Entwurf und Bau des Motormodells
RIEDSTERN XXL
Wolfram Feiler
RIEDSTERN XXL
Wolfram Feiler
Vor einigen Jahren hatte ich Gelegenheit, beim Traditionstreffen der ehemaligen Segelflieger des Segelflugplatzes „Schwarzer Berg“ bei Taucha ein Exemplar der vom sächsischen Motorenbauer Walter Kratzsch hergestellten Benzinmotoren KRATMO 10 A zu erwerben. Da ich den Motor auf jeden Fall in einem Modell einsetzen wollte, erfolgten eingehende Gespräche mit dem antikerfahrenen Sportfreund Gerhard Böhme(†).
Ein weiterer Nachbau eines GOLDHAHN kam für mich nicht in Frage. So fand das empfohlene Modell RIEDSTERN des Schweizers Alwin Kuhn aus dem Jahre 1941 mein Interesse. Dieses für die damalige Zeit schon sehr optimal gestaltete Modell war mit einer Spannweite von 1415 mm für den Modelldieselmotor DYNO I mit 2,2 cm3 vorgesehen. Alwin Kuhn gewann mit diesem Modell beim Nationalen Motormodell-Wettbewerb 1941 mit 3,5 min Motorlaufzeit und 11 min 42 sec Gesamtflugzeit den Handicap-Flug und erzielte die Tagesbestzeit. Beschafft wurde der Bauplan vom Paul-Hucke-Archiv.
Nun zur Konzeption meines Modells. Für den KRATMO musste das Modell vergrößert und für die RC-Steuerung angepasst werden. Das Modell habe ich auf 150% vergrößert. Das ergibt eine Spannweite von 2120 mm.
Eine solche Vergrößerung ist natürlich nicht einfach linear möglich. Die Spanten- und Rippen- abstände werden zu groß, so dass das Modell form- und festigkeitsmäßig so nicht zu erstellen ist.
Also waren neue Zeichnungen für die Modellteile anzufertigen. Insbesondere für den achteckigen Rumpf ist das ein beträchtlicher Aufwand durch die Neukonstruktion aller Spanten mit ihren vielen Einschnitten für die Längsstringer. Das macht aber gerade den Reiz gegenüber Bausätzen oder gar Fertigmodellen aus.
Weiterhin war es erforderlich, den Rumpfkopf so zu ändern, dass der KRATMO-Motor mit seinem runden Motorflansch eingebaut werden kann. Der im Original vorgesehene „DYNO I“ hatte ja Seitenflansche.
Die Leitwerke wurden dem Einsatz als ferngesteuertes Modell angepasst. Dazu musste das Seitenleitwerk etwas vergrößert und mit einem Ruder versehen werden.
Das einteilige Höhenleitwerk mit Ruderklappe wurde so konzipiert, dass es zum besseren Transport seitlich aus dem Rumpfende entnommen werden kann.
Nach Abschluss der Konstruktionsarbeiten wurde zuerst die jetzt zweiteilige Tragfläche aufgebaut.
Mit angepassten Rippenabständen, einem zusätzlichen Hilfsholm und einer Steckverbindung durch CfK-Rohr entstand der vergrößerte Flügel mit einem Profil mit gerader Unterseite.
Danach wurde für den gestreckten Rumpf eine Seitenhelling mit herausstehenden Vierkantleisten für die zahlreichen Spanten hergerichtet. Die inzwischen in Fleißarbeit ausgesägten und bearbeiteten Sperrholzspanten wurden an der Helling angebracht und erbrachten den Beweis für die fehlerfreie Konstruktion der Spanten.
Die weiteren Tätigkeiten am Rumpfvorderteil zum Einbau des Motors, des Fahrwerkes und der Tragflächenauflage nahmen viel Zeit in Anspruch. Als nächstes wurden die Leitwerke angefertigt und eingepasst. Wegen des achteckigen Rumpfquerschnitts eine aufwändige Arbeit.
Vervollständigt wurde das Modell mit den erforderlichen Verstärkungen und Beplankungen, Anbau von Zugangsklappen, Einbau der Steuereinrichtungen, Motoreinbau mit Zündeinrichtung, Anfertigung der Motorhaube aus Alu-Blech und des Fahrwerkes mit originalgetreuen, moosgummibereiften Holzrädern.
Natürlich wurden die Modellteile mit Japanpapier bespannt. Verwendet wurde das für diese Modellgröße gut geeignete und sehr feste Japanpapier „Shoji“ mit etwa 48 g/m2.
Achtung! Das ist nur für stabile und verzugssichere Bauteile geeignet, aber dafür sehr zu empfehlen. Der Anstrich erfolgte, wie üblich, mit Spannlack bzw. Klarlack. Verzierungen und Beschriftungen habe ich selbst aus farbigem Japanpapier ausgeschnitten und mit Spannlack aufgebracht. Den KRATMO habe ich mit einer Transistorzündung (veröffentlicht in einer früheren AMD-Rundschau ) und einem 3,6 V-Zündakku versehen. Zum Einsatz kommt eine Holzluftschraube 14 x 7", linkslaufend in Kratzsch-Ausführung.
Ferngesteuert werden Seitenruder, Höhenruder und Motordrossel. Nach dem Auswiegen des Modells und der durch den kurzen Rumpfkopf erforderlichen Bleizugabe stand dem Erstflug zu unserem Freundschaftsfliegen im Juli 2008 nichts mehr im Wege.
Der Motor sprang recht gut an und nach kurzer Startstrecke erhob sich mein RIEDSTERN XXL in den Tauchaer Himmel, ließ sich problemlos steuern und landete nach einigen Minuten mit leerem Tank im Gleitflug.
Diesem Flug folgten inzwischen viele weitere. Zu dem schönen Flugbild des Oldtimers trägt die durchscheinende Bespannung sehr viel bei und der KRATMO-Sound passt perfekt dazu.
Die im weiteren Betrieb aufgetretenen Probleme mit dem KRATMO, aufwändige Reparaturen und die Umstellung auf Glühzündung sind einen weiteren Artikel wert. Abschließend kann ich feststellen, dass die mit erheblichem Planungs- und Bauaufwand bewerkstelligte Vergrößerung des Oldtimers RIEDSTERN zu einem attraktiven und gut fliegendem Modell geführt hat und seinem Erbauer ein tolles Erfolgserlebnis beschert hat.
aus: Antik-Rundschau Nr. 114 - Februar 2015 der Antik Modellflugfreunde Deutschland e.V.