Licht im Dunkel???? ;-)
Licht im Dunkel???? ;-)
Hallo allerseits
Bringt doch bitte noch einwenig Licht in mein Dunkel:
Wie ist das eigentlich mit dem Schwund/Schrumpfung einer Form. Ist dieser nach einer gewissen Zeit vorbei oder ist das ein Prozess welcher stetig voranschreitet? Welchen Einfluss hat dieser auf die Verformung der Form? Oder ist er gar dafür Verantwortlich, dass Formen mittels Rahmen verstärkt werden müssen?
Vielen Dank & Grüsse
Stefan
Hallo,
Die Vorgänge, die zu den beschriebenen Auswirkungen führen können sind ohne tiefergehende Kenntnisse von FKV schwer zu verstehen. Ich versuche mich mal an einer „mathematikfreien“ Erklärung:
Eine Form stellt einen Mehrschichtenverbund dar. Dieser besteht i.A aus Fasermaterial unterschiedlicher Grammatur und einer Matrix dem Harz. Im Laufe der Aushärtereaktion nimmt das Volumen der Matrix ab, sie schrumpft und zieht sich zusammen. Das passiert zumindest bei Epoxidsystemen vornehmlich in der noch flüssigen Phase. Bleibt alles exakt bei einer Temperatur in 0% Feuchte ohne Last ist die Welt in Ordnung.
Leider wirken auf die schöne Form unterschiedliche Dinge ein. Die Matrix wird getempert, es lagert sich Feuchte ein. Die Form wird an eine Wand gestellt, Temperaturschwankungen unterworfen, verspannt etc.
Das führt dazu, dass die einzelnen Schichten arbeiten, Spannungen zwischen ihnen entstehen. Dicke Faser-Schichten kann man sich als „kräftig“ vorstellen, „dünnere“ als schwächer. Ungleichgewichte können zu messbaren Verforumgen führen. Daher spricht Stefan (Gideon) zurecht immer wieder die Bedeutung eines symmetrischen Lagenaufbaues an. Am besten sollten alle Schichten über alle denkbaren Achsen gleich kräftig ziehen können, wenn z.B eine Temperaturänderung auftritt. Schwer, bzw nicht ohne andere Nachteile zu realisieren.
Soweit so gut. Was passiert aber längerfristig? Die Fasern sind „beständig“, zumindest die im Modellbau üblichen. Die Matrix verhält sich aber in erster Näherung linear viskoelastisch bei (kleinen Lasten), was auch eine mathematische Behandlung zumindest im isothermen Fall (Temperatur=Konstant) deutlich vereinfacht. Das bedeutet aber, dass längerfristige (Eigen-)Spannungen dazu führen, dass die resultieren Verzerrungen abnehmen, bzw bei Verzerrungen die Spannungen abnehmen (Retardieren und Relaxieren). Da sind zwei unterschiedliche Dinge, die aber mittels der Rekursionsbeziehungen ineinander umgewandet werden können. Ersteres ist in aller Regel unerwünscht weil dauerhafte Verzüge entstehen, zweiteres sehr Wünschenswert bei Bauteilen.
Begünstigt werden diese Spannungsumlagerungen u.a durch erhöhte Temperatur. Schlecht wäre also eine jungfräuliche, ungetemperte Form, einseitig in der Temperbox schwebend einzuklemmen und gleich auf T_max zu gehen.
Erhöhte Fasersteifigkeit wirkt sich positiv aus, ebenso geringe Wärmedehnungskoeffizienten.
Diese Vorgänge laufen aber grundsätzlich ab, hören also nur auf wenn das Laminat (Eigen-)Spannungsfrei ist.
Ein Stahlrahmen kann hier helfen (z.B beim Feuchteeinfluss), kann aber auch negative Auswirkungen haben, aufgrund der sich vom Verbund unterscheidenden Wärmedehnung etc.
Es ist aber das Belastungskollektiv zu sehen und die einzelnen Einflüsse sind hinsichtlich ihrer Relevanz im konkreten Fall zu bewerten.
Eine komplette Stahlform hat diese Probleme nicht, weil sie kein viskoelastisches, sondern im Rahmen des praktischen Gebrauch linear-elastisches Werkstoffverhalten (Festkörper) aufweist.
Hier ist der altbekannte Spruch „Wer Kunststoff kennt nimmt Stahl“ sehr passend.
Ich hoffe den Mittelweg zwischen fachlicher Richtigkeit und Allgemeinverständlichkeit getroffen zu haben.
Beste Grüße,
Michael
P.S Neben der makromechanischen Seite spielen sich noch sehr interessante Vorgänge in der direkten Umgebung Faser-Matrix ab, die auszuführen aber den Rahmen hier deutlich sprengen würden.