Pendelhöhenruder / Anlenkung

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Hallo,

ich habe gestern abend mal für unser Projekt (Leitwerke einer ASW17 1:4,5) xfoil angeworfen und nebenbei die ASW15-Problematik etwas mitbeleuchtet. Da ich nicht der Riesencrack bin und mich gerade in die Materie hineinarbeite, behaupte ich nicht, hiermit die Lösung schlechthin zu präsentieren. Besser als durchgängig NACA0012 zu nehmen, sollte aber mein Vorschlag schon sein.

Ausgangspunkte der folgenden Überlegung sind folgende:

Mindestfluggeschwindigkeit der ASW15 dürfte so bei 10m/s liegen, eher darüber.

Die minimale Rezahl am Leitwerk läßt sich somit wie folgt abschätzen
- an der HLW-Wurzel rd. 202mm * 70 * 10m/s = sehr rd. 150.000
- am Randbogen rd. 148 mm * 70 * 10m/s = rd. 100.000

Da sollte also der Profilstrak noch funktionieren. Bei höheren Re-Zahlen (also beim Heizen) ist es nur noch eine Frage des Widerstands, und da dominieren andere Dinge wie fetter Rumpf, großer Flügel.... Also brauchen wir uns in dem Bereich leitwerkseitig keinen Sorgen machen.

Weiter unterstelle ich mal, dass Dicke an der Wurzel aus Festigkeitsgründen zwischen 12% und 10% liegen soll. Wir bescheiden uns bei unserem Projekt beim Höhenleitwerk mit 10% maximaler Dicke, weshalb ich im Bereich 12%igenProfile wenig gerechnet habe (wird bei uns evt. am SLW-Fuss benötigt).

Bisher haben wir folgende Profile untersucht:
- NACA0012 (NACA0010 und 0009 werdenhier nicht behandelt, obwohl ich sie angeschaut habe)
- S8025symXX (vollsymmetrisch gemacht und die Dicke variert auf xx%)
- HT14
- Eine Mischung von unseres S8025mod und dem HT14, genannt MIX5050xx
- ein E475mod (von 15% auf 12% abgespeckt, hat aber nirgends richtig überzeugt)

ASW15HLW-Pol1.jpg


Sehen wir uns zunächst die Polaren möglicher Wurzelprofile an bei Re=150.000 an. Das HT14 scheidet hier mit seinen nicht mal 8% Dicke aus. Das ist ein Spezialist für kleine Re-Zahlen. Deadband ist bei keinem Kandidaten ein Thema. Wie nicht anders zu erwarten, ist das NACA0012 was den Widerstand angeht am schlechtesten. Da S8025sym12 ist einiges widerstandsärmer, dafür ist der Auftriebsanstieg um ca=0 nicht so steil wie der des NACA0012. Interessant wird es hier, wenn wir die Profildicke auf 10% zurücknehmen. Das S8025 glänzt dann mit beidem, wenig Widerstand und steiler Auftriebsanstieg. Das Mix-Profil liegt auf ähnlichem Niveau mit Stärken im Widerstand und geringfügig schwächerem Auftrieb. Ein NACA0010 mit abzubilden habe ich uns geschenkt, glänzt mit Deadband und höherem Widerstand bei ca < 0,3 im Vergleich zum S8025sym10. Also lautet meine Empfehlung ein S8025sym10 oder unser Mischlingskind zu nehmen. Wenn man unbedingt auf 12% beharren will würde ich das S8025sym12 nehmen, da es sich beim straken auf das gleich vorgeschlagene Randbogenprofil manierlich verhält.

Nun kommen wir zu den Verhältnissen am Randbogen. Hier nehme wir das HT14 mit dazu und kicken das S8025sym12 dafür raus. Das zeigt nämlich bei Re=100.000 auch den Deadbandeffekt.

ASW15HLW-Pol2.jpg


Das HT14 glänzt mit dem geringsten Widerstand, aber ist kein Meister des Maximalauftriebs. Das sieht man im Schaubild nicht, aber bei so ca-max = 0,6 geht ihm die Puste aus. Deshalb meine Empfehlung zu unserem Mischling Mix505010 zu greifen, das sehr ausgewogen ist. Im Widerstand wird es im Vergleich zu den anderen Kandidaten sogar schlechter dargestellt als es ist, weil es mit einer dreimal so dicken Endkante (hat sich beim basteln so ergeben und da es immer noch dünner ist als sie nachher real sein wird, habe ich es nicht geändert) antreten muss. Der scheinbare Nachteil zum S8025sym10 bei ca>0,2 geht vermutlich auf das Konto der stumpfen Endkante.

Fazit: ich würde vom S8025sym10 (bekommt von mir wegen dem höheren ca-Anstieg gegenüber dem Mix505010 and er Wurzel den vorzug) auf Mix505010 straken.

So das wäre es von mir. Jetzt können die Experten über mich herfallen. ;)

Wer sich noch mehr mit dem Thema Leitwerke beschäftigen will, dem empfehle ich auf der Seite vom FSMG-Alling vorbeizuschauen und dort die Artikel von Helmut Stettmaier (link siehe oben, steht unter Theorie) anzusehen.

Wer die Profildaten (im Selig-format als xxx.dat File) will, braucht mir nur ein Mail schicken. An FlyHein schicke ich sie sowieso.

Hans

P.S. Die Farben und die Bildgröße bitte ich zu entschuldigen. Da ich mich mit Grafikprogrammen nicht auskenne, weiß ich schlicht nicht, wie ich das ohne großen Aufwand besser machen kann

[ 14. Juni 2002, 15:13: Beitrag editiert von: haru ]
 

Yeti

User
Hallo Hans,

sehr interessanter Vergleich! Ich bin allerdings der Meinung, dass der Deadband-Effekt bei Re-Zahlen um 100.000 kein K.O.-Kriterium ist, da die kleinen Re-Zahlen bei Minimalgeschwindigkeit auftreten, wo das Leitwerk Auftrieb liefert (also nicht im kritischen Bereich um CA=0 betrieben wird). Kritisch ist das erst, wenn auch bei Re-Zahlen bei der Geschwindigkeit, wo das Leitwerk keinen Auf- oder Abtrieb liefern muss, der Deadband-Effekt noch auftritt. Und das sollte ja nicht bei der Mindestgeschwindigkeit der Fall sein.

Wichtiger scheint mir die Frage nach dem ca-max des Leitwerksprofils bei kleinen Re-Zahlen, damit das Leitwerk im Langsamflug auf jeden Fall in der Lage ist, den erforderlichen Auftrieb zu liefern und nicht die Gefahr eines Strömungsabrisses besteht. Allerdings ist das bei Pendelleitwerken wohl weniger das Problem als bei gedämpften Leitwerken mit großer Rudertiefe (Auftrieb bei hohen Anstellwinkeln und gleichzeitig großem Ruderausschlag nach oben).

Gruß Yeti (der sich immer freut, wenn er was über Leitwerksprofile aufschnappen kann, die vielleicht für die Schwertflosse seines Trimarans in Frage kommen. Also her mit den Koordinaten! :D ;) )
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Hallo Yeti,

danke für den Hinweis. Da hab ich doch glatt vergessen zu schreiben dass vermutlich der Deadbandeffekt deswegen kaum störend auffällt, weil im Langsamflug beim Thermikkurbeln der Anstellwinkel des Leitwerks ausserhalb des kritischen Bereichs liegt. Das ist hiermit nachgeholt.

Die ASW15 hat deshalb sicher auch mit dem NACA0012 kein Deadbandproblem am Leitwerk wenn man sie normal bewegt. Die Begründung für meinen Vorschlag stützt sich deshalb auch agr ncht auf den Deadbandeffekt.

Gerechnet ist das alles für Pendelleitwerke, also ohne Klappen.

Hans
 

FlyHein

Vereinsmitglied
Hallo zusammen

Es ist nicht zu glauben, was ich mit meiner Frage nach einer optimierten Leitwerksanlenkung ausgelöst habe.
Vom Anlenkungsproblem sind wir sehr schnell auf die Frage des optimalen Lagerpunktes und dann des geeigneten Profils gekommen. Also ein NACA0012 bekommt meine ASW15b nicht mehr.
Morgen werde ich die beiden Profile (S8025sym10 und MIX505010) mal zeichnen und Sie hier hinein stellen.
"Haru, hast Du was dagegen (aerodynamisch) wenn ich das Wurzelprofil auf 11 oder 12 % (wegen der Stabilität) aufdicke?"

Vielen dank an dich HARU und an dich YETI.

[ 16. Juni 2002, 14:56: Beitrag editiert von: FlyHein ]
 
Haru, hast Du was dagegen (aerodynamisch) wenn ich das Wurzelprofil auf 11 oder 12 % (wegen der Stabilität) aufdicke?
Darf ich auch antworten??? ;)

Vermeide es, wenn möglich! Sehr dicke Leitwerksprofile zeigen oft ein indifferentes Steuerverhalten aufgrund der laminaren Ablöseblasen, die in unserem modelltypischen Rezahlbereich nunmal dominieren. Da wir, wie bereits erläutert, dank der Phygoide ständig den Auftrieb am HLW verändern, wandern auch diese Blasen herum und da kommt dann bei manchem Flieger ein unruhiges Flugverhalten zustande. Der Flieger läßt sich nicht präzise austrimmen und das wäre z.B. ein deutliches Indiz, daß etwas am HLW geändert werden muß! Dünne Profile sind weniger blasenanfällig und daher meist günstiger für das Flugverhalten um die Querachse (Höhenruder).

Neben den reinen Rechnungen kann ich daher jedem nur empfehlen, verschiedene Leitwerke zu testen. Denn das, was Helmut Stettmaier schreibt, ist das entscheidende Kriterium: dynamisches Verhalten. Da kann ein simples Brettchenleitwerk manchmal ein 8%iges Profil um Längen schlagen - allein aufgrund des anderen dynamischen Verhaltens! Das führt dann am Gesamtmodell einfach aufgrund einer anderen Schwingungs-Charakteristik im Zusammenspiel mit dem Flügel zu einer sehr viel größeren Widerstandseinsparung, als der Nachteil im Profilwiderstand ausmacht. Deswegen teste ich gerne an ein- und demselben Modell verschiedene Profile und wundere mich gelegentlich über meine eigenen Fehleinschätzungen... :D

Die Polare ist also bei weitem nicht alles, es ist nur ein kleiner Ausschnitt den man gerade im Bereich der durch Rumpf und Tragflügel gestörten Anströmung immer ein wenig kritisch gegenüber stehen sollte. (Stichwort: Gültigkeit E^11 Umschlagskriterium im Leitwerksbereich!?)

Nein, ich will hier nicht Eurer Engagement bremsen, sondern nur darauf hinweisen, daß man immer noch gelegentlich fliegen gehen muß, um zu sehen, was wirklich die beste Lösung ist. Es wurmt mich manchmal, daß mein Lieblings-Zweiachser partout am besten mit einem "tragenden" (=positiv gewölbt) HLW fliegt und die aerodynamisch "bessere" Variante, das symmetrische Leitwerk, verschmäht. Aber damit habe ich mich inzwischen abgefunden und fliege mit dem HLW, das bei diesem Modell am besten geht... :D
Siggi

PS: Es ist übrigens reiner Zufall, daß bei meinem Zweiachser das "tragende" HLW besser geht. Ich hatte auch schon Modelle, die mit umgedrehtem ( also "nichttragend") Leitwerk besser gingen - aber Psst!!! Das werde ich öffentlich niemals zugeben... ;) Es ist immer wieder erstaunlich, welch großen Einfluß das Profil am HLW hat, sowohl leistungsmäßig als auch vom Handling. Also testet, was das Zeug hält, es lohnt wirklich!

[ 17. Juni 2002, 17:27: Beitrag editiert von: Hartmut Siegmann ]
 
[offtopic an]

Hallo Hans,

P.S. Die Farben und die Bildgröße bitte ich zu entschuldigen. Da ich mich mit Grafikprogrammen nicht auskenne, weiß ich schlicht nicht, wie ich das ohne großen Aufwand besser machen kann
Kleiner Tip: "Technische Zeichnungen" (also Strichgrafiken) einfach als *.gif speichern. So ein Screenshot ist dann höchstens 30 kB groß. Die Jpeg-Komprimierung führt nur zu schlieren, da hier Farbverläufe ermittelt werden. GIF ist verlustfrei und kleiner.

[offtopic aus]
Schöne Grüße
Stephan
 

FlyHein

Vereinsmitglied
Guten Abend Leitwerksprofilbastler

wie versprochen habe ich die Profile mal aus haru's Daten gezeichnet:

  • BLAU: S8025sym 10%
  • ROT: Mix 5050 10%
Um überhaupt einen Unterschied zu erkennen, habe ich die Profile mal gestreckt. Nur dann sind Unterschiede zu erkennen.
profile.png


@haru: kannst Du mir mal erklären wie du an das MIX-Profil gekommen bist?

[ 17. Juni 2002, 19:23: Beitrag editiert von: FlyHein ]
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Hallo,

Entschuldigung für die späte Antwort, aber beim Orthopäden oder in der Kernspinröhre gab es keinen Internetanschluß :D .

Zu dem Mix-Profil bin ich gekommen, indem ich mittels der "inte"-Funktion von xfoil die Profile HT14 und S8025sym 12% gemischt, und danach das Profil auf 10% gebracht habe. Eigentlich sollte seine Profilkurve genau zwischen den Kurven diser beiden Prfoile verlaufen. Tut sie aber offensichtlich nicht, wie man meiner Zeichnung entnehmen kann:

Konturvergleich.jpg


Da muss ich mich wohl nochmals mit der Wirkungsweise bzw. den Paramterangaben der "inte"-Funktion und den Einflüßen von Dickenveränderungen auseinandersetzen.

Hans
 
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