Hallo Johannes!
Für mich ist es sehr schön, hier im Forum doch noch Beiträge zu finden, bei denen es tatsächlich noch um ModellBAU geht. Scheinbar gibt es nur noch sehr wenige, die Flugmodelle selber entwerfen und bauen. Daher erstmal meine Anerkennung und meine Freude und Dank für diesen Thread!
Schöner Flieger!
Ich selbst gehöre auch der seltenen Gattung der selber Konstruierer und Bauer an.
Gerne möchte ich nochmal die Gleitzahldiskussion aufgreifen. Anhand der Profilpolaren, die Du mit Profili gerechnet hast und hier veröffentlicht hast, hab ich mal ein paar Profilgleitzahlen berechnet. Übrigens kann Profili das auch, dann kannst Du Dir mal die Gleit- und Steigzahl-Kurven ansehen. Das sind aber natürlich PROFIL-Zahlen und KEINE Modellzahlen, aber das weißt Du wahrscheinlich.
Also nach dem Zücken meines Taschenrechners komme ich bei Deinen Polaren auf Profilgleitzahlen die im Mittel ihr Maximum so bei 44 bis 53 finden. Einige sind natürlich kleiner (kleine Re-Zahlen) und andere etwas größer (größere Re-Zahlen). Außerdem sind die ja alle bei Beta = 0 ° gerechnet. Da Du ja aber einen Mehrklappen-Flügel hast, wird sich da einiges ändern, je nachdem, wie Du die Klappen setzt. Bei positiv gesetzten Klappen könnten da die Gleitzahl-Maxima (Profil) noch etwas größer ausfallen. Auf der anderen Seite werden die Gleitzahl-Kurven dann i. d. R. etwa "steil-gipfliger" - kurzum, sie sind in der Flugpraxis schlichtweg schwieriger zu treffen.
Also wenn wir mal von Profilgleitzahlen im Mittel von schlappen 50 ausgehen, dann kommt da ja noch eine Menge Widerstand oben drauf, weil diese Profilgleitzahlen ja NUR für den Flügel gelten und das auch NUR bei unendlicher Streckung. Da ist aber noch das Modell mit Rumpf und Leitwerk, der endliche Flügel und der Interferenzwiderstand. Alles das, macht aus den schönen Profilzahlen deutlich schlechtere Modellzahlen. Deine Flügelstreckung beträgt - waren es 22 ?. Das ist für ein Flugmodell schon ziemlich gut (viel), aber eben auch nicht die Welt und eben galaktisch von unendlich entfernt.
Unterm Strich würde ich aus der Hüfte schießen, dass die Modellgleitzahl maximal bei 23 bis 33 liegen dürfte. Vielmehr wird es wohl nicht werden. 44 halte ich für ausgeschlossen! 44 ist gerademal 10 % schlechter als Deine Profilgleitzahl. No way, da mit dem Modell hinzukommen!
Plausibilität: Es wurde hier ja schon angesprochen: der Vergleich zu manntragenden Hochleistungssegelflugzeugen. Wenn diese Superorchideen da Gleitzahlen von 41 oder 47 erreichen, werden wir mit unseren Flugmodellen da nieee hinkommen
. Schau mal hier
http://www.dg-flugzeugbau.de/fileadmin/Dokumente/dg-1001s-einlegeblatt-d.pdf. Nimm mal die DG-1001 S als Beispiel. Bei der 20 m Variante wird eine Flügelstreckung von 22,82 erreicht. Diese Streckung ist sehr gut mit der Streckung DEINES Flugmodells vergleichbar. Diese DG-1001 S erreicht lt. Datenblatt (s. Link von eben) eine Gleitzahl von 47! Oder nimm diesen Flieger
http://www.dg-flugzeugbau.de/index.php?id=ls8-beschreibung-d. LS8 Gleitzahl = 48 bei der Version mit großer Spannweite und einer Flügelstreckung von deutlich mehr als Deiner. Oder LS8 Gleitzahl = 43 bei 15 m Spannweite und Flügelstreckung vergleichbar mit Deiner.
Jetzt halten wir mal kurz ein paar Dinge fest: DG-Flugzeugbau ist meiner Meinung nach ein Top Hersteller von Segelflugzeugen. Die holen also schon so ziemlich alles raus, was technisch möglich und sinnvoll ist, um hervorragende Flugleistungen zu erzielen. Kurzum wir reden hier also nicht über irgendwelche Segelflugzeuge, sondern, um die crême de la crême! Gut es gibt auch noch die Eta (aber die hat eine Flügelstreckung, die mit Deiner nix am Hut hat...).
Jetzt mal was Technisches: Was mögen diese manntragenden wohl für Re-Zahlen am Flügel haben?! Da können wir nur von träumen! Größere Re = einfach viel besser in Sachen Gleitzahl. Was können die sich für laminare Laufstrecken am Profil erlauben?! Da kämpfen wir noch damit rum, die Grenzschicht mit Bitten und Betteln davon zu überzeugen, doch bitte bald turbulent zu werden, damit wir ne überkritische Strömung am Flügel hinbekommen. Während bei den Großen mit Laminarprofilen die Grenzschicht gaaanz lange laminar übern Flügel flutschen darf. Das ist soooo gemein
. Mit dem Resultat, dass die einfach die besseren Profilgleitzahlen haben, basta!
So, und jetzt sollen wir glauben, dass Dein Flugmodell die etwa gleiche Gleitzahl (44) erreicht, wie ein manntragender Hochleistungs-Segler (47, 48 bzw. 43)?
. Nein, da kann ich Dir wirklich keinerlei Hoffnung machen, dass Du diese Gleitzahl, die da berechnet wurde, glauben darfst. Ich jedenfalls, würde diese 44 nicht glauben. Da sprechen einfach zu viele Argumente (s. o.) dagegen. Wie gesagt 23 bis 33, würde ich mal als realistisch ansiedeln. Meiner Meinung nach ist das aber schon ein hervorragender Wert für ein Segelflug-MODELL. Da hast Du dann gute Arbeit gemacht, wenn Du da hin kommst.
Eine Sache hattest Du nicht zur Diskussion gestellt (so wie die Gleitzahl), aber Du hast die Zahl hier veröffentlicht. Und zwar das geringste Sinken. Vielleicht darf ich hier auch noch mal einhaken?
Nun, das geringste Sinken ergibt sich aus zwei Faktoren: 1. Flächenbelastung und 2. Steigzahl.
In Sachen maximale Steigzahlen gilt etwa ein analoger Spaß wie bei der Gleitzahl. Mit unseren im Flugmodellbau verkrüppelten Re-Zahlen kommen wir da einfach auf keinen saftig grünen Zweig in Sachen Steigzahl. Jedenfalls nicht, wenn wir uns mit den Manntragenden vergleichen. Wo wir aber mal auftrumpfen können - endlich
- wir müssen doch auch mal ein Ass im Ärmel haben - ist die Flächenbelastung. Bei den Manntragenden sind wohl 350 bis 500 g/dm² realistische und übliche Werte. Du lagst da bei etwa über 66 g/dm² oder? Kurzum, hier trumpfst Du mit viel kleinerer Flächenbelastung auf als die Großen, aber leider wird dieser Trumpf von den kleinen Re-Zahlen zerpflückt. Während die Großen mit 0,5 m/sec geringstem Sinken da stehen, sind 0,24 m/sec bei Deinem Modell vielleicht auch ein bisschen zu optimistisch. Anyway.
Wenn Du Dein Modell in der Ebene für die Thermik einsetzen willst, dann wäre eine etwas niedrigere Flächenbelastung als Deine Jetztige wohl ratsam. Echte Thermik-Schleicher - auch im größeren Format - waten da mit 20 bis 30 g/dm² auf. Bei Deiner Modell-Größe wären so um 45 wohl auch noch grad ganz gut. 66 ist aber auch kein Beinbruch. Aber n ausgewachsener Thermik-Geier wirds dann eher nicht mehr, wenn auch ein mit Sicherheit trotzdem brauchbar guter Segelflieger für die Ebene. Fürn Hang sind 66 g/dm² bestimmt ein guter bräuchlicher Wert. Am Hang spielt das geringste Sinken ja nicht so die Rolle. Es sei denn es ist ein Mini-Hang und Du erwischst einen Tag mit Absauf-Bedingungen. Aber bei nem vernünftigen Hang und bissi Wind und Thermik ist das oben Bleiben ja kein großes Problem und 66 g/dm² vollkommen ok. Größere Flächenbelastung gibt ja auch die bessere Penetrationsfähigkeit. Und das kommt Dir dann bei etwas mehr Wind am Hang nur zu Gute!
So, dann mal weiterhin viel Erfolg! Find Dein Projekt prima und drück Dir die Daumen für einen schönen Erfolg!
Ganz liebe Grüße