So oder so ähnlich lief und läuft das bei mir ab:
1. Idee
Irgendetwas bringt einen auf den Trip, ein neues Modell bauen zu wollen. Man will ein Modell mit besonderen Eigenschaften oder einer bestimmten Bauweise. Man will was nachbauen. Bestimmte Werkstoffe einsetzen oder einen bestimmten Motor verbauen, ein Profil unbedingt unterbringen, das schnellste Modell im Land konstruieren oder sonst was.
2. Brainstorming
Wie groß? Wie schnell? Wie schwer? Wie teuer? Wie aufwändig oder wie einfach? Welche Servos oder Empfänger? Welche Bauweisen? Viel nachdenken, recherchieren, Kataloge wälzen, Internet durchstöbern, usw.. Gesetzliche Bestimmungen? Wieviel Abflugmasse? Grenzen? Wo kann ich fliegen? Lärm? ...
3. Ziele festlegen (Manche nennen das auch Pflichtenheft)
- Kunstflugtauglichkeit
- Größe (Spannweite, Rumpflänge) Maximal oder Minimalwerte festlegen oder ein Intervall oder eine präzise Zahl
- Wie groß ist mein Auto? Hab da schon mit dem Zollstock rumhantiert.
- Abflugmasse grob abschätzen
- Art (Motor, Segler, Motorsegler, Elektro / Verbrenner, Einmot, Zweimot)
- möglichst große Gleitzahl oder Steigzahl
- möglichst große Vmax oder kleine Vmin oder sonstwas
- Transportfreundlichkeit (Flügelteilung oder nicht) usw.
4. Abflugmasse etwas genauer einschätzen
- Liste erstellen und Details schätzen. Z. B.:
Motor X g
Servos x g
Akkus x g
Flügel x g
Rumpf x g
Fahrwerk x g
...
Summe = x g
5. Grundriss zeichnen und parallel Berechnungen durchführen
Drei-Seiten-Ansicht zeichnen (Umriß)
Mit dem Tragflügel fange ich an. Hier fängt für mich die Optmierungsaufgabe an. Wenn ich einen Segler will mit z. B. besonders guten Flugleistungen, dann muss ich Flügelstreckung maximieren unter den Nebenbedingungen die Re-Zahlen im Griff zu haben, eine brauchbare Flächenbelastung zu erzielen, die Transportfreundlichkeit zu gewährleisten usw.. Parallel dazu suche ich ein Flügelprofil. Vielleicht zwingt mich das Profil, dem Flügel weniger Streckung zu verpassen, weil ich sonst Re-Zahl-Probleme bekomme. Also gehen die Änderungen los. Hab ich endlich was, finde ich vielleicht ein neues Profil und das Ändern geht von vorn los. Bei nem Racer versuche ich die Flügelfläche zu minimieren und baue das Modell um den Antrieb. Gerade genug Flügelfläche für brauchbare Start und Landegeschwindigkeit. Ein paar Sachen durchrechnen. Welche Flügelpfeilung und warum? V-Stellung? Gutmütige Abrißeigenschaften oder nicht? Wenn ja wie? Über den Grundriß? (überelliptisch?) oder über Verwindung?... Wer´s auf die Spitze treiben will: Auftriebs- und Aufttriebsbeiwertverteilungen berechnen!
Paßt der Flügel, gehts mit dem Leitwerk los. Ausreichend Flugstabilität aber nicht zu viel, das versaut die Flugleistungen (wieviel? s. Pflichtenheft: Nen Anfängermodell wird anders ausgelegt als ne Rennfeile oder Leistungssegler). Will ich viel Dämfpung wird der Leitwerkshebelarm lang und die Streckung der Leitwerke groß. Formeln, viel Rechnen und Vergleich von Empfehlungswerten helfen. Erfahrung auch. Ändert sich das Profil, macht es vielleicht Sinn das HLW zu ändern. Vielleicht stößt man auf Re-Probleme am Leitwerk und ändert auch hier das Profil und wieder das Leitwerk usw..
So der Grundriss steht.
6. Bauweise und Ausrüstung konstruieren
Rippen und Spanten einzeichnen. Holme und Stege. Servos und Akkus. Fahrwerk usw. ... Jetzt läßt sich auch die Abflugmasse besser abschätzen. Uppps. Wird ja doch bissi anders als gedacht. Also zurück zu Punkt 3, 4 oder 5 und der Spaß geht von Vorn los. Endlich scheint alles zu passen. Doch jetzt stolpert man über ein neues besseres Profil. Zurück auf Anfang. Und weil jetzt schon so viel Zeit vergangen ist, haben sich die Ideen, Ansprüche und Vorstellungen verändert. Jetzt wirds gefährlich! Auf einmal kommen doch noch Landeklappen dazu oder Wölbklappen oder Speedbrakes. Die ursprünglich geplanten Standardservos mutieren zu High-End-Digi-Servos. Wer jetzt versucht aus dem Anfänger-Modell ne Rennsemmel zu machen oder aus dem Transportflieger ne Kunstflugmaschine schießt sich schnell ins Knie.
. Ein LKW ist kein Sportwagen und wird nie einer werden! Bleibt Eurem Konzept treu oder verwerft es!
Rudermomente werden berechnet. Man rechnet die Stromversorgung durch. Entscheidet sich für oder gegen Metallgetriebe der Servos und andere Sauereien. Auf einmal muss der Flügel doch wieder dicker werden, weil die Servos nicht rein passen und ähnliches. Die Excel-Tabellen sind zu Mammut-Listen mutiert. Im Word-Dokument hat man sich tausend Notizen gemacht von to do über noch verbessern und beim Bauen drauf achten...
Man wälzt Fachbücher. Recherchiert Details. Lernt dazu. Sucht Rat im Forum. ...
Ich verstehe das ganze als fortlaufenden Iterationsprozess. Ständig verändert man etwas. Optimiert verbessert und rechnet. Irgendwann friert man dann aber den Grundriss und die Profilierung ein und die Konstruktionszeichnung hat perfekte Detailgetreue angenommen und man ist so gut wie fertig. Bis dahin ists aber ein elend langer Weg
. Nein, warum denn heulen? DAS ist doch das eigentliche Hobby. Der Weg ist das Ziel.
7. Man glaubt, man sei fertig
Jetzt noch man schnell checken ob auch keine groben Fehler drin sind. Reicht der Flügelholm? Oder ist ein ursprüngliches Leichtgewicht zur Bleiente mit Warp-Antrieb mutiert, und ich hab vergessen den Flügelholm neu auszulegen? Stimmt die Flugstabilität wirklich? Gehört der Schwerpunkt wirklich genau dahin? Letzte Chance Fehler zu beseitigen!
8. Fertisch - jetzt wird gebaut!
Wer bei 1 -7 nicht gepfuscht hat, hat jetzt Freude. Wer gemurkst hat, bekommt jetzt Spass!
9. Fertig gebaut
Auswiegen, ausmessen, einstellen, justieren, prüfen, testen, vergewissern. Statische Belastungstests - und wenns grobmotorisch mit den Händen ist... oder die Hantelscheiben herhalten müssen...
10. Aufn Platz
Reichweitentest. Rollversuche. Schrauben nachziehen? Prüfen?
11. Jungfernflug
12. Sekt oder Baldrian
... je nachdem ...
13. Zu hause alles prüfen und checken
14. Testflüge und checken
15. Fliegen und glücklich sein
ok. Manchmal auch frustriert sein und sich schwören diese Fehler nie wieder zu machen.
16. Neues Modell bauen