Hilfe bei Projektplanung / aerodynamischer Auslegung

Bosko

User
Liebes Forum,

bzgl. der Planung eines Projektes benötige ich dringend Euren Sachverstand:

Es soll ein E-Motorsegler entstehen. Viele wesentliche Entwurfsparameter sind dabei schon fix. Ich wünsche mir dabei bestimmte Flugeigenschaften in folgender Reihenfolge und Priorität:
> Das Modell soll bei Steigflügen mit dem E-Motor möglichst effektiv sein (minimaler Energieverbrauch je Höhenmeter)
> Das Modell soll möglichst langsam fliegen und gut in der Thermik steigen können.
> Das Modell sollte im Ausnahmefall bis ca. 25 m/sec bzw. 90 km/h sicher geflogen werden können. Widerstand / Gleitleistung spielen dabei eine untergeordnete Rolle.

Könnt ihr mir ein Profil / Tragflächenkonfiguration empfehlen, das diesen Anforderungen trotz der schwierigen Modellparameter möglichst gut gerecht wird? Und auf was sollte ich sonst noch achten?

Fixe Modellparameter:
> Gewicht c.a 2.200 g
> Rumpflänge 122 cm
> Rumpfbreite ca. 10 cm
> Spannweite 250 cm
> Flächenbreite an der Wurzel: ca. 30 cm, gerne weniger, falls sinnvoll
> Wölbklappen stehen zur Diskussion, obwohl ich lieber darauf verzichten würde
> großes Leitwerk

Man erkennt schon, dass die Flächenbelastung irgendwo zwischen 35 und 40 g/dm2 liegen wird. Die Streckung bei etwa 11. Also ein ganz schöner Pott. Das Ganze soll dann natürlich auch noch elegant aussehen. Aber ich befürchte, damit wird das Sammelsurium an Zielkonflikten unmöglich aufzulösen sein ;)

Tausend Dank!

David
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo David,
ich erlaube mir mal meine Gedanken Dir mitzuteilen:
Das Modell soll bei Steigflügen mit dem E-Motor möglichst effektiv sein (minimaler Energieverbrauch je Höhenmeter)
Das ist rein ein Antriebsauslegungsthema, bei dem die erforderlichen Modellparameter schon bekannt sein sollten.
Das Modell soll möglichst langsam fliegen und gut in der Thermik steigen können.
> Das Modell sollte im Ausnahmefall bis ca. 25 m/sec bzw. 90 km/h sicher geflogen werden können. Widerstand / Gleitleistung spielen dabei eine untergeordnete Rolle.
also eine "Thermikgurke" ala' Ka4, Ka8, L-Spatz (um es mit Vorbildern zu definieren) ;)

Stellt sich für mich die Frage:
Warum 2,2kg Fluggewicht bei 2,5m Spannweite?

Das ist ohne viel Anstrengung auch um 1kg leichter zu schaffen.
30cm Flächentiefe ist bei 2,5m auch nicht wenig und fördert nicht gerade die Erscheinungsästhetik eines Modells -> siehe die angesprochenen Originale oder frühe F3b Modelle wie zB. den sniff.

Wo soll die Reise nun wirklich hingehen? Was möchtest du mit dem Modell anstellen?

Mein Profilratschlag wäre jetzt aus dem Bauch heraus in Richtung mehr Wölbung .... zB. 3,0 oder 3,5% Wölbung und 10% Dicke

schöne Grüße
Robert

PS: schau dir mal Modellkataloge aus den 80ern an, da wirst du ähnliche Auslegungen finden. ;)
 

Gast_74695

User gesperrt
Das Ganze soll dann natürlich auch noch elegant aussehen.
Hmm, da sehe ich das Hauptproblem ;)
Ansonsten würde ich die Profilwahl von @RomeoSierra unterstützen. Die meiste Leistung wird durch zu schnelles Fliegen verschenkt, auch im Steigflug. Idealerweise ermittelt man die Modellpolare messtechnisch und stellt sich dann Flugphasen für geringstes Sinken und bestes Gleiten ein. Der Antrieb wird dann so ausgelegt, dass das Modell auch mit Antrieb im optimalen Leistungs-/Geschwindigkeitsbereich unterwegs ist, also die Motorleistung nicht in Geschwindigkeit und damit Widerstand, sondern in Höhe umgesetzt wird. Auch hier wird man um ein bisschen Messen nicht herumkommen, aber wir haben ja heute perfekte Voraussetzungen.
 

Bosko

User
Hallo ihr zwei,
die Sache mit der Ästhetik können wir getrost hinten anstellen 😁 Sinn und Zweck der Veranstaltung ist folgendes:
Das Modell soll etwas zusätzliche Technik tragen (FPV-Setup mit Akku für ca. 1 Stunde Flugzeit und die Insta360-Kamera für Landschaftsaufnahmen). Das Modell soll dünne Beplankung mit gfk-finish bekommen. So entsteht das Gewicht. Die Spannweite wird beschränkt durch Packmaß, das alles wird am Ende in einen Rucksack kommen.

Danke für den Hinweis zur Motorisierung - klingt logisch. Die Einschätzung zu Dicke & Wölbung klingt ziemlich pragmatisch bzw. passend. Ich wäre eher bei noch mehr Wölbung, bin mir aber etwas unsicher.

Gibt es ein Profil, zu dem ihr raten könnt?

Die Einstellung für bestes gleiten bzw. geringstes Sinken geht dann über die EWD bzw. die Trimmung in den jeweiligen Flugphasen, sehe ich das richtig?

Vielen Dank!

David
 

Gast_74695

User gesperrt
Die Einstellung für bestes gleiten bzw. geringstes Sinken geht dann über die EWD bzw. die Trimmung in den jeweiligen Flugphasen, sehe ich das richtig?
Genau. Hier ein Beispiel in grob passender Größenordnung, wo ein Hersteller Zahlen nennt, die auch einigermaßen Sinn machen (außer der Gleitzahl, da ist etwas verrutscht):
Leistung.jpg

Quelle
Die EWD oder Trimmung stellt die gewünschte Fluggeschwindigkeit und -leistung ein. Die beste Gleitzahl wäre aber nach meiner Rechnung 25,6 bei 8,2 m/s. Zum Profil würde ich mir keinen Kopf machen, die anströmende Luft tut das auch nicht ;) Das ist nur interessant, wenn man auf die zweite Stelle hinterm Komma simuliert. Viel wichtiger ist es, den "Sweet-Spot" zu treffen. Wenn man in diesem Fall statt mit 30 km/h mit 50 km/h unterwegs ist, geht es um wirklich dramatische Unterschiede, wie man schön in der Tabelle sieht.
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Hallo,

wenn geringstes Sinken und große Profitiefen / höhere Rezahlen auftauchen, taucht bei mir Kopf automatisch der Epplerstrak E-68-67-66 auf.
https://www.rc-network.de/threads/profilwahl-für-discus-2c-mit-6m.9565/

Aber dort in den Polarenbildern sieht man auch, dass die Unetrhsciede zu einem HQW-Strak gar nicht groß sind. Und über 50% bei den hiehen Auftriebswerten der induzierte Widerstand aus. D.h. einmal die Fläche einmal mehr teilen un die Spannweite erhöhen bringt mehr als die ausgetüftletse Profilwahl. Eine Streckung von 13-15 ist ein guter Kompromiß zwischen Baubarkeit, Zellengewicht, Rezahlen, Eleganz....
 

mipme_kampfkoloss

Vereinsmitglied
Teammitglied
Ich würde bei aerodesign nach einem Sunset Profil schauen mit möglichst hohem und rundem ca max. Da gibt gute fliegbarkeit nahe des min. Sinkens und bessere steigzahlen. Weiters wenig schränkung.
Für besseren kreisflug dafür dann außen üppige Auftriebsreserven einplanen.
Dann noch eine große effiziente Luftschraube drauf…
 
Gibt es ein Profil, zu dem ihr raten könnt?
Ich bleib beim Helmut und würde das HQW 3,0/10 oder das HQW 3,5/10 nehmen.
Einen ganz speziellen Tipp hab ich noch ausgegraben :D .. das Clark Y (3,55/11,72) .. das auch noch gleich zu Bauen ist wegen der geraden Unterseite.

Hier auf Aerodesign gibt's ein paar Vergleiche mit den Charakteristiken dazu.

Dicker wirst bei deiner gewählten Flächentiefe nicht brauchen, denn bei 250mm ergibt das eh schon satte 25mm Höhe bei 2500mm Spannweite ;) (das ist ja ein nettes Kommaspringen :))
.. und als Geometrie würde ich eine doppelte Trapezfläche machen .. wie hier bei der ASW22 thermik.

viel Spaß David

- Robert
 

Bosko

User
Danke für das Feedback und die Links, Jungs. Auf's erste klingt das lösbar, das ist super. Ich skizzieren mal einen Aufschlag - Merci!
 

Bosko

User
Hallo zusammen,
ich habe einmal folgende Überlegung angestellt: In einer fiktiven Polare wären für mich folgende Ziele relevant:
1. cA max irgendwo bei 1,7 bis 2,0
2. Möglichst rund um hohen cA- Bereich
3. "bestes gleiten" irgendwo in der Region bei 25 km/h

Damit kommen nur noch Profile mit großer Dicke und Wölbung in Frage. Unter http://airfoiltools.com/search/index
habe ich eine gute Suchmaske gefunden, um aus dem riesigen Fundus an Profilen das passende zu finden:

Das Gö 225 mit 12,8% Dicke und 7,6% Wölbung.

Mit diesem Profil komme ich mit etwas rechnen auf eine Mindestgeschwindigkeit von ca. 6 m/sec und ein bestes Gleiten bei 24 km/h. Für die Flügelspitze findet sich sicher noch eine gute Lösung. Und ich glaub die Ästhetik ist auch eine machbare Geschichte.

Danke euch für den Input - das hab ich gebraucht, um nicht im Chaos zwischen all den Profilen zu versinken. Und by the way noch eine Frage:

Wenn jemand weiß, ob das Profil auf Schempp-Hirth zurückgeht oder wo das seinen Ursprung hat, wäre ich um Hintergrundinfos dazu sehr dankbar!
 

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Hallo David,
was ich nicht verstehe:
Du hast hier aus berufendem Munde ( Hans Rupp und RomeoSierra) Tips bekommen, mit denen du sicher nichts falsch machen wirst. Das sind beides Modellbauer die wissen was sie tun, denn das tuen sie schon ziemlich lange.
Warum nutzt du dieses Wissen nicht?
Wenn du wissen möchtest warum sie dir diese Profile empfohlen haben, kann ich die Lektüre von www.aerodesign.de nur wärmstens ans Herz legen.
Zum Einstieg in die Materie habe ich hier mal eine Zusammenstellung gemacht:


Zwischen Göttingen und Quabeck liegen wahrscheinlich 40 Jahre low reynolds Entwicklung, das sollte man nutzen.

Schöne Grüße und weiterhin viel Erfolg,
Johannes
 

Bosko

User
Hi Johannes,
ich bin stolz wie Harry, dass sich die beiden zu meinen bescheiden Klamotten äußern, das kannst mir mal glauben. Ich weiß das sehr zu schätzen und auch, dass das keine Selbstverständlichkeit ist. Dasselbe gilt übrigens auch für Dich und Deine Beiträge! Ich profitiere von Eurem Wissen sehr, alleine schon durch das beschäftigen mit der Materie. Ich bin dafür sehr dankbar. Ich bitte dringend darum, meine etwas andere Idee nicht als Kritik an Robert oder Hans Rupp zu sehen, denn so ist es ABSOLUT nicht gemeint.

Weißt Du, was mich interessieren würde? Es ist, ob dieser Ansatz, von "wünsch' Dir was" zu einem konkreten Profil ein guter Weg ist. Mich hat selbst erstaunt, dass dabei so krasse Dicken und Wölbungen herausgekommen sind. Vielleicht muss ich sagen, dass der Wunsch nach "Langsamflug" auch bei der Beschäftigung damit größer wurde, als ich Eingangs selbst dachte. Oder habe ich doch einen Denkfehler?

Tausend Dank und Euch allen einen schönen Restabend!

LG David

PS: Zwischen Göttingen und Quabeck liegt auch die Erfindung des Computers 😉
 
Hallo David,
danke für die Blumen 🤗.
Schau dir Mal an wie das mit den Typ2 Polaren funktioniert. Das ist eine sehr gute Methode Profile auszuwählen und eigentlich nicht schwierig zu rechnen. Die Links dazu findest du in meiner Zusammenfassung. Das mit wünsch Dir was funktioniert schon, das Problem ist nur herauszufinden was man sich denn gerade wünscht 🙃.
Schöne Grüße,
Johannes
 

mipme_kampfkoloss

Vereinsmitglied
Teammitglied
Hi David,

würde etwas aufpassen mit dem Gö225 - das scheint in deinem Geschwindigkeitsbereich schon recht grenzwertig zu sein.
Besonders am Außenflügel. Die Polare bricht stark ein unter Re 100.000.
Versuch es eher mit Profilen die eine Dickenrücklage < 25-28% haben. Das sollte besser funktionieren.
CA 1.7 - 2.0 ist außerdem recht extrem und eher theoretisch erreichbar.

Ich finde übrigens den Vorschlag von @RomeoSierra recht klug, einfach mal das Clark Y zu nehmen.
Es gibt einige ältere Segler die damit auch recht anschaulich fliegen. Und bautechnisch ist es wirklich simpel...
 
Hallo David,
noch ein Literatur Tipp:
Lies mal auf aerodesign die Profile Seite. Ich denke wenn das alle berücksichtigen würden, gäbe es viel weniger schlechte Modelle....
Schöne Grüße,
Johannes
 

Bosko

User
Das Gö225 hat hier auf jeden Fall seinen Grenzbereich, wobei ich auch am Außenflügel im Langsamflug nicht unter 100.000 komme. Das ist bei allen Profilen in dieser dieser Kategorie ähnlich, scheint mir. Ich denke das auf jeden Fall nochmal durch. Ich werde mir auch definitiv auch nochmal die ganzen Links ansehen, etwas mit den Typ2-Polaren spielen (eine sehr gute Sache!) und auch das Clark Y und den Eppler-Strak einmal berechnen...
Es wird nichts übers Knie gebrochen. Gebaut wird erst nächsten Winter.
LG David
 

ArneH

User
Das Gö225 hat hier auf jeden Fall seinen Grenzbereich, wobei ich auch am Außenflügel im Langsamflug nicht unter 100.000 komme.
Ganz sicher? Was hast Du denn außen für eine Flächentiefe? Wenn Du eine halbwegs elliptische Auftriebsverteilung anstrebst, was bei hohen Ca wegen dem induzierten Widerstand für die Gesamtleistungsfähigkeit sehr anzuraten ist, hätte ich bei den geringen von Dir angestrebten Geschwindigkeiten und bei einer auf Minimierung des Induzierten Widerstandes ausgelegten Geometrie mit deutlich niedrigeren Reynoldszahlen gerechnet. Und ein Profil wie das genannte Göttingen wird bei Re 50k (Da käme ich bei 25km/h und 10cm Flächentiefe an der Tragflügelspitze raus) ganz sicher grausame Polaren produzieren. Ca Max ist nicht alles im Leben.
 
Zuletzt bearbeitet:

Bosko

User
Arne, da lag ich falsch, wie du richtigerweise schreibst. Ich unterschreite die 100k so deutlich, dass es mit dem Gö225 definitiv nichts werden kann. Zum Glück habe ich noch einige Anregungen bekommen, die ich mir einmal ansehen werde. Klar ist Geld... äh, cAmax, nicht alles im Leben. Aber schön, wenn man's hat 😉👍🏻
 
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