Bertram Radelow schrieb:
hi,
ich versuche gerade das Seitenruder meiner "Wien" zu bespannen, aber das will nicht so wie ich will...
Materialien:
- Seidentuch 100% Seide made in China, wird normalerweise für Seidenmalerei verwendet.
- Spannlack, 3J alte aber neue Dose nicht eingetrocket, zum Teil verdünnt mit
- Nitroverdünnung
Nach dem Fixieren des nassen Seidentuches mit verdünntem Spannlack und Abtrocknen des Tuches sitzt dieses astrein faltenfrei gespannt. Aber nach dem ersten Spannlackauftrag beult das Tuch ganz hässlich oder wirft Wellen. Selbst 4 folgende Lackaufträge beheben das nur mangelhaft. Der Lack hat (zumindest vor 3 Jahren) Japanpapier wie wahnsinnig gespannt.
Ich habe mit verschiedenen Verdünnungen experimentiert, am Schluss hatte ich den Lack auf das Vierfache gestreckt.
Hat jemand eine Idee, warum die chose nicht spannt?
Oder andersrum:
Wenn die Seide nach dem Trocknen sowieso so wunderbar glatt ist - kann ich die nicht einfach mit Kunstharzlack aus der Dose besprühen?
Bertram
Hallo Bertram,
ich bespanne meine Flugmodelle schon etwa 50 Jahre lang mit Polyamidgewebe oder Seride und habe damit nur die besten Erfahrungen gemacht - Folie kommt mir nicht ins Haus.
Also ich gehe folgendermaßen vor:
1. Das Holzgerippe wird 3 bis 5x mit Schleifgrund, z.B. Clou 300 grundiert und
fein geschliffen
2. Dann werden die Seitenkanten, beim Tragflügel also Nasenleiste, Endleiste,
Randbogen und Mittelstück mit Klebelack bestrichen (Klebelack stellt man
her, indem man Spannlack solange durch Zugabe mit Uhu-Hart eindickt, bis
das Ganze etwa die Konsistenz von Honig hat). Die Bereiche sollten etwa 1
bis 2 cm breit sein.
3. Nach dem Trocknen des Klebelacks wird die Bespannseide oder das
Polyamidgewebe trocken aufgelegt, kurz an wenigen Stellen mit
Stecknadeln fixiert und dann mit einem Zerstäuber eingesprüht, so daß es
richtig naß ist.
4 Dann entfernt man die Stecknadeln und zieht das Gewebe von allen Seiten
glatt. Bei Tragflügeln lasse ich es an der Endleiste und am Randbogen
genügend überstehen, an der Nasenleiste lasse ich es soweit überstehen,
daß es anschließend, nachdem die eine Seite bespanntist, auf der anderen
Seite bis über die Endleiste hinaus glattgezogen werden kann.
5. Beim Glattziehen auf der ersten Seite ist es sinnvoll, das Gewebe mit
einem Tuch oder Küchenpaier etwas zu trocknen, so daß es nicht mehr
triefend naß ist.
6. Dann wird die Bespannung an den mit Kleblack behandelten Stellen mit
reiner Spannlackverdünnung eingpinselt und mit einem Tuch festgerieben.
7. Nach einer kleinen Trockenzeit können diese Stellen auf die gleiche
Weise auch mit verdünntem Spannlack behandelt werden.
8. Wenn die Ränder trocken sind, kann man sie mit einer scharen Rasierklinge
beschneiden.
9. Nun kommt leider der Punkt, wo die Geschichte zeitaufwendig wird (nicht
vom Arbeitsaufwand, sondern von der Wartezeit).
Alle bespannten Teile müssen in einer Helling eingespannt werden, damit
sie sich bei den folgenden Arbeitsgängen nicht verziehen.
Ein ebenes Höhenleitwerk in Gitterbauweise wird z.B. auf entsprechend
lange und auf einem ebenen Brett fixierte Leisten 10mm x 10mm gelegt
und mit Gummiringen festgelegt.
10. Der erste Spannlackanstrich wird mit einem nicht zu weichen Pinsel
vorsichtig aufgetragen, so daß er nicht durchläuft. Nach dem Trocknen
des Anstrichs wird das Teil sofort wieder eingespannt. Außerdem kann
man nach jedem Spannlackanstrich die rauhen Kanten und die
überstehenden Fasern mit Gefühl und nicht zu rauhem Schleifpapier
wegschleifen. Vorsicht bei Rippenfeldern u.ä., da man dort sehr schnell
das Gewebe durchgeschliffen hat.
11. Nach dem 5. Spannlackanstrich läßt man das Teil eingespannt und zwar
möglichst lange. Ich halte es so, daß ich zunächst diejenigen Teile baue,
die bespannt werden sollen und lasse sie auf der Helling, bis sie gebraucht
werden zum Anpassen, Weiterverarbeiten usw.
12. Die bespannten Teile können mit Nitrolack oder 2-K-Lack behandelt
werden - Wasserlacke würde ich nicht verwenden -.
13. Nach dieser Methode bespannte Modelle werfen keine Falten, die
Strukturfestigkeit und die Aerodynamik verbessert sich, vor allem das
Abreißverhalten und die Langsamflugeigenschaften (aufgrund der kleinen
Oberflächenrauhigkeiten).
Die Probleme, die Du mit Deiner Bespannung hast, haben ihren Grund möglicherweise im Material. Versuche doch einfach mal die Bespannseide von Graupner, jetzt wieder lieferbar.
Viel Vergnügen beim Bespannen Deiner Modelle
Paul Herbert Klein