Umbau statt Neubau
von Gregor Skopal.
Vor ungefähr zweieinhalb Jahren wurde ich auf eine Kleinanzeige aufmerksam, in der ein 1:8 Vario Airwolf in ziemlich baufälligem Zustand angeboten wurde, aber immerhin günstig!von Gregor Skopal.
Also habe ich den Kontakt hergestellt, bin hin gefahren und habe gekauft. Allerdings hatte ich aber noch keinen Plan, was letztendlich daraus werden sollte. Fest stand nur, dass es nicht ein weiterer Standard Airwolf werden sollte….dann schlummerte alles knapp zwei Jahre im Regal.
Einige fertige Projekte später stand der Airwolf endlich Anfang September 2024 auf meiner Werkbank und wurde komplett zerlegt. Inzwischen war die Idee eines „Military Airwolf“ geboren. Den Rumpf hatte der Vorbesitzer nach einer ziemlich heftigen Beschädigung schon wieder in Form gebracht und teilweise gespachtelt, verschliffen und grundiert….keine schlechte Basis.
Bild 1: Die Ausgangslage, zunächst wurde alles inspiziert.
Da ich bereits einige andere Hubschrauber mit Verbrennungsmotoren (Benziner, Methanoler und Turbine) betreibe, sollte es diesmal ein Elektro-Umbau werden.
Die vorhandene Vario-Hängemechanik bietet generell eine gute Möglichkeit zur Umrüstung, eine Eigenkonstruktion war für mich obligatorisch.
Wer nicht über die technischen Möglichkeiten für einen solchen Umbau verfügt, findet aber im Internet bei diversen Herstellern fertige Umrüstsätze.
Bild 2: Mechanik mit neuem Antrieb, daneben der ursprüngliche OS Max Motor.
Als Elektroantrieb verwende ich einen Robbe Ro-Power 4356-Motor für 6S Lipo mit 600kV. Der entspricht leistungsmäßig in etwa dem vorher eingebauten Methanoler.
Ursprünglich hatte ich einen leistungsstärkeren Scorpion-Motor vorgesehen, der aber nach den jetzigen Flugerfahrungen absolut nicht notwendig ist.
Das Riemengetriebe, als erste Stufe, wurde aus zwei 3 mm dicken Alu- Seitenplatten gefertigt, in die ich 3 mm Langlöcher eingefräst habe, um den 3M- Riemen spannen zu können. Die Motorträgerplatte wurde aus 6 mm Aluminium hergestellt. Die auf den Bildern ersichtliche, zusätzliche Riemenrolle hat die Aufgabe, den Umschlingungswinkel des Riemens an den Riemenscheiben zu erhöhen.
Dies hat zwei Vorteile: Einerseits ist eine geringere Riemenspannung notwendig, andererseits werden die Kugellager weniger axial belastet.
Die Gesamtuntersetzung aus Riemen- und Freilaufgetriebe beträgt 1:10.
Angestrebt war eine Rotorkopfdrehzahl von etwa 1400 U/min, was nach ersten Berechnungen auch passen würde: Bei vollem Akku 25,2 V=1512 U/min, bei 22,2 V 1332 U/min…Schlupf unter Belastung ist nicht mitgerechnet, doch dazu später mehr im Praxistest.
Nun zur Haupt- und Heckrotoreinheit.
Die komplette Heckrotoreinheit wurde zerlegt und gereinigt. Schäden oder übermäßiger Verschleiß zeigten sich hier nicht. Also habe ich alles neu gefettet und wieder zusammengebaut, das vorhandene Robbe Heckservo wurde gegen ein neues Futaba S-9254 getauscht.
Nun konnte die Einheit schon wieder im Rumpf montiert werden.
Der Hauptrotor sollte schon aus optischen Gründen als FBL, also ohne Paddel betrieben werden. Kurzerhand wurde alles überflüssige von dem vorhandenen Vario- Rotorkopf entfernt und neue, längere Schubstangen montiert. Diese Art des Umbaus wird auch schon in diversen Foren beschrieben.
Der umgebaute Rotorkopf funktionierte zwar einwandfrei, ich habe ihn jedoch kurze Zeit später gegen einen schwarzen 600er Zubehör-FBL-Kopf getauscht, weil das Rot meiner Meinung nach nicht so richtig passte.
Bild 3: Umbau Rotorkopf
Als Nächstes musste ich mir ein paar Gedanken über die Anlenkung der Taumelscheibe machen.
Leider unterstützt das bei diesem Hubschrauber eingesetzte HC3X keine H2-Vierpunkt Ansteuerung. Auf meine Nachfrage bei Bavarian Demon wurde mir mitgeteilt, dass es hierfür momentan keine Software gibt.
Die Lösung war aber relativ einfach: Umbau der 90°-Vierpunkt-Anlenkung auf 120°-Dreipunkt.
Die Vario-Taumelscheibe ist dafür glücklicherweise schon vorgesehen, Kugelköpfe umschrauben, fertig? Leider nein, nur fast fertig!
Bild 4: 120°-Anlenkung und Arretierung der hinteren Wippe.
Bei der originalen Vierpunkt H2-Anlenkung wird die Nick-Funktion an zwei Kugelköpfen ( vorne und hinten) über Umlenkwippen mit nur einem Servo angesteuert.
Lässt man nun bei einer 120°-Dreipunkt-Anlenkung einen Kugelkopf weg, läuft die verbleibende Anlenkung ins Leere!
Lösung: Die hintere Wippe wurde, wie auf Bild 4 ersichtlich, fixiert!
Dann mussten noch die Schubstangen für Roll und Pitch leicht gekröpft werden, da diese sonst am Rahmen schleifen können…jetzt aber….fertig!
Als Nächstes konnte ich die komplett umgebaute Mechanik wieder im Rumpf einbauen, die Ausrichtung prüfen und dann festschrauben.
Da so viel wie möglich vom alten Heli weiterverwendet werden sollte, blieben auch die alten, aber neuwertigen Robbe Servos für die Taumelscheibe montiert, späterer Austausch nicht ausgeschlossen.
Anschließend mussten noch Empfänger und das HC3X aus meinem Fundus installiert und verkabelt werden. Nachdem dann auch der 100 A Robbe Roxxy-Regler eingebaut war konnten die ersten Tests starten.
Bild 5: Die eingebaute Mechanik
Nach dem Grund-Setup für das HC3X ging es für erste Tests zum Fluggelände.
Für die Empfänger-Stromversorgung sorgt ein 10 A Jeti-BEC mit 2S LIPO, als Antriebsakku habe ich einen 6S/5000mA verwendet.
Direkt die ersten Schwebeversuche funktionierten ganz gut, lediglich das Heck war sehr unruhig. Grund hierfür war die recht niedrige Kopfdrehzahl in Verbindung mit den doch relativ kleinen 105 mm Heckrotorblättern.
Diese wurden gegen 120 mm Blätter getauscht, Problem gelöst!
Auch das vorhandene Einziehfahrwerk wurde getestet und funktionierte tadellos, lediglich die Geschwindigkeit habe ich etwas reduziert, damit die Bewegungen scalemäßiger wirken.
Bei weiteren Testflügen wurden noch die Empfindlichkeiten für Haupt- und Heckrotor minimal nachjustiert und danach konnten schon etwas kleinere Rundflüge stattfinden mit erstaunlich niedrigem Energieverbrauch! Nach rund 4 Minuten Schweben und Rundflug war noch 60% der Akkukapazität übrig, Antriebskonzept passt!
Zurück in der Werkstatt. Nachdem die Technik funktioniert, konnte ich mit der finalen Gestaltung des Rumpfes beginnen.
Zunächst die Farbgebung: Mir gefiel ein seidenmatter Acryllack in Silbergrau/RAL 7001 besonders gut. Um das Abkleben beziehungsweise das Ausbauen aller Komponenten zu vermeiden, habe ich den Lack komplett mit Schaumstoffrolle und Pinsel verarbeitet. Dies hatte ich in der Vergangenheit schon bei anderen Modellen mit gutem Ergebnis so gemacht.
Nach Trocknung der Farbe ging es mit den Gittern und der Verglasung weiter.
Als Lüftungsgitter kam eine Variante aus schwarzem Kunststoff in Rautenoptik zum Einsatz, die nach dem Zuschnitt mit 5 Minuten-Epoxi im Rumpf verklebt wurde.
Bild6: Lüftungsgitter
Die alte Verglasung war zwar noch vollständig vorhanden, aber ziemlich unansehnlich und teilweise beschädigt.
Glücklicherweise sind bei Vario noch Ersatzteile erhältlich, also konnte ich einen neuen Scheibensatz bestellen, zuschneiden und anbringen. Bis auf die linke Seitenscheibe wurden alle Scheiben nach Auflackieren des schwarzen Rahmens am Rumpf verschraubt.
Die linke Seitenscheibe ist mit kleinen Magneten am Rumpf befestigt, da sie zum Akkuwechsel abnehmbar sein sollte, um weitere Rumpfausschnitte zu vermeiden.
Bild7: Abnehmbare Seitenscheibe
Als Nächstes wurden die Anbauteile wie Kabelschneider, Antenne und Haltegriffe angefertigt. Der Kabelschneider entstand aus 4 mm Sperrholz, 2 mm Stahldraht und Nieten aus Leim-Punkten. Für die Antenne wurde ein Alu-Sockel gedreht, in den ein 1,5 mm CFK-Stab eingeklebt wurde, die Haltegriffe wurden aus 2 mm Stahldraht gebogen. Anschließend wurde alles mattschwarz lackiert und angebracht.
Was auch nicht fehlen durfte, ist eine Rotorkopfabdeckung. Dafür hatte Scaleprint etwas passendes im Angebot, 100 mm Durchmesser, schön leicht und in einem passenden Grauton.
Zuletzt: Aufkleber und Wasserschiebebilder
Was die Rumpfbeschriftung angeht wurde ich bei den Wasserschiebebildern von Taylormadedecals fündig. Die Wahl fiel auf Beschriftungen, die eigentlich für die Bell UH1 gedacht ist..Passt schon, da es für meinen Umbau ohnehin kein Vorbild gibt…erlaubt ist, was gefällt!
Die übrigen Aufkleber habe ich in meinem Fundus gefunden.
Sicherlich wären noch weitere Features wie: Beleuchtung, Bewaffnung und Cockpitausbau machbar. Für mich jedoch ist das Projekt erstmal, wie ich finde, mit einem ganz ansehnlichen Ergebnis abgeschlossen und das Fliegen steht jetzt im Vordergrund.
Dieser Bericht soll dazu anregen alten Modellen mit überschaubarem Aufwand neues Leben einzuhauchen…..es muss nicht immer neu und extrem teuer sein!
Allzeit gutes Gelingen!
Technische Daten: Vario Airwolf | Maß - Bemerkung |
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Rumpflänge | 1500 mm |
Hauptrotordurchmesser | 1480 mm |
Heckrotordurchmesser | 310 mm |
Rotorblätter | 660 mm, CFK, symmetrisch |
Rotorkopfdrehzahl | ~ 1350 U/min |
Abfluggewicht | 6610 g |
Flugzeit | 7-8 Minuten mit 6S/5000 Lipo, je nach Flugstil |
Abschließend noch einige Bilder des fertigen Modells:
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