Doppelextruder Carbon Filament Drucker

Hallo zusammen,


ich denke darüber nach mir einen 3D Drucker zuzulegen. Es wäre mein erster 3D Drucker, allerdings besitze ich bereits eine fast täglich genutzte 3D Fräse und bin mit Fusion 360 relativ fit.

Was möchte ich drucken ? Meist wohl Scale Zubehör Teile für Großmodelle wie Cablecutter, Antennen, Scheibenwischer, Griffe und Trittstufen am Scale Helcopter, Cockpit Ausbauteile, Fahrwerksverkleidungen etc. und komplexe 3D Teile wie diese Spirit GeoLink Halterung für einen TDR :


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Ich habe mir dieses Teil übrigens bereits von einem Freund auf einem einfachen PLA Einsteiger Drucker drucken lassen und bin von der Qualität, speziell der Oberflächenqualität, alles andere als begeistert. Der Grund sind bei diesem Bauteil viele erforderliche Stützstrukturen die nach dem Herausbrechen eine unsaubere Oberfläche hinterlassen. Außerdem scheint das Material relativ spröde zu sein und ich habe den Eindruck dass es bei niedrigen Temperaturen bei dem ersten Andotzer bricht. So einen Drucker will ich also schonmal nicht.

Vermutlich wäre die Realisierung dieses Beispiel Bauteils mit Resin Druckern in erheblich besserer Oberflächenqualität möglich, allerdings scheue ich bei diesem Druckertyp den Gestank, das Reinigen nach dem Druck und die Tatsache das sich keine höher belastbaren Teile drucken lassen. Insofern fallen Resin Drucker für mich auch weg.

Und so bin ich in meiner Recherche auf Drucker mit Doppelextruder gekommen um Stützstrukturen mit speziellem Stützfilament drucken zu können. So bin ich nur z.B. auf den hochpreisigen Makerbot Method X Carbon Fibre Edition Drucker gekommen bei dem das Stützfilament aus der 2. Extruderdüse nach dem Druck problemlos entfernt werden kann und darunter eine völlig glatte Oberfläche hinterlässt. Ein netter Sideeffect dieses und ähnlicher Drucker ist die Möglichkeit mit Carbon angereichertes Filament für höher belastete Bauteile drucken zu können was ich mittelfristig gerne angehen würde. Ich denke da an Fahrwerks - und Anlenkungsteile für große Jets und Warbirds zur Gewichtseinsparung, bin mir aber nicht im klaren darüber ob z.B. aus Carbon Filament gedruckte Fahrwerksbeine in einem 25 kg Jetmodell den Belastungen standhalten würden ? Gibt es da Erfahrungswerte ?

Mir ist klar das es solche Drucker nicht für kleines Geld gibt. O.a. Makerbot Drucker liegt bei über 5000 €. Allerdings scheint es auch einige Carbon Filament fähige Drucker mit Doppelextruder zu geben die bei unter 1000 € liegen, z.B. den Qidi Tech X_Plus.

Falls andere, teurere Geräte echten Mehrwert in Form von Druckqualität sowie Hard - und Software Qualität bieten wäre ich bereit bis zu 5000 € auszugeben in der Hoffnung dann ein relativ zukunftssicheres System zu bekommen das über Jahre gleichbleibend gute Ergebnisse liefert.

Wer hat Erfahrung in diesem 3D Druck Bereich ?

Welche Drucker in diesem Segment sind besonders empfehlenswert ? Übernimmt man sich mit einem Drucker dieser Klasse ohne vorher mit Einsteigermodellen Erfahrungen gesammelt zu haben ?

Oder geht der Einstieg eher problemloser vonstatten da diese Drucker viele Fehlermöglichkeiten im Vergleich zu Billigdruckern von vorneherein ausschließen ?

Fragen über Fragen zu einem für mich momentan äußerst spannenden Thema.

Danke Euch für eure Inputs !

Viele Grüße

Heiko
 

wersy

User
Hallo Heiko,

in vielen Fällen ist es besser, nicht alles in einem Stück zu drucken.
In 10 Jahren brauchte ich noch nie Support.
Hier würde ich die Schalen separat drucken und mit den Stegen verleimen.

Einige Tipps habe ich hier mal aufgelistet:
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke Harald und Michael. Das hat mir schonmal sehr geholfen ! Und am Ende habe ich vermutlich viel Geld gespart...

Denn nach all den positiven Meldungen habe ich mir den Bambu Lab X1-C heute auch bestellt. Das Abenteuer 3D Druck kann beginnen...

Ich bin gespannt und freue mich drauf !

Viele Grüße Heiko
 
Hallo Heiko,
da steigst du ja mit einer ziemlich weit gehenden Wuschliste ein. ;) Fest steht schon mal: Auf dem Anspruchslevel würde ich dir definitiv nicht dazu raten, erst einmal einen Billigdrucker zu kaufen und damit (schlechte) Erfahrungen zu sammeln. Aber beim Thema "Stützstrukturen" muss ich einfach relativieren:
Zum einen erzeugen Stützstrukturen immer ein deutlich schlechteres Druckbild. Auch wenn sie aus einer zweiten Düse mit löslichem Filament gedruckt werden. Anzustreben ist daher immer, auf Supports zu verzichten - schau dir dazu auch Michaels oben verlinkte Tipps an; gerade wenn man gewohnt ist, für CNC zu konstruieren, muss man halt bei 3D-Druck-Konstruktionen oft ganz andere Wege gehen.
Zum anderen muss man keinen Drucker mit Doppelextruder haben, um innerhalb eines Druckauftrags verschiedene Filamente benutzen zu können. Es gibt da verschiedenste Ansätze, ich möchte das mal auf vier "Klassen" eingrenzen:

1. Einzeldüsen-Drucker mit Filamentwechsel-System: Ganz offensichtlich ist das natürlich die günstigste Möglichkeit. Hier werden in einem mechanisch aufwendigen (und anfälligen) System hinter dem Extruder verschiedene Filamente ein- und ausgespult. Vorteil ist, dass man bei einem solchen Drucker mindestens 4 verschiedene Filamente in einem Druck verwenden kann. Nachteile gibt es aber haufenweise: Die Systeme sind fehleranfällig und idR nicht für flexible Filamente tauglich, die Drucktemperaturen der verschiedenen Filamente dürfen sich nicht nennenswert unterscheiden, es wird viel mehr Material als nur das für den eigentlichen Druck verbraucht, und die Drucke dauern sehr, sehr lange und verbrauchen dabei erhebliche Energiemengen. Wegen der Temperaturproblematik werden die Drucker auch als "Mehrfarbendrucker" bezeichnet, denn die Auswahl der Filamente, die gleichzeitig verwendet werden können, grenzt sich mehr oder weniger auf verschiedene Farben desselben Kunststoffs ein.
Falls du dich für so einen Drucker interessierst, ist der schon genannte BambuLab X1C wohl derzeit die einzig sinnvolle Wahl. Da hast du jedenfalls sicher keine schlechte Entscheidung getroffen.

2. Doppeldüsen-Drucker mit feststehenden Düsen: Hier sind zwei Düsen auf dem Druckkopf, die jeweils von einem eigenen Extruder versorgt und getrennt beheizt werden. Die Temperatur- und Mehrverbrauchsprobleme fallen dadurch weg, allerdings besteht während des Drucks ständig die Gefahr, dass die zweite Düse "schlabbert", während sie (eigentlich ohne beabsichtigte Extrusion) mit null Abstand über das Druckobjekt fährt, während eigentlich die erste gerade druckt, und damit den Druck verunreinigt bis unbrauchbar macht. Abgesehen davon haben die "doppelten" Druckköpfe den Nachteil, dass sie nur mit Bowden-Extruder betrieben werden können, da zwei Direktextruder auf dem Druckkopf die bewegte Masse über eine kritische Grenze bringen würden.
Beispiele (jedenfalls empfehlenswerte) fallen mir hierzu nicht ein.

3. Doppeldüsen-Drucker mit absenkbaren Düsen: Ähnlich wie 2., aber die vertikal beweglich Düsen verhindern das "Schlabbern" weitgehend, restliche Kriterien identisch. Populäres Beispiel ist der Ultimaker S5.

4. Toolchanger: Mal was ganz anderes: Hier ist der Druckkopf nur die Transportbasis für mehrere Hotend-Extruder-Kombis, die er bei Bedarf automatisch aufnimmt und bei Nichtgebrauch am Rand des Druckfelds parkt. Es ist also immer nur eine Düse/ein Extruder gleichzeitig auf dem Kopf. Die Trennung der Düsen ist somit optimal, und durch die einzelnen Direktextruder kann nur mit diesem System auch hochflexibles Material zusammen mit anderem gedruckt werden. Druckzeit ist etwas länger als mit Doppeldüse, aber deutlich schneller als mit Filamentwechsler. Außerdem können bis zu 5 Druckköpfe benutzt werden.
Beispiel: Prusa XL. Das ist mW der erste in Serie so gebaute Drucker, auch wenn das Prinzip nicht ganz neu ist.

Eine ganz andere Anforderung ist die Carbon-Tauglichkeit - das ist in erster Linie nur eine Frage des Düsenmaterials. Carbongefüllte (Ich sage bewusst nicht "verstärkte"!) Filamente brauchen in jedem Fall eine gehärtete Stahldüse. Ein Carbonzusatz allein macht aber einen Kunststoff noch nicht hyperstabil, da kommt es natürlich auch auf Eignung und Eigenschaften des Kunststoffs an. Ziemlich pauschal kann man aber sagen, dass stabile Drucke praktisch ausschließlich im Hochtemperaturbereich angesiedelt sind, und das bedeutet mindestens ein Ganzmetall-Hotend und ein geschlossenes Druckergehäuse. Die gute Nachricht: Der BambuLab X1C, den du bestellt hast, ist (soweit das in der Preisklasse machbar ist) primär dafür konzipiert.
Allerdings stellt die Anforderung höchstmöglicher Stabilität nochmal spezifischere Anforderungen an die Konstuktion, weil dabei dann auch noch die Druckrichtung eine erhebliche Rolle spielt - ähnlich wie die Faserrichtung beim Holz, aber in der Auswirkung noch extremer. Das fällt dann in den Bereich, wo der Mensch an seinen Aufgaben wächst - oder sich andere Aufgaben sucht... ;)

Tschöö
Stephan
 
Zuletzt bearbeitet:
PS: Ganz vergessen: Spezielle Support-Filamente stellen ja in der Regel nur deshalb einen Vorteil für die Druckoberfläche dar, weil sie nicht "abgekratzt" werden müssen, sondern mit Wasser oder Säure abgespült werden können. Hierdurch entsteht aber natürlich auch eine Entsorgungsproblematik - wenn dich schon an Resin-Druckern Chemikalien und Gestank stören, sollte das erst recht keine Option sein. Bleibt also als einzig "saubere" Lösung im wahrsten Wortsinn die schlaue Konstruktion ohne Support-Notwendigkeit.

Tschöö
Stephan
 
Danke Dir Stephan für Deine Hinweise und Anregungen !!!

Zwischenzeitlich habe ich mir den Thread von Michael zum "Druckgerechten Konstruieren für Anfänger" durchgelesen und das macht alles natürlich Sinn. Da ich bisher nur gefräst habe war war mir diese Problematik nicht bewusst.

Auf die Idee mit einem Doppelextruder Drucker kam ich nachdem ich ein Werbevideo des Makerbot Method X Carbon Fibre Edition Druckers gesehen hatte bei dem Support Filament nach dem Druck völlig problemlos mechanisch entfernt (Herausgebrochen) werden konnte und darunter eine perfekte Oberfläche zum Vorschein kam. Was hiervon Werbung und was Wahrheit ist kann ich nicht beurteilen aber das Thema Drucker Auswahl hat sich jetzt ja eh erstmal erledigt da ich mich für den BambuLab X1C entschieden habe.

Warum reite ich so auf dem Thema Carbon Tauglichkeit herum ? Ich habe einen großen Warbird der knapp über 25 kg wiegt wobei die Fahrwerke in meinen Augen völlig überdimensioniert und viel zu schwer sind. Das würde ich gerne korrigieren. Entweder indem ich mir mit einem gedruckten Positivmodell eine Form baue und die Fahrwerksbeine dann in CFK laminiere oder eben indem ich sie gleich ausreichend stabil drucke. Ob das gelingt ? Keine Ahnung... vielleicht suche ich mir dann doch irgendwann andere Aufgaben :-)

Einen schönen Abend

Heiko
 
Hallo Heiko,
leider ist es immer noch so, dass 3D-Drucke bei gleicher mechanischer Belastbarkeit praktisch immer deutlich schwerer sind als vergleichbare Bauteile in herkömmlicher Bauweise. Mit einem in Epoxy laminierten CFKgewebe kann man CF-gefüllte Filamente nicht vergleichen. Nichtsdestotrotz werde ich seit 5 Jahren das Gefühl nicht los, dass wir bei der Entwicklung der Filamente immer noch am Anfang stehen - was sich da in den letzten Jahren getan hat (obwohl das Thema ja beileibe nicht neu ist), lässt einen für die nähere und mittelfristige Zukunft durchaus hoffen.

Tschöö
Stephan
 
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