Ball flach halten!
Ball flach halten!
Lieber Thomas, ich grüße Dich.
"Losschreien" werde ich mit Sicherheit nicht - das ist einfach nicht so mein Ding. Aber einige der von Dir in den Raum gestellten Aussagen möchte ich nicht gerne unkommentiert lassen. Das betrifft zum Beispiel die Phrase: "am Alten festzuhalten". F3J ist im Grunde eine der jüngsten FAI-Klassen mit einer beeindruckenden Entwicklungsgeschwindigkeit, das passt diese Aussage nicht mal bedingt. Ich will vielmehr noch dem geneigten Leser, der gerne schon imer mal Fragen bzgl. des F3J-Sports stellen wollte, sich aber nicht oder noch nicht getraut hat, einen kurzen Einblick geben.
Hingegen mancher irrtümlichen Aussagen, die man mancherorts lesen konnte, erfreut sich die Klasse F3J nach wie vor größter Beliebtheit. Sie ist ohne Übertreibung europaweit als die „Breitensportklasse“ unter den großen Klassen zu bezeichnen. Im Sportjahr 2006 fanden immerhin 406 Piloten den Weg zu mindestens einem der CONTEST-Eurotour Wettbewerbe. So viele, wie nie zuvor. Sportler aus 25 Ländern trafen sich auf 13 Wettbewerben in ganz Europa, von England bis in die Türkei, von Holland bis in die Slowakei, was F3J zur internationalsten der FAI-Klassen macht. Doch was ist es, was dieses Potential hervorbringt? Es ist wahrscheinlich der Reiz am Puristischen, dem Thermikfliegen in Reinkultur, dem „ursprünglichen“ Segelfliegen. Es ist in leicht abgewandelter Form eben genau das, was die Mehrzahl der Modellflugkollegen auf den Vereinsgeländen Wochenende für Wochenende begeistert. Ein Segelflugmodell möglicht gut zu beherrschen, um damit so lange man möchte und es die Wetterverhältnisse zulassen „Oben zu bleiben“. Das kann jeder ohne größeren Aufwand in Eigenregie sehr intensiv trainieren. Ähnlich wie die geforderte Punktlandung zum Ende der Rahmenzeit.
F3J-Das Regelwerk:
Über die letzten 10 Jahre hat sich hier ein sehr attraktives und zuverlässiges Programm etabliert, das nach wie vor die Fähigkeiten des Piloten und nicht die letzten technischen Neuerungen in den Vordergrund stellt. Fähigkeiten die gegebene Wetterlage schon vom Boden aus richtig und für den Flug nutzbringend einordnen zu können (F3J-Piloten sprechen hierbei von der Fähigkeit „die Luft lesen zu können“), effizientes Thermikkreisen und die präzise Beherrschung des Segelflugmodells sind hier neben dem Fliegen Mann gegen Mann als die zentralen Charakteristika des F3J-Sports zu nennen. Im Wettbewerb fliegen so immer mehrere (je nach Größe des Teilnehmerfeldes zwischen 8 und 12) Piloten gleichzeitig in so genannten Gruppen.
Gestartet wird ausschließlich mittels Laufschlepp. Jeder Pilot darf maximal drei Helfer einsetzen, maximal zwei davon als Schlepper. Das Hochstartseil darf maximal 150 Meter lang sein und muss aus monofilamentem Material (nicht geflochten, z.B. Nylon) bestehen. In einer zehnminütigen Rahmenzeit muss ein möglichst langer Flug absolviert werden. Die Zeit, die dabei für den Hochstart (bis zum Ausklinken des Modells) benötigt wird, zählt ebenso wenig zur Fugzeit, wie die Zeit, die das Modell vor dem Ende der Rahmenzeit am Boden liegt. Vor dem Ende der Rahmenzeit muss das Modell zusätzlich so nahe wie möglich mit seiner Rumpfspitze an einen Punkt (jeder Pilot hat hierbei seinen eigenen Landepunkt) gelandet werden. Je näher das Modell an diesem Punkt liegt, umso mehr Landepunkte (maximal 100, wenn das Modell zwischen 0 und 1 Meter entfernt vom Landepunkt liegt, jeder weitere Meter Abstand gibt 5 Punkte Abzug) erhält der Pilot. Wird allerdings nach Ertönen des Rahmenzeitsignals gelandet, so werden keine Landepunkte vergeben.
Ein sehr einfach gehaltenes Wettbewerbsprogramm also, das mit vergleichsweise geringem Materialaufwand absolviert werden kann. Den genauen Wortlaut des zugrunde liegenden Regelwerks, sowie viele nützliche Informationen erhalten Interessenten unter den Modellflugseiten des DAeC (
www.daec.de) oder beim Fachreferenten F3J für den DAeC, Karl Hinsch.
Wettbewerbsgeschehen:
Für die F3J-Piloten im DAeC gibt es hier jährlich drei bedeutende Wettbewerbsereignisse, völlig gleich, ob man einfach nur mal gerne in das Wettbewerbsgeschehen „reinschnuppern“ möchte, oder mit großen Ambitionen an den Start geht.
Zum einen sind dies die Wettbewerbe der F3J-CONTEST-Eurotour, zum anderen die Wettbewerbe der Qualifikationsrunde zu einer WM bzw. EM, die immer im Vorjahr zu dem jeweiligen Großereignis stattfinden. Und zu guter letzt natürlich die großen Meisterschaften (WM / EM) selbst, auf welche die qualifizierten Piloten gesandt werden.
Die Wettbewerbe der CONTEST-Eurotour finden in ganz Europa statt und sind Teilwettbewerbe einer Gesamtwertung, die die jeweils besten drei Ergebnisse jedes Teilnehmers für diese Wertung heranzieht. Die Eurotour fasst viele eigenständige Wettbewerbe zusammen und lässt so den internationalen Vergleich in Form einer kompletten Jahresrunde auch außerhalb einer Europa- oder Weltmeisterschaft zu. Die Wettbewerbe erfreuen sich großer Beliebtheit, was Teilnehmerzahlen bis zu 140 immer wieder unterstreichen. Neben den Wettbewerben der Eurotour findet in Deutschland jährlich eine Qualifikationsrunde zu der jeweils anstehenden Europa- bzw. Weltmeisterschaft statt.
Wer sich in der Endabrechnung aller geflogenen Qualifikationswettbewerbe eines Jahres auf den Plätzen eins bis drei wieder findet, darf sich als Mitglied der F3J-Nationalmannschaft bezeichnen. Der Qualifikationsmodus ist hier seit Jahren stabil und als überaus fair zu bezeichnen. Es werden jährlich fünf Wettbewerbe in dieser Quali-Runde zusammengefasst. Dabei ist die zentrale Deutsche Meisterschaft immer Bestandteil dieser Runde, ein nationaler F3J-Wettbewerb, ein CONTEST-Eurotour-Wettbewerb auf deutschem Boden, sowie zwei CONTEST-Eurotour Wettbewerbe im benachbarten Ausland komplettieren die Qualifikationsrunde. Jeder Teilnehmer bringt dabei die jeweils drei besten Ergebnisse in das Endergebnis ein. Die Jugendlichen qualifizieren sich mit ihren jeweils zwei besten Ergebnissen aus den drei Wettbewerben in Deutschland, um für die „Unter-18-Jährigen“ den Reiseaufwand etwas in Grenzen zu halten. Anders als bei allen anderen FAI-Fernlenkklassen gibt es für F3J separate Juniorenwelt- und Europameisterschaften, was in Sachen Nachwuchsförderung sowie –sicherung einen sehr schätzens- und begrüßenswerten Aspekt darstellt. Im Übrigen ist für die Teilnahme an F3J-Wettbewerben keine fliegerische Qualifikation notwendig, man muss also nicht erst an Ausscheidungswettbewerben zu einem Kadersystem teilnehmen oder gar Vorjahresleistungen in das jeweilige Sportjahr mit einbringen. Zur Teilnahme ist lediglich die Mitgliedschaft in einem der Landesverbände des DAeC (auch Einzelmitgliedschaften sind möglich), eine FAI-Lizenz für internationale Wettbewerbe und ein ausreichender Versicherungsschutz notwendig. Dies ist aufgrund der großen Anzahl der in Deutschland fliegenden F3J-Piloten ein angenehmer Effekt, wie ich finde. Jeder der 150 Senioren und bis zu 30 Junioren, die pro Jahr auf den Qualifikationswettbewerben gemeldet sind, hat somit jedes Jahr die Chance einen der drei Nationalmannschaftsplätze zu ergattern und sich für eine große Meisterschaft im darauf folgenden Jahr zu qualifizieren. Fluggeschick und ein sicheres Gespür für Thermik vorausgesetzt. Alle Interessierten, die sich bisher noch in Zurückhaltung geübt hatten möchte ich an dieser Stelle herzlich zu einem oder gar mehreren F3J-Wettbewerben einladen. F3J-Fliegen ist weitaus unkomplizierter als man denkt und das sportliche Fliegen um Sekunden und Landepunkte in seiner reinsten Form andernorts wohl nicht derartig zu erleben. Für viele Neueinsteiger ist es auch die willkommene Abwechslung zum genüsslichen Thermikfliegen auf dem Heimatplatz. Termine und wissenswerte Informationen findet man auf den Internetseiten des DAeC (
www.daec.de), dem deutschen Nationalteam (
www.f3j.de) und der Seiten des Förderkreises Modellsport „CONTEST“ (
www.contest-modellsport.de).
Aus- und Einblick:
Die Klasse F3J beweist nach wie vor als familiär und sportlich fair. Vielen Nationen ist es möglich mit vergleichsweise geringem Aufwand auf Weltklasseniveau sportlich aktiv zu sein. Auch Jugendlichen gelingt der Einstieg in die F3J-Klasse mit vergleichsweise geringem finanziellem Aufwand. Lediglich eine gesunde Portion an Mut, persönlichem Engagement, Fluggefühl und letztlich Spaß an der Sache sind von Nöten. Auch die Modellbauindustrie fördert unseren Sport, nimmt die wichtigsten Strömungen auf und vermarktet diese. Das beschert uns günstige Sportgeräte und den Herstellern ihr täglich Brot. Wobei ich abschließend noch einige wenige Worte zur Technik in F3J verlieren möchte. Hochstart ist nach wie vor kein Geheimnis des eingesetzten Materials mehr, sondern des Trainings und der Übung. Alle gängigen Komponenten des Hochstartequipments sind käuflich zu erwerben, die Seile pfleglich zu behandeln und zu wässern. Auch Olympiazehnkämpfer sind als Schlepper nicht von Nöten, eine Abstimmung des Setups am Modell und die Beschleunigung der Schlepper im richtigen Moment sind für die Hochstarthöhe wesentlich entscheidender.
"Und was ist neu in dieser Saison? Welche Modelle werden eingesetzt?" Das sind sehr häufige Fragen, die immer wieder gestellt werden. In vielen Fachzeitschriften und Internetforen liest man immer wieder diese Fragen bzw. Fragen bezüglich der Wettbewerbstauglichkeit diverser Geräte. Dem geneigten Leser möchte ich eine Faustregel ans Herz legen.
In der Regel gilt: „Die Modelle und das Equipment, das auf internationaler Wettbewerbsbühne häufig und erfolgreich zum Einsatz kommt, ist uneingeschränkt empfehlenswert!“
Viele Trittbrettfahrer bedienen sich hier zugegebenermaßen des Prädikats „F3J“ um ein so genanntes Freizeitmodell an den Mann oder die Frau bringen zu können. Mit Sicherheit kann der experimentierfreudige Modellflugpilot mit einem solchen Modell auch an einem F3J-Wettbewerb teilnehmen und bei gutem Wetter und noch viel wichtiger, gutem Gefühl für Thermik und das Fluggerät auch vordere Plätze belegen, aber auch bei widrigen Bedingung stark enttäuscht werden.
Abschließend bleibt hier zu sagen, dass es „das“ F3J-Modell nicht oder auch noch nicht gibt, „das beste“ F3J-Modell schon gar nicht. Aber die Entwicklung scheint hier glücklicherweise nicht still zu stehen. Immer wieder werden neue Feinheiten erprobt umgesetzt und ausprobiert. Zusätzlich sind die Vorlieben der Piloten auch verschieden. Das Modell mit dem Pilot A in allen Lagen perfekt zu recht kommt, muss für Pilot B nicht die erste Wahl sein. Letztendlich wird hier nach wie vor die Kombination aus Pilot, Modell, Team, Training und dem notwendigen Quäntchen Glück entscheidend über Sieg und Platzierung bleiben.
Soweit eine kurze Zusammenfassung meinersets, um den so oft gestellten Fragen noch nicht informierter Interesenten oder Neueinsteiger Antworten zu geben und Klarheit zu schaffen. Nun noch zu Deinen Statements lieber Thomas:
"
F3J wurde ja urspruenglich als einsteigerklasse entwickelt." Irrtum! F3J wurde als Thermiksegelflugklasse entwickelt. Das oben beschriebene Reglement lässt aber einen Einstieg in die Wettbewersfliegerei einfacher zu, als technisch aufwändigere Klassen.
"Deshalb waere es doch angebracht mal ueber ein anderes konzpt fuer F3J zu nachzudenken, um zu einen das fliegen aktrativer sprich anspruchsvoller und zugleich einsteigerfreundlicher zu machen."
Sollte wirklich der Bedarf an einer einsteigerfreundlichen und gleichzeitig anspruchsvolleren Klasse (Diese Attribute sind meines Erachtens nach gegensätzlich und in F3J schon auf ein Maximum vereint, wie ich finde) bestehen, dann fände ich es sehr begrüßeswert, wenn sich findige Piloten und Funktionäre hier pioniersmäßig arbeitend beiteiligen! Leider sehe ich viele Klassen mit Modellbeschränkungen, wie zum Beispiel die amerikanische 2m-Klasse, die RES-Klasse oder die britische 100inch-Klasse, doe wohl einsteierfreundlicher, aber auf grund der doch geringeren Verbreitung und vieler Ploten, die dann doch zu F3J wechseln, weniger "anspruchsvoller" - sagen wir besser attraktiver - zu sein scheint. Zusätzlich denke ich, liegt es in der Natur der Fliegerei, auch an seinem Material auf dem neuesten Stand zu sein, womit ich nicht nachvollziehen kann, dass eine technicsche Beschränkung der Flugeräte diese günstiger macht. Günstiger werden sie allenfalls durch den Wegfall jeglicher Restriktionen. Dies erweitert für Hersteller die Zielgruppe, da sie keine "Spezialmodelle" bauen müssen.
"30 oder mehr sekunden der flugaufgabe muessen im Rueckenflug absolviert werden.( eliminiert wohl damit die Floater)"
Hmmmm...schwer vorstellbar. Zum einen weisen ausgeprochene Floaterkonstruktionen eine geringere Sinklestung auf als andere Modelle, so dass sie nach 30 sekunden Rückenflug wohl noch länger in der Luft bleiben können, zum anderen Frage ich mich, wieso Du Floater eliminieren möchtest?
"einsatz von (vom veranstalter gestellten?) data-loggern (extrapunkte fuer max hoehe) , kommt hoffentlich frueher oder spaeter."
Ja, denkbar. Steht aber ganz bestimmt deutlich im Gegensatz zu der von Dir geforderten "Vergünstigung" des Sports!
"Eliminierung der stecklandungen ( welche nach meiner meinung schon immer irgendwie krotesk anmuten)"
Was grotesk anmutet oder nicht, liegt bestimmt im Auge des Betrachters. Bleibt nur zu sagen, dass es sich bei der Aufgabe um eine Zielandung handelt, die mit größter Präzision erreicht werden soll. Mittlerweile gibt es die "Stecklandung" eigentlich kaum noch. Zum einen gelingt das mit den jetzigen leichten Flugzeugen nicht mehr (die bleben einfach liegen, nachdem sie mit der Nase auf dem Ziel "aufgedotzt" sind), zum anderen fehlt in der Rgel bei derartig harten Landungen zumeist die erforderliche Präzision den Punkt zu treffen.
Nun gut, eines muss ich noch loswerden, wobei ich eventuell dann doch etwas persönlich werden könnte (nur "Losschreien" werde ich immer noch nicht!). Mir fällt es ausgesprochen deutlich auf, lieber Thomas, dass Verbesserungsvorschläge, gerade wenn diese grotesk anmuten, ausschließlich von Leuten gemacht werden, die noch nie bei einem der zur Diskussion stehenden Wettbewerbe gesehen worden sind bzw. sogar teilgenommen haben. Vielmehr denke ich, dass Unmutsbekundungen eher die Ausnahme sind, denn sonst würde sich im speziellen F3J nicht einer so großen Beliebtheit erfreuen (Auch was den Nachwuchs angeht!). Hier ist vielleicht der "Eiskunstlaufvergleich" sehr anschaulich. Ich selbst bin mit meinen 198cm und 100kg Lebendgewicht nur sehr bedingt von graziler Gestalt und mache ugegebenermaßen keine gute Figur auf Schlittschuhen. Ich kann erst recht keinen dreifachen Rittberger oder die Kombination aus Towloop und Axel auf das Eis zaubern. Aber genau deshalb versuche ich auch nicht die bestehenden Regeln des Eiskunstlaufens dahingehend abzuändern, dass Doppelzentnerschwere Eisathleten und hinternrutschende Wuchtbrummen der Maßstab für hohe Wertungsnoten sind. Ich würde allenfalls versuchen meine sportliche Gestalt in Form zu bringen, zu üben und zu trainieren und dann ggf. teilnehmen und feststellen, dass ich noch weiter üben muss und werde, oder eben herausfinden, dass dieser Sport nun mal nichts für mich ist!
So far so good:
Euer Philip