Euro in Spanien II

Tach zusammen,

bisher habe ich mich in Sachen Berichterstattung ganz dezent zurückgehalten, aber so nach 14 Tagen Abstand vom Ganzen kann ich mich nun doch ein wenig auslassen.
Aber der Reihe nach:

Mit dem Eintreffen der "Nachzügler" (Walter und Stefan) unseres Teams am späten Mittwochabend war unser Team endlich komplett. Die beiden verbrachten den Donnerstagvormittag mit dem Zusammenbauen ihrer Boote, während der Rest unserer Truppe sich direkt mit der Vermessung im CLUB NAUTICO herumschlug. Ich wollte eigentlich vorher nochmal mein nagelneues 1er Rigg ausprobieren, ob´s auch wirklich was taugt oder ob ich besser doch das etwas windige GB-Cubanfibre benutzen sollte... Die Frage klärte sich in zweierlei Hinsicht: erstens kamen wir vor der Registrierung nicht in die bereigestellten Container hinein, was das Auspacken mehr oder weniger einschränkte und zweitens waren Heinz und ich beim Auseinandernehmen der Frachtkiste ein wenig zu rabiat, so dass sowohl mein Cubenfibre als auch Heinz´ schneeweisses Rigg aussahen wie Reif-für-die-Tonne...Super! Also doch die graue Plane, auf gut Glück halt.
Die Vermessung ging meiner Meinung recht zügig. Neben den jeweiligen Stationen (Anhänge wiegen/ Riggs vermessen/ Tiefgang und Gesamtgewicht messen/ Frequenzkontrolle) waren -wenn nötig - Ständer für Boot und Riggs vorhanden. Über eine der benutzten Waagen (Anhänge wiegen) konnte man sich mit Sicherheit streiten - da waren gut 10 g Ungenauigkeit drin.
Tja, ob bei den anderen Teams genausoviel "geschnitzt" werden musste, entzieht sich meiner Kenntnis - bei uns gings jedenfalls hoch her:
Dirks Kiel/ Bombe musste 10 Gramm lassen, Michaels Ruder war 3 Gramm zu schwer und Hans-Peter wollte direkt wieder einpacken, als der Kiel seiner Italiko sich als gut 10 Millimeter zu lang herausstellte. Den Frust konnte ich schon verstehen, es war schliesslich nicht auf seinem Mist gewachsen... Dank Carstens "verwunschenem Messer" = stumpfer Säge konnte das Problem aber gelöst werden. Und bis auf die Frequenzzuteilung für Walter (die gabs erst am Freitag) konnten wir alle die Vermessung somit abhaken. ....Habe ich was vergessen?...
Ab zum Regattagelände und in die Container! Die standen jeweils halbkreisförmig um zwei grosse Zeltdächer (Schatten!) herum, extra alles herangekarrt für die Veranstaltung. Während wir es uns "gemütlich" machten, wurde dem Gelände noch der letzte Schliff verpasst - Vorsicht Radlader!
Und dann: Probesegeln, was sonst. "..`s wird schon irgendwie gehen", und: "..vielleicht hätte ich doch besser das halbzerknüllte Cubenfibre genommen..." ...Alles klar?... Nix war klar, und diese Unsicherheit habe ich dann wohl auch den Rest der Regatta mit mir herumgeschleppt. Zu meinem eigenen Leidwesen.

Die Eröffnungs-Zeremonie am Freitag werde ich wohl recht lange und auch gut in Erinnerung behalten. Da wurden "jede Menge" Tapas und Getränke gereicht - und die Italiener zeigten uns allen, wie man sich bei der diesbezüglichen Materialbeschaffung ganz ungezwungen aufführt. Ein grosses Gebrabbel im Saal, das extra angeheuerte Künstlerduo hatte man sinnvollerweise draussen plaziert ... nur so richtig e r ö f f n e t wurde die EM irgendwie nicht... Mit keinem einzigen Wort. Setzt unsereiner (als ordnungsliebender Deutscher) da zuviel voraus?

Auch am folgenden Tag fand sich keiner, der vor versammelter Mannschaft etwas Begrüssendes sagen wollte. Dafür durften wir aber endlich mit Segeln anfangen.
Die Gruppen des Einteilungslaufes hatte man ganz einfach aus der alphabetischen Reihenfolge der Teilnehmerliste gebildet.
Gesegelt wurde (bis auf eine einzige ! Ausnahme) immer schön linksherum und (ohne Ausnahme) ein Dreieck, dass seinen Namen nicht wirklich verdiente. Die Luv- und mittlere Tonne lagen jeweils nur 10..15m auseinander. Warum immer linksrum, das entzieht sich meiner Kenntnis. Irgendwer meinte, das man das beim Grosssegeln immer so mache und dass das Runden der Luvtonne dann übersichtlicher wäre. Aber mal ehrlich: Das ständige Unterwenden an der Luvtonne ist unterm Strich genauso chaotisch wie die sich anbahnenden BB-StB-Situationen, wenns mal rechtsrum geht. Meine Meinung.
Auf jeden Fall habe ich mich beim ersten Lauf ganz dezent zurückgehalten, mich 4 Meter hinter und etwas rechts an der Linie (halt auf Starbord und in Luv) zum Anlauf plaziert, den Winddreher nach links 20 Sekunden vor Start abgewartet (damit ich im rechten Moment auch ja stehenbleibe) und dem Feld einen satten Vorsprung gegeben.... "Klasse, das fängt ja toll an!"... Und irgendwie habe ich es dann auch geschafft, meiner Linie bis auf wenige Ausnahmen so richtig schön treu zu bleiben, sonst hätte ich mich womöglich doch die ersehnten 10 Plätze weiter vorn im Endklassement wiedergefunden. Reden wir nicht weiter drüber.
Über die Art und Weise des Umpierings hat sich Michael ja schon ein bisschen ausgelassen. Die Geschichte mit den falschen Ansagen habe ich persönlich in Arcos nicht erlebt, kann mich aber noch gut an 3 meiner Kontaktsituationen in Fleetwood 2002 erinnern, bei denen das genauso ablief: 2 mal war ich der Verursacher und der andere sollte dem Umpire nach kringeln - Jens hat sich freiwillig als Täter bekannt und seine Runden gedreht. Beim 3. Mal wäre der andere dran gewesen, aber der U. liess mich drehen, dem fairen Gegner sei gedankt... Blindfische... Langsamgucker... Wahrscheinlich auch die häufigste Ursache für derartige Fehlentscheidungen:
Die U.s sehen nur das Ende der Situation und machen lieber eine Falschaussage als gar keine, sonst hätten wir Segler sie wohl letztendlich noch wegen geistiger Nichtanwesenheit drangekrigt und der Veranstalter die Spesen nicht zahlen wollen... Der Ruf "Not observed" war auch so schon oft genug zu hören. Und um dem noch eins draufzusetzen, habe ich es 2 mal einfach draufankommen lassen und (als sowieso schon alles gegessen war) als Mitschlusslicht der Gruppe meine momentanen Gegner nach allen Regeln "angedötscht", nur um zu sehen, ob die Herrschaften auch die Schlusslichter beobachten. Keine Reaktion. Die haben halt lieber darauf geachtet, ob einer "pumpt" oder "wriggt" und dafür fleissig Ehrenrunden verteilt. Wers nicht glaubt, der frage Stefan oder Heinz.
Und um nochmal auf das Unterwenden an der Luvtonne zu sprechen zu kommen: Bisher war ich immer der Ansicht, dass, wenn man sich in dieser Art reindrängt, wo eigentlich kein Platz mehr ist und somit zwangsläufig mindestens ein Boot und dann auch noch die Tonne kontaktiert, für jede Regelverletzung ein Kringel fällig wäre. Ich habe die betreffenden Boote aber immer nur einen drehen sehen. Seeeehr seltsam...
Aber mit dem FAIR PLAY einiger Teilnehmer war es eh´ nicht allzuweit her, daher spielte das nun auch keine übermässig grosse Rolle mehr. Siehe auch der schon von Michael erwähnte B-Lauf, bei dem es reichlich viele und eigentlich auch deutlich sichtbare Falschfahrer gab.... Werde bei Gelegenheit ein Filmchen basteln und das Ganze hübsch mit reinplatzieren.
2 oder 3 der Sgler haben übrigens aus Protest gegen die Leistungen (sofern man von Leistung sprechen kann) der Umpires ihre Boote vorzugsweise wieder eingepackt und sich ein paar ordentliche Tage Urlaub gegönnt. Auch nicht schlecht. Mindestens einer von denen hat übrigens eine etwas andere Erfahrung fürs Leben gemacht: Während eines Ausfluges nach Gibraltar bekam das Auto etwas Durst... und er und sein Mitreisender auch, nachdem sie satte 3 Stunden damit verbracht hatten, den Superbenzin aus dem Dieseltank wieder rauszuholen ... Man merke sich: Diesel = schwarze Pistole, Super = grüne Pistole. Sie hatten durchaus unser Mitleid ....

Nebenbei gabs natürlich auch was zur Entspannung und zum Luft ablassen. Zu letzterem zählte neben den Erläuterungsrunden für die Umpires (durch die Segler) auch das von Lester Gilbert initialisierte kurze Meeting am Sonntagabend, bei dem wir mit unseren (kritischen) Wünschen zur allgemeinen Veranstaltungsorganisation gefragt waren und auch ein paar die Klasse betreffende Punkte zur Sprache kamen. U.a. wird aus Gründen der Vereinfachung darüber nachgedacht, die Tiefgangsvermessung über Schablonen zu regeln und somit das Wasserbecken einsparen zu können. Aber wie gesagt, das ist ein GEDANKE und es lohnt sich momentan nicht im Entferntesten, sich darüber die Köpfe heiss zu reden. Noch nicht.
Desweiteren hatten die Veranstalter am Wander-Dienstag eine Busrundreise organisiert - da wissen andere aber mehr zu berichten. Wir haben stattdessen die (Parkhaus-) Unterwelt, das Markttreiben, die Königliche Pferdezucht und den Herrn Sandemann (eigentlich wars ´ne Frau, in Hesse gebore, die uns nach der Führung mit 3 verschiedenen Sherry-Spirituosen plus ´ner Runde Brandy bewirtete...lööölööölöö... auf nüchternen Magen sehr zu empfehlen) besucht und uns auf der Rückfahrt noch ein paar Testrunden der Formel1 -Teams von Renault, BAR und Jaguar in Augen und Ohren reingezogen.

Der letzte Regattatag war hauptsächlich von Hoffen und Bangen gekennzeichnet. Die Gruppen C, B und A mussten nochmal ran, um den Durchgang zu vervollständigen. Kein neuer Lauf nach 14.00 Uhr, aber auch kein Start mehr nach 16.00 Uhr. ...Kribbeln ohne Ende... Kurz vor 2 kam dann doch noch Wind auf und ich konnte noch eine Runde in C mitsegeln.. Verlauf siehe Beschreibung "Einteilungslauf" weiter oben - wie gesagt: Linientreu. Nach einem kleinen Kurs- und Bahnverlegekrimi wurden die Gruppen B und A auch noch durchgezogen, und Michael lernte hier den Begriff "Teamsegeln" richtig kennen, als er von der 122 mal kurz einen Schlenker verpasst bekam. Allerdings hat ihm Graham die Tür auch noch mal richtig schön aufgehalten, weil er sicherlich auch mitkbekommen hatte, was da lief. Faire Gegner wissen halt auch einander zu achten... Very Gentlemanlike...

Im Gegensatz zur Eröffnung war die Siegerehrung dann doch als Feier zu empfinden, und als Krönung liess uns Graham allesamt aus seinem Pokal ´nen Schluck Schampus schlürfen. Ich denke, dass dieser Sieg ihm verdammt viel bedeutet hat - ich habe ihn sicher noch nicht oft, aber auch noch nie so gerührt gesehen. Klasse - und verdient!!!

Von dem kleinen Nervenzusammenbruch am Montag (mit dem Fast-Zerstören meiner guten Sonnenbrille habe ich wohl doch einen Teil des Riesenklumpen Sch... von meinem Bein abbekommen ? danach liefs wenigstens etwas besser) und den diversen Unzulänglichkeiten abgesehen war es für mich eine schöne Geschichte. Vor allem: WIR WAREN EIN TEAM !!! Und das war richtig Klasse!!!
Und bis zum nächsten mal übe ich vielleicht auch ein bisschen mehr statt nur im Keller rumzubasteln. Am Boot (Rumpf) lags für meine Ansprüche nämlich nicht...
Ach ja...´tschuldigung nochmal Hans-Peter, dass ich Dich (Dein Boot) beinahe über den Haufen gekarrt habe...

[ 02. November 2004, 22:06: Beitrag editiert von: SACHSENPOWER ]
 

Gast_633

User gesperrt
Danke jens, fuer den ausführlichen bericht.
habe gehoert, dass es gerade in zubehoerteilen interessante neuheiten gab (z.B: mast).
wie siehst du neue konstruktionen. da sowohl ein bantok vorne wie auch hinten (italiko)segelte, sind die rumpfschalen wohl nicht immer wichtig, eher die anderen teile?
aber nun keine diskussionen darueber wieder. interessant ist nur was man so gehoert hat, woran andere segler basteln und optimieren.

solong andreas
 
Hallo Jens,

schöner Bericht, nett geschrieben - sehr ehrliche Meinung - das ist es, was zählt!!

Bin beeindruckt, wie wacker Ihr Euch geschlagen habt! Respekt. Auch wenn es nicht immer die besten Plätze waren. Dabeisein ist/war doch bestimmt viel wichtiger, oder!?

Zur Euro... Ich habe gehört, Heinz hätte eine Bewerbung für 2006 in Deutschland abgegeben!? Oder es ist in Planung!?

Zum Cubenfibre: Kennst Du 3DL von Northsails!? Die stellen die Segel jetzt nur noch über profilierte Formen her, alles Computer und 3D mäßig gesteuert.... die Segel werden in/auf der Form gebacken. Müßte man mal mit IOM Segeln ausprobieren...

Schönen Gruß aus HH,
Svenson
 
Hallo Svenson,

bei den IOM sind nur Materialien erlaubt, die über die gesamte Fläche die gleiche Strukrtur haben, das bedeutet, daß es nicht möglich ist mit (Kevlar-)Strängen die Last in das Segel einzuleiten.
Zum anderen ist es verboten, mit 3D-verformten Flächen Segel zu machen. Diese Frage ist bereits der IAC gestellt worden und ist als nicht zulässig bewertet worden.

Über solche Sachen habe ich mir nämlich auch schon Gedanken gemacht. Bei den 1mR-Yachten, die wir hier in Kiel segeln, habe ich 3DL-Segel.

Gruß Michael (GER09)
 
Hallo Svenson,

nein Deutschland hat KEINE Bewerbung für die Euro 2006 abgegeben.

Es gibt noch offene Fragen hinsichtlich der Ausrichtung als auch finanzieller und personäler Art die geklärt weren müssen und zum jetztigen Zeitpunkt ist es um eine Bewerbung nicht gut gestellet.

Beste Grüße

Nigel
GER 87
 
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