Warum stürzte die Boeing 737 max, zweimal ab?

Interessante Frage und doch schwer zu beantwortren, da wir in die Karten von Boeing nicht reinschauen können.
Doch gestern kam anhand der Flugschreiberauswertung, dass die Piloten alles richtig gemacht haben.

Für mich als Laie sind die Flächen recht schmal, vielleicht ist deshalb das Flugzeug nicht genügend eigenstabil.
Klar man sagt, die Zusatz-Software würde nicht stimmen aber so genau ist das nicht. Kann auch das Messauge defekt gewesen sein?

Gruss Werner
 

UweHD

User
Die Ursache der Abstürze ist doch schon weitestgehend geklärt, jetzt geht es nur noch um die Details.

Grundsätzlich hat das MCAS System aufgrund eines Sensorfehlers die Höhenleitwerks-Trimmung in mehreren Schritten bis auf Anschlag "Tiefe" verstellt (die entsprechende Verstellspindel des Leitwerks war bei beiden Flugzeugwracks am Anschlag). Die Piloten versuchten, jeweils gegen die Trimmung zu steuern, haben aber irgendwann keine Chance mehr gehabt. Mit einer EWD von minus x° kommt das Höhenruder halt irgendwann nicht mehr an.

Fraglich ist im zweiten Fall nur, warum die Piloten das System nicht übersteuern/deaktivieren konnten, obwohl die aktualisierten Richtlinien von Boeing dies ermöglichen sollten.
 

BZFrank

User
Hier die komplette Aufarbeitung:

http://www.b737.org.uk/mcas.htm?fbclid=IwAR0u1ngnZDrPRPR6oq1sMAs6OvMvL4yBoSiaY1kfsjNCZK6aCSLi61nxBjY

(jetzt stimmt der Link)

TL;DR: MCAS ist wohl das Problem. Piloten hielten sich an Anweisungen. Ohne AoA Disagree Indikator (kostet Aufpreis bei Boeing), war es schwierig MCAS als Grund für das "Nase-Runter" zu erkennen, zumal MCAS gleichzeitig auch den Schub erhöht und nach kurzer Zeit das ganze wieder und wieder - und jedesmal wird die Maschine etwas mehr nach "unten" getrimmt. Auch war nicht dokumentiert das MCAS so den Trimweg immer weiter Richtung "Unten" ausfahren kann, in einen Trimbereich der nicht mehr ausgesteuert werden kann. Und mit einem derartig vertrimmten Flugzeug kann der Pilot es nicht mehr Aufrichten, egal wie man Knüppel zieht. MCAS verhält sich auch komplett anders, als andere Autopilot-Inputs bei der 737. Diese konnten vom Piloten bisher immer mit (starker, aber machbarer) Knüppelbewegung ausgesteuert werden, MCAS hingegen muss man per Trim Cutoff abschalten, es kann (nach einer Weile... es schaltet sich von selbst immer und immer wieder ein) nicht mehr ausgesteuert werden. Das war aber nirgends dokumentiert oder geschult worden.

https://www.welt.de/wirtschaft/arti...Boeing-droht-eine-gigantische-Klagewelle.html
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Fraglich ist im zweiten Fall nur, warum die Piloten das System nicht übersteuern/deaktivieren konnten, obwohl die aktualisierten Richtlinien von Boeing dies ermöglichen sollten.

Laut Aufzeichnung haben sie es zweimal ausgeschaltet und es hätte dann aus bleiben sollen. War aber beim Absturz an. Die Kontroll-Warnleuchte die signalisiert, das das MCAS aus ist war nicht vorhanden (kostenpflichtiges Extra...). D.h. vielleicht glaubten die Piloten dass es aus ist, da es laut Instruktion nach zweimal ausschalten dauerhaft aus bleiben sollte, eine optische Anzeige ob es aus oder an war hatten sie ja nicht.

Das nächste Problem ist, dass wenn die 737-800 Max in niedriger Höhe (bei zu hohem Luftdruck) zu schnell wird, dann schaffen es die Stellmotore der Höhenruder angeblich nicht mehr gegen den Luftdruck an. Es "unterschneidet" dann sozusagen. Kam früher bei Modellflugzeugen mit Schubstange auf Höhe auch schon mal vor. D.h. es muss zuerst die Gewschwindigkeit abgebaut werden, indem der Schub weggenommen und die Landeklappen gesetzt werden, bevor man wieder Höhe ziehen kann. In niedriger Höhe dauert das aber zulange und deshalb gibt es nachdem das MCAS 3mal nachgedrückt hat wohl so gut wie keine Chance mehr den Einschlag zu verhindern.

Beim Flug der Lion Air hatten die Piloten keine Minute Zeit (Click) , bevor dieser Zustand erreicht war. Wie es zeitlich beim Flug von Ethopian Air war habe ich bisher nirgends gelesen.

Hans
 
Sehr gute Erklärungen. DAnke. Könnte es aber nicht auch sein, dass die Piloten nicht ausführlich genug auf die Software eingelernt wurden, denn das mit dem ausschalten und es ist doch nicht aus darf bei einem erfahrenen Piloten niemals passieren.

DAnn sehe ich einfach mal die schmalen Tragflächen an damit ist es noch schwieriger das Flugzeug stabil zu halten. Es kippt evt. zu schnell ab wie bei einem Modellflugzeug das auch wenig Fläche in der Tiefe hat.
Aber als Modellfliger kann ich das Ganze nicht ermessen.
Bin jetzt gespannt wie die Nachforderungen der Angehörigen kommt. DAs kostet Boeing eine Menge Geld , doch wird man dafür versichert sein.
Meine Boeing Aktien habe ich heute vorsorglich verkauft, ist mir zu risikoreich geworden.


Gruss Werner
 

Relaxr

User
Vom Grundkonstrukt her fallen sofort die Triebwerkpositionen auf, extrem weit vorne und hoch. Vor den SP gerückt. Würde ich in nem Jet Modell nicht haben wollen! Hat wohl aerodnamische Gründe und hängt mit dem Triebwerkstyp zusammen. Konstruktive Nachteile elektronisch auszuregulieren erhöht m.E. die Komplexizität und damit die Auftrittswahrscheinlichkeit von Fehlern. Ist/war wie mit "Elchtest" A-Klasse und ABS. Wobei ABS ein Segen ist :cool:
 

UweHD

User
...Hat wohl aerodnamische Gründe und hängt mit dem Triebwerkstyp zusammen. ...:
Das liegt daran, dass man an dem alten Grundkonstrukt der 737 mit dem flachen Fahrwerk festhalten, aber dennoch die neuen, spritsparenden Triebwerke mit größerem Durchmesser nutzen wollte - so wie der Airbus Neo. Dafür mussten die Triebwerke höher und weiter nach vorne rücken, was flugdynamische Nachteile hat.
 

Thomas Ebert

Moderator
Teammitglied
... denn das mit dem ausschalten und es ist doch nicht aus darf bei einem erfahrenen Piloten niemals passieren.....
Wenn ich etwas ausschalte, hat das aus zu sein und zu bleiben! Es hat nichts mit der Erfahrung eines Piloten zu tun, wenn sich ein System selbsttätig wieder aktiviert, was MCAS offenbar kann!
 

UweHD

User
...DAnn sehe ich einfach mal die schmalen Tragflächen an damit ist es noch schwieriger das Flugzeug stabil zu halten. Es kippt evt. zu schnell ab wie bei einem Modellflugzeug das auch wenig Fläche in der Tiefe hat.....
Damit hat das nichts zu tun, denn die Tragflächen sind die gleichen wie an der 730-800. Und die gilt unter Piloten als narrensichere Bank.
Das Problem war das MCAS System, dass bei Fehlfunktion in der Lage ist, das Flugzeug gegen die Steuerimpulse der Piloten in den Absturz zu zwingen, da dessen Deaktivierung weder simpel noch ausreichend dokumentiert oder geschult zu sein scheint.

Der Grund für die Entwicklung von MCAS war hingegen die neue Position der Triebwerke, die wiederum eine Folge der neuen Triebwerksgeneration ist.

Letztlich ist der ganze Schlamassel entstanden, weil man sich bei Boeing gegen eine Neukonstruktion für die neue Triebwerksgeneration und statt dessen für eine Modifikation der alten 737 entschlossen hat, die so eine Krücke wie MCAS notwendig machte. Der Grund dafür war die notwendige Entwicklungszeit, die Boeing hinter Airbus hätte zurückfallen lassen. Und sicher auch die höheren Kosten.
 

Thomas Ebert

Moderator
Teammitglied
weil man sich bei Airbus gegen eine Neukonstruktion für die neue Triebwerksgeneration und statt dessen für eine Modifikation der alten 737 entschlossen hat, die so eine Krücke wie MCAS notwendig machte. Der Grund dafür war die notwendige Entwicklungszeit, die Boeing hinter Airbus hätte zurückfallen lassen. Und sicher auch die höheren Kosten.
Boeing :D
 

Ost

User
Heute kam im DLF dass die ein weiteres Softwareproblem gefunden haben das gänzlich unabhängig vom MCAS sei.
Weiß jemand schon mehr?

Softwareprobleme.......vertrauen wir zu sehr auf Software?
Oder halt die Sensorik nicht Schritt mit der komplexen Software?
 

BZFrank

User
Wenn ich etwas ausschalte, hat das aus zu sein und zu bleiben! Es hat nichts mit der Erfahrung eines Piloten zu tun, wenn sich ein System selbsttätig wieder aktiviert, was MCAS offenbar kann!

Es ist eher so das man nicht sieht wenn MCAS "zuschlägt". Es gibt serienmässig keine Anzeige dafür (kostet Aufpreis bei Boeing). Und die Wirkung ist nur kurz da, wenn der Pilot korriert hört es wieder auf, die Trimmung steht dann aber ein ganzes Stück 'tiefer'. Für 10 sec - dann gehts wieder los.

MCAS kann man auschalten, aber das war nirgends dokumentiert. Dazu betätigt man die "Trim Motor Cutoff"-Schalter an der Hauptkonsole, vorher entriegeln und dann nach unten. Damit sind die Trimmotoren stromlos geschaltet und MCAS kann anweisen was es will, es hat keinen Effekt mehr. Dieses Vorgehen steht aber nur in der Checkliste für ein ganz anderes Problem, bei "Trim Motor Runaway". Ebenso könnte man die Klappen ausfahren (sofern Geschwindigkeit es noch zulässt), steht aber auch nirgendwo dokumentiert.

Bei dem ersten Absturz in Indonesien wurde das sogar gemacht - einen Tag vorher! Da trat beim Flug genau das gleiche Problem auf (MCAS lief los ohne Grund), es war jedoch ein dritter Pilot im Cockpit, auf dem Mittelsitz (Mitflugsitz für Reserve/Transferpiloten) der den Überblick behielt. Der hat dann von sich aus rechtzeitig die Trimm-Motoren abgeschaltet. Das Problem wurde dokumentiert, aber gemäss den Wartungsunterlagen als "Not essential" eingestuft. Am nächsten Tag dann sassen nur noch zwei und andere Piloten im Cockpit. Man muss dabei auch verstehen, dass das alles in relativ niedriger Höhe stattfindet. Die Reaktionzeit muss unter einer Minute sein, denn bereits nach dem dritten MCAS-Einschalten ((5 sek Effekt + 10 sek Pause) x 3) ist die Trimmung so "tief gestellt", dass ein Abfangen schwierig wird.

Zum neuen Softwareproblem:

https://www.tagesschau.de/ausland/boeing-software-101.html

Übrigens gab es schwerwiegende Design-Probleme mit Abstützen (2, insg. 157 Opfer) bei der Boeing 737 auch schon früher:

https://en.wikipedia.org/wiki/Boeing_737_rudder_issues

Das wurde damals nur nicht so medial betrachtet. Jahrelang flogen die Maschinen mit dem Problem (das Seiteruder konnte u.U. ohne Piloteneingabe spotan in eine Endstellung fahren und dort feststecken bleiben), erst im Jahre 2002 wurde es techisch gelöst.
 
Ja das mit den Triebwerken könnte auch ein Nachteil sein doch Boeing wird das nie zugeben. Heute heusst es ja seien keine "Sicherheitsprobleme gewesen".
Ich schau mir halt die Flügel an insgesamt und für mich stimmt da nicht alles. Doch das kann täuschen man kann es ja mit Software alles verbessern und die Geschwindigkeit immer anpassen sofern keine Gewitter oder starke Gegenwinde da sind. Airbus ist besser denke ich !!

Gruss WErner
 

Ost

User
Vergiss die Flügel, die sind in Ordnung.
Airbus macht nichts besser,
dass sie beim A380 so groß sind hat andere Gründe
 

spitty

User
Bin zwar eher Boeing and McDonnell Fan, oder noch besser Embraer oder natürlich DeHavilland Fan, Airbus

mag ich gar nicht, aber Boeing hatte schon massive Probleme mit dem Yaw Damper

https://en.m.wikipedia.org/wiki/Boeing_737_rudder_issues

Wird leider immer wieder passieren.....

Leider

Das immer heftigere autonome Fliegen generiert neue Absturzarten,auch wenn es letztendlich das Fliegen

statistisch sicherer macht. Früher flog man gegen Berge ( Spruch des alten Tower Laotsen: „kommt das Flugzeug

nicht zum Berg, kommt der Berg zum Flugzeug „) heute killt dich die Maschine.....

Bei Airbus kann das genauso passieren, die hatten kürzlich ein seit 20 Jahren bekanntes Problem nicht

kommuniziert, eine gute LH Besatzung hat Flieger im letzten Moment recovert.

Zusätzlich zum Schalter des AP müsste es bei de;Geräten einen Masterswitch geben, der alle Einflüsse der

Computer sofort ausschaltet..back to basic flying

Andy
 

HPR40

User
EASA und die Kanadier haben der FAA schon die Freundschaft gekündigt und das Design des Fliegers ( sprich die Aerodynamische Auslegung ) die MCAS erforderlich macht wird ebenso heftig kritisiert.

https://www.welt.de/wirtschaft/arti...Boeing-droht-eine-gigantische-Klagewelle.html

Ist allerdings auch schon ein paar Stunden alt, kann ggf. schon weiter sein.

Wenn keiner mehr die FAA Zeugnisse anerkennt, dürfte dann auch Feierabend sein für Boeing incl. der gesamten Amerikanischen Luftfahrtindustrie.


Gruß Horst
 
Horst, siehst Du da nicht zu schwarz mit Boeing. Boeing sagt immer noch sei kein Sicherheitsproblem obwohl ja jetzt ein neues Softwareproblem aufgetreten ist.
Die Maschine ist tückisch/anfällig und wird es auch bleiben wegen der ungünstigen Triebwerke so denke ich als Modellflieger laienhaft eben. Und das nur mit Geschwindigkeit ausgleichen ist nicht so einfach bei kritischen Situationen. Lass da mal massive Gewitter kommen in der Luft.

Boeing wird natürlich alles Erdenkliche tun um die Mängel in den Griff zu bekommen und zwar schnellstens.

Und die alte Version wieder fliegen lassen auch wenn die mehr Sprit braucht. Wäre das nicht die bessere Lösung?

Gruss von WErner
 
Warum?
Die MAX ist eine profitgetriebene Verschlimmbesserung, aka Fehlkonstruktion. Nicht nur, daß die größeren TL den Schubvektor extrem verlagern, auch umströmt der Abgasstrahl noch zusätzlich die TF-Unterseite. Besonders bei hohen Alpha ist die Umströmungsgeschwindigkeit womöglich im TL-Bereich unten höher als oben, was zum Strömungsabriß führt, zusätzlich zum Schubvektor, welcher nach oben drückt, da sehr weit vor dem Schwerpunkt.

Desweiteren ist es kriminell in der Luftfahrt , das MCAS nur mit einem Anstellwinkelgeber zu speißen. Fällt der aus, fällt die Hütte aus dem Himmel. Die Ingenieure haben wohl noch nie was von Redundanz gehört. Völlig unverantwortlich, zumal das Teil nicht viel kostet. Zusätzlich hat man das System nicht mal in den Bordbüchern erklärt, so daß die Piloten darüber keine Infos hatten. Warum wohl? Die hätten sich womöglich Fragen gestellt?

Außerdem steuert man die Höhe nicht mit dem Trimmruder. Und was die Zulassungsbehörde hier geliefert hat, erscheint mir durch Korruption oder vorauseilenderm Gehorsam Boeings gegenüber bedingt, kriminell zu sein. Ein Ingenieur hätte das nie unterschrieben, gerade weil das Teil ohne Softwareunterstützung ziemlich schnell instabil wird. Das kann man bei Militär-Jets machen, der hat Katapultsitze, aber nie bei Passagierjets. Für mich als Luftfahrting. ist das unfassbar.

Ich prognostiziere hier schon mal, daß die MAX nie mehr abheben wird, weil das alles öffentlich ist und keine Fluggesellschaft wider besseren Wissens , also vorsätzlich, diese wieder in Betrieb nimmt.
Gruß
Tom
 
Das ist eine schwerwiegende und nicht glaubwürdige Denkweise. Boeing wird so schnell wie möglich die Schwachpunkte aus ausmerzen. Ob das mit den Triebwerken die so angeordnet sind klappt, da zweifle auch sehr.

Die Luftverhältnisse sind so verschiedenartig,dass ein unstabiles Flugzeug immer Sorgen bereiten kann.

Ja und entscheiden tut das ohnehin der Passagier. Vertrauen wir der Technik weiter oder kommt kein Vertrauen mehr zustande. Der Mensch vergisst aber meistens sehr schnell wieder.

Wir sind alle gespannt wie das weitergeht und ob Boeing ehrlich und offen alle Probleme zugibt.

Wer hätte gedacht,dass der A 38o nicht mehr gebaut wird weil die Nachfrage gleich Null ist. Man hatte gedacht,
das ist die Zukunft.

Gruss WErner
 
Ansicht hell / dunkel umschalten
Oben Unten