Theta - ein Modell in Positivweise

Hallo Zusammen

im Rahmen dieses Threads wird die Entstehungsgeschichte eines Modells in Positivbauweise beschrieben. Es soll dem Erfahrungsaustausch dienen.

Was war der konstruktive Anlass?

Es gibt eine nette Klasse, das sind die F5J-400 Modelle. Kleine Thermiksegler mit 2,54m Spannweite, leicht und kompakt. Beispiele
  • Tilia, dieses Modell habe ich selber gehabt. Es flog nicht schlecht - aber, es war fürchterlich empfindlich, die Fläche hat schon beim anschauen Dellen bekommen. Ausserdem war das SLW zu klein und das Profil (S4083) war imho nicht optimal
  • Django, wie oben, Flächenkern aus XPS
  • Joy, Geometrie nett, aber - verdammich schon wieder ein XPS Kern und dafür ziemlich teuer
Damit ergeben sich die Parameter:
  • Kern aus Rohacell (IG-F 31, zwar schwerer aber robust)
  • Positivbauweise mit CW30
  • 4Klappenflügel dreiteilig
  • Profilierung mit einem AG Strack (41ff) für die Fläche und ein HT auf dem HLW, das SLW bekommt ganz klassisch ein NACA006
  • Kaufteile sind nur die Rumpfkeule (vom Geronimo) und ein passendes CfK Rohr
  • Zielgewicht mal unter 700g
Im nächsten Post kommen die ersten CAD Bilder

Grüsse

Gero
 
Hi Achim

ist schon fertig ;) und fliegt ....

Aber hier die ersten Bilder aus dem CAD
flächenschnitte.jpg


Hier ist einmal die Aufteilung des Profils über die Fläche zu sehen. Man sieht recht deutlich den Umriss auf einer Skizze (Fusion360) und dann viele "Querschnitte" orthogonal dazu. Die größeren Abstände sind jeweils 50mm zum Randbogen hin 25mm und kleiner. Das Profil ist ganz präzise ein AG41d-02f, zum Randbogen hin in der Dicke reduziert.
Normalerweise nutze ich CREO als Leib- und Magensystem, aber bedingt durch ein geniales Fusionmacro "Airfoil Sketch from File" ist die Profilerstellung an der angegebenen Schnittebene (ist ja immer eine kreuzkrumme Profiltiefe) hiermit DAUsicher.

flächen.jpg


Hier dann das fertige Ergebnis der Flächenteile. Ganz perfekt war der Kurvenverlauf z.B. am HLW nicht, da gab es ein kleine Beule, aber man sollte immer den Aufwand im Hinterkopf behalten. Bei einer Form, klar - hier muß die Oberfläche absolut perfekt sein. Bei einem später gefrästen Schaumteil - pffft - einmal kurz drübergeschliffen - fertig. Der Aufwand in eine perfekte Freiformfläche geht halt exponentiell nach oben.

Ab hier ging es per IGES (ja - IGES, Fusion kann ja nicht mal richtig STEP .... ) ins CREO.

Aber, das ist eine andere Geschichte


Grüsse

Gero
 

AMA

User
Hallo Gero,

ich glaube ich muss jetzt doch tatsächlich F360 installieren, ist eigentlich nicht mein CAD System……. (oder ich fliege Deine Tilia weiter :—))
 
Moin

neee - kriegst die Daten in allen anderen Formaten ;)

sodele - mal letzter Input für heute.

Wie ist denn nun die Bearbeitungsfolge?

Der erste Schritt ist das Fräsen der jeweiligen Rohlinge und der Schlitze für Holme. Dazu habe ich kein Bild, aber soweit ist der geneigte Leser sicher in der Lage, sich das vorzustellen. Das geht sehr gut mit Estlcam, für die 3D Fräsarbeiten ist ESTLCAM imho nicht mehr geeignet. Die Berechnungszeit wird dann bei größeren Objekten zu lang und Estlcam ist einfach - auch bei hohen Auflösungen - viel zu unpäzise. Ich nutze hier Deskproto, das gibt es einer Hobbyversion. Es ist intuitiv bedienbar, wenn man in den Projekteinstellungen für den Assistenten alles voreinstellt, bekommt man nach 10min das fertige G-Code file

Der nächste Schritt ist dann das Fräsen der ersten Hälfte:

seite_1.jpg


Basis ist hier die wie abgebildete eine Hälfte - hier vom SLW. Was macht nun dieser quadratische Böppel an der linken Seite? Bei einigen CAM Systemen habe ich festgestellt, das wenn man das Positiv modelliert und dann ein Rohteil im CAM vorgibt, ist das nicht präzise. Speziell wenn man es dann in die Mitte des Rohteils legen möchte. So stellt dieses Quadrat dann in Summe die Höhe des Rohmaterials dar - in diesem Fall die 20mm Rohacell. Ausserdem kann man im Falle eines Fräsabbruchs (Flut, Erdbeben, Stromausfall) an der Ecke das Rohteil einigermassen wieder präzise - auch in Z - wieder einmessen.
Das Rohteil wird dann auf einem Vakuumtisch gehalten, der Tisch wird natürlich präzise eingemessen (in X/Y) weil das Rohteil nach dem Fräsen einfach umgedreht wird. Dazu gleich mehr. Ich habe mir hier angewöhnt, das eigentliche Teil hat exakt 10mm Abstand zur Randkontur der rohen Platte. Also, wenn das SLW 150 x 200mm hat, ist das Rohmaterial 170 x 220 mm.

Soldele, jetzt wird diese Beule umgedreht und diese Schale gelegt. Preisfrage - warum geht das nicht? Röchtöch - Böppel weglutschen, hinwegstarren, wenn es sein muß Schwiegermutter fragen ....

seite_2.jpg


Da es nur eine Hilfsschale ist - hier darf dann XPS die Werkstatt betreten. Diese Schale sollte natürlich vorher fertig sein, aber Ihr habt ja sicher aufgepasst und Euch insgeheim schon die Frage gestellt, wie das blaue Ding nun gehalten werden soll - so halt!!
Wie man erkennen kann, sind da Löcher drin, nunja, ansonsten wird es mit dem Vakuum schwierig, besonders klappt es, wenn die Löcher im roten Teil mit den Löchern im Vakuumtisch übereinstimmen.
Vielleicht ein Wort zum Fräser, als besonders geeignet hat sich der dieser Fräser herausgestellt. In der 4mm Version passt er fürs Schruppen und fürs Schlichten

So sieht dann das fertige SLW aus

IMG_0668.JPG


Wie oben beschrieben, sind die Ausschnitte für die Balsaholme schon beim allersten Frässauftrag vorgenommen worden. Sie werden mit WENIG Sekundenkleber positioniert - tja das ist halt der Vorteil von Rohacell. Warum wenig Klebstoff und dann kein Harz? Zuviel Sekundenkleber bildet spröde Klumpen, die dann aus dem Rohacell gebrochen werden, das gibt kleine Krater im Rohacell, speziell an der Naht zwischen Balsasteg und Rohacell. Damit wird dann der Holm im Laminat später sichtbar. Harz wiederum verklebt die Schneiden des Fräsers. Diese beiden Tips - echte Erfahrungswerte :D
Die beiden Holme sind später für zwei 3mm CfK Dorne, die das HLW im Rumpf verstärken/verkleben und ja, sie könnten kleiner sein.

Letzte Info für heute, hier nun Fräse in äkschn. Nein, die Geschwindigkeit ist nicht die handkurbelgetriebene Filmhektik eines Charlie Chaplin Werkes, das tut so !! Bei 12m pro Minute fing das Teil das springen an (mittlerweile muß die KUS auf Z getauscht werden) im Video sind es nur noch 8m/min. Und ja, Lug und Betrug, im Video zeigt sich das Höhenleitwerk .... Was aber gut zu sehen ist, das hektische Auf und Ab am linken Rand der Fräsbahn, da beschreibt der Fräser den Hub für diesen oben beschrieben Böppel - nur den hatte ich hier schon weggestarrt .....

Grüsse

Gero
 
Zuletzt bearbeitet:
Moin

anbei ein paar notwendige Hilfsmittel, Schablonen und die Mylarauflagen für die Positivbauweise

Schablone.jpg



Die Schablone links wurde einfach aus einer 4mm MDF Rückwand eines alten Schrankes gefräst. Die Kontur wurde ganz simpel ermittelt, in dem die Kontur der Endleiste um 10mm versetzt wurde. Das reicht, um genügend Überstand zu generieren.

Die Mylarfolie ist eine 0,15mm Plotterfolie - und die kann ich jedem nur empfehlen

IMG_0797.JPG


Die Folie ist flexibel genug, um sich um enge Nasenradien zu biegen. Das Vorgehensmodell in der Positivbeschichtung ist dann recht simpel
  1. 25g/m² Gewebestreifen mit 3M Klebeband um die Nase legen
  2. CW30 mit Schablone zuschneiden
  3. WICHTIG - gefrästen Kern gut entstauben!!!!!
  4. auf dem Mylar das Gewebe positionieren und Harz auftragen - Hier sind diese Walzen eher geeignet als die Schaumstoffwalzen. Schaumstoffwalzen nehmen zuviel Harz zu Beginn auf und neigen zum zerfallen, weil das Lager kürzer als die Walze ist
  5. Mylar mit dem feuchten Gewebe auf den Kern, mit Tesa fixieren
  6. das Paket in den Vakuumsack - zur gleichmäßigen Verteilung des Unterdrucks habe ich gute Erfahrung mit diesem Vlies gemacht, er zeichnet sich auch nicht auf der Oberfläche später ab
Hier gibt es eine tolle YT Serie vom seligen Jan-Hening

Hier zum Abschluß, das HLW und das SLW wiegt in dieser Bauweise mit diesen Materialien 20g bzw 16, , was sicher noch verbesserungsfähig ist

IMG_0799.JPG


Das HLW ist in F3K Manier angelenkt und es sind zwei 1mm CfK Plättchen zusätzlich zum versenken der M3 Senkschrauben (Kunststoff) angebracht. Ich habe bewusst kein Aramidscharnier, sondern ein TESAscharnier eingesetzt, ich hatte schon Delaminationen (allerdings nur bei Rohacell) im Scharnierbereich. Aber da habe ich inzwischen einen Fix - stay tuned ;)

Grüsse

Gero
 
Moin

wenn wir schon beim Thema Hilfsmittel sind - hier nun ein elementares Objekt - Montageschablonen. Die kann man sehr gut parallel konstruieren und anfertigen

Vorr.jpg


Die Montage- und EWD Schablone fürs Heck. Über das rote und blaue Teil wird sichergestellt, daß das Heckrohr 100% gerade ist. Weiterhin klemmt es das SLW senkrecht später zum verkleben und garantiert, daß die gewählte EWD (hier 0,7°) eingehalten wird. Für die Nase gibt es dann noch eine extra Schablone

front_s.jpg


Das kann man im Bild vielleicht nicht so gut sehen, aber die Schablone für das Abschneiden der Nase ist um 2° geneigt, um hier den notwendigen Sturz sicherzustellen. Der Durchmesser ist dann auf einen 32mm Spinner ausgelegt, der Kopfspant ist dann die gezeigte Aluvariante.

Grüsse

Gero
 
Danke!
Geht aber in den Größen nur für Leitwerke.

Welche Mylarfolie nimmst du für die Tragflächen?
 

SvenJ

User
@Solidmanager für das Cam: wenn du eh schon Fusion installiert hast... ich bin damit sehr zufrieden und nutze es sehr gerne für mein Cam. ich generiere damit einen gcode für meine openbuilds Blackbox. die Ergebnisse sind sehr gut!
nur als Idee.

Grüße Sven
 
Moin

Fusion - neeeee...... Aber das ist bei mir was politisches. Ich war lange bei einem Hersteller eines CAD Systemes, das für mich immer das bessere war und das ich sogar verkaufen dürfte. Da kann ich doch nicht vollflächig auf das Werkzeug gehen .... ;)

Heute nur kurz die Erfahrungen zu den Mylarfolien:
  • Oben wurden bereits die 0,125 - 0,15mm dicken Plotterfolien beschrieben. Diese werden z.B. zum Selberschneiden von Airbrushvorlagen genutzt. Diese Folie ist meine erste Wahl für Leitwerke
  • Aus vielen Foren und Tips wurde die R&G Mylarfolie empfohlen. Diese ist leider stärker, als im Katalog angegeben
040.jpg


Von dieser Folie rate ich ab! Bedingt durch die Stärke, formt sie sich extrem schlecht an die Nase an. Bei mir ist hier dann auch zum Desaster gekommen. Ich habe beim Absaugen gesehen, das sich die Folie schlecht anformt. Also, alles was geht und das Unterdruckregelventil kpl. zugemacht und alles was die Pumpe konnte - saugen lassen. Das Ergebnis war, das die Folie nur eine Schräge an der Nase entwickelt und den Kern nach hinten gedrückt hat, damit war die Fläche nach dem Aushärten Schrott. Jetzt kommen die Argumente, ja warum nicht an der Nase dünner schleifen. Das wird nicht regelmäßig und da bin ich dann auch geizig, ein Satz Folie soll für beide Seiten gehen!!
  • Zu guter Letzt die 0,25mm Folie von der Plotterinsel, die hat mit 130cm x 100 cm das perfekte Format, um hier genau vier Folien zu schneiden. Die Folie formt sich noch gut um die Nase und das Knitterrisiko der dünnen Folie ist gebannt
025.jpg


Das ist jetzt meine bevorzugte Folie für den Positivbau - zusätzlich zu den Bezugsquellen die Michael schon gepostet hat

Grüsse

Gero
 

Lownoise

User
Von dieser Folie rate ich ab! Bedingt durch die Stärke, formt sie sich extrem schlecht an die Nase an.

Man kann die Folie im Nasenleistenbereich (von außen) etwa 10 mm nach vorne auslaufend dünner schleifen. Das haben einige erfolgreich bei F3K Positivflächen gemacht, ggf. auch an einem schön 3D geformten Randbogen nötig bzw. besser.
 
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