Heute war ich auf der sonnigen Seite der Luftmassengrenze - will heissen im Föhnsturm. Keine 15 km nördlich war Weltuntergang (schüttender Regen). In den letzten Jahren haben die Tage mit starkem Föhn in Davos massiv zugenommen. Ein wunderbarer Wind, nur pfeift er bei uns kerzengerade durch das Tal, und kein Hang stellt sich ihm bisher entgegen. Kein Hang? Davor bewahre uns Google Earth! Intensive Rekognoszierung ergab, dass die Westkante der Erb-Alp perfekt sein müsste.
Heute war es soweit... Die Wanderung dorthin parallel zum Tal war zwar "luftig", aber ergab noch keinerlei Vorgeschmack auf das, was einen bzw. mich nach dem Umbiegen in den Schlusshang erwartete: Wütender Wahnsinn! Unter 40 km/h war es nie, im Schnitt wohl um die 60 km/h, und öfter frischte der Wind für ein oder zwei Minuten auf 100 km/h auf! Ich will nicht gerne übertreiben, aber es ist mir noch nie passiert, dass mich der Wind umgeblasen hat - heute am Anfang einmal, obwohl ich guten Stand hatte - und vor allem kenne ich keine Schmerzen in den Fingern, weil ich den kleinen Handsender eineinhalb Stunden wie blöd nach vorne drücken muss, weil der Sturm den "Fuchsschwanz" an der Antenne dermassen nach hinten drückt, die sich biegt wie ein Angel mit Einpfünderforelle am Haken...
Am Anfang dachte ich Trottel noch, mit dem Super Fips zu fliegen, aber als ich die erste Fläche aus dem Rucksack zog und mir dieselbe in Sekundenbruchteilen vom Wind nach hinten geschlagen wurde, wusste ich, dass das eine blöde Idee war. Also besser gleich die Blade. Wenn man echte Mühe hat, sein Modell zusammenzustecken, weiss man, dass der Tag gut wird
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Bei solchem Wind interessiert weniger das Fliegen als solches, das ist ja eh nur vertikal orientiert, sondern vor allem:
- gibt es Aufwind auch ausserhalb der direkten näheren Hangzone?
- gibt es Abwindfelder und wie schlimm sind sie?
- Landung: Leewirbel? Besser erst mal fliegen und später dran denken?
Also die Blade losgelassen und zugeguckt wie sie waagerecht in einer 80° steilen Bahn fast senkrecht nach oben davon steigt. Hektisch Trimm nach vorne an Anschlag, sonst keine Chance. Passte gut, wie sich später zeigt, weil die EWD jetzt 0° ist und die Monsterabstiege ohne Piloteneingriff völlig bolzgerade gehen.
Nach "Sicherheitshöhe" vorsichtiges Herantasten an die Situation; ich bin dort immerhin noch nie geflogen. Etwas nach draussen und beinahe freier Fall, also Vollgas und weg - und was ist das?: Die Blade ächzt, besser kann man das nicht beschreiben, und wird annähernd senkrecht nach oben gerissen. Im Laufe der folgenden eineinhalb Stunden finde ich zwei solche Stellen, diese eine direkt leicht rechts vor mir, die andere recht weit draussen links im Tal. Es ist wie ein Monsterbart, ortsfest, aber bei DEM Wind? Kann eigentlich nicht sein, es sind auch keine entsprechenden Wolken in der Nähe.
Beim Eingewöhnen in den Luftraum habe ich mich nach 40 Min. auch mal kräftig "verturnt", als der Wind gerade für eine Weile wirklich enorme Stärke annahm, und musste die Blade sicherheitshalber in eine Wiese drücken. Die beiden anderen Landungen - wovon die letztere bei sicher über 80 km/h Wind war: unfreiwillig, weil der Senderakku leer war und piepste wie blöd - gingen überraschenderweise völlig problemlos bei Fuss: von hinten angeflogen und den Hang heruntergeglitten, etwas gesteuert und sanft in den Boden gedrückt: Die Hangneigung passte perfekt.
Als die Struktur der Luftraums erflogen war, begann der Spass: Links oder vorne "etwas" Höhe holen und dann nach rechts in das kleine Tälchen von NW einfliegen. Oh wie der rechte Hang einen nach oben spülte! Oben am Talanfang war ich dann meist so hoch, dass jede weitere Bemühung um mehr Höhe wegen der Winzigkeit des Modells sinnlos geworden war - bei EINER Strecke! Also wieder etwas nach draussen fliegen und ab nach unten... Ab etwa Augenhöhe zeigte die Blade, dass sie ausser ihrem Flächen- und QR-Spaltpfeifen noch anders tönen kann: Ein kerniger hoher Ton, dessen Ursprung ich noch nicht kenne.
Und tapfer weiter geballert hinunter ab ins Haupttal - kurzer Dip am HR und steil nach oben bis ca. +100m oder so. Wieder nach rechts usw.: Ich habe das heute mal aus Jux 15 Min. am Stück durchgehalten.
Das Beeindruckende an diesem Startplatz ist, dass er bei Föhn (Windrichtung heute 210° genau auf den Hang mit Abweichungen +/-30°) völlig frei angeblasen wird! Das ist hier selten, bei den meisten Bergrippen, die einem Talwind im Weg stehen, ist immer noch etwas vorgelagert. Ich habe mich wegen dieser freien Anströmung auch irgendwie an eine Küste erinnert gefühlt, allerdings an eine Küste, wo man sein Modell schräg rechts ohne eine Kurve auf +300m hoch blasen lassen kann...
Wenn also mal wieder kräftiger Föhn angesagt ist, weiss ich jetzt einen adäquaten Hang. Ach ja: Platz zum Landen ohne Ende. In den Bildern orange schraffiert sind Bergheu-Wiesen mit absolutem Betretungsverbot (Achtung, aggressive Bergbauern! Dieses Jahr liegen ihre Nerven wegen des schlechten Wetters besonders blank).
Höhenunterschied Parkplatz - Startplatz: 550 m
Ziemlich flotte Marschzeiten:
Parkplatz - Hütte 40 min
Hütte - Startplatz (unten herum) 30 min
Startplatz - Hütte (oben herum) 20 min
Die Hütte mit Zita als Wirtin wurde im rcn von mir schon an anderer Stelle vorgestellt und ist eine wichtige Komponente des Flugtages
Heute allerdings glaubte mir dort niemand auch nur ein Wort, als ich sagte, dass ich gerade 1:30 in der Luft war - es war ihnen gerade ein Sonnenschirm davongeflogen, und bei so einem Wind kann man ja nicht fliegen, das weiss doch jeder.
Bertram
Bilder (c) Google
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