CFK-Gelegestruktur und Belastbarkeit von Bauteilen auf Torsion

jls

User
Für Beschichtungen aus CFK-Gelegen zur Herstellung von torsionssteifen Bauteilen sind Gewebe mit Leinenbindung, Spread Tow und Biaxialgewebe verfügbar. Wegen der nicht vorhandenen Fadenumlenkung weisen Biaxialgewebe hinsichtlich der Zug- und Druckspannung im Vergleich die höchste Belastbarkeit auf. Zu Unterschieden der Scherfestigkeit der o.g. Gelege und der Folgen für die Torsionsfestigkeit von Bauteilen habe ich keine Informationen.

In Positivbauweise möchte ich möglichst torsionssteife schlanke Ruderklappen herstellen, und hier die Frage stellen, ob in der Gesamtbewertung der Bauteilgeometrie und des Materials der Aussenhaut, die Struktur des für die Aussenhaut verwendeten Gewebes bei der Betrachtung der Belastbarkeit auf Torsion eine andere Bewertung erfährt, als die isolierte Betrachtung der Zug- und Druckbelastbarkeit des Geleges.

Gewebe mit Leinenbindung und Biaxialgelege weisen verschiedenartige Gitterstrukturen auf. Hat dies Auswirkungen auf die Funktion eines Bauteils bei der Belastung auf Torsion?

Schöne Grüsse

JLS
 

Gideon

Vereinsmitglied
Gewebe: Kette und Schuss kreuzen im Winkel von 90°. In der Regel MD 0°, CD 90°.

Gelege: Einzelne UD-Lagen in beliebigen Winkeln aufeinander geschichtet, Fixierung über Klebstoff, Nähfaden oder Thermoplastgitter

(Interlaminare) Scherfestigkeit (ILSS): Schubfestigkeit zwischen den Laminatebenen. Beschreibt die Faser-Matrix-Anbindung.

Um eine Ruderklappe möglichst torsionssteif und unempfindlich gegenüber Flattern zu bekommen, muss die Masse an Verstärkungen möglichst im Bereich des Drehpunktes liegen. Auch in Spannweitenrichtung ist ein abgestufter Aufbau sinnvoll. Anbei eine Skizze von Mark Drela mit einer Empfehlung zur Verteilung der Lagen für einen 4-teiligen Flügel. Flächengewichte von 40 bis 60 g/m² dürften optimal dafür geeignet sein. Wichtig ist nur, dass die Klappe komplett geschlossen ist (beschichteter Steg oder Flechtschlauch am Drehpunkt mit Anbindung an die Decklagen oben und unten).

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Hans Rupp

Vereinsmitglied
Gewebe mit Leinenbindung und Biaxialgelege weisen verschiedenartige Gitterstrukturen auf. Hat dies Auswirkungen auf die Funktion eines Bauteils bei der Belastung auf Torsion?
Antwort: Ja. Falls es Dir hilft 😀

Jetzt wäre zu klären wie sich welche Parameter verändern und was Dich interessiert
- Torsionsteifigkeit
- Bruchlast
- Flatterneigung
- Beulfestigkeit

Für die Torsionsteifgkeit gab es mal eine Diskussion dazu, die ich aber nicht mehr finde. Ich hatte versucht die geringere Steifgkeit der Gewebe über die Zunahme der Faserlänge durch die Umlenkung abzuschätzen indem ich diese gleichsetzte und landete bei rund 24%, die das Gelege steifer sein könnte. Als Anwort erhielt ich, dass in einem praktischen Versuch sich mit 14% rund die Häfte ergab, aber die Quelle nicht veröffentlicht werden darf. Da Garndicke, Webart, Webdichte, Grammatur etc. auch einen Einfluss haben dürfte habe ich den genauen numerischen Unterschied für mich als Hobbyisten als unkalkulierbar und zu unbedeutend zu den Akten gelegt.

Hans
 

Gideon

Vereinsmitglied
Das hatten wir damals zusammen mit Oxeon bzw. dem Institut Swerea SICOMP gemacht. Die alternativen Faserverstärkungen stammten dafür allesamt von R&G.

Quelle: Swerea SICOMP AB

Swerea_Sicomp_materials.png
Swerea_Sicomp_mechanical testing.png
Swerea_Sicomp_tensile_strength.png
Swerea_Sicomp_tensile_modulus.png
Swerea_Sicomp_compression.png
Swerea_Sicomp_ILSS.png
Swerea_Sicomp_in-plane shear_strength.png
Swerea_Sicomp_in-plane shear_modulus.png
 

dschim

User
Wissenschaftsmodus an:
Macht es hier nicht auch Sinn HT mit HM Fasern zu vergleichen wenn es um die Steifigkeit geht?
Wissenschaftsmodus aus:
HM-Fasern sind bez. des deutlich höheren E-Moduls für Steifigkeitsanwendungen zu bevorzugen, sind aber halt Hölle beim verarbeiten wenn die Radien klein werden .....
und ob wir Hobbyisten uns ein industrielles Faserregal zulegen wollen ......
 

Gideon

Vereinsmitglied
Zunächst einmal wäre interessant zu erfahren, um welches Konstrukt es sich hier überhaupt handelt, bevor wir hier völlig übers Ziel hinausschießen.
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Um die Ausführungen von Stefan abzurunden:
Durch Stützstoffe / gefräste Kerne / Zwischenstege / Rippen usw. ist bei größen Querschnitt der Klappe das Beulen mit geringerer Masse verhinderbar als durch Erhöhung der Wandstärke. Je Aufwand desto leichter kann man bauen, ist immer dasselbe Dilemma.

Hans
 

Gideon

Vereinsmitglied
Die Positivbauweise schließt für mich einen Kern mit ein, deshalb auch das Paper von Drela (das ich selbst vorher nicht kannte).
 

jls

User
Vielen Dank für die qualifizierten und konstruktiven Antworten. Ich bitte mir nachzusehen, dass ich nicht zeitnah das Forum verfolgen kann und auf die Beiträge reagiere.

Veranlassung meiner Fragestellung ist, durch vergleichende Flugversuche mit verschiedenen Ruderklappen bei einem ungepfeilten Nurflügel herauszufinden, ob die Veränderung der Längsstabilität bei höheren Geschwindigkeiten auf eine aeroelastische Verformung der Ruderklappen zurückzuführen ist. Das Problem des Ruderflatterns besteht nicht. Eine Ruderklappe hat eine Länge von 900 mm, eine Tiefe von 55 mm und am Lagerpunkt der Ruderklappe eine Dicke von 5,5 mm. Die Anlenkung erfolgt bei ca. 40 % der Spannweitenrichtung.

Es ist richtig auf den wichtigen Einfluss der Faserart für die Steifigkeit hinzuweisen, mir als Hobbyisten der Einzeilstücke anfertigt, sind aber in der Beschaffung von Materialien Grenzen gesetzt (siehe auch Beitrag 4 von Hans und Beitrag 6 von Wolfgang).

Die von Pit eingestellte Dissertation habe ich noch nicht vollumfänglich gelesen, fand aber im Abschnitt 3.3.5 (Seite 88) und dem Abschnitt 5 (Seite 133) die Aussagen, dass hinsichtlich der Scherfestigkeit zwischen einem Gewebe und einem 0 / 90° Gelege kein nennenswerter Unterschied besteht (siehe auch Beitrag 4 von Hans).

Mit dem gegenwärtigen Stand der Kenntnis würde ich für eine Ruderklappe im statischen Sinne die Ausführung von zwei hintereinanderliegenden, nahezu quadratischen Torsionskästen nahe der Ruderachse mit doppelter Gewebelage, und bis zur Endleiste nur eine Gewebelage vorsehen. Wenn auch mit leichten Biaxialgelegen eine differenziertere Abstufung im Sinne von Mark Drela möglich wäre, bin ich unsicher, ob derart filigrane Gelegestrukturen in dem von mir gewünschten Anwendungsfall handwerklich sauber herstellbar sind (Einzelanfertigung). Die Verarbeitung eines 68 gr/m² Kohlenfasergewebes (Leinenbindung) halte ich für verhältnismässig problemlos.

Über Kritik oder weitere Anregungen würde ich mich freuen.

Schöne Grüsse

JLS
 

Arne

User
Nur kurz für die Praxis. Die neuen dünnen Biaxgelege sind im handling wirklich schön einfach. Lassen sich bei Bedarf trocken passgenau zuschneiden, Tränken und entlüften sehr gut. In meinen Augen deutlich einfacher als ein 68er Fliegengitter….da darf man dann wenn es außen liegt dichtrollen/spachteln. Technisch, statisch, in der Steifigkeit in dem Vergleich eh weit überlegen
 

jls

User
Hallo Arne,

bisher habe ich noch nicht mit Biaxialgelegen gearbeitet und deswegen einige grundsätzliche Fragen zur Handhabung und Verarbeitung.
Ist es richtig, dass die Gelegelagen mit einem Binder versehen sind, der seine Bindekraft beim Kontakt mit Epoxydharz verliert?
Verliert dieser Binder dann die Bindekraft vollständig?
Die einzige mir bekannte Möglichkeit der Durchtränkung des Biaxialgeleges besteht darin, das Harz mit Überschuss aufzutragen und das Gelege einzulegen. Das Harz zieht dann von der Unterseite her in das Gelege ein. Überschüssiges Harz wird durch auflegen von saugfähigem Papier und überrollen abgenommen. Korrekturen der Gelegelage sind nicht mehr möglich. Wie kann man Biaxialgelege zweilagig verarbeiten? Saugt sich das Harz auch in zwei Lagen von der Unterseite her ein? Oder, ist ein Harzauftrag mit der Rolle auf die erste durchtränkte Lage möglich?

Schöne Grüsse
JLS
 
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