Du, lieber Nobelpreis, bist du noch ganz sauber?

So, ihr Hohlköpfe, jetzt mal Ruhe hier im Schwatzkeller. Jetzt kommt Kultur!
Der Literaturnobelpreis ging soeben nach Schweden an Tomas Tranströmer!
Kostprobe seines Schaffens:


Hinterm Glas des Terrariums
die Reptile
seltsam sorglos.

Eine Frau hängt Wäsche auf
im Schweigen.
Der Tod ist windstill.

In der Tiefe des Bodens
gleitet meine Seele
schweigend wie ein Komet.


Dieses Gedicht stammt aus:
„Das große Rätsel“ von Tomas Tranströmer, übersetzt von Hanns Grössel
Erschienen im Hanser-Verlag
Alle Rechte liegen beim Verlag.



So lieber Nobelpreis, das war schon nicht schlecht, aber jetzt komm ich an die Reihe, der kleine Maaatin:


Die Sonne liegt
wie ein Hering
auf dem Teller des Himmels.

Fußspuren in meinem
Bauchnabel.
Von dir? Von mir?

Mein Herz verborgen
unter schlaffem
Tuch.



Wer war jetzt besser?
 
Ganamu!
Ganameh!

Das Rufen der Halme
unter dem Messer
des Mantels.

Wie Glas
das Loch im Licht.
Ein Klagen?


Hey, es läuft, ich kann gar nicht mehr aufhören!
 
Backe backe Kuchen
der Bäcker hat gerufen

Willst du schönen Kuchen machen
musst du haben ...



Ah, ich fürchte, ich lasse etwas nach. Schreibhemmung.
Probiert ihr doch mal!
 
Poetisch?

Ganz und gar unpoetisch fühle ich mich!
Man stelle sich bitte vor, dass um diese Etage des Literaturbetriebs eine riesige Schar subventionierter Schwätzer und Pfauen kreist. Mit welchem Erfolg?
Das, was zur Förderung von Bildung und Wissen gedacht war, nämlich die Stiftung des Alfred Nobel, trägt dazu bei, das "Volk" von seiner Intelligenzia zu trennen.

Markus, kommst du dir nicht auch vera***** vor, wenn du so etwas wie das erste (reale) Gedicht liest?

Eine Frau hängt Wäsche auf im Schweigen! Der Tod ist windstill!

Also, ich bitte euch!
 
Der Wolf, das Lamm, auf der grünen Wiese...
HURZ!
Und das Lamm schrie
HURZ!
Der Wolf, das Lamm, ein Lurch lugt hervor!

"Das ganze erinnert mich ein bißchen an Peter und der Wolf..."
"Ja kommen da noch mehr Tiere vor außer Wolf und Lamm?"

HURZ!
Und das Lamm schrie
HURZ!

Der Habicht sieht die Gegenwart!
Kampf!

"Ja, ähm, auf mich - ich sags ganz ehrlich - wirkt das ganze eher komisch."
- Da unterstelle ich, dass da kein intellektueller Zugang ist!
"Das kann gut sein, sicher, aber es muss ja wohl erlaubt sein zu sagen, ich kann damit nichts anfangen
Deswege müssen sie doch nicht sagen, dass ich also weniger intellektuell wäre als andere Leute"

HURZ!
Und das Lamm schrie
HURZ!

Der Wolf, das Lamm, auf der grünen Wiese!
"Wolf und Lamm, liegt darin nicht auch die Division einer möglichen Versöhnung?"
- Das ursprüngliche Gefühl, was wir in uns haben, ist der Kampf!

HURZ!
Und das Lamm schrie
HURZ!

"I think you wanted to test the audience. Well, I think your hole life is a test of the audience and the people"

Der Wolf - der Wolf
der Lurch - der Lurch
der Habicht - der Habicht
und das Lamm - und das Lamm
Der Wolf - der Wolf
der Lurch - der Lurch
der Habicht - der Habicht
und das Lamm - und das Lamm schrie
HURZ!
Und das Lamm schrie
HURZ!
Und der Wolf und der Lurch und der Habicht und das Lamm schrie
HURZ!




:D
 
Markus, kommst du dir nicht auch vera***** vor, wenn du so etwas wie das erste (reale) Gedicht liest?
Nein. Ich werde mir nicht anmassen, aufgrund von drei beispielhaft herausgepickten Haikus das Lebenswerk eines Poeten zu beurteilen.

An einem Haiku kann ich beurteilen, ob das Handwerkliche eingehalten wurde. Es wurde. Und dann ist so ein kurzes Gedicht, gerade mit den Stilvorgaben des Haikus, inherent obskur. Es spricht mich an, oder es spricht mich nicht an. Gute Poesie spricht viele an. Ich werde mir nicht herausnehmen, es in Grund und Boden zu verdammen, wenn ich nichts über den Gemütszustand des Verfassers zur Schreibzeit weiss.

Kommt noch dazu, dass es offensichtilch Übersetzungen sind. Poesie, gerade in dieser Form, kann man nicht übersetzen, man kann sie nur nachdichten. Wir beurteilen also den Übersetzer mindestens genauso wie den Autor.
 
Hurz ach so lang
Ach so lang ist wirr das Fell!
Welch Vergessen der Nacht!
Baum Lache und enstehe!
Ach so lang!
Ja Hurz, verbummeln und waschen
Ist brutal,
So furchtbar und wirr!

Dieses Gedicht ist automatisch erstellt mit Poetron

http://www.poetron-zone.de/poetron.php

und ohne Unterschrift gültig.
 
Hihi, bei Amazon natürlich kein einziges Buch von Tranströmer vorrätig. Alles "lieferbar in 7 bis 12 Werktagen". Da wird jetzt Panik herrschen.
Hätte man aber doch wissen müssen, dass Tranströmer ein heißer Kandidat ist. Nirgendwo strömt der Tran so schön.

Und die Lemminge der Literatur sind natürlich eifrig am bestellen. Seit meinem ersten Posting ist die Schwarte von einem sechsstelligen Platz auf Platz 16.400 geschnellt.
Nr. 26 in Lyrik!

@Frank: Super! Ich schätze, wir gewinnen beide.
 
Und die Lemminge der Literatur sind natürlich eifrig am bestellen. Seit meinem ersten Posting ist die Schwarte von einem sechsstelligen Platz auf Platz 16.400 geschnellt.
Dann ist also einer, der sich selbst eine Meinung bilden will, und nicht aufgrund von drei kurzen Gedichten aburteilen, ein Lemming?

Sorry, Du disqualifizierst Dich gerade kräftig selber.
 
Du hast natürlich recht – im Ernst. Sorry auch, dass ich dein engagiertes Posting (Nr. 7) überlesen habe. Daraufhin habe ich gleich mal den Begriff „Haiku“ gegoogelt, war mir unbekannt.

Immerhin musst du mir zugute halten, dass ich mich nach Bekanntwerden der Verleihung informiert habe, was Tranström denn so macht. Bin immer auf der Suche nach Anregungen. Die Büchner-Preisträger, die lese ich zum Beispiel aus Prinzip. Wobei „lesen“ nicht immer ganz zutrifft. Manchmal muss ich mich schon arg quälen.

Außerdem liebe ich diesen Cartoon mit dem abstrakten Klecksel-Bild in einer Galerie. Unter dem Bild steht groß:

NEIN, das kannst du NICHT!

Ich bin also nicht ganz der Typ, der Flaschenöffner und Fernbedienung für die höchsten Güter der Moderne hält.

Trotzdem habe ich mich über diese Preisverleihung echt geärgert, und da stehe ich – mit Verlaub – nicht ganz allein. Wobei mein Urteil als Amöbe natürlich – wie du richtig sagst – in Stockholm kaum für Aufregung sorgen wird.
 
Es ist doch so: Selbst in den Gebieten, wo ich mich einigermassen auszukennen glaube (Physik, Mathe und so) sind die Themen, die vom Kommitee prämiiert werden derart esoterisch, dass wir Fussvolk das nicht wirklich nachvollziehen können. Umsomehr gilt das (für mich) für Bereiche, die sich meinem Fachgebiet entziehen, wie z.B. Literatur. Tranströmer ist aber seit Jahren für den Preis im Gespräch. Das spricht dafür, dass seine Arbeit für die Fachleute wirklich Qualität hat.

Natürlich gibt es auch immer den Scharlatan 1), der das Publikum und den Kunstmarkt mit seinen "Werken" vorführt. Über Jahre und ein breites Publikum ist so einer aber nicht erfolgreich.

1) Wobei solche Scharlatanerie (Des Kaisers neue Kleider) wieder eine Kunstform in sich ist.
 
Was die Exotik der Wissenschaftspreise angeht, stimme ich dir grundsätzlich zu, wobei wir mit dem diesjährigen für Chemie ziemlich gut bedient sind: Der ist sogar schon in modernen Alltagsgegenständen aus Metall "eingebaut".

Die Leistung des mir bis eben unbekannten Tranström zu kommentieren, steht mir natürlich nicht zu. Wie du sagst: Irgendwas wird schon dran sein. Subjektiv habe ich zunächst mal Respekt vor einem alten Mann, der seinen stilistischen Weg gegangen ist, oder wie man in der Musik sagen würde: Er hat sein Ding gemacht.

Aber bei Zitaten wie dem folgenden fühle ich mich einfach von einer selbsternannten Elite als Depp stigmatisiert:

"Gewürdigt werde Tranströmers kondensierte und klare Bildsprache, die einen frischen Zugang zur Realität erlaube, erklärte die Schwedische Akademie zur Begründung."

Klare Bildsprache? Zugang zur Realität? Frisch?
Ich sage nichts mehr, ich muss wohl erstmal mehr von ihm lesen.
 
...da hätte ich mir doch den Literaturnobelpreis eher für dieses sprachliche Kleinod des leider viel zu früh verblichenen Vico von Bülow gewünscht:

Melusine!
Kraweel, Kraweel!
Taubtrüber Ginst am Musenhain!
Trübtauber Hain am Musenginst!
Kraweel, Kraweel!

Grüße
Stephan:)
 
Ach, man muss nicht alles verstehen.

Zieht euch das hier mal rein (mit Ton bidde!), mit allen Links auf der Site. Der liebe Kurt Schwitters scheint schon ein Mordstyp gewesen zu sein. Aber zum Nobelpreis scheint es nicht gereicht zu haben....
 
Martin: Du bist nicht allein!

Martin: Du bist nicht allein!

Quelle:
http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,790323,00.html
"Ich habe keine Ahnung, wer der Lyriker ist", sagte Deutschlands wichtigster Literaturkritiker in einer ersten Reaktion der Nachrichtenagentur dpa. Auf die Frage, ob er Verständnis für die Vergabe des weltweit wichtigsten Literaturpreises an den 80-jährigen Schweden habe, meinte der 91 Jahre alte Reich-Ranicki: "Ich glaube nicht".

Wobei ein Verriss, oder doch wenigstens ein "ignoriert werden" durch IHN ja eigentlich schon wieder ein Adelsprädikat ist;)

Gruß, Thomas
 
Ja - sich selbst findet er sicherlich gut :)

MfG Martin
 
Ach, man muss nicht alles verstehen.

Zieht euch das hier mal rein (mit Ton bidde!), mit allen Links auf der Site. Der liebe Kurt Schwitters scheint schon ein Mordstyp gewesen zu sein. Aber zum Nobelpreis scheint es nicht gereicht zu haben....

Gut. Nun kommen wir also zum Kern und ich verweise hier gerne auf einen Thread aus einer Zeit, als bei RC-N die Poesie einen weit höheren Stellenwert besaß.
Unvergessen: http://www.rc-network.de/forum/showthread.php/20452-Ich-will-ein-Dada-Subforum-und-das-Mod-werden-!!

Kann ein Thread für den Literaturnobelpreis vorgeschlagen werden?

:D
Grüße
Stephan
 
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