Hallo Skipper`s,
hier noch ein Bericht von mir, wie ich meine erste IOM Regatta erlebt habe.
Gruß
Tobias
IOM Freundschaftsregatta Ribnitz Damgarten
Ein kurzer Bericht wie ich meinen ersten IOM Regattatag erlebt habe.
Am Morgen um 6Uhr in Berlin erwacht, saß ich eine halbe Stunde später im Auto und fuhr nach Ribnitz Damgarten. Mit der Hilfe des örtlichen Tankstellenpächters traf ich um 9.20Uhr auf dem Gelände des Segel-Club-Ribnitz ein. Auf zur Meldestelle und mein Startgeld bezahlt (5,-€ inklusive Mittagessen und Kaffee und Kuchen, da kann man nicht meckern). Kurz jeden Teilnehmer begrüßt und dann ab zum Auto umziehen. Vorsichtshalber habe ich mich in meinen Faserpelz und komplette Ölzeugmontur „verpackt“. Die Wettervorhersage war ja nicht gerade rosig ausgefallen und die „taktische Zentrale“ eines Regattaseglers sollte immer auf „Betriebstemperatur“ bleiben.
Eh ich mich versah, rief Ulli Burbat (der Regattaausrichter) auch schon zur Steuermannsbesprechung (9.45Uhr). Ich half noch kurz meinem MM Kollegen Jürgen S. beim Verholen seines Materials vom Parkplatz zur Bootshalle, in deren Nähe sich die Bootseinsetzstelle befindet.
Nach der Steuermannsbesprechung stellte ich fest, dass ich als einziger noch kein Boot in meinen Händen hielt!
Da der erste Start unmittelbar bevorstand fiel die Leihbootübergabe mangels Zeit sehr zügig aus. Eine INSIDER (Rumpfdesign) IOM, verliehen von Ulli Burbat (GER 67) sollte meine „Waffe“ sein. Sender und Boot eingeschaltet, ab aufs Wasser. Ich vertraute den von Ulli gemachten Trimmeinstellungen. Warum auch nicht? Der Eigner kennt sein Boot meistens am Besten.
Zum Glück hatten wir am Vormittag sehr leichten Wind (1-2 Beaufort), also optimale Bedingungen für einen IOM Neuling. Da fährt das Boot nicht sonderlich schnell und man hat Zeit sich an das Boot zu gewöhnen. Der Wind war ablandig, die Startlinie ca. 90 Grad zum „Skippersteg“. Relativ kurze Startkreuz. Die Luvtonne lag ziemlich dicht unter Land, abgedeckt durch einen ca. 1,60m hohen Schilfgürtel. Sauber ausgelegtes und anfangs sehr großes Dreieck.
Es blieb gerade noch Zeit für eine Testkreuz zur Luvtonne, dann musste ich zurück zur Linie, das Startband lief bereits. Am Anfang hatte ich mir vorgenommen mich ein bisschen zurückzuhalten, da ich ja mit dem Umgang einer IOM nicht vertraut bin und keinerlei Segelpraxis mit solch einem Boot habe. Zudem wollte ich keinen Schaden an meinem Leihboot riskieren (das wäre echt peinlich gewesen).
Meiner Einschätzung nach müsste es auf der Startkreuz über links gehen. Ich starte zu meinem Erstaunen relativ einsam auf der linken Seite der Linie, zwar nicht so richtig pünktlich, da ich Angst vor einem Frühstart hatte, da ich das Beschleunigungsverhalten einer IOM nicht kannte und mich erst an die leicht verzögerte Reaktion der Segelwinde gewöhnen musste. Das Feld „prügelte“ sich um die beste Position an der rechten Starttonne. Mein Boot beschleunigte und ich fuhr los, der erwartete Linksdreher kam wenig später, ich legte sofort um und kam als Vierter um das Luvfass. Meine Tonnenmanöver waren einfach nur schlecht, da ich einfach noch kein „Auge“ für diese großen Boote habe. Bin ich schon an der Tonne? Kann ich schon halsen? Bin ich vielleicht doch zu früh? Ich erinnerte mich an den Tipp von Thomas D.: „Wenn sich der Schatten der Segel auf der Tonne abzeichnet, biste da.“ Nur leider schien am Morgen die Sonne nicht.
Trotz sehr großem Raumverlust bei den Tonnenmanövern konnte ich den vierten Platz verteidigen. Cool, gleich ein Vierter im ersten Rennen. Ich war begeistert.
Die zweite Wettfahrt folgte auf dem Fuße. Diesmal war ich schon nicht mehr ganz so einsam auf der linken Seite der Linie. Startschuss, ich mal wieder eine halbe Bootslänge zu spät an der Linie. Dieter L. und Jens A. kommen viel besser weg und ich merke gleich, mein Boot läuft zu wenig Höhe. Der erwartete Linksdreher setzt wieder ein, wir legen um und wieder vierter am Luvfass! Während des Rennens habe ich Michael S. und Kym D. im Nacken, mein Blutdruck fängt massiv an zu steigen, immer noch läuft mein Boot zu wenig Höhe an der Kreuz, der Speed scheint aber zu stimmen. Ich rette mich als Vierter ins Ziel.
Während wir auf die anderen Skipper warten, meint Kym zu mir: „Mit was für einer Mastkurve fährst du denn rum?“ Ich denke mir, ah ja, das mit dem Psychokrieg fängt ja früh an.
Ein Blick auf mein Segelstell belehrt mich eines Besseren. Ich habe einen nach vorne gebogenen Mast. Ich gebs zu, das sah echt gruselig aus. Bei der Bootsübergabe war einfach keine Zeit das zu kontrollieren, ich hatte das Boot einfach eingeschaltet und los ging es. Daraufhin habe ich Kym sofort für die erste Pause zum Trimmen meines Bootes verpflichtet.
Dritter und letzter Lauf vor der Pause. Ich platziere mich mal wieder links an der Linie. Upps, hatte da etwa gerade der Wind gedreht, kurz überprüft, ja er hat. In letzter Sekunde tanke ich mich nach rechts durch, finde keine Lücke in der ersten Reihe, zu spät, ich starte in der zweiten Reihe, kassiere die Abgase der vor und über mir liegenden Boote, versuche das Beste daraus zu machen und liege nach dem Luvfass im hinteren Drittel, kann aber zum Glück die beiden Kreuzen nutzen und bin im Ziel siebter.
Kurze Wettfahrtpause. Ich hole das Boot am Mast aus dem Wasser und stelle es vorsichtig mit der Bombe ins Gras auf den Boden. Den Sender in einer Hand, den Mast in der Anderen und wie und wo packt man jetzt das Boot? Auf den Rasen? In den Ständer (der natürlich noch in der Bootshalle steht
) Irgendwie bemerkt einer der Umstehen meine Hilflosigkeit und greift entschlossen nach dem überstehen Vordeck der Insider. Danke.
Kym legt das Boot auf den Rasen und begutachtet den Trimm. Er stellt einiges um. Der Mast ist jetzt gerade, die Fock dichter, das Groß einen Tick offener. Ja, ich musste zugeben, das sah jetzt wirklich besser aus als vorher. Leider müssen wir feststellen, dass die Segelwinde bei ganz dichtgeholten Segeln immer einen anderen Endpunkt findet. Kym`s Kommentar: „Ist halt ne Graupner Regatta.“ Ich denke mal wieder an den Psychokrieg, grinse innerlich und lasse mich nicht beunruhigen. Da ich in der Nähe des Steges ständig Zappler im Boot hatte und dadurch leider auch die Segelwinde gerne „Am Wind“ mal die Segel leicht auffierte (ich bin ja die beiden ersten Rennen links dicht am Steg gestartet und offene Segel an der Kreuz sind nicht so gut
)hatte ich die Stummelantenne des Senders in Verdacht. Schnell noch Ulli B. kontaktiert und die Stummelantenne der Graupner MC10 gegen eine Teleskopantenne getauscht. Fazit: Endlich Ruhe im Boot!
Pause um, Ulli B. fordert uns auf die Boote zu wassern. Beflügelt durch die guten Ergebnisse der ersten drei Läufe beschließe ich ab jetzt „voll rein zuhalten“ und anzugreifen.
Die vierte Wettfahrt ist leider schnell erzählt. Wir starten, ich runde als vierter das Luvfass und habe an der Raumtonne Innenposition. Ich bin übermotiviert und viel zu euphorisch. Ich will nicht schon wieder unnötig Meter an der Tonne liegen lassen und „biege“ zu früh ab, zack, mein Kiel und die Ankerleine der Raumtonne feiern Hochzeit. Mist, das Boot hängt fest. Ich kann machen was ich will, es löst sich erst wieder als die ersten die Ziellinie überqueren. Ich melde bei Ulli B. DNF an.
An die fünfte Wettfahrt kann ich mich kaum erinnern. Aber endlich läuft dank Kym mein Boot gute Höhe, allerdings bin ich nun auch einen Tick langsamer als die Boote von Kym D., Michael S. und Dieter L.
Ich muss an die Signatur von Christian W. im MM Forum denken: „Der Trimm bringt die Zentimeter, die Taktik die Meter.“ Recht hat er! Das baut mich auf.
Die sechste Wettfahrt wird gestartet. Anscheinend hatte ich mir in der Pause zuviel vorgenommen. Ich war übermotiviert. Konsequenz: Frühstart! Sicherlich auch auf das nicht gewohnte Bootshandling zurückzuführen. Diese IOM Geschosse beschleunigen einfach schnell und durch die disziplinierten Starts, vergleichbar mit ambitionierten Jollenklassen, kann man nicht mehr abfallen, denn da sind bereits andere Boote. Tja, das will halt trainiert sein. Ich fiere die Segel und lasse die Anderen passieren, falle ab und runde die linke Starttonne und jage dem Feld hinterher. Im Ziel bin ich dann Achter und bin mit meiner Aufholjagd zufrieden. Endlich Mittagspause.
Wir sitzen in einem gut geheizten Raum und es gibt schön heiße Erbsensuppe mit Würstchen und dazu frischen Kaffee. Ich klöne mit Dieter L. über so manches Bootsdesign von Michel S. und nach dem Essen zeigt Dieter L. mir noch seine MK 9a. Nach der Mittagspause bin ich ganz entspannt, das Koffein des Kaffees beginnt zu wirken, ich bin hellwach und irgendwie so ganz cool motiviert.
Ulli B. ruft zum Start. In der siebten Wettfahrt werde ich dritter! Mein bestes Laufergebnis bis zu diesem Zeitpunkt. Start zum achten Rennen. Ich komme super von der Linie weg. Richtig schön pünktlich, gaaanz links und diesmal keine Abgase von Luv. Da ist diesmal nämlich keiner, nur Kym D. liegt in Lee von mir und wir haben freien Wind. Der erwartete Linksdreher kommt und Kym D. fleht mich an zu wenden. Ich lasse ihn schmoren und lege etwas später um. Kym D. wendet sofort mit. Wir beide segeln vor dem ganzen Feld entlang und ziehen direkt hoch zur Luvtonne. Erster am Luvfass! Kym folgt. Eine kleine feine Privatböe schiebt mich zur Raumtonne. Kym wartet auf die restlichen Boote.
Nun stand auch die Sonne am Himmel und das „Segelschatten auf Tonne Rezept“ funktionierte. Jetzt bloß keinen Fehler machen. Der Herzmuskel fing an Schmerzen zu bereiten. Ich verteidige meine Position durch schlichtes Covern an der Kreuz und ermahnte mich ständig bloß keine Experimente zu machen. Die Zielkreuz kostet mich Nerven. Mein Herz sammelt fleißig „Herzkasperpunkte“. Ich rufe viel zu früh meine Segelnummer: „67“. Selbst Ulli B., der die Zieleinläufe notierte, konnte die Freude über den Laufsieg seines Bootes nicht unterdrücken und rief ein freudiges „Jetzt“ als das Boot dann tatsächlich die Linie passierte. Gigantomanisch! Laufsieg, das geht runter wie Öl.
Wettfahrt neun ist im Nachhinein betrachtet fast eine Wiederholung von Rennen acht. Nur diesmal ist Kym als Erster an der Luvtonne, ich zweiter. Diesmal gönnt sich Kym D. auf dem Weg zur Raumtonne eine kleine feine Privatböe; ich erwische diese etwas später gerade noch so und der Rest des Feldes geht leer aus. Kym D. führt mit einem guten Vorsprung das Feld an, den gleichen Abstand haben die Verfolger zu mir. Kym D. und ich lassen nichts anbrennen, bloß kein Risiko. Von hinten kommen Jens A. und Michael S. näher heran. Yes, zweiter im Ziel. Was für eine Serie nach dem Mittagessen: drei, eins, zwei !!!
Nun ist wieder kurze Pause. Die tut mir einfach nicht gut. Den nun kommt wieder der kleine Mann mit dem Flüsterton: „Siehste, da geht noch was, häng dich rein.“ Die nach der Mittagspause wohltuende Entspannung verfliegt. Ulli B. ruft zum Start.
Der Wind hat zugenommen. Jetzt haben wir konstante 2 Beaufort, in den Böen knapp über drei. Es ist böeig und der Wind dreht kurzfristig sehr stark.
In Wettfahrt zehn und elf begehe ich mehrere ungewollte Fouls und muss öfters Kringeln um mich zu entlasten. In den Böen läuft mir das Boot manchmal leicht aus dem Ruder. Auch fahre ich dichter an meinen Konkurrenten vorbei und riskiere mehr. Andere Skipper sind die Leidtragenden (Sorry Dieter L.). Am Ende stehen Platz sechs und fünf zu Buche.
Ulli B. zieht die kleine Pause vor. Eine der IOM hat einen leeren Empfängerakku, der gewechselt werden muss. Der kleine Mann mit dem Flüsterton spricht wieder: „Das geht besser, halt dich ran.“
Konsequenz in Lauf zwölf und dreizehn: Total übermotiviert, in beiden Rennen Frühstart. Starttonne runden. Aufholjagd beginnen und in Lauf dreizehn noch mal Hochzeit mit der Ankerleine der Raumtonne. Nur dieses Mal löst sich das Boot schnell wieder. Ergebnis: Platz sieben und acht.
Irgendwie sehe ich es ein. Ruhig geht besser. Also noch mal volle Konzentration, Puls mindern, Blutdruck senken und einfach versuchen cool zu sein.
Das hilft. In den letzten beiden Rennen werde ich wieder besser: Platz fünf und drei.
Wir holen die Boote aus dem Wasser und alle beginnen mit dem Abtakeln und verpacken der Boote.
Ulli B. und ich takeln die INSIDER gemeinsam ab. Erst jetzt realisiere ich. Das Boot hat eine Aluflosse und ein von Ulli selbst gefertigtes Ruderblatt, nix mit Kohleanhängen. Und eins ist defenitiv: Es lag nie am Material wenn ich nicht ganz vorne war, sondern immer und ausschließlich an meinen Fehlern.
Nach dem Verpacken saßen wir in dem schön warmen Raum bei frischem Kaffee, Stollen und allerlei Weihnachtsnaschereien und wärmten uns auf.
Ulli B. führte die Siegerehrung durch und siehe da, fünfter Platz gesamt. Viel besser als ich zu träumen gewagt hatte. Vor mir alles Segler aus den Top Ten der aktuellen IOM Rangliste. Hinter mir auf Platz sechs, Carsten Posmik (Platz 11 der aktuellen IOM Rangliste), der mich bei der späteren Verabschiedung mit einem Lächeln bat, ihn bei der nächsten gemeinsamen IOM Regatta doch bitte vorzulassen. Mal sehen.
Die ersten drei bekamen große Pokale, gespendet von der Bernsteinstadt Ribnitz und die Sticker von rc-network. Die Platzierten sehr schöne Urkunden.
Fazit: IOM segeln macht Spaß und es muss bestimmt kein teures Hightech Material sein um vorne mitzumischen. Atemberaubend war für mich der Speed welchen manche Boote „Vor dem Wind“ in einer Böe erreicht haben (Ich denke da besonders an einen Surf von Wolfgang D. und seiner SLIM CHANCE). Bei dieser IOM Freundschaftsregatta wurde aus meiner subjektiven Sicht fair und nach Regeln gesegelt. Das empfand ich als sehr angenehm.
Vielen Dank an Ulli B. der mir, einem absoluten IOM Anfänger, selbstlos seine IOM geliehen hat.