Reynoldszahl - Bedeutung für den Modellflug allgemein

sgies

User
Hallo zusammen,

Ich hoffe ich habe das richtige Unterforum getroffen und hoffe auch, dass der Titel passt.


Ich lese immer wieder was zu Re-Zahlen. Ich denke ich weiß kaum was darüber und das was ich im Internet so rauslese ist zwar informativ, aber was heißt das in der Praxis für mich?

Beeinflusst wird die Re-Zahl ja von Dichte des Mediums (Ro (p)<- sorry griechischen Buchstaben hab ich grade nicht zur Hand ;) ) , charackteristischer Länge (d), Geschwindigkeit (v), und der Viskosität n (Eta) .


Re = ( p * v * d )/n


Aber was heißt das nun für mein Flugmodell?

Blütenpollen beispielsweise (d und v sehr klein) haben demnach eine sehr kleine Re-Zahl. Für Pollen ist die Luft also relativ zäh.
Wie ist das auf mein Modell zu übertragen?
Je schneller mein Modell oder umso größer die Tragfläche desto höher die Re-Zahl umso besser trägt es?

Hab schon viel zur Re-Zahl gefunden, nur leider nicht wie die Theorie sich auf unsere Modelle übertragen lässt.
Beziehungsweise wird an mancher Stelle gesagt: "Bei solch kleinen ReZahlen fliegt das schlecht/gut".

Je größer der Flieger desto leichter kann er mehr Gewicht tragen (Passagiermaschine) und je kleiner desto mehr zählt jedes Gramm was man spart (kleine DLG's z.B.).

Das ist so das was ich aus RC-Network und anderen Foren zusammengelesen habe und es hat sich da vielleicht schon gefährliches Halbwissen angesammelt.

Das hier finde ich schon sehr gut: http://wiki.rc-network.de/index.php/Re-Zahl
...nur schließt sich für mich nicht der Kreis mit Sachen, die schlecht für das Modell ist und was gut für das Modell bzw für das Flugverhalten ist.
Auch hab ich ab und an mal was von ReZahlen und "fliegbarer Bereich" gelesen.

Wie lässt sich das zusammenfassen so das für den Modellflieger das wichtigste auf den Punkt gebracht wurde?


Gruß
Sebastian
 
Wichtig im Modellflug ist hier vor allem die kritische Re-Zahl. Wird die überschritten, stellt sich eine "gesunde" Strömung ein. Die Strömung, die sich um den Widerstandskörper geteilt hat, schliesst sich dahinter weitgehend wieder, die Grenzschicht und damit der Nachlauf bleibt relativ dünn, der Widerstand sinkt stark, der maximale Auftrieb nimmt zu.

Kritische Re-Zahlen für Modellflugprofile liegen bei 40'000..60'000 für sehr dünne Profile, eher 100'000 für ca. 8% dicke, ca. 200'000 für 12%. D.h. ein Modell sollte für gute Leistungen nicht zu klein und zu leicht sein, im Umkehrschluss die Profile für kleine, leichte Modelle dünn.

Rechnen als Faustformel: v [m/s] x t [mm] X 70. (t= Flächentiefe)

Ausserdem ist sie noch wesentlich, wenn du detaillierte aerodynamische Berechnungen anstellen willst. Dann sind z.B. Polaren für verschiedene Re-Zahlen angegeben, weil sich Auftrieb und Widerstand mit Re ziemlich deutlich ändern.
 
Wichtig im Modellflug ist hier vor allem die kritische Re-Zahl. Wird die überschritten, stellt sich eine "gesunde" Strömung ein.

Ich hatte mal was in der Uni, bei dem es um Strömungen ging.

Wenn mich nicht alles täuscht, wird eine Strömung turbulent, wenn die kritische Reynoldszahl überschritten wird.

Mit Fliegern kenne ich noch zu schlecht aus, ich würde aber vermuten, dass das ungesund ist.
 
Ich hatte mal was in der Uni, bei dem es um Strömungen ging.

Wenn mich nicht alles täuscht, wird eine Strömung turbulent, wenn die kritische Reynoldszahl überschritten wird.

Mit Fliegern kenne ich noch zu schlecht aus, ich würde aber vermuten, dass das ungesund ist.

Da geht es um die Strömung im Rohr. Daran hatte Reynolds geforscht und damit seine Ähnlichkeitszahl definiert. (Auch im Rohr ist übrigens turbulente Strömung häufig erwünscht, z.B. in Wärmetauschern. Der Strömungswiderstand nimmt allerdings zu.)

Bei umströmten Körpern wird die Grenzschicht turbulent, wenn die Re crit überschritten wird (Rohrströmung ist quasi reine Grenzschichtströmung; da gibt es kein freies Strömungsfeld). Das ist im hinteren Bereich, wo der Körper sich wieder verjüngt, und damit der statische Druck zunimmt, erwünscht, weil nur die turbulente Grenzschicht wesentliche Druckanstiege überwinden kann. Ist die Grenzschicht in dem Bereich noch laminar, löst sie sich ab (bildet zumindest eine sogenannte Ablöseblase) das führt zu wesentlich verdickter Grenzschicht und entsprechend erhöhtem Widerstand. Wird die Ablöseblase so lang, dass die Grenzschicht bis zum Ende des Strömungskörpers nicht nach turbulent umgeschlagen hat und sich wieder angelegt hat, "platzt die Ablöseblase auf", der verwirbelte Nachlauf wird extrem gross, und die Endleiste kann ihre Funktion als definierte Abrisskante nicht erfüllen, was sich negativ auf den Auftrieb auswirkt.

[edit] Diese Zusammenhänge sieht man sehr schön in der von Hans unten geposteten Abbildung.
 

sgies

User
Kritische Re-Zahlen für Modellflugprofile liegen bei 40'000..60'000 für sehr dünne Profile, eher 100'000 für ca. 8% dicke, ca. 200'000 für 12%. D.h. ein Modell sollte für gute Leistungen nicht zu klein und zu leicht sein, im Umkehrschluss die Profile für kleine, leichte Modelle dünn.

Rechnen als Faustformel: v [m/s] x t [mm] X 70. (t= Flächentiefe)

Das würde heißen, dass sich die ReZahl die ganze Zeit ändert sobald sich (u.a.) die Geschwindigkeit ändert?
 

hul

User
Wichtig im Modellflug ist hier vor allem die kritische Re-Zahl. Wird die überschritten, stellt sich eine "gesunde" Strömung ein. Die Strömung, die sich um den Widerstandskörper geteilt hat, schliesst sich dahinter weitgehend wieder, die Grenzschicht und damit der Nachlauf bleibt relativ dünn, der Widerstand sinkt stark, der maximale Auftrieb nimmt zu.
ein Bild aus 'Flight Vehicle Aerodynamics' von Mark Drela zeigt wie die Grenzschicht abhängig von der Re Zahl aussieht.

Gruss, Hans
 

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Das würde heißen, dass sich die ReZahl die ganze Zeit ändert sobald sich (u.a.) die Geschwindigkeit ändert?
Ja, ist so. Deswegen gibt es im Polardiagramm auch die Darstellung als sogenannte "Typ 2" Polare, die zu einer bestimmten Flächenbelastung passt. Dort ist die Re-Zahl jeweils an den ca-Wert (der ja zusammen mit der Flächenbelastung die Fluggeschwindigkeit bestimmt) angepasst. Gilt aber nur für unbeschleunigten Horizontalflug.
 

Porkus

User
Wegen der Re Zahl kann man ja die Strömungsverhältnisse nicht direkt von einem kleinen Modell im Windkanal auf ne original 747 oder so übertragen :)

Deshalb fliegen manche Scale Modelle auch nicht gut, weil die Strömung anders anliegt als am Original.
 

sgies

User
Vielen Dank Euch alle!

Zum Thema turbulent, laminar und Ablöseblase kann ich den Hartmut Siegmann...

http://www.aerodesign.de/ ...empfehlen.

-> aero -> laminare Ablöseblase

und alles Andere gelesen zu haben, ist auch nicht verkehrt...:rolleyes:

Thuros Werkstatt...http://www.thuro.at/index.php/
Aerodynamikseiten 01-> 07
ist auch lesenswert.

Gruß Rolf

Die beiden Links werde ich mir auch mal anschauen.

Danke :)


Wegen der Re Zahl kann man ja die Strömungsverhältnisse nicht direkt von einem kleinen Modell im Windkanal auf ne original 747 oder so übertragen :)

Deshalb fliegen manche Scale Modelle auch nicht gut, weil die Strömung anders anliegt als am Original.

Das würde auch erklären warum in Zeitschriften oft erwähnt wird, dass man das ScaleModel X ein anderes Profil verliehen hat und dass es damit gut fliegt.
 

RetoF3X

User
Wegen der Re Zahl kann man ja die Strömungsverhältnisse nicht direkt von einem kleinen Modell im Windkanal auf ne original 747 oder so übertragen :)

Deshalb fliegen manche Scale Modelle auch nicht gut, weil die Strömung anders anliegt als am Original.

Eben doch, Reynolds-Similarity besagt dass wenn man die gleiche Re-zahl beim Windkanal Modell erreicht wie beim Original, ist die Umstroemung dieselbe (oder besser gesagt die Loesung fuer die Navier Stokes Gleichungen sind exakt die gleichen).

Da das Windkanalmodell kleiner ist, muss man dann halt eben die viskositaet aendern (z.B. Wasserkanal) und/oder die Umstroemungs-Geschwindigkeit, so dass man die gleiche Re-zahl hinkriegt die beim Full size Flieger angestrebt wird.

Ein exaktes 1/4 Scalemodell muss vier mal schneller fliegen als das Original (!), dann ergibt sich die gleiche Umstroemung und man kann "originalgetreu" fliegen. Aus dieser Ueberlegung machen Scalemodelle nicht viel Sinn wenn man wirklich originalgetreu nachbaut, inklusive Profile.

Wenn man die Navier Stokes Gleichungen als eine korrekte Beschreibung der Fluiddynamik annimmt, dann ist das oben genannte Vorgehen mathematisch korrekt. Man kann die Re-zahl einfach aus den Navier Stokes Gleichungen als Faktor ausklammern, womit die Rolle der Re-zahl und deren Herleitung etwas verstaendlicher wird.

Viele Gruesse:
Reto
 
Wenn man die Navier Stokes Gleichungen als eine korrekte Beschreibung der Fluiddynamik annimmt, dann ist dieses Vorgehen mathematisch korrekt. Man kann die Re-zahl einfach aus den Navier Stokes Gleichungen als Faktor ausklammern, womit die Rolle der Re-zahl und deren Herleitung etwas verstaendlicher wird.
Gilt, solange einem nicht die Machzahl in die Quere kommt. Das ist z.B. beim Quarter-Scale Modell der Fall. Das wird mit vierfacher Geschwindigkeit nahe an, oder über Schallgeschwindigkeit kommen. Wenn man mit der erhöhten Geschwindigkeit in den kompressiblen Bereich kommt, sind die Strömungsfelder auch bei gleichem Re nicht mehr ähnlich.
 

RetoF3X

User
Einverstanden, Markus, Re-Similarity hat seine Grenzen.

Man nehme als Beispiel halt eine Rumpler Taube, Vmax 100km/h. Das 1/4 Modell wuerde dann mit 400km/h, also noch ausserhalb der kompressiblen Effekte, fliegen muessen.

Ich war mal bei meinem ehemaligen Club Punktrichter bei einem Scale Wettbewerb, den Job hatte ich nicht lange...:)

Reto
 
Das würde heißen, dass sich die ReZahl die ganze Zeit ändert sobald sich (u.a.) die Geschwindigkeit ändert?

Genau, und weil auch die Flügeltiefe eine Rolle spielt, bedeutet das, auch bei konstanter Geschwindigkeit, unterschiedliche Rezahlen z.B an der Flügelwurzel und weiter draußen, wenn die Flügelwurzel mehr Tiefe hat als der Randbogen.


Grüße
Andi
 
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