Krängung in free-ship

vhr

User
moin,

dies ist mein erster Beitrag im Forum; ich habe den Text vorgeschrieben und hier rein kopiert. Dabei hat es mir etwas die Zeilenformatierung zerhauen.
Mit Freude habe ich festgestellt, daß hier auch Bootskonstrukteure from scratsh unterwegs sind. deshalb dies:

Krängung in free-ship (delft-ship)

Daß ein Segelschiff aufrecht im Meer schwimmt. kommt wohl sehr selten vor, meist
"schiebt es Lage". Also sollten wir den Linienriß bei Krängung betrachten, Dazu ist
free-ship (delft-ship) ein gutes Hilfsmittel. Es ist im Gegensatz zu universellen CAD-Programmen auf den Umgang mit Schiffen zugeschnitten.
Ich arbeite konkret mit free-ship 3.4 ( Spracheinstellung englisch ): die Erläuterungen sollten sich aber auch auf andere Versionen übertragen lassen.
Was folgt, ist der Versuch einer Anleitung in free-ship; dabei arbeite ich >> konkreten Befehlsfolgen in free-ship.

A
Ausgangspunkt ist ein Linienriß in free-ship.
Mit >>Datei >>open vorhandenen Linienriß öffnen; gehe zu >>window >>bodyplanview (Querschnitt/Spanten). "show both sides of model" unbedingt abschalten!.
Reiter >> calculations >>design hydrostatics aufrufen, Werte für volume, draft und Lage von Schwerpunkt der Verdrängung und Wasserlinie notieren. ( Longitudinal center of buoyancy und Waterplane center of floatation ).
Reiter >> transform aufrufen, in dem menü >> mirror wählen; im weiteren > vertical plane und > distance = 0.00 wählen. Der Spantenriß erscheint jetzt um die Mittelebene gespiegelt. In den > calculations, > design hydrostatics erscheinen jetzt einige Werte wie Flächen und Volumen verdoppelt, Das ist also mal ein etwas anderer Weg das Bootsvolumen mit zwei zu multiplizieren!
Zurück zu >> transform, wähle jetzt >> rotate; wähle dazu >> select layers all >> ok und
>> rotation vector >> longitudinal axis = 35° >> ok. 35° ist der von dir gewünschte Krängungswinkel.

Du hast jetzt das Boot zweimal; beachte daß Änderungen am Linienriß immer nur auf eine Hälfte des Bootes wirken. Die Aufmerksamkeit bleibt im weiteren auf die Darstellung des Unterwasser-Schiffs gerichtet.

Versuch: Du kannst mal mit >> transform >> move >> transvers axis die beiden Boote auseinander schieben,

Für den weiteren Arbeitsgang müssen das Boot jetzt noch "gelevelt" werden und die Wasserlinien für den neuen Tiefgang bestimmt werden.

B
Um brauchbare Berechnungen durchführen zu können, muß das Boot - aufrecht oder mit Krängung - vertikal verschoben werden und auf "Basis 0" gesetzt werden.
Ich nenn das mal "leveling". Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten.
1) Project >> Projectsettings >> Hydrostatics: Häkchen setzen an "enable automoving model to baseline" >> OK.
Hab ich lange genutzt, empfehle ich nicht mehr; weil, wenn du am Linienriß arbeitest und "calculations" aufrufst, wird der Rumpf - unkontrolliert - verschoben.
2) Mit rechts-klick tiefsten Kontroll-Punkt anklicken; das pop-up-menü zeigt die x-y-z-Koordinaten; z,B, z = 0,2078.
Folgt mit >> transform >> move >> vertical axis z = -0,2078 eingeben >> OK.

C
Wasserlinien für vorgegebene Verdrängung ermitteln.
Für das gekrängte Boot müssen die Wasserlinien neu ermittelt werden.
Das aufrechte Boot habe 1,391m³ Verdrängung, dann folgt für das gekrängte (und gespiegelte) 2,782m³ Verdrängung als Zielwert.
( Doppelung wegen "mirror").
go to, klick calculations >> hydrostatics; im pop-op-menü für startdraft und enddraft einen Schätzwert eingeben z.B. 0,500 bis 0,600; draftstep auf 0,01 setzen >> calculate.
Die Tabelle zeigt diverse Werte für den Tiefgang 0,5 bis 0,6 an; der Zielwert für die Verdrängung liegt nach der Tabelle zwischen 0,520 und 0,530.
Neue Eingabe mit 0,520 bis 0,530, >> draftstep 0,001 ergibt 0,524m draft für 2,782m³ Verdrängung.

D
DieWasserlinien für z.B. 0,524m Tiefgang generieren.
In der Leiste mit den Werkzeug-Icons findet sich ganz rechts außen das Icon für
>> Intersections mit >stations, >buttocks, >waterlines, >diagonals. Wähle >> waterlines;
> +1 fügt eine Wasserlinie mit fixem Wert ein.
> +N fügt ein set von Wasserlinien von 0,00 bis0,0,524 ein; dazu im pop-up Interval der Wasserlinien eingeben: z.B. 0,524/20 = 0,0524.
Der Papierkorb löscht alle (vorherigen) Eingaben; einzelne Werte zum löschen markieren und mit Entf löschen.
Diagonals löschen, sie machen bei Krängung keinen Sinn.

E
Analyse des Linienriß mittels der Intersections.
Nun haben wir ein kekrängtes Boot dargestellt durch das für free-ship typische Kontrollnetz und verschiedene Intersections.
Nun geht man auf >> windows >> plan view oder >> perspective view zur Analyse der Wasserlinien.
Dazu wendet man sich an Poseidon oder den Guru seines Vertrauens ( hier im Forum?? ) und läßt sich beraten, welches die gewünschte Form der Wasserlinien sein soll.
Die gewünschte Form kann man dann durch Manipulation des Kontrollnetzes erzeugen.
Das kann in einen längeren, iterativen Prozeß ausarten, zumal, wenn man dabei auch die Veränderung diverse hydrodynamischer Kennwerte im Auge behalten will.

Fortsetzung ist möglich und beabsichtigt

Bonus Track für alle die es bis hier geschafft haben:
Sucht mal nach >>Sampson Boat Co. oder >> Tally Ho
Bootsbau vom feinsten!!!!!

Gruß Veit alias Georg
 

vhr

User
moin,
mit der heutigen Darstellung versuche ich den Krängungs-Versuch abzuschließen

Zunächst noch ein Nachtrag:
1) Nicht vergessen, unter >>Project >>Project Settings >>Main Dimensions jeweils den aktuellen Tiefgang (Draft) einzutragen; damit unter >>Calculations >>Design Hydrostatics die korrekten Werte berechnet und angezeigt werden.
2) Ich habe oben die Krängung für 35° beschrieben. Es ist sehr empfehlenswert das Unterwasserschiff auch bei 25° und 15° zu betrachten. Aus Sicht mann-tragender Boote mögen 35° sehr viel sein; aber - maßstabs-bedingt - segeln unsere Modelle ja häufiger bei "Sturm" als die großen Vorbilder.

F
Zwei wichtige Parameter, die es bei der Krängung zu beobachten gilt, sind
- der Auftriebs-Schwerpunkt - Longitudinal center of buyancy, CoB und
- der Flächen-Schwerpunkt der Konstruktions-Wasserlinie - Waterplane center of flotation, Coflot.
Beide werden unter >>Calculations >>Design hydrostatics gelistet.
Bei Krängung verschieben sich beide Schwerpunkte generell zum Heck, jeder in unterschiedlichem Maß. Das bedeutet, Modell-Segler kippen bei Krängung auf den Bug; bei den mann-tragenden Booten gleicht der Segler das mit seinem Hintern aus.
Man kann dieses pitching in free-ship abbilden, indem man die Profil-Ansicht >>Profil víew um einen beliebigen Punkt um die Querachse mit einem negativen Winkel kippt.
Und zwar solange bis der CoB-Wert bei 35° von z.B. = 1,856 wieder den CoB-Wert bei 0° von z.B. 1,910 erreicht.
In der Regel sind dazu Winkel von -0,5° bis -1,5° erforderlich; mit probieren und Dreisatz wird man sich an den Zielwert annähern.
>>Transform >>Rotate >>all layers >>Transvers axis >>z,B. -0,9° >>o.k.
Danach muß das Boot wieder "gelevelt" werden, siehe dazu A.

G
Krängung wieder aufheben:
Nach der gewünschten Optimierung des Unterwasserschiffs muss das Boot wieder in die Nulllage gebracht werden.
Dazu die beiden Bootshälften auseinander schieben ( mit >>move ) die jeweils richtige Hälfte löschen, das Produkt zurück drehen und die Hälften zusammen schieben.
Gehe zu >>Window >>Bodyplan View; mit >>Transform >>move >>all layers >>Transvers axis >>Wert z.B. 1,5m eingeben >>OK.
Und siehe da, es erscheint das Boot in zweifacher Darstellung - links die Heckansicht, rechts die Bugansicht, beide in Krängungswinkel geneigt.
Zunächst das Boot aufrichten mit >>Transform >>Rotate >>-35°; danach muß das Boot wieder "gelevelt" werden (siehe dazu A).
Für die weitere Betrachtung interessieren uns jetzt nur die beiden eingetauchten Bootshälften, nur dort haben wir die Kontrollpunkte manipuliert/verschoben.
Jetzt kommt das Löschen der nicht gebrauchten Bootshälften. Dazu einen Kontrollpunkt oder eine Netzlinie (edges) anklicken/auswählen, in der Werkzeugleiste erscheint der Papierkorb >>Papierkorb anwählen; eine wichtige Warnung erscheint: wenn du nur ein Element ausgewählt/markiert hast, darf hier auch nur >>1 selected item erscheinen.
Andernfalls >> no wählen und mit rechts-klick in die Arbeitsfläche und >>Deselect all wählen und neu beginnen.
Mit >>Edit und >>undo kannst du grundsätzlich den letzten Vorgang zurücksetzen.
Mit etwas Übung wird es dir schnell gelingen, die unerwünschten Teile der Darstellung zu löschen.
Weiter, einen Punkt auf der Mittelachse wählen und>>y-cord Wert ablesen - z.B. 1,2061 - mit >>Transform >>move beide Hälften um diesen Wert zusammen schieben.
Bootsdarstellung "leveln" und mit >>icon für intersections >>waterlines >>buttocks >>diagonals neu eintragen. Die stations bleiben während der Krängung unverändert.

Bleibt noch die Frage, wozu das ganze?
Nun, zur Optimierung des Linienriß insbesondere des Unterwasserschiffs durch Interpretation der Wasserlinien.
Dem wollen wir uns als nächstes widmen.
 

Andreas Hoffmann

Moderator
Teammitglied
Danke für deine ausführliche Beschreibung.
Mache ich im wesentlichen immer genauso. Allerdings spare ich mir das pitching in FS nachzubilden. Mir geht es nur darum die Linien bei Krängung zu beurteilen. Ob der Rumpf dafür ein paar mm 'falsch' schwimmt macht m.M. dabei keinen so großen Unterschied.
Das ganze ist ja lediglich eine statische Betrachtung die in der Realität durch Wellengang & Segeldruck etc.. beeinflusst wird. In FS nutze ich sehr gerne die Kurven und damit Krümmungkämme um harmonische Linien zu formen.
Das ganze wird dann zur abschließenden Begutachtung .. und natürlich weiteren Konstruktion .. in F360 importiert. In FS mach ich inzwischen nur noch das nackte Rumpfdesign, alles weiter in F360.
Bildschirmfoto 2023-12-10 um 18.25.18.png

Hier mal 30Grad Krängung mit einigen WL .. darüber liegt noch eine Krümmungs-Map
 

vhr

User
Schönes Bild, dachte erst an ein Surfboard.
Leider ist in der Perspektive nicht zu erkennen, ob die "spitzen" der Wasserlinien zum Bug und Heck auf einer Geraden liegen und welchen Winkel diese Gerade zur Bootsachse hat.
Das pitching ist in der Tat für die Optimierung der Wasserlinien zweitrangig, aber es fördert das Verständnis dafür, daß das Boot bei Krängung auf den Bug geht und die damit verbundene Verlagerung der Schwer-/Druck-punkte CoB, Coflot und Colat.
Die sorgfältige statische Betrachtung/Optimierung der Wasserlinien ist auch Voraussetzung für ein Boot, das eine gute "seaworthiness" entwickelt.
 

vhr

User
moin,

da ich mich mit den "Feinheiten" dieses Forums noch vertraut machen muß,
hier momentan mal nur ein Test-Bild als "teaser".
Es handelt sich um einen Langkieler bei 35° Krängung; Gesamtlänge 10,1m, Wasserlinie 7.8m, bei 35° etwas mehr, Breite 2,5m, Tiefe 1,2m, Verdrängung ca 3,81t. Ach so, das ganze im Maßstab 1 : 10.
Das Kiel-Volumen ist vorläufig so bemessen, daß 50 - 60 % der Verdrängung als Ballast unterkommen.
Die Darstellung liefert freeship als "linesplan".

6-m GP 5-A+rud rnd re heel35° Free!ship linesplan.jpg
 

Andreas Hoffmann

Moderator
Teammitglied
Bild war lediglich als Demo gedacht .. was man so machen kann wenn man den Rumpf erst mal im CAD hat.
Aber hier mal 'platt' von unten ..
Bildschirmfoto 2023-12-15 um 19.32.09.png

Eine gerade wirst Du nicht erreichen, aber bei den schmalen Booten kann man dem Ideal schon etwas näher kommen.
Wir zeichnen auch immer alles x10 .. also hat eine RG in FS dann 6,5m.
 

Shark_PS

User
Auch wenn die hier beschriebene Methode in free ship zum Ziel führt, finde ich den Weg für den iterativen Design- und Optimierungsprozess sehr aufwendig.
Wer mit den zusätzlichen Werten / Informationen umzugehen weiß, dem kann ich nur Delftship mit dem entsprechenden hydrostatischen Modul (Inclined Hydrostatics) empfehlen. Da kann man Verdrängung, Scherpunkt, Trimm, Krängung etc. entsprechend einfach vorgeben und das Modul berechnet entsprechende die Schwimmlage und Werte. Man kann sich auch die Wasserlinien und die Spantarealkurve anschauen und wie sie sich bei Krängung verändert.

Screenshot 2023-12-15 213006.jpg


Was den Konstruktionsmassstab angeht ist das ja alles nur eine Kommaverschieberei. Ich hatte mich anfangs mal dazu entschlossen, dass ich in Delftship 1m für einen 1cm im realen benutze. Damit entspricht dann eine Tonne Verdrängung gleich einem Gramm im Modell.
 

Andreas Hoffmann

Moderator
Teammitglied
Hi Patrick,
da hast du vollkommen recht .. das ganze ist in FS (und erst recht mit externer Software) ziemlich unhandlich.
DelftShip ist da deutlich mächtiger, aber dafür eben auch kostenpflichtig. Die Free-Version ist je recht stark eingeschränkt.
Ich zeichne vielleicht alle 2 Jahre mal ne neue RG, dafür lohnt sich die Anschaffung m.M. nicht.
Ausserdem hab ich nichtmal die nötige Hardware dafür :) Mein FS läuft auf einem uralten Eee-PC unter Win-XP ! Das ist der letzte Win-Rechner den ich noch besitze.
Ich denke (bis auf mein Hardwareproblem :-) die meisten Hobbyisten werden ähnlich denken und die Investition in DelftShip scheuen. Deswegen ist FS schon relevant für's Hobby.
 

Shark_PS

User
Hallo Andreas,
ich habe nicht bezweifelt das FS gut und brauchbar fürs Hobby ist. Wollte nur aufzeigen für die Allgemeinheit, dass es mit Deldftship noch andere Möglichkeiten gibt. Es sind alles nur Tools, dem einen reicht ein einfacher Schraubendreher und ein anderer hätte dann doch lieber den Akkuschrauber. Muss jeder für sich abwägen was ihm zusagt und worin er investiert (Zeit / Geld).
Ja, die Lizenz für DS mit dem Hydrostatik Modul war nicht günstig, möchte ich aber nicht mehr missen, da ich da mehr mit mach als ab und zu mal eine RG. Und auch wenn die Lizenz abgelaufen ist bzw. die Updatefähigkeit während der Laufzeit, bleibt der Funktionsumfang dauerhaft danach erhalten. Und ohne das jetzt explizit überprüft zu haben, bietet die freie Version von DS die gleiche Funktionalität wie FS. Das hier oben beschrieben Verfahren wird da genauso funktionieren.
Eigentlich kann man alle relevanten Daten (oder auch Schnittkurven) wenn die Rumpfgeometrie vorliegt auch mit einer gängigen CAD Software ermitteln wenn diese Volumenschwerpunkte von beliebigen Körpern und Flächenschwerpunkte von beliebigen Flächen berechnen kann. Alles kein Hexenwerk wenn man sich mit den Sachen beschäftigt.
Für mich stellt sich da ehr die Frage, wer mit den Daten / Kurven auch weiß damit umzugehen. Denke im Hobbybereich sind das ehr weinige. Da wird doch ehr nach originalen Aussehen gegangen und nach "Bauchgefühl" designt und optimiert als sich explizit mit Kennwerten / Größen auseinander zu setzen. Gibt da natürlich auch Ausnahmen ...

Nun, zur Optimierung des Linienriß insbesondere des Unterwasserschiffs durch Interpretation der Wasserlinien.
Dem wollen wir uns als nächstes widmen.
Die sorgfältige statische Betrachtung/Optimierung der Wasserlinien ist auch Voraussetzung für ein Boot, das eine gute "seaworthiness" entwickelt.
Daum bin ich gespannt was hier dann noch an Informationen dazu kommt.
 
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