Hallo zusammen,
ich möchte kurz zusammenstellen, worauf es beim Entwurf in etwa ankommt.
Ich gehe davon aus, dass Ihr schon die grundsätzlichen Anforderungen an Euren Entwurf aufgeschrieben und also eine Vorstellung davon habt, was das Ding nachher leisten soll. Zu schnell ist man dabei zu erfinden WIE man es macht bevor man eigentlich weiss WAS es können soll.
Die Design Spirale, an der man sich in mehreren Runden entlang iteriert, umfasst etwa diese Punkte
- Auftrieb (Volumen)
- Gewicht (Oberfläche, Systeme)
- Auftriebsschwerpunkt CB und Schwerpunkt CG (Metazentrische Höhe: CG möglichst tief und unterhalb des CB)
- Antrieb
- Richtungsstabilität (geradeaus fahren, Leitwerke, Leitwerksfläche, Hebelarm zum Schwerpunkt)
- Kontrollierbarkeit (Ruder, Drehkreis)
- Kurvenflugverhalten (Gier/Roll/Nick- Kopplung)
etwa in dieser Reihenfolge.
- Auftrieb
Um genau zu sein, kommt der Auftrieb von der Luft und nicht vom 'Traggas'. Das ist lediglich 'leichter als Luft', und so bleibt der Unterschied zwischen dem Auftrieb der Luft und dem Gewicht des Traggases als 'Tragkraft' für uns nutzbar. Als Daumenregel gilt: Helium hat eine Tragkraft von 1kg/m³ oder 1g/ltr. Das Volumen eines typischen Luftschiffkörpers kann man recht gut abschätzen mit
V=L*D*D*0.52
hier ist V das Volumen, L die Länge und D der Durchmesser. Das soll zunächst reichen.
- Gewicht
Wenn das Gewicht grösser wird als die Tragkraft hat man ein Problem. Gewicht ist bei Luftschiffen also enorm wichtig. Deshalb von Anfang an eine Liste/Tabelle darüber führen, wieviel was wiegt. Das fängt mit groben Schätzungen an, die nach und nach mit Herstellerangaben, Rechnungen und Wägungen verbessert werden. Nichts ist ärgerlicher, als ein Luftschiff, das nach dem Zusammenbau nicht abhebt. Einen grossen Anteil am Gewicht hat die Hülle, die das Traggas einschliesst. Die Oberfläche zu berechnen ist nicht ganz einfach. Eine ziemlich gute Näherung ist
S=2.87*V/D+0.970*D*L (Berichtigt, vorher: S=3.65*V/D+0.970*D*L)
Hier ist S die Oberfläche, V das Volumen, D der Durchmesser und L die Länge des Körpers (Quelle: NACA TN 0086)
- Schwerpunkte
Hat man gut auf das Gewicht aufgepasst, und das Luftschiff schwebt, ist die nächste Herausforderung der Trim. Die meisten Luftschiffe werden zunächst hecklastig. Deshalb ist es sinnvoll, in der Gewichtstabelle auch die Einzelschwerpunkte einzutragen und den Gesamtschwerpunkt zu berechnen (CG für Centre of Gravity). Der sollte möglichst tief und unterhalb des Auftriebsschwerpunktes liegen. Der Auftriebsschwerpunkt (CB für Centre of Buoyancy) ist der Volumenschwerpunkt des Traggases. Je kleiner der Abstand zwischen CB und CG ist, desto unberechenbarer wird das Flugverhalten, insbesondere in Kurven. Es soll auch schon vorgekommen sein, dass der Schwerpunkt oberhalb des Auftriebsschwerpunktes lag. In diesem Falle rollt sich das Schiff auf den Rücken.
- Antrieb
Irgendwie will man ja vorwärtskommen. Ein Heckpropeller hat im Prinzip den besten Gesamtwirkungsgrad. Der Propeller sollte dann nicht grösser sein als 1/3 bis 1/2 des Durchmessers des Rumpfes. Das Heck sollte nicht zu stumpf sein, da der Prop sonst im 'Totwasser' läuft, was schlecht für den Propellerwirkungsgrad ist. Das Problem bei Heckpropellern ist allerdings der weit hinten und oben liegende Schwerpunkt.
- Richtungsstabilität
Ein 'schlanker Körper' wie ein Luftschiff ist inhärent instabil, d.h. er will sich immer querstellen. Deshalb braucht man Leitwerke. Wichtig ist hier das 'Leitwerksvolumen', das Produkt aus Leitwerksfläche und Hebelarm zum Schwerpunkt. Es nützt also nichts, den Volumenschwerpunkt nach hinten zu legen, um die Leitwerke besser tragen zu können: man braucht dann nämlich wiederum grössere Leitwerke, weil durch das verkürzen des Hebelarmes das Leitwerksvolumen kleiner wird. Je weiter der Volumenschwerpunkt vorn liegt, desto kleiner kann das Leitwerk werden. Eine sinnvolle Lage für den Volumenschwerpunkt ist bei 45% der Länge. Ein vernünftiger Schlankheitsgrad ist eine Länge von fünf mal dem Durchmesser. Je plumper das Luftschiff, desto grösser müssen die Leitwerke werden, und das bedeutet Gewicht und Widerstand.
Das destabilisierende 'Munk- Moment' wirkt übrigens auch in der vertikalen Ebene. Hier hilft zwar ein wenig das stabilisierende Pendel aus CG und CB, aber Höhenleitwerke sind unumgänglich.
- Kontrollierbarkeit
nur gerade aus fliegen nützt ja auch nicht viel, deshalb Ruder. Man kann auch Pendelruder vorsehen, ist weniger komplex als geteilte Leitwerks/Ruder Anordnungen.
- Kurvenflugverhalten
Das Luftschiff sollte möglichst oben/unten symmetrisch sein, da es sonst in der Kurve zu stark nach innen oder aussen rollt. Wenn es rollt, steuert das Seitenruder plötzlich nicht mehr nur seitlich, sondern auch nach oben oder unten und schwupp bricht das Schiff vertikal aus. Hier spricht man vom 'JC Manoeuvre' (für 'Jesus Christ!') oder auch vom 'Yeehaa'- Manöver. In der Fachsprache nennt man das den'Out of Plane Effect'.
OK, ich hoffe, das war nicht zuviel Stoff für den Anfang. Probiert es einfach aus, und bei Fragen immer fragen.
Gruss, Johannes
PS.: Hat sich schon jemand den 'Gertler Series 58 Generator' angeschaut?
http://www.airshipworld.info/software/2008/08/generator-version-05-download/
ich möchte kurz zusammenstellen, worauf es beim Entwurf in etwa ankommt.
Ich gehe davon aus, dass Ihr schon die grundsätzlichen Anforderungen an Euren Entwurf aufgeschrieben und also eine Vorstellung davon habt, was das Ding nachher leisten soll. Zu schnell ist man dabei zu erfinden WIE man es macht bevor man eigentlich weiss WAS es können soll.
Die Design Spirale, an der man sich in mehreren Runden entlang iteriert, umfasst etwa diese Punkte
- Auftrieb (Volumen)
- Gewicht (Oberfläche, Systeme)
- Auftriebsschwerpunkt CB und Schwerpunkt CG (Metazentrische Höhe: CG möglichst tief und unterhalb des CB)
- Antrieb
- Richtungsstabilität (geradeaus fahren, Leitwerke, Leitwerksfläche, Hebelarm zum Schwerpunkt)
- Kontrollierbarkeit (Ruder, Drehkreis)
- Kurvenflugverhalten (Gier/Roll/Nick- Kopplung)
etwa in dieser Reihenfolge.
- Auftrieb
Um genau zu sein, kommt der Auftrieb von der Luft und nicht vom 'Traggas'. Das ist lediglich 'leichter als Luft', und so bleibt der Unterschied zwischen dem Auftrieb der Luft und dem Gewicht des Traggases als 'Tragkraft' für uns nutzbar. Als Daumenregel gilt: Helium hat eine Tragkraft von 1kg/m³ oder 1g/ltr. Das Volumen eines typischen Luftschiffkörpers kann man recht gut abschätzen mit
V=L*D*D*0.52
hier ist V das Volumen, L die Länge und D der Durchmesser. Das soll zunächst reichen.
- Gewicht
Wenn das Gewicht grösser wird als die Tragkraft hat man ein Problem. Gewicht ist bei Luftschiffen also enorm wichtig. Deshalb von Anfang an eine Liste/Tabelle darüber führen, wieviel was wiegt. Das fängt mit groben Schätzungen an, die nach und nach mit Herstellerangaben, Rechnungen und Wägungen verbessert werden. Nichts ist ärgerlicher, als ein Luftschiff, das nach dem Zusammenbau nicht abhebt. Einen grossen Anteil am Gewicht hat die Hülle, die das Traggas einschliesst. Die Oberfläche zu berechnen ist nicht ganz einfach. Eine ziemlich gute Näherung ist
S=2.87*V/D+0.970*D*L (Berichtigt, vorher: S=3.65*V/D+0.970*D*L)
Hier ist S die Oberfläche, V das Volumen, D der Durchmesser und L die Länge des Körpers (Quelle: NACA TN 0086)
- Schwerpunkte
Hat man gut auf das Gewicht aufgepasst, und das Luftschiff schwebt, ist die nächste Herausforderung der Trim. Die meisten Luftschiffe werden zunächst hecklastig. Deshalb ist es sinnvoll, in der Gewichtstabelle auch die Einzelschwerpunkte einzutragen und den Gesamtschwerpunkt zu berechnen (CG für Centre of Gravity). Der sollte möglichst tief und unterhalb des Auftriebsschwerpunktes liegen. Der Auftriebsschwerpunkt (CB für Centre of Buoyancy) ist der Volumenschwerpunkt des Traggases. Je kleiner der Abstand zwischen CB und CG ist, desto unberechenbarer wird das Flugverhalten, insbesondere in Kurven. Es soll auch schon vorgekommen sein, dass der Schwerpunkt oberhalb des Auftriebsschwerpunktes lag. In diesem Falle rollt sich das Schiff auf den Rücken.
- Antrieb
Irgendwie will man ja vorwärtskommen. Ein Heckpropeller hat im Prinzip den besten Gesamtwirkungsgrad. Der Propeller sollte dann nicht grösser sein als 1/3 bis 1/2 des Durchmessers des Rumpfes. Das Heck sollte nicht zu stumpf sein, da der Prop sonst im 'Totwasser' läuft, was schlecht für den Propellerwirkungsgrad ist. Das Problem bei Heckpropellern ist allerdings der weit hinten und oben liegende Schwerpunkt.
- Richtungsstabilität
Ein 'schlanker Körper' wie ein Luftschiff ist inhärent instabil, d.h. er will sich immer querstellen. Deshalb braucht man Leitwerke. Wichtig ist hier das 'Leitwerksvolumen', das Produkt aus Leitwerksfläche und Hebelarm zum Schwerpunkt. Es nützt also nichts, den Volumenschwerpunkt nach hinten zu legen, um die Leitwerke besser tragen zu können: man braucht dann nämlich wiederum grössere Leitwerke, weil durch das verkürzen des Hebelarmes das Leitwerksvolumen kleiner wird. Je weiter der Volumenschwerpunkt vorn liegt, desto kleiner kann das Leitwerk werden. Eine sinnvolle Lage für den Volumenschwerpunkt ist bei 45% der Länge. Ein vernünftiger Schlankheitsgrad ist eine Länge von fünf mal dem Durchmesser. Je plumper das Luftschiff, desto grösser müssen die Leitwerke werden, und das bedeutet Gewicht und Widerstand.
Das destabilisierende 'Munk- Moment' wirkt übrigens auch in der vertikalen Ebene. Hier hilft zwar ein wenig das stabilisierende Pendel aus CG und CB, aber Höhenleitwerke sind unumgänglich.
- Kontrollierbarkeit
nur gerade aus fliegen nützt ja auch nicht viel, deshalb Ruder. Man kann auch Pendelruder vorsehen, ist weniger komplex als geteilte Leitwerks/Ruder Anordnungen.
- Kurvenflugverhalten
Das Luftschiff sollte möglichst oben/unten symmetrisch sein, da es sonst in der Kurve zu stark nach innen oder aussen rollt. Wenn es rollt, steuert das Seitenruder plötzlich nicht mehr nur seitlich, sondern auch nach oben oder unten und schwupp bricht das Schiff vertikal aus. Hier spricht man vom 'JC Manoeuvre' (für 'Jesus Christ!') oder auch vom 'Yeehaa'- Manöver. In der Fachsprache nennt man das den'Out of Plane Effect'.
OK, ich hoffe, das war nicht zuviel Stoff für den Anfang. Probiert es einfach aus, und bei Fragen immer fragen.
Gruss, Johannes
PS.: Hat sich schon jemand den 'Gertler Series 58 Generator' angeschaut?
http://www.airshipworld.info/software/2008/08/generator-version-05-download/
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