Weltmeisterschaft der MArblehead Klasse in Gouda July 2014

Schlußbericht zur WM in Gouda

Schlußbericht zur WM in Gouda

Hallo,

leider war ich direkt nach der WM total erledigt und dann anschließend sofort wieder im Arbeitsleben angekommen. Daher hier nun etwas verspätet mein Schlussbericht zur WM in Gouda.

Zusammenfassend: es war sehr gut organisiert, die Bedingungen waren nahezu optimal, die gesamte Stimmung war sehr freundschaftlich geprägt, die Platzierungen und das ist das wichtigste entsprechen genau den Leistungen. Alles prima.





Ihr wollt sicher noch mehr Details hören also dann mal im Einzelnen:

Organisation
Ein besonderer Dank hier an Chris und das ganze Team der Organisatoren. Es war sehr schön zu beobachten dass sie sich die letzte Veranstaltung in Ploermel genau angesehen hatten und ganz gezielt die Dinge besser machen wollten, die in Ploermel nicht so gut liefen. Wie oben beschrieben war hier ein gutes Beispiel die Vermessung: bei der Anmeldung bekam man einen Zeitpunkt mitgeteilt zu dem man sich zur Vermessung einfinden sollte und kam dann i.a. auch sofort dran. In Ploermel musste man da noch stundenlang anstehen bis man vermessen wurde. Ein weiteres Beispiel war die Organisation auf dem Steg: Es war zum einen klar geregelt auf welcher Seite einzusetzen bzw. rauszunehmen war und die folgende Gruppe musste sich bereits aufstellen während die aktuelle Gruppe noch segelte. Einsetzen war dann erst nach einem akustischen Signal erlaubt. Durch die günstigen Rahmenbedingungen, der See ist riesengroß, war zudem klar das in einem großen Areal trainiert/getrimmt werden konnte. Die Verpflegung in dem vom Verein betriebenen Bistro war optimal. Zum einen gab es jederzeit Getränke und kleine Snacks und jeden Mittag gab es ein kleines Buffet von dem sich jeder nehmen konnte was er zu diesem Zeitpunkt essen mochte. In Ploermel war das immer mit einer langen Mittagpause verbunden aber hier wurde das Buffet einfach 2 Stunden offen gehalten so dass jeder eine Pause zwischen den Läufen nutzen konnte. Überhaupt wurde die ganze Veranstaltung wesentlich straffer durchgeführt, so dass meist keine sehr langen Pausen zusammen kamen. Ich hatte mir extra ein Buch und einen Stuhl mitgenommen um ab und zu die Pausen zum Lesen zu verwenden aber ich habe nicht eine Seite in dem Buch gelesen – es war einfach gar keine Zeit.

Umpiring / Wettfahrtleitung
Mit einfachen Worten „die Leistung war ausgezeichnet“. Sicher gab es auch hier manches dass hätte noch besser laufen können – die Startlinie hätte manches Mal besser liegen können die Bootsbesatzungen in Ploermel war noch schneller beim verlegen und vor allem der Zieleinlauf wurde in Ploermel auch von der Gegenseite also aus einem Boot aufgenommen – aber das ist sicher Kritik auf hohem Niveau. Sehr gut fand ich das nicht erscheinen von Observern gnadenlos mit zwei Kringeln im nächsten Lauf bestraft wurde. Auch dabei wurde keine endlose Wartezeit verschwendet. Die Umpire das war besonders auffällig waren alle nicht zum ersten Mal auf einem RC-Segel-Wettbewerb und wussten genau wie das abläuft. Natürlich haben auch hier die Umpire nicht alles gesehen und nicht jeder war mit ihrer Leistung in jedem Lauf einverstanden aber sie hatten sich immer gut aufgeteilt und vor allem die Kommunikation mit den Observern funktionierte wesentlich besser als in Ploermel. Am meisten positiven Effekt hatte natürlich die neue Regel dass man sich selbst und unmittelbar mit einem Kringel entlasten konnte aber eine vom Umpire ausgesprochene Entscheidung immer mit zwei Kringeln bestraft wurde. Daher kam es zu sehr vielen schnellen und freiwilligen Entlastungen. Es wurde aber auch sehr fair gesegelt und gerade beim sehr geringen Protestaufkommen geschweige den Verhandlungen (ich glaube es gab nur 3 oder 4 Verhandlungen wegen Wiedergutmachung) war die gute freundschaftliche Stimmung ein bestimmender Faktor.

IRSA und Klassenvereinigung
Sehr schön fand ich dass der neu gewählte (Wahlen waren im Mai) Chairman der IRSA Lester Gilbert während der ganzen Veranstaltung anwesend war. Die IRSA (International Radio Sailing Association) ist ja im Auftrag der ISAF (Internatinal Sailing Federation) der Ausrichtende dieser Veranstaltung. Normalerweise werden nach einer Veranstaltung Reports geschrieben und so erfährt die IRSA ob alles korrekt abgewickelt wurde und wo noch Verbesserungspotential liegt. Aber es ist natürlich viel besser wenn ein Beobachter vor Ort ist und noch besser wenn das gleich mal der Chairman ist. Lester brachte sich auch aktiv ein und erhob bei allen Briefings die Stimme um sofort konkrete Vorschläge zur Verbesserung einzubringen. So wurde auf seine und auch Brads Anregung neben dem morgendlichen Briefing auch ein abendliches Briefing mit den Obleuten der verschiedenen Länder, dem Wettfahrtleiter und dem Obmann der Umpire eingeführt. Hier konnten im kleineren Kreis sehr schnell Mängel in der Wettfahrtleitung oder beim Umpiring beseitigt werden.
Daneben gab es natürlich Gelegenheit für viele Gespräche mit Lester und den neu gewählten Mitgliedern der IRSA. Neben vielen Informationen über die geplanten Änderungen und diverse Neustrukturierungen unterhielt man sich auch über die Besetzung neuer und alter Positionen. Aktuell sind die aus dem alten Vorstand wiedergewählten drei Personen von ihren Ämtern zurückgetreten und so werden wohl auch diese Positionen noch mit Mitgliedern der CEEFIE Gruppe besetzt oder die Positionen werden gleich umgestaltet.
An einem Abend hatten dann auch Lester und Matteo zu einer Versammlung einberufen um ein Meinungsbild und ein Votum der anwesenden Seglergemeinschaft zur Organisation der Mabrlehead Klasse in einer Internationalen Klassenvereinigung zu erhalten. Die Diskussion war sehr interessant weil eigentlich alle in diesem Umfeld engagierten Personen anwesend waren und auch von jeder Nation ein Beitrag geleistet wurde. Zusammenfassend sei festgehalten: Aktuell ist die IRSA de facto die Internationale Klassenvereinigung der Marblehead-, A- und Tenrater-Klasse. Es wurde ein Arbeitsgruppe gegründet welche die Situation prüfen wird und einen Vorschlag für eine konkrete Ausprägung der Klassenvereinigung innerhalb der IRSA oder als selbstständige Organisation erarbeiten wird. Gewählte Mitglieder der Arbeitsgruppe sind: Matteo Longhi (ITA), Brad Gibson (GBR), Lincon McDowell (AUS), Nigel Winkley (GER) und Patrice Montero (FRA). Es wird spannend bleiben wie sich die IRSA und die Marblehead-Klasse unter dem neuen Vorsitzende Lester Gilbert noch entwickeln wird.

Technik
Insgesamt muss man sagen die Vielfalt an Designs und Rig Konstruktionen war groß und man kann keines als den anderen überlegen bezeichnen. Es wurden teils ältere Designs bis unter die Top 10 gefahren aber auch ganz neue bis in die letzten Plätze. Das gleiche galt für die Rig Konstruktionen bei denen sicher die Rigs der Familie Stollery auf den Crazy Tubes die exotischsten waren. Einige Trends waren aber abzulesen: die Grunge ist nicht mehr so überlegen wie es noch vor zwei Jahren in Ploermel der Fall war, wobei ich mir sicher bin hier kommt ein gut Teil des Erfolges vom Segler. Dennoch hat dieses Design enorme Beschleunigungswerte und mit nur ein wenig abfallen kann Brad sehr locker den meisten anderen Designs davon fahren. Die Quark von Graham ist noch nicht das mögliche Optimum aber es scheint ein wesentlich angenehmer zu fahrendes Boot als die Prime zu sein. Vermutlich hätten die fehlenden Martin Roberts und Rob Walsh mit der Starkers dieses Jahr mehr Schwierigkeiten gehabt vorne mitzumischen. Daneben konnte wie schon vor zwei Jahren die französische Trimontan vor allem bei schwachem Wind ganz vorne mitfahren aber auch bei stärkerem Wind war sie ohne Welle sehr schnell. Dazwischen waren einige andere Designs auch ganz vorne mit dabei: Joop de Jong mit seiner Honcho oder auch Darin Ballington mit einer Rok oder auch die Australische F3 von McDowell. Bei den Segeln hat das Swing Rig eine absolute Renesaince erlebt. Wenn die A-Gruppe am Start war, dann konnte man bei schwachem Wind fast ausschließlich Swing Rigs beobachten. Teilweise wurde hier noch mit speziellen Leichtwind Swing Rigs gearbeitet die oft nur Sekunden vor dem Start noch getauscht wurden je nachdem was der Wind gerade anzeigte.

Windverhältnisse
Wir können uns nicht beklagen. Bei dieser WM hatten wir alle möglichen Windstärken A-, B- und C-Rigs teils sogar C2-Rigs kamen zum Einsatz. Allerdings war der Wind vor allem an den ersten zwei Tagen mit vielen Drehungen unterwegs und das machte vor allem Team Germany erhebliche Probleme sogar unser Spezialist Yogi hatte da so sein liebe Not. Aber da hilft nicht klagen andere konnten den Wind einfach besser lesen. Man musste bei jeder Luvtonne gut abschätzen was die nächsten 6 Meter passieren wird. Muss man über oder unter der Anliegelinie fahren und wenn man es falsch einschätzte wurde man natürlich gnadenlos unterwendet oder stand mit killenden Segeln vor der Boje. Auch beim Anfahren des Gates musste man immer wieder prüfen welche Seite jetzt und die nächsten Minuten die meisten Vorteile bietet. So konnte man manchmal viel gewinnen (oder verlieren) wenn man auf die letzten Meter schnell noch die andere Boje anfuhr. Es war eine gute Idee den Panton möglichst weit hinaus in den See zu legen und wer konnte schon ahnen das Wind dann immer aus Richtung einer der Inseln die auf dieser Höhe im See liegen kam. Aber vor allem am vorletzten und letzten Tag hat das dann alles sehr gut funktioniert.

Ergebnisse
Ja der neue und alte Weltmeister heißt Brad Gibson (GBR). Langweilig werden die einen sagen aber wer dabei war kann sagen es war alles andere als langweilig. Es war sogar ein wirklich harter Kampf für Brad wenn auch dieses Mal der Sieg nicht mit so Emotionen wie in Ploermel verbunden war so war es gewiss nicht weniger anstrengend. Graham Bantock (GBR) war diese Mal wesentlich näher dran und mit ein wenig Glück oder Pech auf der Seite von Brad hätte das Ergebnis auch umgekehrt ausfallen können. Ante Kovacevic (CRO) war eine erfreuliche Bereicherung im Top Feld und konnte mit der brandneuen Quark ebenfalls immer wieder ganz vorne weg fahren. Dahinter waren ebenfalls einige sehr gute Segler unterwegs vor allem Joop de Jong (NED) hatte es geschafft sehr konzentriert und ruhig seine vorderen Plätze einzufahren besonders erfreulich dabei dass er sein eigenes Design die Honcho auf diesen Platz fuhr. Laurent Gerbaud (FRA) inzwischen von Skalpel auf Quark umgestiegen konnte dieses Mal auch wesentlich ruhiger als bei allen Regatten davor unter die TopTen fahren. Vor ihm und dem zweiten Franzosen Yannik Rossignol mit Trimontane unter den TopTen war Peter Stollery (GBR) den ich wesentlich besser eingeschätzt hatte. Peter gelang es dieses Mal nicht die optimale Performance aus der Crazy Tube rauszuholen und er hatte vor allem am Ende immer wieder Pech und fuhr daher die letzten Läufe alle in der B-Gruppe. Auf den Plätzen 8, 9 und 10 finden sich Darin Ballington (GBR) mit der Rok, Loic Nothorel (FRA) mit einer Prime Number und Gilles Di Crescenzo (FRA) mit einer Skalpel die hier eindrucksvoll zeigen dass man auch mit den älteren Designs ganz vorne mitfahren kann.
Die deutschen Teilnehmer haben ein gemischt gutes Ergebnis erreicht. Ich hatte etwas mehr Glück als Nigel und konnte mich dieses Mal vor dem Obmann platzieren. Aber vor allem war es uns gelungen die Plätze um die Top 20 von Ploermel zu wiederholen was glaube ich ein echter Erfolg für Deutschland ist. Ich möchte es vermeiden hier jetzt über jeden deutschen Teilnehmer zu resümieren um auch niemand auf die Füße zu treten. Dennoch einiges war besonders erwähnenswert. Sowohl Gerhard als auch Klaus-Peter brauchten lange um in die Regatta zu finden konnten aber am Ende bis in die A-Gruppe vorfahren und hätten sicher auch Top Plätze erreicht wenn sie diese Leistung von Anfang an hätten abrufen können. Yogi konnte viel Erfahrung sammeln aber leider hatten immer wieder auch andere die gleiche Vision und so konnte er seine Möglichkeiten nicht voll ausspielen aber auch er war am Ende fast noch in die A-Gruppe aufgestiegen. Elke, Heinz und Christian zeigten sehr stabile Leistungen und konnten sich fast immer im Mittelfeld halten. Max und Dieter hatten richtig Probleme mit den Tricky Bedingungen. Oft hatte man das Gefühl sie versuchten das M-Boot ebenso wie ein IOM-Boot zu fahren – immer wenn das Boot losfahren wollte machten sie noch schnell eine Wende und noch eine Wende und noch eine Wende. Bei Jörg lief aber auch gar nichts und selbst wenn er mal gut dabei war bekam er von den Umpires 6-8 Kringel aufgebrummt.

Resümee
Es hat wieder mal riesigen Spaß gemacht. Die Gemeinde der Marblehead Segler wächst zusammen und wird größer. Die Stimmung war sowohl im ganzen Feld als auch innerhalb der Deutschen Gruppe nicht zu übertreffen. Ein besondere Dank auch an die Deutschen Zaungäste die teils aktiv bei Reparaturen mithalfen leider hatte ich nur wenig Gelegenheit zum Gespräch man ist dann doch sehr fokussiert und konzentriert. Die Vorbereitung mit vielen Regatten in England hatte sich bewährt es viel mir wesentlich leichter mich im Umfeld der A-Gruppe zu bewegen.
Was können wir noch besser machen. Wir müssen lernen auch mit diesen Tricky Bedingungen gut zurecht zu kommen. Das lesen des Windes, finden von Drehern und Böen und das Abschätzen, wann und wie die Böe zur Wirkung kommt kann bei uns noch erheblich verbessert werden. Wir sollten noch mehr als bisher auf unseren Regatten auf richtige Kurse und vor allem Startlinien achten. Immer wieder konnte man beobachten dass wir auf einer bestimmten Seite der Startlinie starten wollten, in der Annahme diese wäre bevorzugt. Die Spitzensegler versuchten aber in der Mitte zu starten und damit alle Optionen offen zu haben. Wir sollten nach Möglichkeit immer Up- und Down Kurse fahren international kommt gar nichts anderes mehr in Betracht und diese Kurse haben Besonderheiten s.o. die wir zu wenig geübt haben.
Bei aller Kritik haben wir uns vorwärts bewegt wir werden immer besser und sollten so weiter arbeiten. Eventuell sollte der ein oder andere noch öfter den internationalen Vergleich suchen. Eine Regatta in England oder Frankreich zu fahren würde ich als Minimum betrachten um die eigene Leistung noch weiter zu verbessern.

Gruß
Henning
 
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