Aus meiner Sicht gibt es am Monte Lema nur ein Problem, mit dem wir letzte Woche und vor drei Wochen wie alle anderen zu kämpfen hatten:
Das Startgelände ist ein flacher Grat. Morgens fliegt und bolzt man links (bei Blick den Grat entlang), gelandet wird sowieso immer rechts. Im Laufe des Tages wandern Sonne und Aufwinde nach rechts, und so kommt es, dass auf beiden Seiten von zwei Pilotengruppen heftig Höhe vernichtet wird, die Rücken zu Rücken stehen. Das könnte alles wunderbar klappen, wenn nicht...
...verschiedene Piloten es total geil finden würden, bei zehn Modellen in der Luft und ohne Kommunikation zwischen den beiden Gruppen wie die gesengte Wildsau quer über den Grat zu ballern, voll in den Rücken der jeweils anderen Gruppe. Unglücklicherweise gibt es dort einen localo, der nach eigenen Angaben dort schon 2000 Tage geflogen ist (er ist älter), und der mit seinem Swift nichts besseres zu tun hat als immer wieder mit äusserst hoher Geschwindigkeit nach Anlauf von irgendwo abseits unsichtbar von unten kommend in wenigen Metern Höhe die anderen Piloten zu erschrecken. Immerhin hat er wohl angefangen, sich samstags und sonntags fern zu halten, aber sein Verhalten verleitet andere ihm nachzueifern. Wie das endet kann man in meinem letzten Hangflugvideo sehen.
Einer von uns hat sich bemüht mit diesem Piloten zu reden und erhielt als Antwort von ihm, es sei ein freies Land und irgendwelche Regeln seien eine Diktatur - und er hat genau diese Argumentation wieder gehört, als er vormittags, als sich der Luftraum zu füllen begann, die Piloten gebrieft hatte. Dabei sind es genau Diktatoren, die Null Rücksicht auf andere nehmen - und die Schweiz ist doch ein Land, dass beinahe zu viel Rücksicht auf andere nimmt. Und Rücksicht ist an überfüllten Hängen einfach nötig. Man kann doch so wunderbar sein eigenes Modell nach Vernichtung der Arbeitshöhe vor der Hangkante präsentieren und darauf verzichten, quer über den Grat in das Fluggebiet der ahnungslosen Gruppe auf der anderen Seite zu stechen. Aber manche könne es leider nicht.
Für das Überleben am Monte Lema ist die Kommunikation in der Gruppe lebensnotwendig. Wer dort fliegt, möge sich bitte unbedingt die Richtungsbezeichungen (Kreuz, Cucco, Caslano, Luino) im PDF einprägen und klar machen. "Kann ich von Caslano kommen?" "Moment... bin weg" [selber vorbeifliegen und ein paar was auch immer fliegen] "bin weg" ist in einer eingespielten Truppe ein Vergnügen. Nach meiner Beobachtung machen auch Einzelgänger, denen dieses Vorgehen fremd war, plötzlich mit, wenn die Mehrheit so kommuniziert. Deswegen möchte ich bitten, dass alle die dort fliegen, so gut wie möglich laut ansagen, was sie zu fliegen gedenken - und von den leidigen Querflügen auf die andere Seite absehen.
Das Problem am Lema sind nicht die hoch disziplinierten Könner, die einen 2,8m-Swift mit 6kg ein volles Jahr lang perfektionieren bis sie ihn aus 1200m Höhe ablassen und dann präzise Figuren fliegen, die kraftmässig stets zentrifugal weg von der Pilotengruppe ausgelegt sind, sondern die Möchtegerns, die meinen es sei doch toll, mit möglichst hoher Geschwindigkeit auf die Gruppe zu und möglichst tief über sie hinwegzufliegen.
Wer am Lema fliegt, muss damit rechnen, dass dort wahre Kampfgeschwader in der Luft sind. Natürlich kann man dort auch als Easyglider-Pilot fliegen, aber man muss einfach Manns genug sein, laut zu schreien, dass man jetzt startet - sonst rauscht irgendeine Waffe durch das EPP und man kann seinen ehemaligen Segler als Krümel in der Tüte nach Hause tragen.
Der Lema ist ein toller Flugberg, aber er erfordert Rücksichtslosigkeit - Rücksichtslosigkeit, sich mit Ellenbogen gegen die durchzusetzen, die meinen "Freiheit" bedeute, frei von irgendwelcher Rücksicht auf andere durch den nahen Luftraum toben zu dürfen. Man kann sehr wohl lautstark seinen Unmut gegenüber solchen Rowdies kund tun.
Und bitte bitte fliegt, wenn mehr als drei Piloten in der Luft sind:
1) nicht quer über den Rücken
2) nicht auf die Piloten zu. Niemals. Auch keinen Bangla, obwohl das eine tolle Figur ist.
Die kinetischen Energien unserer Flugzeuge haben sich in den letzten zwanzig Jahren explosionsartig vervielfacht. Bitte fliegt entsprechend.
Bertram