Hi Schroegi,
ich kann dir leider nur ziemlich oberflächliche Antworten geben. Die verschiedenen angesprochenen Punkte füllen in Fachbüchern viele Seiten, und solide Mathe-Kenntnisse (meistens höhere Mathe) wären auch nötig. Das geht über das hier im Forum Mögliche weit, weit hinaus.
Zu 1
Deine Denkweise ist im Prinzip richtig, aber die Sache ist weitaus komplizierter.
Die schlechte Nachricht dazu zuerst:
In einem (Unterschall-) Strömungsfeld beeinflusst prinzipiell jeder Punkt jeden anderen, beispielsweise verändert ein Klappenauschlag im Innenflügel auch die Strömungsverhältnisse am Außenflügel, oder auch z.B. am Hltw.
Das führt zu sehr komplizierten Gleichungen bzw. Gleichungssystemen, die sich nur mit gewissen Tricks und numerischen Verfahren lösen lassen. Selbstverständlich ist diese gegenseitige Beeinflussung mal groß und mal klein. Manchmal vernachlässigbar klein, aber der Tragflügel ist einer der Fälle, in denen man sie nicht vernachlässigen darf.
Die gute Nachricht:
Da solche Rechnungen fast zum "täglich Brot" der Aerodynamiker gehören, sind dafür seit vielen Jahren Lösungsmethoden und Algorithmen, bzw. im Computer-Zeitalter auch Programme entwickelt worden, und diese Programme verwendet man heutzutage. Dazu selbst nochmal das Rad zu erfinden, wäre Wahnsinn.
Zu 2
Dieser Punkt hängt eng mit Punkt 1 zusammen. Ein Tragflügel, der Auftrieb erzeugt, hinterläßt in der Luft ein kompliziertes Strömungsfeld. Im gegebenen Fall ist davon der sog. "Flügelabwind" der wichtigste Aspekt. Hinter dem Flügel hat die Strömung eine Abwärtskomponente, welche sie vor dem Flügel nicht hatte. Das kann man nun auch wieder mehr oder weniger genau und auf verschiedene Weise berechnen und verstehen.
Hier eine einfache, aber nicht falsche Erklärung, die nur den Nachteil hat, sehr "pauschalierend" zu sein (Impulssatz):
Damit der Flügel Auftrieb erzeugt, muß er eine gewisse Luftmenge pro Sekunde erfassen und auf eine bestimmte Geschwindigkeit nach unten beschleunigen. Die Reaktionskraft zu dieser Impulsänderung ist der Auftrieb. Das ist kein Widerspruch zur üblichen Auftriebserklärung bzw. Berechnung, nur eine ergänzende Sichtweise. Mit dieser Betrachtungsweise kann man z.B. sogar den induzierten Widerstand erklären und berechnen.
In diesem Abwindfeld fliegt dummerweise das Höhenleitwerk. Auch hier wird´s wieder kompliziert, wenn man in die Details geht. So hängt der Abwind -vereinfacht gesagt- von der Größe des Tragflügel-Auftriebsbeiwerts ab, dann von der Verteilung des Auftriebs am Flügel, und natürlich von der Position des Leitwerks hinter dem Tragflügel (Abstand und Höhe).
Wichtig zu wissen ist vor allem, daß es diesen Abwind gibt (Fachbezeichnung: Abwindwinkel), und daß demzufolge das Hltw. immer mit einem kleineren Anströmwinkel fliegt, als es einer rein geometrischen Betrachtungsweise entspricht. Vernachlässigen darf man das keinesfalls. Gute Programme beispielsweise zur Neutralpunktermittlung berücksichtigen das; man kann den Einfluß des Abwinds auch als reduzierte Wirksamkeit des Hltws. ansehen.
Zu deiner Cm-Frage:
"Cm" sagt zunächst nur aus, daß es sich um ein dimensloslos gemachtes Moment handelt. Die genaue Bedeutung ergibt sich erst durch den Kontext und/oder durch Indizes. Und man muß wissen, mit welchem Staudruck, welcher Bezugsfläche und welcher Bezugslänge der Beiwert gebildet wurde.
Beim Flugzeug haben wir es mit 2 Arten von "Cms" zu tun:
a)
"Nullmomente", die rühren letztlich immer von "freien Momenten" (Kräftepaare) her und haben keinen Bezugspunkt. Beispiel: Moment um den Neutralpunkt von Profilen und Flügeln
b)
"Gebundene" Momente. Die rühren von den aerodynamischen Kräften (im wesentlichen der Auftrieb, d.h. Ca) am Profil bzw. Flügel her, und man muß dafür dann einen Bezugspunkt definieren und angeben.
Beim Flugzeug verwendet man als Bezugspunkt aus praktischen Gründen meistens den Schwerpunkt. So kann man dann z.B. dann "CmF" = Beiwert des Flügelmoments bilden, oder "CmH" = Beiwert des Hltws. , oder "Cmges" = Beiwert des ganzen Flugzeugs (Summe aller Einzel-Cms). Achtung: Bei letzterem muß man natürlich eine einheitliche Bezugsfläche und Bezugslänge verwenden oder gfls. auf einheitliche Bezugswerte umrechnen.
Hat man das Cmges eines Flugzeugs, dann ist Cmges = 0 die Gleichgewichtsbedingung für gleichförmigen Flug, und dCmges/dCa , oder auch dCmges/dalpha, kleiner Null die statische Stabilitätsbedingung.
Wenn du dich eingehender mit diesen Dingen beschäftigen willst, kommst du um ein Studium der Fachliteratur nicht herum. Gfls. kann ich dir dazu Empfehlungen angeben, sie ist aber in Regel teuer und/oder nicht ganz einfach beschaffbar (Bibliotheken).
Wie schon eingangs gesagt, mehr an dieser Stelle geht nicht.
Grüße,
Helmut
[ 04. April 2003, 16:24: Beitrag editiert von: haschenk ]