Mode von heute...
Mode von heute...
Hallo,
Ich bin mir nicht sicher, wie ich eine Parallele von der Schränkung einer Tragfläche zur Modewelt finden kann. Vielleicht diese: "Mode ist oft sehr schön anzusehen, aber notwendig bzw. nützlich nur in den seltensten Fällen."
Ich möchte hier niemandem auf den Schlipps treten, aber ob Schränkung modern ist oder nicht, sollte viel weniger zur Debatte stehen als ob sie sinnvoll ist oder nicht.
Und daher ein kurzer Kommentar hierzu. Ich denke nicht, das bei den hier vorgestellten Lösungen zur Tragflügelprofilierung der 4m ASW-15 eine geometrische Schränkung notwendig ist. Diese sollte allenfalls dazu dienen den Strömungsabriss am Randbogen hinauszuzögern, sprich, das Flugmodell "gutmütiger" machen also dessen Flugeigenschaften beeinflussen. Die Flugleistung des Modells wird dadurch aber nicht besser.
Wenn man sich die type-2-Polaren des Tragflügels an den markanten Schnitten ansieht, könnte man zu der Annahme kommen, dass am Innenflügel höhere ca-Werte erreichbar sind als am Aussenflügel. Dies führt zu dem Umkehrschluss, dass das Aussenflügelprofil sein ca-max früher erreicht als das Innenprofil. Hier die Graphik:
Aufgrund dieser Annahmen werden wohl oft die Aussenprofile mit höherer Wölbung versehen, vielleicht auch aufgedickt oder sogar der Tragflügel geschränkt um eben "sicher zu gehen". Leider erkauft man sich diese Abrissicherheit meistens mit deutlichem Leistungsverlust.
Im Bild dargestellt die roten Kurven für die HQW-Profilierung (innen HQW2.5/12, mitte HQW2.5/11 und aussen HQW 3.0/10) wie von Frank als Basis angedacht, und die grünen Kurven für den hier als Alternative veröffentlichten SA7036mod.-Profilstrak. Drei Dinge sind sehr schön zu erkennen:
- Das Aussenflügelprofil des HQW-Straks zeigt bei den niedrigen ReZahlen deutlich höhere Wiederstandsbeiwerte unterhalb von ca = 0.95 hervorgerufen durch Ablöseerscheinungen als das Aussenprofil des SA7036mod.-Straks.
- Der SA7036mod.-Strak zeigt Wiederstandsvorteile bis etwa ca = 0.75 (also bis hin zum Langsamflug beim etwa angepeiltem Gewicht) und höheres ca-max
- Die ca-max-Werte der HQW-Strakprofile liegen näher beieinander als die der SA7036mod.-Strakprofile.
Letztere Auffälligkeit ist es vielleicht, die die Gedanken an die Gutmütigkeit/Überziehsicherheit und vielleicht die Notwendigkeit einer Schränkung beieinflussen. Allerdings ist hier viel wichtiger einen Blick auf die Verteilung der induzierten Anstellwinkel über die Spannweite zu werfen:
Hier ist graphisch der Verlauf der induzierten Anstellwinkel am ASW-15 Tragflügel dargestellt (in diesem Fall für ein Tragflügel-CA von 1,0). Je weiter man Richtung Ranbogen geht, desto größer werden die induzierten Anstellwinkel. Der induzierte Anstellwinkel ist maßgeblich von der Tragflügelgeometrie abhängig, je elliptischer, desto kleiner wird er Richtung Randbogen (dies mal sehr prophan ausgedrückt).
Die ASW-15 hat eine sehr überelliptische Tragflügelgeometrie, eine solche wird oft auch als sehr "gutmütig" bezeichnet. Und dies eben genau weil die induzierten Anstellwinkel bei einer derartigen Tragflügelgeometrie nach aussen hin grösser werden. Das hat Einfluß auf den effektiven Anstellwinkel, der sich wie folgt einfach errechnet:
Alpha eff. = Alpha geom. - Alpha ind.
Der effektive Anstellwinkel ist also die Differenz aus geometrischem Anstellwinkel (der gesamten Tragfläche) und dem lokal durch die Geometrie beinflussten induziertem Anstellwinkel.
Wenn man also wissen will, ob der Tragflügel zuerst aussen oder innen abreisst, was für die Gutmütigkeit des Flugzeuges maßgeblich ist, muss man neben den erreichbaren ca-max-Werten der Profile auch die induzierte Anstellwinkel betrachten.
Das heisst konktret, dass das Aussenprofil bei einem bestimmten geometrischen Anstellwinkel der Tragfläche einen geringeren effektiven Anstellwinkel haben kann als das Innenprofil. Daher muss es vielleicht auch gar nicht ein ähnlich hohes ca-max liefern können wie das Innenprofil.
.....und eine Schränkung wäre in diesem Fall dann überflüssig.
Das kann man ganz einfach überprüfen, wenn man für einen bestimmten geometrischen Anstellwinkel an verschiedenen Stützstellen (Innen / Mitte / Aussen) die effektiven Anstellwinkel errechnet. Hierbei hilft das "Ranis-Nurflügelprogramm" bei der Suche nach den induzierten Anstellwinkeln. Danach liefern uns die gängigen Profilprogramme die jeweilign ca-Werte für die eingegebenen Stützstellen.
In einer Tabelle eingegeben sieht man schnell welcher geometrische Anstellwinkel vom Aussenprofil noch ohne Abriss bewältigt werden kann.
Für die 4m ASW-15 mit dem angenommenen SA-7036mod.-Strak kann das dann so aussehen. Der erste "Versuchsanstellwinkel ist hier 6°. Dieser ist im stationären Gleitflug bei angepeilter Flächenbelastung sicherlich erreichbar. Gut zu erkennen ist, dass das Aussenrofil bei diesem Anstellwinkel etwa 0,11 "Ca-Punkte" weniger leisten muss als das Innenprofil.
Bei 9° geometrischem Anstellwinkel kommt man langsam in den Bereich, der wohl im stationären Gleitflug schwer zu erreichen ist. Auch hier ist das Aussenprofil noch mit etwas weniger als ca = 1.0 belastet, was es laut Polaren sehr gut erreichen wird.
Alles überhalb von diesen Anstellwinkeln wird dann eher dynamisch, also beim kurzzeitigen Ziehen in der Thermik, bei harten Wenden oder Abfangbögen erreicht. Auch da macht das Aussenprofil des SA-Strak (genau wie auch das HQW im übrigen) bei der ASW-15 Geometrie wohl gar keine Probleme hinsichtlich eines Abrisses am Randbogen. Eine Schränkung ist hier also weder modern noch notwendig.
Für die Flugleistung ist das Aussenprofil des HQW-Straks wohl eher abträglich, eben aufgrund der stärkeren Neigung zu Ablöseerscheinungen.....und dagegen hilft schränken leider gar nicht weiter.
Nun ja, so ist mein "kurzer Abriss" doch etwas länger geworden. Ich hoffe ich habe mehr erläuternd als belehrend gewirkt, letzteres ist wirklich nicht in meinem Sinne. ich wünsche einen schönen Abend und kurz zum Schluss:
Frank, ich würde Dir zu dem Tragflügelstrakvorschlag von Benjamin raten, weil der wirklich "moderner" ist
Philip Kolb