Nicht nur für Normalsterbliche
sind die Profilmomentbeiwerte [Cm(alpha,Re,Ncrit,...,etc.) bei der Nurflügelei die grossen Unwägbarkeiten. Die via Thin Airfoil Theory (TAT) oder xfoil berechneten Profilmomentbeiwerte beschreiben die Wirklichkeit nicht hinreichend. Und da ist der Einfluss der Re-Zahlen nicht das einzige Problem. Ähnliches gilt mit grosser Wahrscheinlichkeit auch für die Lage des Neutralpunktes. Mit den entsprechenden Folgen, auch für die Berechnung des vermeintlichen Stabiltätsmasses.
Man muss derzeit damit umgehen und "workarrounds" finden
Hallo Leute, interessante Diskussion hier und nachdem ich jetzt schon mehrfach erwähnt wurde melde ich mich auch mal mit ein paar Worten dazu.
Bei Nurflügeln dreht sich alles um den Flügelmoment...und das ist wörtlich zu nehmen.
Früher dachte ich immer Bretter seien einfach und dazu gab es auch eine Faustregel, die immer noch ein Anhaltspunkt für Selbstbauer ist die nicht so tief in die Materie einsteigen wollen wie Peter Wick mich geradezu gezwungen hat es zu tun
Peter ist der Meister und ich werde immer der Schüler bleiben, aber ich teste die Theorie sehr viel im Flug und versuche damit mangelndes Aerodynamik-Knowhow auszugleichen.
Profile die einen cm025 nach TAT von gleich oder über +0,03 haben, fliegen bei ungepfeilten Brettern ohne oder mit geringem Klappenausschlag stabil.
Dabei spielt aber nicht nur das Stabilitätsmaß mit rein, auch die Profilform und die Re-Zahl, wie Tobias schon angedeutet hat.
Nimmt man z.B. das jwl065 mit dem TAT cm0 von +0,0319 dann sollte das nach der Faustregel bei 4 % Stabilitätsmaß mit Klappe im Strak stabil fliegen, tut es aber nur wenn man den S-Schlag eigentlich zu stark ausschleift weil er sehr weit hinten am Profil ist und vor allem auf der Profilunterseite. Damit liegt er bei kleinen bis "normalen" Re-Zahlen in der Grenzschicht, die sich ja bei allen Profilen im Modellflug zur Endleiste hin verdickt und die Wirkung sich damit reduziert.
Wenn man sehr genau rechnen will muss man viskos rechnen, also mit Grenzschichtberücksichtigung und das geht mit den TAT-Momenten nicht.
Ich habe zum Glück von Frank Ranis eine Beta-Version des FLZ_Vortex die mit X-Foil-Momenten rechnet und die es mir möglich macht in einem einfach zu bedienenden Programm sehr genau zu simulieren. Da es diese Version des FLZ_Vortex wegen oft unzuverlässiger Rechendurchläufe nicht für jeden gibt bleibt noch das XFLR5 mit gleicher Genauigkeit, aber etwas mehr Eingewöhnungszeit zur Bedienung.
Ich weiß schon worum es Markus mit dem Eingangspost ging und versuche da ein bisschen Ordnung ins Durcheinander zu bringen, was der Moderation im sterbenden Segelflugbereich dieses Forums schon seit geraumer Zeit nicht mehr gelingt
Egal welches Rechenverfahren man verwendet ist 4 % Stabilitätsmaß bei Brettern der Ausgangspunkt der Simulation und der späteren Flugerprobung, damit rechnet man den Schwerpunkt. Allerdings muss man beim Programm "Nurflügel" die Wirbelzahl rechts im Eingabefenster auf 31 Wirbel einstellen um genaue Werte für den Schwerpunkt zu bekommen, während man die leistungsbestimmenden aerodynamischen Werte wie Zirkulationsverteilung, ca-Verteilung usw. mit der maximalen Wirbelzahl von 127 rechnet. Bei Wingletpfeilen sollte man nicht unter 8 % Stabilitätsmaß rechnen, ich fange meist mit 10 % an, für den gutmütig stabilen Flug kann der Pfeil-Schwerpunkt aber auch schon mal 12-15 % Stabilitätsmaß erfodern. Brettkonstrukteuren ist es egal warum das so ist, deshalb legen sie lieber Bretter aus als Pfeile
Wenn ich das grade mal für den Curst nachprüfe kommt mit 31 Wirbeln der Schwerpunkt von 44 mm raus, den ich auch im FLZ_Vortex erhalte und derzeit bei dem Modell fliege.
Mit dem Minimalwert von 7 Wirbeln kommt 52,8 mm Schwerpunkt raus, also viel zu schwanzlastig und sicher nicht mehr fliegbar.
Mit dem Maximalwert von 127 Wirbeln kommt 41,8 mm Schwerpunkt raus und das ist etwas kopflastig, aber mit Klappen etwas weiter hoch noch gut fliegbar.
So, damit liegt nun ein Schwerpunkt für Simulation und Erstflug fest, der auf einem Stabilitätsmaß von 4 % beruht. Ob das Brett damit stabil fliegt ist vom Flügelmoment abhängig, der sich aus den Profilmomenten und den Schränkungsmomenten errechnet. Ohne Pfeilung hat die Schränkung keinen relevanten Hebelarm zum Neutralpunkt und geht damit mit annähernd Null in die Momentenbilanz ein, wird also vernachlässigt.
Schränkung bei ungepfeilten Brettern macht man nur für das Handling, nicht für die Querachsenstabilisierung, denn da ist sie nutzlos.
Ich schaue aber nicht auf den Flügelmoment um zu beurteilen ob ein Brett mit welcher Klappenstellung stabil fliegt, sondern ich schaue auf den Flugzeug-Auftriebsbeiwert der sich dabei einstellt. Ich bin in Mathe eine Niete, deshalb benutze ich Programme die für mich die Rechenarbeit übernehmen.
Normale Brettnurflügel fliegen im Normalflug mit einem Auftriebsbeiwert CA von etwa 0,25 bis 0,45. Der kleinere Wert gilt für den zügigen Hangflug, der größere Wert für den langsamen Thermiksuchflug oder den flotten Thermikkreisflug.
Hat man Profile mit viel S-Schlag, dann stellt sich schon ohne Klappenausschlag ein CA über 0,2 ein. Solche Profile sind für leichte Modelle und Thermikfluganwendungen OK, wobei Bretter immer 15-30 % weniger Flächenbelastung haben sollten als Leitwerker für vergleichbare Flugaufgaben. Hohe Auftriebsbeiwerte verkraften Leitwerker viel besser, bei Brettern verursachen sie höhere Widerstände, deshalb sollten Bretter mit kleineren Auftriebsbeiwerten ausgelegt und geflogen werden. Kleine Auftriebsbeiwerte liegen bei kleiner Flächenbelastung und / oder im schnellen Flug an.
Für schnellere Hangsegler darf der Auftriebsbeiwert bei Klappen im Strak gerne Null sein, denn die gering gewölbten Profile solcher Modelle brauchen nicht viel Klappenausschlag für einen stabilen Flug und im Flug wird dabei der Profilwiderstand gerade in dem Flugzustand minimal wenn er den größten Anteil am Gesamtwiderstand hat: im Schnellflug. Dabei nimmt man in Kauf dass die Klappe für den Langsamflug etwas hoch stehen muss, denn Peter Wick hat in einer schon älteren Untersuchung gezeigt dass dies für die Gesamtleistung im Hangflug viel besser ist als bei Profilen mit viel S-Schlag die Klappe für den Schnellflug runter zu fahren (das ist in einer älteren Aufwind-Ausgabe veröffentlicht).
Eine Ausnahme bilden hierbei vielleicht die DS-Bretter, denn besonders an unseren kleinen europäischen Spots mit relativ kleinen Kreisdurchmessern wird mit hohem Auftriebsbeiwert schnell geflogen, aber da bin ich mit meinen Überlegungen und der Überprüfung in der Praxis noch nicht sehr weit, der Curst ist erst mein zweites Modell dass danach ausgelegt ist und war bei mir noch nicht im Lee.
Der Schwerpunkt wird für das Fliegen also ausgewogen und die Klappen entsprechend dem gewählten Profilcharakter mehr oder weniger hoch gestellt, damit gehts dann zum Erstflug. Ich denke hier ging es Markus darum fest zu stellen woran es liegt dass der Flieger nach dem ersten Abwurf grundsätzlich 2 Meter vor dem Werfer im Boden steckt
...ja Markus, das liegt daran dass es sich um ein Brett handelt, da ist das eben so
....und deshalb baue ich lieber Pfeile
Gruß,
Uwe.
P.S.: da mich Peter seit geraumer Zeit "dazu zwingt" ständig neue Bretter zu testen ist das mit dem Pfeile bauen leider auch keine Lösung, deshalb noch ein paar Hinweise wie weiter zu verfahren ist nachdem man das Brett nach dem Erst(sturz)flug aus der Wiese gezogen und repariert hat
Ein schwanzlastiges Brett ist nicht sicher fliegbar, deshalb erst mal die Ruder höher stellen und je nach Gesamtgewicht mit maximal 5-10 g weniger Blei in der Nase weiter testen.
Das Brett nicht zu fest werfen, sondern aus dem Laufen auf einer leicht abschüssigen Wiese gegen den Wind gerade oder leicht nach unten in die Luft schieben. Oft merkt man dabei schon ob das Brett lieber fliegen oder sich lieber umbringen will. Gegen Brett-Suizid hilft hier erst mal Ruder hoch ohne den Schwerpunkt zu verändern bis ein stabiler Gleitflug möglich ist.
Ab dem stabilen Gleitflug kann dann nach dieser Beschreibung vorgegangen werden um die hinterste Schwerpunktlage zu erfliegen:
http://www.rc-network.de/forum/show...-entsteht!!!?p=3569855&viewfull=1#post3569855
Der Schwerpunkt ändert sich im Flug nicht, der Neutralpunkt und damit das Stabilitätsmaß schon. Wird ein Brett auf 4 % Stabilitätsmaß bei CA 0,3 eingestellt, dann kann das Stabilitätsmaß beim ziehen für den Langsamflug bis unter 3 % runter gehen, aber das merkt man als Pilot nur wenn der Schwerpunkt schon im Normalflug zu weit hinten ist. Ansonsten ist der Schwerpunkt rein von der Flugzeuggeometrie abhängig, nicht vom Profil!
(Dazu gibt es eine Ausnahme, aber das vielleicht ein andermal, denn wenn das eintritt halte ich die Profilwahl für mindestens ungünstig)
Die Klappenstellung im stabilen Flugzustand ist bei korrektem Schwerpunkt vom Flügelmoment abhängig und der ist beim ungepfeilten Brett praktisch nur von den Profilmomenten abhängig. Sollte also bei einem sauber erflogenen Schwerpunkt nach der Rodeorittmethode die Klappen sehr weit nach oben ( > ~ -5° ) oder deutlich nach unten ( > ~ +2°) stehen, dann ist die Profilwahl und / oder der Bau des Modells nicht so glücklich verlaufen.
Zum Glück kann man grobe Fehler bei der Profilwahl schon in der Simulation abschätzen, wie oben beschrieben.
Wie Christian beschrieben hat ist es für eine korrekte Schwerpunktermittlung unerläßlich genau das Flugzeug zu simulieren das man tatsächlich gebaut hat, nicht das was man nur bauen wollte.