Hallo Michael,
kurzer Theorievorspann, ich hoffe damit nicht zu langweilen.
Im Langsamflug dominiert der induzierte Widerstand (Randwirbel...), Profil- und sonstige Restwiderstände sind dagegen klein. Nach der Theorie ist der induzierte Widerstand bei einer elliptischen Auftriebsverteilung am kleinsten.
Wäre die Polare eines Profils Re-zahlenunabhängig, so würde die Lösung ganz einfach lauten, einen elliptischen Grundriß mit durchgängigem, unverwundenem Profil zu nehmen.
Nun wird die Auftriebsverteilung aber ausser von der Geometrie noch von anderen Faktoren beeinflußt und ist auch nicht das alleinige Designziel. Z.B. nimmt der Auftrieb bei kleinen Re-Zahlen durch die vermehrte Bildung von Ablösungen spürbar ab, auch der maximale Anstellwinkel des Profils ohne Strömungsabriß nimmt ab. Das kann man wieder durch verschiedene Maßnahmen ausgleichen. Z.B durch eine überelliptischen Grundriß (z.B. Ellipse 2), Wölbungserhöhung (Vorschlag Siggi) oder eine Strak auf eine andres Profil.
Im Schnellflug werden die Polaren trotz Re-Zahlunterschieds sich ähnlicher, da die Blasenproblematik kleiner wird, aber es kommt jetzt noch unter Umständen ein spürbare Torsion hinzu (Einwand von Steffen: die Wölbungserhöhung erhöht das Profilmoment und damit die Torsion, Gegenargument Siggi: bei Streckung um die 20 eine zusätzliche Lage CFK-Gewebe diagonal
).
Daher auch meine Anregung zum 6-Klappenflügel mit leicht überelliptischem Grundriß. Da paßt alles schon recht gut und man im erforderlichen Rahmen in allen Flugsituationen den Rest hinbiegen. Im Langsamflug wird man positiv verwölbt fliegen und dabei die inneren Klappen etwas mehr wölben als die äußeren. Damit wölbt man eine Verwindung rein. Im Schnellflug wird man gleichmäßig negativ wölben und die Torsion insgesamt vermindern. Geht natürlich auch beim 4-Klappenflügel. Aber wenn ich sowieso mehr als 2servos je Flügel einsetze ...
Meine Empfehlung für ein HQW mit 2,5% beruht auf der Erfahrung, dass bei der vorliegenden Flächenbelastung gegenüber dem 3% gewölbten im Langsamflug bei nach unten ausgeschlagenen Wölbklappen kaum Nachteile bestehen, aber im Schnellflug deutliche Vorteile zu verzeichnen sind. Wenn Du als Zielrichtung nur Thermikflug angegeben hättest, dann würde ich Johannes folgen und auf 3% erhöhen. Aber schon wenn etwas kräftigerer Wind geht ist auch in der Ebene imho 2,5% Wölbung beim HQW der beste Kompromiß.
Zu einem Vergleich meiner Entwicklung mit dem HQW müßte ich etliches noch rechnen, da ich meinen Entwurf auf 9% Dicke optimiert habe. Wenn ich auf mein Profil 12% aufdicke sehe ich aus der Polare keinen Grund mehr, nicht das erprobte HQW (wichtig: das HQW ist in der Praxis besser als das HQ!) zu nehmen. Eventuell könnte man überlegen die Dickenverteilung ds HQW nach aussen etwas vorzuziehen um im unteren Re-Zahlenbereich Blasen zu vermeiden und das Ca-max durch einen größeren Nasenradius etwas zu erhöhen. Um das alles zu rechnen fehlt mir aber momentan die Zeit.
Anbei mal als grober Anhalt eine Polarenschaubild von 11% dicken Profilen (die hatte ich schon gerechnet weil die Alpina meines Kumpels so dick an der Wurzel wird und dann aber auf 30cm auf 9% ausgedünnt wird). Deshalb auch die Polare bei 9% Dicke meines Entwurfs XC14 mit dabei imho bestmöglich angepaßter Wölbung von 2,3%. Im Gleiten macht sich die größere Dicke deutlich bemerkbar. Deshalb wenn möglich nicht dicker als 10% bauen.
Man sieht dass mein Entwurf im Bereich zügiges Gleiten bei ca = 0,5, das HQW beim besten Gleiten bei ca=0,8 und beim Kreisen jeweils etwas besser ist. Rechne ich das HQW mit Turbulator / Klappenscharnier die Polaren wird das HQW im Vergleich besser, das es hier im Langsamflug ein Blasenproblem gelöst bekommt, das bei meinem Entwurf anders vermieden wurde. Auch Aufdicken auf 12% wird die Polaren erfahrungsgemäß ähnlicher machen.
Manche empfinden ein Profil, das mit einem Leistungsknick deutlich anzeigt (HQW bei ca=0,8 etwa) wenn es ausserhalb seiner besten Eigenschaften betrieben wird angenehmer als einen Entwurf wie mein XC14, das die Leistung eben langsam in den Keller gehen läßt.
ACHTUNG: alles zu meinem Profil ist Xfoil-Theorie! Das HQW ist dagegen praxiserprobt.
So wird übrigens der Alpina-Flügel meines Freundes aussehen:
Hans
P.S. Das Schaubild zeigt übrigens die Auftriebsverteilung nahe ca-max bei Klappenausschlägen von 5°,4°,3° von innen nach außen abnehmend.
[ 16. April 2003, 10:59: Beitrag editiert von: haru ]