Einige Gedanken zu Modellen
Einige Gedanken zu Modellen
Hallo Klaus,
genau, so machen wir's !
Ich nehme Deine indirekte Anregung zur Vorstellungen unserer Überlegungen zur Diskussion und Beiträgen gerne auf und möche einige grundlegende Gedankengänge vorstellen, die dem "Alpenkreuzer" zugrunde liegen. Das ist grob vereinfacht dargestellt, es geht um die wesentlichen Züge.
Ein Modellflugzeug benötigt für Flugleistung Optimierungen in folgenden Bereichen:
Aerodynamik
Hier steht in der Modellfliegerszene das "Profil" im Vordergrund, Was ich aber haben möchte, ist Flugleistung, d.h., geringes Sinken und gutes Gleiten. Die Flugzeugpolare kann dann mit der Flächenbelastung mit der Wurzel aus der Flächenbelastung über die Geschwindigkeit gestreckt werden, das ist eher keine Frage der Aerodynamik sondern schlicht des Gewichts.
Für jede Klasse von Anwendung gibt es viele Profile, Thermik, Hangflug, allround, speed. Die Profilpolaren unterscheiden sich bei leidlich brauchbaren Profilen in einer Klasse nur wenig. Warum auch, bei den "schlechteren" Profilen hat man vielleicht 50% der Oberfläche laminar, bei den sehr guten vielleicht 70%, der Unterschied ist im Widerstand entsprechend gering, die Empfindlichkeit bei den 70%ern auf Mückenleichen, Bauungenauigkeiten etc. allerdings gross. Nimmt man ein robustes, "schlechtes" Profil und baut den Vogel nur etwas grösser, hat man über die Reynoldszahl die Effizienzdifferenz zu einem "guten" Profil locker wettgemacht, da braucht man nur in die Profilpolaren zu schauen, die Reynoldszahl ist im Modellbereich _der_ entscheidende Faktor für Leistung (anders als in der bemannten Szene).
Viel dramatischer wirkt sich eine rauhe Oberfläche oder eine Turbulenzkante negativ aus, kann jeder mit einem der vielen Profilprogramme studieren. Wenn man also unproblematische Flugleistung haben will, holt man sie einfach aus der Reynoldszahl und einer glatten Oberfläche ohne turbulenzerzeugende Kanten und nimmt ansonsten ein mackenarmes "Sorglosprofil".
In der Wettbewerbsszene sieht's natürlich anders aus, da sind die geometrischen Grössen i.a. limitiert, so dass als einziger freier Parameter das Profil übrig bleibt.
Ansonsten ist es wichtig, keine aerodynamischen Fehler zu machen: vorne rauhe Rumpfoberflächen, Ecken (Leitwerk, Rumpf-Flächenübergang), Längs- und Querschlitze, ... Der schon genannte Hörner gibt da umfassend Auskunft. Die goldene Zeit der Aerodynamik war nicht die Zeit der Superprofile, sondern des "clean-ups" der gesamten Zelle, unendlich viel Detailarbeit.
Flugdynamik
Was sehr schwierig erscheint, ist heute der am einfachsten zu lösende Bereich. Man mache sich mit AVL oder XFLR5 etc. vertraut, spiel ein wenig herum und gut isses.
Statik
Grössere Reynoldszahlen haben einen wesentlichen Vorteil, die Profile dürfen dicker sein. Das liegt daran, dass Luft ausserhalb der Grenzschicht eine bestimmte Form am liebsten mag. Bei dicker Grenzschicht - also kleinem Re - bleibt für's eigentliche Profil - das, was man sieht - dann nicht mehr viel übrig, das Profil muss dann dünn sein. Am besten sieht man im Geiste ein Profil nicht als solches, sondern ein Profil plus seine Grenzschicht; das ist auch das, was die umströmende Luft "sieht" und darauf reagiert.
Das schafft Platz für eine solide Tragflächenkonstruktion, man benötigt Biegesteifigkeit und Torsionssteifigkeit. Unabhängig davon, ob man eine Schalenstruktur oder eine Balkenstruktur verwendet, das Biegeträgheitsmoment ist leicht zu berechnen und ggf. zu optimieren; die auftretenden Lasten auch. Für die Torsionssteifigkeit kann die Schale selbst genutzt werden oder benutzt andere Elemente wie D-Box, Torsionskasten o.ä.., Berechnung leicht möglich über die 2.Bredtsche Formel.
Ganz entscheidend für eine gute Konstruktion bei Verwendung gerichteter Materialien (GFK, CFK, Holz) ist das Verständnis der auftretenden Kraftvorzugsrichtungen: auf Biegung immer längs, auf Torsion und Schub immer sozusagen "unter 45 Grad". Das liegt daran, dass Torsionsversteifungen im Flugzeugbau immer Schalen sind und eine Torsion einer Scherung eines Flächenelementes in der Schale entspricht, dieses Element wird also diagonal gestreckt und senkrecht dazu zusammengedrückt.
Bei Biegung braucht man das E-Modul in Längsrichtung der Belastung, bei Gurten oder Schalen also in Richtung der Tragfläche. Bei Torsion benötigt man das G-Modul, dass über die Poissonzahl ("Stauchung") mit dem E-Modul "unter 45 Grad" verknüpft ist.
Wie gross ist der Einfluss der Faserrichtung(en) ?
- E- Modul:
Holz: längs der Faser maximal, unter 45 Grad noch etwa 20% davon, quer zur Faser nahe null (--> Gurte brauchen immer die Fasern längs); gleiches gilt für Sperrholz.
CFK: maximal längs der Faser und nahe null quer, bei Gewebe anteilig entsprechend Faserrichtung, unter 45 grad nur noch 10%
GFK: maximal längs der Faser unter 45 Grad und nahe null quer, bei Gewebe anteilig entsprechend Faserrichtung, unter 45 grad noch 30%
- G-Modul:
Holz: logischerweise bei 0/90 Grad 20% des maximalen G-Moduls, uner 45 Grad maximal; das gilt natürlich auch für kreuzweise lagenweises Sperrholz: der Unterschied zwischem dem G-Modul in 0/90 und 45 Grad ist der Faktor 5 !!!
CFK-Gewebe: das Verhältnis der G-Module der beiden Richtungen ist 1:10 !!!
GFK-Gewebe: das Verhältnis der G-Module der beiden Richtungen ist 1:3
Das führt zu dem nur scheinbar skurrilen Effekt, dass ein Torsionselement (Rohr Kasten, D-Box) aus Holz in der "richtigen" Richtung doppelt so steif ist wie ein dasselbe Ding mit genau den gleichen Massen in CFK in der "falschen" Richtung. Für gleiche Torsionssteifigkeit bräuchte man daher in CFK "falsche Richtung" das sechsfache Gewicht im Vergleich zu Holz "richtig" verbaut ! Soweit zum Thema "CFK ist _das_ Material", gelegentlich also ein ziemlicher Unfug.
Warum ist Holz so in Verruf geraten ? Meine Vermutung geht wie folgt. Die Tragflächenstrukturen alter Holzmodelle sind scheinbar eine mittlere Katastrophe, teils keine Gurte, teils keine Stege, durchweg keine Torsionselemente. Warum scheinbar ? Weil sie mit Papier bespannt waren ! Papier ergibt eine wunderbare Schale, die u.a. für ordentliche Torsionsteifigkeit sorgt. (Manche Leute bauen Flieger aus Styrokern mit Papier beplankt, meist eher kleinere, es gibt aber keinen Grund, solche Dinger nicht in 10m Spannweite zu bauen, simple Schalenrechnung für die erforderlichen Lagenzahlen längs der Spannweite). Diese alten Dinger holten nahezu ihre ganze Statik aus dem Spannpapier !
Dann kam die Zeit der Bügelfolie, E-Modul und G-Modul nahe Gummiband. Eine solche Holzstruktur mit Folie bespannt ergibt logischerweise eine torsionsschlappe Wabbelfläche, mit der man nur noch rumschleichen kann ---> Holz ist Mist, nein, die Bügelfolie ist Mist (bei der Tragflächenbauweise)
Wenn man also Bügelfolie nutzen will - sie ist ja superglatt und lässt sich prima spannen -, muss man zwingend die ganzen Aufgaben der Tragflächenstatik der Holzstruktur mitgeben, wie man das macht, siehe oben, in Styro beplanken oder ganz klassischer Tragflächenbau der 30er Jahre. Dann hat hat man ordentliche Tragflächen, die "was abkönnen".
Grosse "Vögel" haben den Nachteil, dass man Landehilfen braucht, _weil_ sie so gute Flugleistungen haben. In GFK/CFK kosten sie zudem ein halbes Vermögen, in Holz (Kiefer, Pappel) nur einen Bruchteil davon.
Holz hat den Ruf, besonders bauaufwändig zu sein. Nun, mit CNC-Fräsen oder -Lasern heute und einer cleveren Steckbauweise sollte das inzwischen kein Thema mehr sein, ist jedenfalls kein Problem des Materials Holz, sondern evtl. ein Problem der Konstruktion. Was Arbeit macht, ist das Beplanken einer D-Box, z.B., man braucht die aber nicht zwingend, das wollen wir zeigen.
Gruss
Werner