RG65 Segel selber herstellen - einige Fragen

tembaine

User
Hallo
nachdem mein erster Eigenbau segelt, möchte ich dem Boot anständige Segel machen.
So habe ich einiges gelesen, mit denen Infos ich weiter komme. Als Material möchte ich Spinnackertuch verwenden,
dass mir ein Freund zur Verfügung stellt. Nun meine Fragen:
- mit welchem Kleber kann ich die verschiedenen Bahnen verkleben? geht das mit transparentem Textilkleber?
- so wird auch doppelseitiges Klebeband genannt, hält das wirklich, und welches nimmt man dazu?
- sind Oesen im Segel notwendig, oder reicht es, mit dem Lötkolben ein kleines Loch zu machen?
- kann ich für die Verstärkungen "Spinnacker repair tape" nehmen?

Danke und Gruss
René
 

PuR

User
Hallo René,

ich verklebe z.B. Icarex mit doppelseitigem Klebebeband. Bei der Segelgröße für RG 65 würde ich 6mm breites Band nehmen. Es gibt tatsächlich sehr viele verschiedene Versionen und Qualitäten. Es ist nicht selbstverständlich, dass das Band gut hält. Ich habe schon Micro Magic Segel gesehen, bei denen einzelne Bahnen aufgegangen sind, ohne allerdings zu wissen, womit da verklebt wurde.

Das Band sollte dünn und nicht zu steif sein, also z.B. keinen Schaumträger nutzen, besser PVC. Ich habe früher TESA-Band genutzt, das auch nach 2 bis 3 Jahren auf der Rolle noch gut geklebt hat, wenn es vernünftig aufbewahrt wurde. Im Netz habe ich dazu tesafix 4970 gefunden, kann dir aber nicht versprechen, dass es das gleiche ist. Da müsste jemand helfen, der aktuellere Kauferfahrungen hat.

Meiner Meinung nach braucht man in dieser Größe keine Ösen. Man verstärkt die entsprechenden Stellen, wie du geschrieben hast mit z.B. Dacron Nummerntuch (die steifen Patches nicht zu groß machen) und brennt dann die Löcher mit einer heißen Nadel rein. Eine Lötzspitze ist wahrscheinlich zu fett. Mit der Nadel kann man mit kreisförmigen Bewegungen die Löcher auch vergrößern.

Grüße
Ralf
 

Ragnar

User
Moin,

Ich habe auch geradesSSegel für meine Gracia geklebt.
Wichtig ist, dass das Klebeband wasserfest ist.
6mm Breite halte ich für zu breit.
Ich habe 5 mm Klebeband benutzt. Das reicht völlig aus.
 

PuR

User
Also mal ehrlich, ob 5 oder 6 mm ist doch Wurscht. Die verbreitete Staffelung ist 3mm, 6mm, 9mm etc. Und wenn die selten angebotenen 5mm für einen Scale-Segler mit wenig Tiefgang richtig sind, warum sollen dann 6 mm für ein Regattaboot mit schweren und tiefgehenden Kielen „zu breit“ sein??

Generationen von MM und RG 65 Segeln sind schon mit 6mm Tape gemacht worden.
Ich selbst habe über hundert Segel-Sätze gemacht, von MM über RG 65 bis 1 Meter. Ganz wenige MM Leichtwindsegel mit 3mm Band, ganz wenige große mit 9mm. Alle anderen mit 6mm und bisher hat sich noch kein Boot beschwert, dass seine Segel zu breit getaped sind.

Ralf
 

tembaine

User
Hallo Ralf und Ragnar
besten Dank für die Infos. Ein Klebeband 6mm von 3M hat es bei uns im Baumarkt, das werde ich mir holen.
Da ich genug Spinnackertuch bekommen habe, mache ich einfach einige Versuche.

Gruss
René
 

Ragnar

User
Moin René,

achte darauf, dass ds Tape wasserfest ist.
Und nun viel Erfolg beim Kleben.
Hast Du die Segel in Sailcut designed?
 

tembaine

User
Hallo Ralf und Ragnar
leider konnte ich nicht alles benötigte auftreiben. Sobald ich alles verfügbar habe, melde ich mich wieder.
Da ich Sailcut " ums verecken" auf meinem PC nicht zu laufen bekomme, habe ich einen RG65 Segelplan aus dem Netz verwendet.

Gruss
René

Zudem hatten wir heute auf dem Rhein perfekte Windverhältnisse vor der morgigen Kaltfront mit Sturm, so blieb der Bastelraum verwaist.
 

Ragnar

User
Hi René

Das freut mich aber.
Cool wäre mal ein Video von dem Schätzchen.
 
Hallo Ralf und Ragnar
besten Dank für die Infos. Ein Klebeband 6mm von 3M hat es bei uns im Baumarkt, das werde ich mir holen.
Da ich genug Spinnackertuch bekommen habe, mache ich einfach einige Versuche.

Gruss
René
Hallo René,
Ich habe wenig Erfahrungen mit Klebeband. Ich habee das verwendet, was mir von anderen Modellbauern verkauft wurde.
Ich hatte mit Eigenbeschaffung richtige Bauchlandungen erlebt.
Ich benutzte für RG65 und IOM 6mm Band. Sowohl von Tesa als aucch NoName
Bei NoName hatte ich mal ein Band erwischt, das keinen Film als Trägermaterial hatte. Ein Gemisch aus Flies und Kleber klebte gut, aber infolge Belastung rutschten inffolge Beelastung die Bahnen auseinander MIST
1_Faltenbildung.jpg
Ob hier der Klebestreifen oder das Verstärkungsband unpassend waren, weis ich nicht mehr


RIMG0064.JPG


RIMG0065.JPG

Hier hatte ich mal eine Reißprobe mit gebrauchter Folie veranstaltet. Wichtig ist, dass der Bereich der Verklebung gut gesäubert wird. Ich nahm immeer Brennspiritus und bei Folie Aceton. Wirklich gut ablüften lassen. Finde den Beitrag nicht mehr, wo ich berichtete, nach welcher Zeit die Verklebung geöffnet war. Es müsste aber über 0,5 min gewesen sein. Wenn unsere Segel 10 kg/21mm Klebelänge belastet würden, würde vermutlich jedes Rigg zusammenbrechen.

Einer der besten Segelhersteller für Regattajachten verwendet für IOM 9 mm Klebebänder.
Ich hatte nur 6 mm Bänder für IOM und RG65 verwendet. Selbst wenn sie mehrere Jahre alt waren (geschützte Lagerung an der Wand im Bastelraum)

Ich bin mir nicht sicher, aus welchem Material Dein Spinnakerstoff ist. Von Nylon wurde mir abgeraten. Dracon erscheint mir nicht geeignet. (meins klebte schlecht) Gut zurecht gekommen bin ich mit Polyesterstoff.

Test:
lege ein Stück Probematerial eben auf den Tisch. Gib mehrere Tropfen Wasser auf das Tuch. Nur Tropfen, keine Pfützen. Wenn das Material nach max. 5 Minuten keine Veränderung zeigt, würde ich es als Seegelmaterial verwenden. Sollten sich bei jedem Tropfen Verformungen /kleine Beulen unter dem Tropfen entstehen, würde ich das Material nicht nehmen. Es dringt Wasser in den Stoff ein und verformt das Segel. Selbst nach Trocknung war es bei mir nicht in der alten Form.

Wünsche gutes Gelingen

Ulli
 

PuR

User
Anhang anzeigen 12152226
Ob hier der Klebestreifen oder das Verstärkungsband unpassend waren, weis ich nicht mehr

Hallo Ulli,

da ist offensichtlich unter Spannung verklebt worden. Vielleicht war ja das Klebeband zu elastisch.

Die Kunst liegt darin, die verschiedenen Teile glatt und faltenfrei zu verkleben, ohne, dass eines der Teile gespannt ist. Ein zu stark gespanntes Klebeband versucht sich nach der Verklebung wieder zusammenzuziehen. Und dadurch entstehen dann solche Falten.

Grüße
Ralf
 
Nee, dieser Schaden war erst nach mehreren Regatten und einer Segelpause.
Wenn ich ein solches Ergebnis vor mir habe, kommt es gleich in den Müll und keine Segelnummer
 

PuR

User
Sorry Ulli,
ich wollte dir keinen Pfusch unterstellen. Aber nicht wenige Segel sehen schon direkt nach dem Verkleben so aus. In deinem Fall haben dann wohl Witterungseinflüsse dazu geführt, dass die Vorlieksverstärkung oder das Tape über die Zeit geschrumpft sind. Ich wüsste nicht, wie man solche Falten ohne eine relative Längenveränderung erklären könnte.

Ralf
 
Sorry Ulli,
ich wollte dir keinen Pfusch unterstellen. ...........

Ralf
Kein Problem. So empfindlich bin ich nicht.
Selbst ein deutscher IOM Meister beklate manchmal geringfügige Wellenbildung am Vorliek. Er behalf sich mit Anfeuchten und leicht gespannt trocknen lassen.
In meinem Beispiel gab es keine Hilfe. Da stimmte etwas nicht. Hatte wohl eine falsche Klefolie Und/oder Nylon als Verstärkung erwischt.
Mann lernt auch durch Misserfolge.

Ulli
 

tembaine

User
Hallo
nachdem ich dank eurer Hilfe selbst Segel selber machen konnte, wage ich mich an die nächste Stufe.
So möchte ich profilierte, mehrbahnige Segel machen.
Meine Frage dazu, sehe ich das richtig, dass die Klebestelle/Schnitt zwischen zwei Bahnen, etwa parallel zur Wasserlinie sein soll?
Ich stelle mir vor, dass so das entstandene Profil am besten angeströmt wird.

Gruss René
 

PuR

User
Hallo René,

schön, dass das geklappt hat!

Du hast Recht, bei den meisten mehrteiligen Segeln werden die Bahnen horizontal geteilt. Ich habe aber auch schon Segel mit nach oben immer mehr angewinkelten Teilungen gemacht, weil ich mir davon etwas mehr Profilierung in den kurzen Bahnen versprochen habe, ohne den Winkel der Schildkröte zu groß machen zu müssen. Ich habe gerade kein Bild zur Hand, aber auf der MMi Seite das Segel GER 188 lässt erkennen, was ich meine.

Ein paar Hinweise zum Handwerk gibt es in einem spanischen Video..
Hast du eine Schildkröte geplant oder willst du die Profilierung anders machen?

Grüße
Ralf
 
Hallo Rene´,
also ich kann die Verwendung des Claudio Gadgets oder auch Guteknzange nur empfehlen.
Sehr schön wird das hier:
beschrieben oder auch hier:
Das ist absolut reproduzierbar und easy in der Anwendung.
Ich meine mich zu erinnern, dass man die Bahnen senkrecht zum Achterliek des Segels mach.
Schöne Grüße und viel Erfolg,
Johannes
 

tembaine

User
Hallo Ralf und Johannes
danke für eure Infos, für mich interessante Beiträge.
Ich möchte die Profilierung mittels Schildkröte erreichen, der Bau einer solchen steht kurz bevor.
Sind 3% max. Wölbung bei 33% der Profiltiefe ein vernünftiger Wert?

Gruss
René
 
33 Prozent ist schon sehr weit hinten. Immer bedenken, dass bei Druck im Segel der Bauch nach hinten wandert. Um die 25 Prozent sollten passen.
Deine 3 Prozent Wölbung sind flach, aber in meinen Augen nicht verkehrt. Ein flaches Segel lässt sich tief trimmen, aber ein tiefes Segel sehr schlecht flach ziehen. Da entstehen dann gern Streckfalten.
 

PuR

User
Hallo René,

du hast dich ja offensichtlich schon etwas schlau gemacht und bist zu Werten für die Schildkröte gekommen, die man öfter mal als Empfehlung liest.

Ich tue mich etwas schwer mit allgemeinen Empfehlungen. Die passen vielleicht für ein einziges RG 65 Allroundsegel. Aber, wenn man so eine Schildröte baut, will man damit vielleicht auch mal kleinere Starkwindsegel machen oder ein Leichtwind A oder ein Segel für ein kleineres, langsameres Boot oder ein Scale-Boot oder einfach nur etwas rumprobieren.. Und meistens baut man sowohl ein Vorsegel als auch ein Großsegel, die unterschiedlich angeströmt werden und deshalb nicht unbedingt gleich profiliert sein müssen.

Häufig wird nur über Profiltiefe und Position der tiefsten Stelle gesprochen. Nach meiner Erfahrung hat der Winkel, in dem die zwei Hälften der Schildkröte angeordnet werden, fast noch mehr Einfluss auf die spätere Profiltiefe des Segels, als die Tiefe des Schablonenprofils selbst.

Ich würde deshalb versuchen, mir eine Schildkröte zu bauen, die etwas Flexibilität zulässt. Damit meine ich erstens, etwas größer als nötig, damit man beim Verkleben etwas Platz hat, um die Position der größten Profiltiefe etwas verschieben zu können. Und zweitens würde ich die Schildkröte so aufbauen, dass ich unter eine Mittelrippe und unter die äußeren Rippen wahlweise Distanzen legen kann, um den Winkel zu verändern. Je größer der Winkel ist, desto stärker bildet sich das Profil im Segel ab. Nochmal etwas anders ausgedrückt: Ein 3,5% Profil, das mit wenig Winkel verklebt wird kann ein flacheres Profil ergeben, als ein 2,5% Profil mit mehr Winkel.

Damit kann man dann z.B. die Vorsegel etwas tiefer machen oder die oberen, kürzeren Bahnen etwas tiefer machen und damit ausgleichen, dass kurze Verklebungen weniger Profil erzeugen, als lange.

Man kann den tiefsten Punkt beim Vorsegel etwas mehr nach vorne schieben oder sogar von der untersten zu obersten Bahn eines Segels die tiefste Stelle verändern und damit den Verlauf (besser Twistverlauf) des jeweiligen Achterlieks beeinflussen. Man kann – man muss nicht.

In der Summe ergeben sich aber zusätzlich zum eigentlich gewählten Profil der Schildkröte sehr viele Kombinationsmöglichkeiten. Das in Verbindung mit den erforderlichen handwerklichen Fähigkeiten und gewissen Materialkenntnissen ist der Grund dafür, dass ich an verschiedenen Stellen schon mehrfach dazu geraten habe, Regattasegel zum vorne Mitsegeln besser von jemand zu kaufen, der die nötigen Erfahrungen schon gemacht hat.



Das schließt natürlich nicht aus, dass man sich brauchbare Segel selbst macht, wenn man den vielen vorhandenen Anleitungen folgt und die Herstellung handwerklich umsetzen kann. Zum Üben kann man z.B. Geschenkfolie für Leichtwindsegel oder Laminierfolie für schwerere Segel sehr günstig kaufen.

Um trotzdem noch einige allgemeine Tipps loszuwerden:

Wie Torti schon geschrieben hat, nicht selten sind selbst gemachte Segel zu tief profiliert. Bei leichtem Wind funktioniert das vielleicht noch ganz gut. Aber vor allem zu tiefe Großsegel krängen bei stärkerem Wind nur noch, laufen aber nicht. Da ist häufig ein einbahniges Groß besser, als ein tief profiliertes.

Vielleicht hilft ja die Vorstellung, dass man durch die Verklebung der einzelnen Bahnen den Profilverlauf annähernd vorgibt, aber die Tiefe mit Mastbiegung und Unterliekstrecker erreicht und nicht umgekehrt.



Ich habe zwar schon viele Segel gemacht, aber nur etwa eine Handvoll für RG 65. Torti hat da sicher mehr Erfahrung. Ich selbst würde trotzdem mein Groß wahrscheinlich eher flach bei 33% und meine Fock etwas tiefer und die tiefste Stelle auch etwas weiter vorne anlegen.

Nachfolgend noch ein paar Bildchen..

Zunächst eine Schildkröte, die ich mal für größere Segel als MM oder RG 65 gemacht habe. Meine kleineren sind aktuell in irgendeinem Umzugskarton.

Seitenansicht.JPG
oben.JPG

unten.JPG


Die Deckplatte ist aus ABS und flexibel genug, um sich dem nötigen Winkelbereich anzupassen. In der Mitte der Schildkröte ist eine starre, horizontale Bahn, auf der die Verklebungen stattfinden.

Von vorne sieht man den Winkel, den die 3mm Höhenunterschied zwischen Mitte und außen ergeben – ziemlich flach bei dieser großen Schildkröte. Bei einer schmaleren Schablone sehen 3mm schon anders aus. Alle Rippen sind mit Stiften geführt und werden mit je 3 Spaxschrauben nach dem Einschieben der Distanzen wieder festgezogen. Das Styropor ist an die Deckplatte geklebt und bewegt sich mit den Rippen nach oben, falls etwas unterlegt wird. (Nur nebenbei, die dargestellte Schildkröte hat vorne einen leichten Lagerschaden. Da lag etwas Schweres drauf.)

Schablonen.JPG
Schablone Detail.JPG
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Ich würde empfehlen, für jedes Segment eine Schablone zu machen, egal ob man nun horizontal oder wie auch immer teilt. Das hilft beim Zuschneiden und spart auch noch Material. Meine sind aus buntem Karton, den es gelegentlich bei Lidl als Block zu kaufen gibt.

Zuletzt nochmal das Boot von der MMi Seite mit einer leicht veränderten Fock.

IMG_4830.JPG
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Viel Text, ich hoffe du kannst was davon gebrauchen.

Grüße

Ralf
 
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