Hallo zusammen,
ich kann mich leider erst jetzt hier einklinken; bin erst vorgestern wieder aus 3 Wochen Urlaub zurückgekommen und nehme gerade die Spur wieder auf.
Erstmal: Kennt ihr diese beiden Beiträge ?
http://www.rc-network.de/magazin/artikel_02/art_02-0035/E-Antrieb.pdf
http://www.rc-network.de/magazin/artikel_03/art_03-0045/art_03-0045-00.html
Treffen zwar nicht genau das Thema, aber wenigstens einen Teil der Diskussion, und sind als Ergänzungs- und Hintergrundwissen recht nützlich.
Was jetzt kommt, bitte nicht falsch verstehen, ich will nicht den Besserwisser oder Oberlehrer spielen und niemand angreifen. Vielmehr ist es ein schönes Beispiel dafür, wie unzureichend dokumentiertes/weitergegebenes Wissen verloren geht und von folgenden Generationen neu gesucht und gefunden wird.
Als ein paar meistens belächelte "Spinner" vor etwa 25-30 Jahren mit dem Elektroflug zu experimentieren begannen, haben die sich schon mit genau denselben Themen/Fragen/ Formeln etc. beschäftigt und die Antworten gefunden. Ich will hier nur stellvertretend die Namen Bruss, Militky und Kupcik nennen, und auch ich war etwas mit dabei. Die Pioniere waren damals mehr oder weniger in Kontakt miteinander und haben ihr Wissen ausgetauscht. Da Antriebsleistung bzw. "mitnehmbare" Energie noch sehr begrenzt waren, waren solche theoretischen Studien notwendig, ebenso zur Abschätzung der Erfolgschancen für die Zukunft bei Weiterentwicklung der Komponenten.
Ich kann mich z.B. noch an lange Briefwechsel mit V. Kupcik erinnern, in denen wir u.a. untersucht haben, wie bei gegebenem Antrieb (Motor+Getriebe+Prop) das optimale Modell dazu aussehen muß, wenn man möglichst lang fliegen oder möglichst schnell steigen will.
U.a. haben wir auch ein "Computermodell" (einige Gleichungen) erstellt; aus Mangel an "real verfügbaren" Parameterwerten haben wir diese über einen weiten Bereich variiert und V. Kupcik hat das dann alles im Großrechner der Uni Göttingen "fliegen" lassen (heute würde man Simulation dazu sagen). Rechenzeit einige Sekunden, das Ergebnis waren (nicht übertrieben!) Berge von Endlospapier-Ausdrucken; aus denen haben wir dann "von Hand" die "real möglichen" Kombinationen rausgesucht und optimale Lösungen bestimmt. Da kamen dann teilweise Modelle raus, die stark vom damals Üblichen abwichen.
Ein namhafter Firmenvertreter, auf diese Ergebnisse angesprochen, hat darauf geantwortet, daß ihm das schon bekannt ist, aber solche Modelle vom Markt nicht akzeptiert würden. Wahrscheinlich hat er (aus damaliger Sicht) schon recht gehabt. Inzwischen hat die "Evolution der Praxis" das alles überholt.
Auch Flugmessungen und Auswertungen dazu (z.B. zum hier thematisierten "Gesamtwirkungsgrad") gab es damals schon. Modell-Telemetrie gab es höchstens ansatzweise. Deshalb hat z.B. R. Hermann+Team damals Flugbahnvermessungen mit Theodoliten durchgeführt und ausgewertet. Untersucht wurden dabei die Modelle "E1" (MPX), "Primus" (Carrera) und "Moskito" (Graupner).
Das erlangte Wissen wurde teilweise auch publiziert in Fachzeitschriften und Büchern; stellvertretend will ich die Bücher von H. Bruss (Elektroflug, Solarflug) erwähnen. Da steht fast alles von dem drin, was hier in diesem thread diskutiert wird. Als unsere Modellflugzeitschriften noch nicht zu Hochglanz-Bild- und "Test"zeitschriften mutiert waren, gab es auch darin immer wieder qualifizierte Beiträge, in denen sogar Formeln vorkommen durften.
Das ist alles versackt und vergessen oder steckt in irgendwelchen schwer zugänglichen Archiven. Tröstlich wenigstens, daß ein Teil der heutigen Generation wieder dieselben Fragen stellt und (mit moderneren Mitteln) auch löst. In der auf die heutige Modellflieger-Generation folgenden wird es wohl nicht viel anders sein, denn wer kann z.B. in 20-30 Jahren noch Inhalte alter Festplatten oder Schlappscheiben lesen?
Also, seid mir nicht böse, wenn ich etwas ins Erzählen aus den "alten Zeiten" gekommen bin. Man erinnert sich halt "aus gegebenem Anlaß", und es ist ein Stückchen Modellflug-Geschichte.
Grüße,
Helmut