Ich möchte gerne wissen was ist die einfluss von pfeilwinkel bei Hortenflugel?
Gibt es ein optimaler pfeilwinkel (für bestimmte Horten type wie thermik, hang, jäger-typ wie Ho-229)? Wenn ja: warum?
Hallo Dirk, es gibt keinen optimalen Pfeilwinkel für Horten, nur einen zweckmäßigen.
Alles zu dem Thema zu schreiben würde sicher ein Buch füllen, deshalb nur ein paar Hinweise aus meiner Praxis und Theorie.
- Hochachse:
Horten haben keine oder nur sehr kleine Seitenflächen und stabilisieren sich über die Pfeilung.
Pfeilungsstabilisierung ist auftriebsabhängig.
Kleiner Auftrieb > geringe Hochachenstabilität - großer Auftrieb > hohe Hochachsenstabilität
Das bedeutet zunächst dass man bei höherer Fluggeschwindigkeit = kleinerem Auftriebsbeiwert CA eine geringere Hochachsenstabilisierung hat, aber bei passender Auslegung sorgt das Zusammenspiel von Profilwiderständen und Auftriebsverteilung dafür dass durch stabilisierende Bremseffekte hinten auch im Schnellflug ausreichend Richtungsstabilität vorhanden ist.
Die geringe Wirkung der Pfeilungsstabilisierung im Schnellflug führt dazu dass Böen größere Schiebewinkel verursachen als im Langsamflug.
Hier ist dann eine große Pfeilung oft ein Problem weil der nacheilende (=hinterher fliegende) Flügel einer stärkeren Schräganströmung ausgesetzt ist als bei geringerer Pfeilung. Die Schräganströmung führt dann zu einem plötzlichen einseitigen Strömungsabriß hinter dem Schwerpunkt, die Folge ist meist ein Taumelsturz. Taumelsturz ist ein relativ stabiler Flugzustand, aus dem man den Flieger nur schwer wieder raus bekommt bevor er einschlägt.
Der kritische Pfeilungswinkel ist stark von der Streckung abhängig, als Anhaltspunkt empfehle ich z.B. für Streckung 10 eine t/4-Pfeilung von 30° nicht zu überschreiten.
Bei hohen Pfeilwinkeln kommt es auch im Langsamflug zu starken Querströmungseffekten die einen negativen Einfluss auf Flugstabilität und Steuerbarkeit haben. Über die Probleme und deren Lösungen bei solch einem Fall habe ich hier bereits ausführlicher berichtet:
http://www.rc-network.de/forum/showthread.php/213411-Horten-Midi-Elli/page2
Es gibt noch weitere Hochachseneffekte bzw. Kopplungen aus den Flugzeugbewegungen um die anderen Achsen, die in die Auslegungsrichtwerte in meinem Tutorial eingeflossen sind:
http://www.rc-network.de/forum/content.php/372-Hortenauslegung-mit-„Nurflügel“-von-Frank-Ranis
Querachse:
die Pfeilung bestimmt zusammen mit der Streckung und der Schwerpunktlage (Stabilitätsmaß) die erforderliche Schränkung um Querachsenstabilität beim gewünschten Auslegungs-CA zu bekommen.
Wer den Satz verstanden hat braucht eigentlich nicht weiter zu lesen, der hat die Pfeilnurflügelauslegung bereits weitgehend verstanden und kann sich anderen Threads dazu widmen
.........wenn da nicht die blöde Abhängigkeit der Steuerbarkeit von Hortens von weiteren Faktoren wäre, wie z.B. Streckung, Zirkulationsverteilung, Pfeilung, Zuspitzung, Masseverteilung, Klappenform- und -Mischung usw........
Im wesentlichen bestimmen die Kombination aus Pfeilung und Streckung den Hebelarm der stabilisierenden Flugzeugmomente um die Querachse.
Damit verändert sich mit dem Pfeilwinkel über die Massenverteilung der relative Schwerpunkt der Flugzeugzelle. Je höher die Streckung ist, umso weniger Pfeilung benötigt man um Trimmblei in der Nase zu vermeiden.
Bei den Original Horten sieht man diese Entwicklung mit der immer gleichen Nutzlast des Piloten in der Flügelnase schön deutlich, ich machs mal hier am Winkel der Nasenpfeilung statt t/4 fest weil ich dafür nicht rechnen muss, je mehr Streckung umso weniger Pfeilung für das gleiche Stabilitätsmaß:
Horten II: Streckung 6,5 => Pfeilwinkel Nase 29,5°
Horten III: Streckung 11,6 => Pfeilwinkel Nase 24,3°
Horten IV: Streckung 21,8 => Pfeilwinkel Nase 20°
Horten VI: Streckung 32,4 => Pfeilwinkel Nase 16,7°
Sehr kleine Pfeilwinkel bei Nurflügeln verursachen das Wippen (Alpha-Schwingung) übrigens nicht, sonst würden auch gering oder nicht gepfeilte Bretter wippen, aber größere Pfeilwinkel können wippende Auslegungen mit größerer Dämpfung beruhigen.
Horten mit einer sin3-Glocke der Zirkulationsverteilung in einem auch für andere Flugzeugtypen üblichen CA-Fenster des Auslegungspunkts haben bis zu hohen Flügel-Auftriebsbeiwerten Auftrieb am Außenflügel. Ich hab das bei meinem Exemplar der
Ho XII mal nachgerechnet, da liegen erst kurz vor Maximalauftrieb und nur an der äußersten Flügelspitze negative Auftriebsbeiwerte und negative Zirkulationsstärke an, in > 90 % der Flugzustände ist auch der Außenflügelauftrieb komplett positiv.
Hier habe ich ein bisschen ausführlicher über das Thema geschrieben:
http://www.thermik-board.de/viewtopic.php?f=27&t=1092&start=30#p52394
Der Nasen-Pfeilwinkel der XII ist 29°, Stabilitätsmaß 16.5 %, Verwindung am Randbogen 10,5°, Außenflügelprofil symmetrisch, sin3-Glocke bei CA 0,5, dabei Ruder im Strak.
Das soll als Info für heute erstmal reichen.
Gruß,
Uwe.