Bauteiloberfläche aus CFK reagiert mit Wasser

Moin zusammen,

Zunächst die Grundbedingungen:

Ich verarbeitete R&G Epoxidharz L mit Härter L in letzter Revision mit Toho Tenax HTS 12K Roving zu einem Bauteil im Wickelverfahren (also positiv Kern).
Dieses Bauteil ließ ich bei ca. 21°C aushärten. Härtezeit lag bei ca. 72 Stunden. Harz und Härter wurden 0,1g genau abgewogen und sehr gut verrührt und umgetopft.
Oberfläche härtete klebefrei aus.
Jetzt besäumte ich das Bauteil und wusch es mit klarem Wasser ab, um die Stäube von den Oberfläche zu entfernen.
Nach dem Trocknen im Freien bei ca. 14°C (Trocknen bei 20°C brachte keinen Unterschied...) war die rohe Oberfläche nicht mehr dunkel/glänzend sondern an den "Kanten" der Fasern weißlich verfärbt und über die ganze Fläche mit einem weißlichen Schimmer versehen. Ein entfernen dieser "Haut" gelang nur mit Schleifmitteln.

Eine Bauteilfläche wurde mit Trennmittel abgeformt und zeigte diese Reaktion nicht.
Also nur die rohe Harz-Faser / Luft Oberfläche zeigte diese Erscheinung.

Die Oberfläche sieht ungefähr so aus wie der weiße Schleier beim Sekundenkleber.

Hat jemand schon mal ähnliche Reaktionen beobachten können?
Wie könnte ich das Problem beheben?

Falls gewünscht kann ich gerne einen Testverusch machen.

Gruß Philipp

Edit: Abspühlen mit: Spiritus; Waschbenzin; Aceton; Spüli Wasser; Wasser und Schrubber... brachten keine Besserung
 

Gideon

Vereinsmitglied
72 h = 3 d = zu kurz für Wasserkontakt

72 h = 3 d = zu kurz für Wasserkontakt

Bei RT-Härtung wird bei derartigen Systemen erst nach 7 d der höchste Vernetzungsgrad erreicht. Um Zeit zu sparen, erhöhe Deine Härtungstemperatur auf 40-50 °C, da bist Du dann nach rund einem Tag durch
 
Okay,

hatte ich fast schon befürchtet.

Dann macht es ja eigentlich Sinn für die Oberfläche Härter S zu nehmen.

Aber warum findet keine Reaktion auf abgeformten Flächen statt?
Bessere Aushärtung wegen Luftabschluss?

Gruß Philipp
 

ROL4ND

User
oha, sehr interessant, wie siehts dann mit der mechanischen Belastbarkeit aus, bei 24h Harz Systemen ?
Auch erst nach 7 Tagen oder sind, Beispielweise, nach 48h bereits 90% erreicht?


In meinem Fall ein Wurfblade eines DLG...


Nicht das ich den wegen Ungeduld zu früh belaste.


Gruß Roland
 

Claus Eckert

Moderator
Teammitglied
Hallo Stefan

Auf die Gefahr hin Threadnapping zu betreiben hätte ich eine Verständnisfrage nach dem Lesen des von Dir verlinkten PDF:
Vereinfacht ausgedrückt kennzeichnet TG die maximal(st) mögliche Temperatur beim Tempern? Unabhängig von der Anwendung betrachtet.
 
Zuletzt bearbeitet:

Gideon

Vereinsmitglied
Die Tg bezeichnet die Glasübergangstemperatur und lässt Rückschlüsse auf die mechanischen Eigenschaften und vor allem auf die Temperaturbeständigkeit einer polymeren Matrix zu
 

Claus Eckert

Moderator
Teammitglied
Danke. Verstanden. :)
 
Ergänzungen:
- Der Glasübergang ist gleichbedeutend mit einer Erweichung der Matrix (kann auch mechanisch gemessen werden, z.B. über dynamisch-mechanische Analyse), d.h. ein niedriger Tg führt zu früher Erweichung bei Erwärmung.
- Die Glasübergangstemperatur beim gehärteten Harz ist noch abhängig vom Sättigungszustand mit Feuchte. Bei voll gesättigtem Harz ist der Tg deutlich reduziert!
- Wenn der Aushärtungsgrad klein ist, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die noch freien Monomere mit anderen Reaktionspartnern ausreagieren, höher. D.h. wenn hier Wasser zur Verfügung steht, kann bei bestimmten Harzen eine ungewünschte Reaktion erfolgen, die nicht reversibel ist (keine physikalische Einlagerung von Feuchte wie bei der typischen Wasseraufnahme von Polymeren).

Ergo ist bei den meisten Harzen eine möglichst vollständige Härtung durch Einfluss von Wärme sinnvoll (Warmhärtung oder Temperung).

Gruß, Azi
 

Gast_8039

User gesperrt
Alles richtig und schön beschrieben!
Noch eine weitere Ergänzung:
mit einer DMA kann ich auch noch evtl. eingelagerte Fremdsubstanzen/ Monomere/ flüchtige Bestandteile nachweisen, die eine "scheinbare" Tg-Minderung hervorrufen. Scheinbar deshalb, weil der Härtegrad des neuen Materials höher lag als geschädigt.
Generell gilt weiterhin: die Erweichung, die ab ca. dem Onset-Wert (also Beginn des exothermen peak) beginnt, entspricht in ungefähre der Wärmeformbeständigkeitstemperatur (z.B. HDT nach ISO 75). Beständigkeit ist mechanisch erkennbar am Relaxationsverhalten unter statisch mechanischer Last (oft auch "Kriech"verhalten genannt, halte das aber für falsch weil duroplast sich degressiv verhält). Ab HDT "bricht" ebenso auch die Beständigkeit gegen chemischen und hydrolysierenden Medien ein. Hydrolyse dürfte hier der Auslöser gewesen sein. All diese Beständigkeiten hängen stark von der Einflusstemperatur in Kombination mit dem zeitgleichen Härtungsgrad ab, übrigens auch Permeationsprozesse. Praktische Konsequenz: ist der zum Zeitpunkt der mechanisch/ chemischen Beeinflussung vorliegende Anfangs-Härtungsgrad nicht ausreichend, damit die HDT weit genug (ca. 10-15K) oberhalb liegt, dann gibt`s Ärger. Fasern zeichnen sich an der Oberfläche ab, oder das Material verformt sich, oder nimmt chemischen Schaden. Das kann auch in recht kurzer Zeit stattfinden.
 
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