China bass uff, oder Rundmail die Vierte

So, nun will ich mal das Geheimnis lüften:
der Undercover Marco-Polo ist euer alter Modi CB, der sich gerade für ein halbes Jahr mit der Chinesischen Kultur im allgemeinen und der Qualität chinesischer Fertigungen einer großen deutschen Firma im speziellen beschäftigt.

Hab erst heute erfahren, dass ein anonymer Kontronik-Mitarbeiter meine Storys hier postet und ich eine so große Fangemeinde hier habe ;-)

Hier nun ein weiterer Teil meiner China Story, enjoy !
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So, ich bin zurück von meine kleinen China Rundreise, knapp 5000 Kilometer in einer Woche und da war ich wohl nicht der einzige !
Anfang Oktober war Chinese National Holiday, eine von 2 Wochen im Jahr die die kleinen Gelben zu Reisen haben. Tja und ich war mit dabei.
Mein geplanter Trip war Zuhai-Suzhou, wo ich meinen Kumpel und ein paar andere Praktikanten getroffen habe, dann ab mit dem Zug nach Beijing, einmal die Stadt unsicher machen, ab zur Mauer, auf Rückweg nach Shanghai und wieder nach Zhuhai.
Geplant war alles hervorragend, leider hatte ich mit einem nicht gerechnet: den Chinesen !
An jedem Ort wo ich war, waren mindestens eine Million andere auch, so viele Menschen hab ich glaub in meinem ganzen Leben noch nie gesehen (kein Wunder, auf der ganzen schwäbischen Alb wohnen ja auch nur ca. soviele Leute wie in meinem Wohnblock hier).

Also war der große Blonde mit ca. einer Milliarde Chinesen in China unterwegs, doch der Reihe nach:

Erstmal ab nach Suzhou, einer kleinen (3 Millionen) Stadt, ca. 2 Stunden von Shanghai entfernt, wo ein anderes großes Werk meines Arbeitgebers ist und ich die anderen Praktikanten getroffen habe.
Suzhou ist sowas von Westlich, das hätte ich mir nicht träumen lassen – eigentlich das wahre Paradies für einen ausgehungerten Schwaben: deutsche Restaurants wos handgemachte Kässpätzle gibt und die Bedienungen sogar Deutsch können(wohlgemerkt, wir sind mitten in China!) . Liegt wohl an den vielen Ausländern da –zwei Tage hab ichs genossen (ja, ich kann noch mit Messer und Gabel essen), dann hats mir gereicht, irgendwie ist das nicht dsa China, dass ich kennen gelernt habe.
Zwei Dinge sind mir aus Suzhou im Gedächtnis geblieben: Suzhou hat einen schönen See, an dem jeden Tag ein Feuerwerk stadtfindet. Am National Holiday hat es der Staat 10 Minuten krachen lassen, war aber recht Mager. An allen anderen Tagen gönnt sich immer ein anderer reicher Chinese ne halbe Stunde Feuerwerk zu 5000 Dollar und erfreut so sich, seine paar Frauen und den Rest der Welt – sehr löblich wie ich finde ! Der See war übrigens mal Natur, dann haben die Chinesen bechlossen, dass Natursee nicht schön ist, haben ihn komplett trockengelegt, ausgebaggert und ein Ufer drumherum betoniert. Jetzt ist der See wieder voll, das Ufer ist gesäumt von vielen Restaurants und drumherum ein neuer Stadtteil entstanden mit Starbucks, vielen teuern Wohnungen und nem Outletcenter für Joop, Bogner,....
Respekt, wenn die sich was in den Kopf gesetzt haben, wird es einfach gemacht.

Das zweite aus Suzhou, das mich beeindruckt hat, ist die Art und Weise wie hier Freunde zum Schenken animiert werden (siehe Plakat:Best Gift for your Friend: Viagra) – wer möchte da nicht gerne Freund sein (nicht dass ich es nötig hätte, aber ich finds ne schöne Geste.) Von Freundschaftsbekundungen aufgrund dieser Tatsache bitte ich jedoch Abstand zu nehmen ;-)
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Dann gings ab in den zug, in China gibts vier Klassen im Zug:
Hard Seater: die absolute Holzklasse, hier sitzt man mit ca. einer Million Chinesen samt Huhn, Oma, Kind und Hund auf Holzbänken
Sofseater: so wie bei uns ein normaler Bahnwaggon
Hardsleeper: Schlafwagen mit 6 Betten in einer 2 Quadratmeterkabine
Softsleeper: Die Luxusklasse mit nur 4, sehr weichen Betten in einer Kabine. Kostet gleichviel oder mehr als ein Flugticket für die gleiche Strecke, ist also für die chinesische Oberklasse.
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Wir haben natürlich Soft-Sleeper über Nacht gebucht, die Zugfahrt dauert auch 11 Stunden – an Schlafen hatten wir aber nicht gedacht.
Vollbepackt mit meist flüssig, hochprozentigem Reiseproviant haben wir nun also unsere 2 Kabinen bezogen. Wir waren zu siebt, was also bedeutet, dass ein Chinese die Ehre hatte, mit uns eine Kabine zu teilen. Als wir reinkamen hat er schon geschlafen (zumindest hat er so getan), wir haben ihn der einfachheit halber mal Li Chen getauft. Damit unser anderes Abteil auch schön sauber bleibt, haben wir beschlossen in Li Chens Gemach eine kleine Feier auszurichten. Leider wollte er nicht mit uns feiern, aber beklagt hat er sich nichtmal, als wir irgendwo zwischen Shanghai und Peking lautstark „auf der schwäbschen Eisenbahne“ gesungen haben. Bei „Take me Home Country Roads“ siebenstimmig hat er mal kurz seine Augen geöffnet, wahrscheinlich sind in ihm da irgendwelche Erinnerungen an seine Kindheit in Urumqi wachgeworden.
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Da wir am nächsten Morgen natürlich entsprechend gerädert in Pekking ankamen, haben wir beschlossen das Rädern fortzusetzen und haben die Stadt auf dem Drahtesel erkundet. Dies bietet sich in Peking an, da die Entfernungen doch recht groß sind und die Stadt sehr eben ist.
Zuerst sind wir in die Verbotene Stadt gefahren, so verboten scheint die aber nicht mehr zu sein, zumindest waren auch hier deutlich mehr Chinesen pro Quadratmeter zu zählen, als bei uns in Deutschland für Hühner in Käfighaltung erlaubt ist.
Unsere englischsprachige Guide-Chinesin, die sich uns am Eingang für 200 RMB und hochtragenden Verprechungen was Insiderwissen anbelangt angetragen hat, hat sich leider als Flop herausgestellt. Letztlich hat sie auch nur die englischen Schilder an den Tempeln abgelesen und uns freundlich angelächelt.
Das einzig Imposante, was sie uns erzählt hat, war die ausführliche Beschreibung des Kaiserlichen Hofes, der in der 70 Hektar großen Anlage hauptsächlich aus dem Kaiser und seinen 3000 Konkubinen bestand.
Der Auswahlprozess muss wohl recht anspruchsvoll gewesen sein und der Kaiser war wohl auch sehr wählerisch. Die Frage ist nur, wie China es zu dieser Zeit zur Hochkultur bringen konnte, wenn der Kaiser nur Weiber im Kopf hatte – aber vielleicht ja auch gerade deshalb.....
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Irgendwann hatten wir dann genug von Konkubinen, Chinesischen Guides und großen Tempeln und haben uns daran gemacht, eine echte, na was – klar Peking Ente zu Essen.
Leider war auch das ein Flop, die Ente war schlecht und der Wirt stellte sich als recht gerissen raus, hatte er doch tatsächlich 3 Speisekarten mit unterschiedlichen Preisen:
Eine extrem teure und sehr kurze für ganz dumme Ausländer, eine halbwegs vernünftige Karte mit annehmbaren Preisen und eine ausführliche chinesische Karte mit chinesischen Preisen, die wir nach ca. einer halben Stunde Handeln bekommen haben. Von der haben wir dann bestellt. Zum Schluss wollte er uns dann aber doch die teuren Preise verlangen, wir haben dann die chinesischen Preise bezahlt, mit der Polizei gedroht und sind gegangen. Da merkt man einfach, dass zuviele Ausländer schon dort waren und sich reinlegen haben lassen.

Zum Abschluss des Tages waren wir noch in nem schönen Park, wo ich ein typisch chinesischens Phänomen erleben konnte: Chinesen in Schlafanzügen.
Während sich die hippe chinesische Tochter mittlerweile in Gucci, Chanel und Dolce&Gabbana kleidet, rennen die Eltern abends im Schlafanzug durch den Park (zugegeben, die deutsche Jogging-Anzug-Kultur ist auch nicht gerade Pret-a-porter). Der Chinese von Welt hat zwei Sets Schlafanzüge: einen, den er zu Hause und zum Schlafen trägt – und seinen Ausgeh-Schlafanzug, in dem er sich besonders chic, herausgeputzt und avantgardistisch gerne zu frühen Morgenstunden oder gegen Abend in der Öffentlichkeit zeigt. Das Chinesische „Ministerium für ordentliche Manieren und löbliches Benehmen in der Öffentlichkeit“ hat in Hinblick auf Olympia 2008 zwar versucht mit einer Werbekampagne den Pekingern diese Angewohnheit abzugewöhnen (ebenso wie das öffentlich Spucken und Rülpsen)ist aber, wie es scheint bisher recht erfolglos damit.
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Am nächsten Tag haben wir dann einen Trip zur Chinesischen Mauer gebucht, zum Schnäppchenpreis von 18 Euro pro Person incluvie Guide, Busfahrt, Eintritt und Essen.
Dass hier irgendwo ein Haken sein musste, wussten wir schon 
Morgens gings zu einem der unzähligen Ming-Gräber, danach zu einer tollen Jade-Stein-Manufaktur, wo wir uns eine halbe Stunde gegen Verkaufsangebote wehren mussten (Erinnerungen an eine Kaffefahrt mit Heizdeckenverkauf kamen mir immer wieder in den Sinn), bis wir endlich unser Tradition Chinese Food serviert bekamen (natürlich in einem Verkauszentrum).
Egal, das haben wir auch überstanden und dann sind wir endlich zur Mauer gefahren.
Wir waren glücklicherweise an einem Platz, der noch nicht ganz so touristisch erschlossen war wie andere:
Uns erwartete eine Kilometerlange Strasse mit Souvenirständen links und rechts, die unumgänglich war, wenn man zum Eingang der Seilbahn zur Mauer hoch wollte. So viele gut englisch sprechende alte Frauen habe ich noch nie gesehen: wanna bai Tischiird, tschiipaa, tschippaa, Hello Sil kama bai nice Watch,Dividiiii....naja, dass kannten wir ja schon. Ein herzliches „Bu Yao“ brachte die meisten zum schweigen.
Aber an anderen Stellen soll es noch schlimmer sein, dort soll es sogar MCDonalds geben, damit der geneigte China-Tourist sein gewohntes Geschmacksgefühl aufgrund des atemberaubenden Ausblicks nicht verliert und auf der Mauer herzhaft in seinen BigMac beissen kann.

Oben angekommen, bin ich dann 1,5 Stunden die Mauer auf und ab gelaufen, hab den Ausblick genossen und einem geschäftstüchtigen Chinesen auf dem höchsten Turm ein kühles Bier abgekauft – China ist ein echtes Serviceparadies – nicht mal dsa Bier muss man selbst mitbringen.

So, das war der erste Teil meiner Reisestory, mehr Peking und noch Shanghai gibts die nächsten Tage.

So long, euer noch nicht gelber Christoph
 

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Gerald Lehr

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Hi Chris,

ist ja wieder so geil geschrieben.
Ich freue mich schon auf den nächsten Teil.


Gerald
 

rubberduck

User gesperrt
Tausche deutsches Liedgut gegen chinesischen Aussenläufer !!!

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Christoph Braendle schrieb:
Erstmal ab nach Suzhou, einer kleinen (3 Millionen) Stadt, ca. 2 Stunden von Shanghai entfernt, wo ein anderes großes Werk meines Arbeitgebers ist
Textilmaschinenhersteller, stimmts? Ist bei der Kombination Suzhou und Alb kaum anders möglich.
 
Vollbepackt mit meist flüssig, hochprozentigem Reiseproviant haben wir nun also unsere 2 Kabinen bezogen. Wir waren zu siebt, was also bedeutet, dass ein Chinese die Ehre hatte, mit uns eine Kabine zu teilen. Als wir reinkamen hat er schon geschlafen (zumindest hat er so getan), wir haben ihn der einfachheit halber mal Li Chen getauft. Damit unser anderes Abteil auch schön sauber bleibt, haben wir beschlossen in Li Chens Gemach eine kleine Feier auszurichten. Leider wollte er nicht mit uns feiern, aber beklagt hat er sich nichtmal, als wir irgendwo zwischen Shanghai und Peking lautstark „auf der schwäbschen Eisenbahne“ gesungen haben. Bei „Take me Home Country Roads“ siebenstimmig hat er mal kurz seine Augen geöffnet, wahrscheinlich sind in ihm da irgendwelche Erinnerungen an seine Kindheit in Urumqi wachgeworden.

Und nachher wundern sich manche daß deutsche Touristen nicht sehr beliebt sind.
 

Chris.

User
Super!

Hatte heute überhaupt kein Bock in dieses Forum zu schaun,geschweige denn

was zu lesen aber den Text war einfach zu interessant...

Weiter so ! :)



Grüße Chris
 

dekub

User
Le concombre masqué schrieb:
Ich finde so ein Verhalten ziemlich menschenverachtend

Gerade als " Gast" in einem Fremden Land sollte man sich anders verhalten.

Warum?
Darf man als Deutscher im Ausland nicht lustig sein?
 
Mitfeiern natürlich !


Leute, wer noch nie in China war, kann das nicht beurteilen.
Chinesen sind ein Feiervolk.
Mit uns hat wirklich der halbe Bahnwaggon mitgefeiert, auf dem Gang standen immer mindestens 5 Leute mit denen wir gesungen und uns unterhalten haben, also Völkerverständigung wie es besser nicht geht.

In China ist immer trubel, laut, .... und Chinesen können grundsätzlich überall schlafen, was sie auch tun.
Wer mal ne belebte Strasse in ner chinesischen Stadt entlanggegangen ist, wird mit sicherheit mehrere Chinesen in der Hocke sitzend schlafen gesehen haben.Hier schlafen sogar die Taxifahrer an der Ampel - schwupps und schon isser wieder für ne Minute eingenickt. Dann wir laut gehupt, der Taxifahrer schreckt auf, haut den Gang rein und fährt weiter.

Von daher glaube ich nicht, dass unser Begleiter einen bleibenden Schaden davongetragen hat, im Gegenteil: wir haben uns morgens mit ihm noch nett unterhalten.

Bevor hier solche hochtrabenden Ausdrücke wie "Menschenverachtend" auf den von in miserablen Verhältnissen arbeitenden und lebenden chinesischen Arbeitern hergestellten Tastaturen getippt wird, lieber erstmal Nachdenken.

Ich möchte wettten, dass jeder, der diesen Text liest, mindestens ein Produkt aus chinesischer Herstellung gerade in Benutzung hat - sei es die Canon Kamera, die Cherry Tastatur oder auch nur die Platine voller Elektronik in der Grafikkarte oder die von chinesischen Frauenhänden handgewickelte SMD-Spule: alles wir hier im Umkreis von 20km hergestellt und glaubt mir, diese Arbeitsbedingungen sind nicht gerade Menschenfreundlich.

Ich möchte jetzt keine Diskussion lostreten, aber wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein !
 
Ist auch meine Erfahrung: Rücksicht auf andere ist in China nicht unbedingt eine Haupttugend. Ob das um Rempeleien am Schalter, laute Musik oder Essensdüfte sind (oder die bei uns verpönten in China aber völlig natürliche 'Lautäusserungen der Verdauung'): Man lebt nah aufeinander, und dass man merkt, dass der Andere auch noch da ist, gehört dazu.
 
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