Da Andreas ja im neuen Nachbarthread "Neulich so hoch in den Bergen" so wunderbare Bilder veröffentlicht hat, erlaube ich mir, hier einige seiner Bilder mit meinen Gedanken zu versehen, damit man das Zusammenspiel der Anstellwinkel von TF, HR, Schwimmer vorne und Schwimmer hinten versteht. Da ist eigentlich genug Material dabei, dass man sich selber Gedanken machen kann, ob die Schwimmer des eigenen Modells diesen Zusammenhängen genügen, ob einfaches Aufsteilen der Schwimmer reicht oder ob doch das Ankleben eines Keils sinnvoller wäre.
(
@Andreas: ich habe Deine Bilder um der Sache wegen geklaut und wollte die Schönheit Deines reinen Bilderthreads nicht mit meinem unbedeutenden Gelabere stören...
)
Das ist mein Trainer-S beim ersten Start diese Wasserflug-Herbstsession. Es ist psychologisch - wenn man jahrelang mit dem Hakenschlagen gekämpft hat, traut man sich ja gar nicht, die Fuhre einfach laufen zu lassen - also ist mein HR noch hübsch gezogen. Andreas hat den perfekten Moment des Auf-die-Stufe-Gehens eingefangen: man sieht schön vorne noch den letzten Rest der Verdrängerbugwelle und hinten schon die Freiheit unter den Schwimmerenden: selbst mit dieser Anstellung (nicht vergessen: in exakt diesem Moment begeben wir uns unter die Herrschaft des Höhenruders und verlassen die der Schwimmer) hüpft der Trainer-S auf die Stufe und
überspringt die 4-Punkt-Fahrt mit den auf das Wasser gedrückten Schwimmerenden.
Das war die erste Landung danach. Das Fluggefühl (und das Vertrauen) nach der langen Abstinenz war wieder da, das HR ist aber leicht gezogen. Was kann man sehen? Den vorderene Schwimmeranstellwinkel betrachtend wäre das nicht nötig gewesen, HR gerade und das Sinken mit dem Gas steuern wäre besser. Zur meiner eigenen Entschuldigung: Mit drei Modellen jahrelang auf dem Wasser gekämpft, da muss man die negativen Reflexe erst mal wieder los werden.
Ich sehe ja bei verschiedenen Piloten, die es immerhin schaffen, ihre Modelle nicht öde mit Gewalt aus dem Wasser zu reissen, sondern sie aus einer (harmlosen) Vierpunkt-Stellung abheben zu lassen, wie gross ihre Scheu ist, das echte Gleiten durch einen Umbau zu erreichen. Sie sind einfach heilfroh, dass ihr Modell keine Haken schlägt, und einem Umbau sehr abgeneigt. Ich kann das überaus gut verstehen - aber sie versagen sich das Vergnügen des echten Auf-die-Stufe-Gehens mit der anschliessenden unglaublichen Beschleunigung bis zum Abheben (auch ohne Höhenruder). Vierpunktfahrt bremst einfach...
Die erste Landung habe ich aber nicht abgeschlossen, sondern als X-Long-Scratch-and-Go in einen Start übergehen lassen. Das ist die
Hands-off-Position, von der ich geschrieben habe: Das HR steht völlig gerade, und auch parallel zur Wasseroberfläche. Der Trainer-S würde mit seinem schwachen Antrieb endlos so weiterrasen (bis man noch einmal nur kurz an die Höhe tippt, dann startet er). Dieses Bild zeigt genau die Konfiguration, auf die ich meine Modelle inzwischen auslege. Beachtet nebenbei auch, wie wenig Wellen der Trainer-S erzeugt! Das ist eben echtes Gleiten!
Das Bild macht auch verständlich, dass irgendwelche Schwimmervolumenverteilung vorne oder hinten für die Gleiteigenschaften eigentlich egal sind. Die Volumenverteilung legt höchstens fest, wie das Flugzeug
stehend schwimmt. Die Position der Stufe ist, wenn man das Bild anschaut, ebenfalls relativ unbedeutend. Zu weit hinten sollte sie wohl nicht sein.
Dahingegen sieht man wohl gut, dass einfach der Winkel vor der Stufe das Wichtigste in der Interaktion Schwimmer/Wasser ist. Wenn man ein Modell hat, bei dem die Schwimmerunterseiten schön "rund" sind, würde es also durchaus helfen, diese zu begradigen, indem man die gebogene Fussohle abschneidet. Bei den aktuellen Scale-Beavern und RV8en mit V und Hohlkehle und gekrümmter Unterseite ist das jedoch kaum machbar.
Gerade fällt mir als Lösung ein: Schwimmer abmontieren und alles ausser Lauffläche gut abkleben. Bauschaum (möglichst den weissen feinporigen "nicht quellenden" - haha...) auftragen, zurechtschnitzen und dünne GFK-Platte o.ä. auftragen, ggf. Laminierfolie aufbügeln - geht wegen der geraden Linien sehr gut - oder GFK-Matte überlaminieren
Wingo2, das Naturtalent. Der hochliegende Motor erzeugt ein kräftiges Abnickmoment, aber das angestellte HR hält kräftig dagegen. Beachte: das HR ist völlig im Strak! Der Wingo wird bereits mit
HOTOL-Eigenschaft ausgeliefert: Hands-Off-Take-Off&-Landing. Wir sehen: Keinerlei "aktives" Steuern mit dem HR.
Ratespiel: Was für ein Flugzustand ist das? Wenn ich die Fotos sehe, muss ich ja auch immer erst überlegen: was habe ich da gerade geflogen...?
Der Wingo2 fliegt was das HR anzeigt, also Landeanflug. Die TF ist nur noch minimal angestellt, liefert also reduzierten Auftrieb. Die Schwimmervorderseiten sind trotz des heftigen Sinkflugs vor der Stufe immer noch positiv angestellt. Also was erwarten wir? Pure Freude... Die Schwimmer werden anfänglich nur exakt so weit eintauchen, wie sie genau den Auftrieb liefern, den die Tragflächen in dieser Konfiguration nicht mehr liefern. Also ganz wenig. Und der Wingo wird so, mit dieser Gasstellung, vergnüglich weitergleiten bis wir das Gas reduzieren - oder an der Höhe tippen: dann wird er wieder steigen. Dass der Wingo nicht nach FIAA funktioniert, schrieb ich ja schon mal.
Andreas, die geniale Kombination aus Modellflieger und Fotograf, der weiss, wann er aufs Knöpfchen drücken muss: hier der
first contact der Landung. Was sehen wir? Die TF in einem höheren Alpha (Anstellwinkel), normal für Starts/Landungen. Beim Wingo2 sind Schwimmer und TF beide parallel und gegenüber HR 10° angestellt - eine etwas extreme Auslegung für "gutmütige" bzw. Anfängermodelle.
Betrachten wir aber das HR:
völlig im Strak und völlig parallel zur Wasseroberfläche. Eine perfekte HOTOL-Landung! Es ist absolut nicht nötig, kunstvoll mit dem HR zu "arbeiten", "abzufangen" oder zu "rotieren".
Anhand meiner bisherigen Unterhaltungen mit langjährigen Wasserflugpiloten, die an ihren präzise einstudierten Landeverfahren mit der Berücksichtigung des Propellerdrehmoments und der Richtungsänderungen beim Wechsel Stufe/Verdränger festhalten, glaube ich aber inzwischen immer weniger, dass diese - sonst sicher sehr guten - Piloten sich vorstellen können, was für einen riesigen Unterschied das ausmacht. Sorry - ich will niemandem zu nahe treten - aber ich kann wirklich nicht anders als zu sagen: erst mit dem Wingo2 habe ich alle diese Zusammenhänge erfahren, über die ich hier schreibe.
Eine Beaver wie viele, mit Scale-Schwimmern. Es ist ein gemütlicher Vorbeiflug. Was sehen wir?
HR im Strak, waagerecht. TF eigentlich auch (fast) waagerecht, vermutlich mit Anstellwinkel 2° oder so - wenn da nicht die Klappen wären. Dadurch ist der
effektive Anstellwinkel der gesamten TF vermutlich so im Bereich 4°-5°. Das passt gut zum HR und der eingestellten gemütlichen Geschwindigkeit.
Jetzt die Schwimmer: deren vorderer Anstellwinkel ist - nach meiner Meinung -
knapp ausgelegt. Man kann diese Beaver mit einem bisschen Ziehen in Hecklage (Schwimmerenden berühren das Wasser zuerst) aufsetzen, Millisekunden später berühren auch die Stufen das Wasser, und in dieser Vierpunktlage rauscht das Modell dann über das Wasser, stark bremsend - denn bei den dafür üblichen Anflügen wird ja das Gas auf minimal gesetzt und vor dem Platsch "abgefangen". Das ist diskussionslos eine sichere Landemethode, ohne Gefahr des Ausbrechens. Aber das ist keine schöne Schwanenlandung: 100m vorher mit den Füssen aufsetzen, fast ohne Spritzen die Geschwindigkeit ausgleiten und sich dann völlig glücklich und zufrieden ins Wasser setzen...
An dieser Stelle möchte ich aber auf eines hinweisen: Wenn man Landeklappen am Modell hat, und Angst hat vor der Landung... dann könnte man ja denken, dass maximaler Landeklappeneinsatz hilft. Das tut es ja auch an Land, man kann die Piper/Cessna/Beaver bis zum Faststillstand abfangen und hinhauchen. An Land gilt nämlich eines:
zu schnell ist gefährlich. E
kin wird in einer seltsamen Kopplung in E
pot umgewandelt - das Flugzeug ditscht mit Überfahrt sanft auf und fängt in der Folge an langsamer zu werden - aber immer höher zu springen... YT ist voll von Videos von echten Flugzeugen, das Forum voll von Diskussionen zu springenden Flugzeugen.
Shortcut an dieser Stelle: Sie sind alle zu schnell. Sie müssen nur alle nicht landen, d.h. mit Null Gas in 30cm Höhe einfach oben bleiben. Für immer. Was natürlich nicht geht, irgendwann ist die Energie raus. Wenn sie dann aber auf die Erde "fallen", ist wirklich absolut keine Energie mehr für ein Springen vorhanden. Dieser Punkt ist aber bei den Piloten, deren Modelle bei der Landung springen, etwa 100m-150m hinter dem Ende der Landebahn erreicht. Ok, für heute Abend habe ich mich genügend unbeliebt gemacht.
Und was bedeutet das alles beim Wasserfliegen?
Massiver LK-Einsatz bedeutet eine deutliche Erhöhung des TF-Anstellwinkels. Wenn man nix am HR ändert, bedeutet das auch eine massive Erhöhung der EWD. Also fliegt das Modell zunächst mal kräftig nach oben. Es soll ja Menschen geben, die denken, dass die Erhöhung der TF-Wölbung (Klappen setzen) alleine das Aufbäumen des Modells bewirkt... Dieses Aufbäumen kann man aussteuern oder wegmischen, indem man deutlich Tiefe gibt - was nichts anderes bedeutet, als dass man den Anstellwinkel des HR ebenfalls stark erhöht und die EW
Differenz wieder auf ein normales fliegbares Mass reduziert.
Das alles ist normalerweise "an Land" mit E-Seglern oder Motormodellen sozusagen tägliches Brot. Aber wir haben die Rechnung ohne die Schwimmer gemacht... Die sind dummerweise am Rumpf festgemacht. Und was passiert, wenn wir einen stabilen Flugzustand einstellen, bei dem das HR auf ein wenig tief gestellt wird, um die EWD zu den deutlich nach unten ausgeschlagenen TF wieder fliegbar zu machen? Der Rumpf zeigt nach unten. Bei den echten manntragenden Flugzeugen ist das toll, weil auch die Sicht auf die Landebahn über die Cowling hinweg schön verbessert wird. Aber die Schwimmer... Ups, die zeigen jetzt auch nach unten... Perfekte Ich-bohre-mich-jetzt-in-die-Tiefe-Stellung
Jede Start-/Landekonfiguration, die die Rumpfachse nach vorne absenkt, ist eine dramatische Verschlechterung der An-/Abwasserungseigenschaften!
Der Klassiker schlechthin - die Landung mit Betonung der Schwimmerenden. Schon kurz hinter der Stufe wird eine deutliche Welle erzeugt, die nach hinten hin immer deutlicher wird. Das ganze bremst stark, ohne Gas "gleitet" - sagen wir besser "rutscht" - die Beaver nur wenige Dutzend Meter, wenn überhaupt. Natürlich kann man Gas stehen lassen, um sich der Illusion einer schönen Stufenfahrt hinzugeben...
Wenn ich das Bild so sehe: Theoretiker könnten sagen: zu langsam gelandet, es wäre möglich schneller und mit weniger Anstellwinkel zu landen und auf der Stufe zu gleiten, mit den Schwimmerenden in der Luft ohne Wellen schlagend zu bremsen. Aber der Pilot ist weitaus erfahrener als ich - und ich würde mal sagen: alle Piloten landen nach 100 oder mehr Landungen mit einem Modell
intuitiv so, dass sie dieses möglichst heil herunter bekommen. Und genau diese Landung ist die sicherste für alle Modelle, deren Schwimmer nur wenig (2°-3°) zu flach angestellt sind.
Ich bin ja mit dem Piloten befreundet, aber so leid mir das tut: das ist der klassische Rupf-Start. Deutlicher HR-Einsatz. Und im rechten Bildviertel noch die Wasserfontänen der ins Wasser gedrückten Schwimmerenden. Die echte Gleitfahrt kann man perfekt am Wasserbild erkennen - etwa 80cm lang.
Bitte studiert: Ist hier im stabilen gemässigten Horizontalflug der Anstellwinkel der Schwimmerunterseite (die 20cm vor der Stufe)
steiler als der Tragflächenanstellwinkel? Ich sagte ja, dass für normale Modelle die Fläche vor der Stufe etwa 4° steiler sein muss als die TF (also 6° zum HR), um sichere Schnellfahrt auf dem Wasser zu garantieren. Mit Schwimmern wie diesen kann man zwar sicheres Rupf&Platsch parktizieren - und ganz ohne Gefahr des Hakenschlagens - aber echtes Gleiten ist so einfach nicht möglich.
Lieber Pilot, ich mag Dich ja echt, aber das ist einfach keine Anwasserung. Natürlich weiss ich, dass 98% aller von mir persönlich gesehenen Landungen etwa so aussehen, aber das ist einfach keine Anwasserung, sondern eine Land-ung: Boden- bzw. Wassernah aushungern und runterfallen aus möglichst geringer Höhe. Habe ich ja selber auch zig-Male gemacht, weil es anders einfach nicht ging...
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Selbstverständlich sollte niemand angegriffen werden, ich selber war einer der denkbar schlechtesten Wasserflugpiloten. Aber angesichts unseres schönen Sees ging es mir eines Tages gewaltig auf den Keks, dass ich es nicht schaffte, völlig problemlos auf dem Wasser zu starten und zu landen - und ich wagte das Undenkbare zu denken: dass die Hersteller nicht nur ein bisschen daneben lagen, sondern manchmal bei bestimmten Winkeln um 10°. Wie würdet ihr übrigens ein Flugzeug finden, dass mit einer EWD von -8° ausgeliefert wird?
LG Bertram