerpunkt weiter um 5 mm nach
hinten legen, wieder starten und schauen was macht der Flieger, wieder zurück
zum Startplatz weiter um 5 mm nach hinten, auf ein neues.
Finger weg von der Fernsteuerung, bis der Flieger abhebt, dann Vollgas
reduzieren. Modell wird so niemals beschädigt, meine CANARD VALKYRIE startet nach diesem Prinzip, fliegt in der Luft nur mit Seitenruder und Motordrossel. Höhenruder ist nur im Notfall anzuwenden. Ohne Motorkraft würde die VALKYRIE sofort abstürzen.
Die vielen Drähte und dieser große Widerstand von Rumpf und Anhängen geben ein Gleiten nicht her. Landen mit langsam zurücknehmender Drossel, das Modell landet besser als mit Fernsteuerung. Ich denke so haut es mit der POU DU CIEL auch hin.
Gruß Peter Gernert AMD Mitglied
 
Zuletzt bearbeitet:
Servus Peter.
Das hört sich nach sehr guten Tipps an!
Zum Glück war bisher das Wetter usw. nicht gut für den Erstflug. Aber wenn es so weit ist, werde ich das so machen, wie du geschrieben hast.

Hast du mal ein Bild von der CANARD VALKYRIE? Oder gar ein Video?
Dann bitte hier einstellen.

Bis dahin.
Knut
 
…und wenn die Flugeigenschaften wirklich so kriminell sind, wie beschrieben, dann nicht nur meisterlich gebaut, sondern auch ebenso meisterlich gesteuert!
 

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