"alte" und "aktuelle" Profile- Vor- und Nachteile?

steve

User
Hallo Falk,
die Form folgte der Funktion: Die dicken Profile waren statisch einfach in den Griff zu bekommen. Beliebt war die Sandwichbauweise ohne Holm. Einige Hersteller, wie z.B. Topp, haben auch die Beplankung um die Nase herum gezogen. War einfach und leicht. Ging aber eben nur bei den dickeren Naca-Tropfen.
Durch die dicken Profile wurden die Modelle auch nicht so schnell und man konnte die Modelle mit gedrosselten Motor gut landen.
Die Flugeigenschaften waren auch angenehm und insbesondere im Langsamflug kam der Abriss später und war gut kontrollierbar.
Die Flächenbelastung konnte dann auch höher sein, was bei der Herstellung Vorteile brachte, da z.B. die Gfk-Rümpfe doch schwerer waren, bzw. die schweren Rümpfe in dieser Zeit einfach preiswerter produziert werden konnten.
Ich habe hier noch eine Bearcat von Kuhmann aus dieser Ära stehen: Gut 20% Profildicke aber eben sehr leicht.
Wenn Du dünnere Profile genommen hättest, wäre die Fläche schwerer geworden, weil sie stabiler gebaut werden muss. Das Modell ist dann auch schneller - was die Statik noch mal anspruchsvoller, also schwerer macht.
Kritische Größe waren auch die gerne verwendeten Streifenquerruder, die nur bis zu einer bestimmten Geschwindigkeit gut gingen und darüber hinaus eben flatterten. Da war man bei den dicken Profilen auch eher auf der sicheren Seite.
Die Landegeschwindigkeit steigt bei dünnen Profilen, bzw. wenn so ein Modell zu langsam wird, wird es kritisch. Dann braucht man meist Landehilfen, da die Antriebe gedrosselt zu viel schoben: Das Modell sinken dann gedrosselt einfach nicht schnell genug. So eine Landehilfe bedeutet aber im Grunde einen weiteren Kanal, was damals schon so eine Sache war: Die meisten Funken hatten 4 Kanäle und die waren auch schon eine echte Anschaffung: Für meine erste MPX habe ich 4 Wochen meiner Schulferien geopfert.
Zu der Landegeschwindigkeit: Die Modelle flogen ja mit Verbrennern. Bei diesen Antrieben gab es bei den Props Standard-Größen: Für die 3,5ccm die 9x4, für den 6,5ccm die 10x6, für die 10ccm die 11x7 und für die 15ccm die 12x8. Mit Reso oder wenn die Motor stärker waren und evtl. mit mehr Nitro betrieben wurden, konnte die Steigung noch um 1 Zoll angehoben werden. Das passte dann zu der Fluggeschwindigkeit des Profils und der Prop schob damit bei der Landung kaum noch.
Als bei meinen Verein dann die Viertakter mehr und mehr eingesetzt wurden, führten deren Props mit höherer Steigung zu deutlichen Schwierigkeiten bei der Landung. Ohne Klappen und auf tropfebenen Gelände musste ich den Antrieb für die Landung abstellen oder eben wieder die Steigung rausnehmen, was dann oben rum langweilig war - um das mal stark vereinfacht zu beschreiben.

Die dicken Profile waren damals also der beste Kompromiss. Heute hat man andere Möglichkeiten und Anforderungen - und baut eben anders.

VG
 
Also, ein 15% dicker RC1 Flügel braucht keinen Holm, das wurde ja wohl 1000-fach bewiesen. Dann wird er leichter als ein 20%-iger, da das Styropor leichter ist ...

Ich denke, die ganz dicken Flügel basieren auf der Annahme: je dicker, desto gutmütiger. Das stimmt aber auch nur zum Teil! Das größte Ca-max erreichen Profile um die 14% Dicke mit runder Nase, da bildet sich eine moderate Saugspitze vorne und der Druckanstieg hinten hält sich auch noch in Grenzen. Die "Evolution" hat's bewiesen ....

Wie die RC1/F3A Flieger damals und heute aussehen, liegt in erster Linie an den geforderten Flugprogrammen. Früher dynamisch mit viel Schwung, heute stehen die Dinger in der Luft, fliegen Programme wie beim Indoor. Verbietet mal das ganze Flossenzeug, fordert ein Programm mit dynamischen Figuren und schon sehen die Flieger ganz anders und bestimmt auch wieder hübscher aus.

Die Entwicklung treiben immer nur wenige voran, die breite Masse baut's ohne hinterfragen nach. Als '84 das Wendefigurenprogramm kam, war Deutschland erstklassig, Weltmeister, Europameister. Wieso? Wir haben die neue Generation von Modellen geprägt, sprich Schulz/Lossen mit Challenge, Wessels mit Grand Papillon, Metterhausen mit Merlo, Lipperer mit Dorado und, und, und ....

Ich hatte den Satisfaction aufgelegt, der war '83 auch schon komplett durchgerechnet (incl. Steigpolaren mit Motor an), darüber hinaus hatte ich den Motor umgefräst und vermessen, den 3-Blatt Propeller gerechnet und gebaut. Dja, als Student hatte man Zeit! Martin Hepperle hatte ein einfaches Figurensimulationsprogramm geschrieben, da hat der dann Figuren wie Looping, 3-Eck Looping, senkrechtes Steigen simuliert. Den ganzen Kram hatte ich bei Emil Giezendanner F3A- Symposium in der Schweiz vorgestellt.

Wer macht heute noch sowas? Naja, die Franzosen, Ösis, Italiener, die fliegen dann halt auch vorne weg. Wer nur fertig kauft, ist immer hinten dran, denn da gibt es nur den Schnee von gestern ...

Ich hatte vor Jahren mal eine Statistik erstellt, wie sich die Hauptparameter an den RC1, F3A Fliegern über die Jahre anhand der geänderten Programme und der jeweiligen "Lernkurve" entwickelt haben. Hatte ich mal für einen Vortrag in der Flugwerft Schleißheim gemacht, endet halt in der Zeit,als ich mich nach 35 Jahren aktiver Zeit in der "Szene" ausgeklinkt habe.

Trends (1).JPG
 
Hallo zusammen,
eigentlich war mir ja "nur" beim Betrachten der alten Pläne aufgefallen, dass die "damaligen" Konstrukteure oft erheblich dickere Profile verwandten (an Motor-Kunstflugmaschinen) als heute üblich. Diese fielen mir ungewohnt auf. Eine Änderung stand eigentlich nicht zur Debatte.
Rainer bestärkt mich darin mit seiner Aussage zur Vermutung "je dicker desto gutmütig". Dass man das nicht ewig weit treiben kann ist klar, aber der Erfolg gibt ihnen schließlich recht.
Mich interessierte ursprünglich nur das "Warum".
Mit meiner Vermutung des "bergab Bremsens" lag ich also schon gar nicht so schlecht.
Dass daraus nun eine ziemlich umfangreiche und aufschlußreiche Erklärung zum Thema Profile und deren "Evolution" geworden ist, an der sich auch die tatsächlichen Experten der damaligen Zeit (und natürlich immer noch auch der heutigen ;) ) beteiligen- umso besser.

Danke dafür

Falk
 
Naja, bergab bremsen ... eher nicht!

Zu jener Zeit waren die Motoren schlapp und die Vergaser schlecht. Loopings wurden eigentlich generell mit Vollgas durchgeflogen, einmal um ordentlich Schwung für bergauf zu holen und bloss nicht unnötig drosseln. Das hat sich geändert, als (Drossel)-Dieter Bärmann unter den Punktrichtern die Devise ausgab: wer im Looping nicht drosselt, kriegt Punktabzug! Also wurde zwangsweise und widerwillig gedrosselt....

Über Constant Speed hat damals keiner geredet, höchstens über Speed!
 
Wie die RC1/F3A Flieger damals und heute aussehen, liegt in erster Linie an den geforderten Flugprogrammen. Früher dynamisch mit viel Schwung, heute stehen die Dinger in der Luft, fliegen Programme wie beim Indoor

Da wirfst du ja praktisch schon die nächste Frage auf ;) .
Die Ur-RC-1er sehen noch am ehesten realen Fliegern ähnlich, dann BlueAngel und dergleichen eher jet-like mit weit vorn liegender Kanzel, einem hoch durchlaufenden Rumpf und Pfeilung, vergleichsweise schmale Ruder(zumindest nach heutiger Seh-Gewohnheit;)).... Bis dann irgendwann wohl real existierende Vorbilder für die bisher reinen Zweckmodelle gefordert worden sein müssen.

Ich habe schon mal nach den alten Kunstflug- Programmen gesucht, um das nachvollziehen zu können, bin aber irgendwie nicht fündig geworden.
Wer hat vlt noch die Programme , vlt auch die Entwicklung über mehrere Saisons, gerne auch per PN.
Ich finde das spannend:cool:.

Grüße
Falk
 
Denkfehler erwischt! :D ;)

Ist eigentlich jemandem aufgefallen, daß ich bei meiner Profildickenbetrachtung die Querruder völlig ausser Acht gelassen habe? :rolleyes::D
Wenn bei dem "alten" Profil noch angesetzten Streifenquerruder dazu kommen, erhöhen diese die gesamte Profiltiefe. Plötzlich ist das Profil gar nicht mehr soo dick! :cool:
Der Wald vor lauter Bäumen...

Grüße
Falk
 

steve

User
Hallo Falk,
gut beobachtet. Es gab die angesetzten Querruder, wie z.B. bei der Engel-Me. Dort wurden flache Bretter als Querruder verwendet. Sie reduzierten tatsächlich die Dicke des Profils. Andere Hersteller, wie z.B. Topp, strakten die Streifenruder komplett ein - da änderte sich nichts an der Dicke.
VG
 
RC1-Auslegung

Hallo Falk,
Es ist zwar schon einige Zeit her seit letztem Eintrag!
Warum wurden denn die Streifenruder in die Verbannung geschickt, funktionierten doch ganz gut und die geforderten Rudermaschinen brauchten kaum Stellkraft (ausser sie flatterten):
Saemann Caravelle, Senior-Falcon, Skylark aus USA, etc.
Dann kam m. W. erstmals Graupner mit Kwickfly mit den eingesetzten Querrudern und Zentralservo über Hebel & Umlenkhebel, etc..
Seither ist der Siegeszug der Quer- & HR-Klappen nicht mehr zu bremsen, die Servokraft steigt und steigt, die Flatterneigung ebenso (jetzt flattert halt die ganze Klappe, früher nur die äusseren Streifen), teilweise ist man soweit, dass eigentlich viele Klappen dynamisch gegengewichtet werden müssten.
Gut baulich ein Vorteil ist es schon, wenn man einfach den Flügel bauen kann, dann die Klappen heraussägen, verkasten und anscharnieren kann, ausser man baut Hohlscharniere.
Selbst „Gross“-Segler hatten damals noch Streifenquerruder! In meiner Gruppe befindet sich ein solcher: 2 weitere Servos dazugebaut und schon hatte man nach Trennung mit der Säge innen Wölbklappen und aussen wieder Querruder —> Butterfly. Und diese Kiste fliegt sehr gut.
Jetzt ist mir gerade in den Sinn gekommen: Michaels Colobin Cricri MC10 (weltkleinste 2-Motorige) und die Tante Ju52 haben solche unterhalb des Flügelprofils gelagerte Streifenquerruder, die nach unten geklappt wie Fowlerklappen (?) aussehen und wohl auch so wirken.

Gibt es denn im Modellflug entscheidende Vorteile beim Bau riesiger Quer- & vor allem HR-Klappen?

VG Werner
 
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