"Silan" Gewebe?

Hallo Modellbauer,

was ist eigentlich Silan Gewebe? Scheint ja um vielfaches Günstiger als "normales" Gewebe. Wo liegen die Nachteile? Hab gehört dass es keine Luftfahrtzulassung hat. Warum? Hat das mit der Festigkeit zu tun?

Danke!

Gruß,
Marco :)
 

Yeti

User
Hi Marco!

Silan ist ein Finish (Schlichte), das heißt eine Beschichtung der Fasern, die die Haftung zwischen Harz und Fasern verbessern soll.

Gewebe nach Luftfahrtnorm muss gewisse Materialtests bestehen, unter anderem ein Dauerfestigkeitstest, bei dem ein +/-45° Laminat auf Zug/Druck beansprucht wird, also eine Belastung, die nicht in Faserrichtung verläuft. Mit diesem Test soll die Dauerfestigkeit der Faser-Harz-Anbindung getestet werden. Luftfahrtzugelassene Gewebe erreichen hier 100.000 Lastwechsel bei 10 Promille Dehnung.

Dass Gewebe mit Silanschlichte keine Luftfahrtzulassung hat, kann mehrere Gründe haben: Z.B. dass es nicht die geforderte Dauerfestigkeit erreicht, oder dass es einfach noch niemand getestet hat ;)

Was die statische Festigkeit angeht, sind mir keine nennenswerten Unterschiede bekannt.

Gruß Yeti

[ 01. Dezember 2003, 15:12: Beitrag editiert von: Christian Ückert ]
 

Moswey

User
Verstärkungsfasern können ihre Funtion nur erfüllen, wenn die Matrix (das Harz) optimal an der Faser haftet.
Nun: Glas kann, so wie es abgezogen wird, nicht verarbeitet werden (spinnen, weben etc.). Es wird daher mit einer sog. Spinnschmiere behandelt und erst dann zu Fäden gesponnen und gewoben. Anschliessend wird diese Spinnschmiere, entweder chemisch oder thermisch, weggemacht und das fertige Gewebe in einem weiteren Arbeitsgang mit einem Finish versehen, eben gefinished. Das sind in der Regel Chromkomplexe wie I-550, Volan A03, FK-144,u.s.w., alles Luftfahrtzugelassene Rezepturen.
Diese Produktionsart ist aber aufwändig und für simplere Anwendungen geht man einen anderen Weg, nämlich, man nimmt als "Spinnschmiere" eine Silansosse, die einerseits ebenfalls als Spinnschmiere funktioniert und gleichzeitig auch als Haftvermittler verwendet werden kann (sog. Fadensilan). Das ergibt dann eben Gewebe mit lediglich Silanschlichte.
Schichte und Finish dürfen nicht miteinander verwechselt werden.
Die Haftung der Matrix an der Faser ist mit gefinishten Geweben doch um einiges besser und die Festigkeit eines Laminats nimmt damit natürlich ebenfalls zu.

"Silan ist ein Finish (Schlichte)" ist demzufolge nicht ganz richtig. Aepfel und Birnen sind auch nicht dasselbe, obschon beides als Obst gilt!
 
Dankeschön erstmal.

also ist Silan Gewebe wohl nicht so stabil wie "Finish" Gewebe. Gibt es hierzu (im Netz) irgendwelche genaueren Auskünfte über die Stabilität des Laminats?

Wie sieht es aus mit der Verwendung im Formenbau?

Gruß,
Marco
 

Yeti

User
Moin nochmal!

Moswey hat natürlich recht. Finish und Schlichte ist nicht das selbe. Für den Endverbraucher erfüllt beides aber den selben Zweck: Haftvermittlung zwischen Harz und Faser, wobei die Schlichte bei der Herstellung des Gewebes eine zusätzliche Funktion als Gleitmittel und Schutzschicht der Faser erfüllt.

@Marco: Für den Formenbau würde ich das Gewebe mit Silanschlichte bedenkenlos einsetzen. Wie gesagt treten die Unterschiede vor allem bei Beanspruchungen quer zur Faser und unter Aspekten der Dauerfestigkeit zutage. Beim Formenbau kommt es ja vor allem auf ausreichende Wandstärke und Steifigkeit an und nicht so sehr auf die Festigkeit (oder was hast du mit der Form sonst noch vor ;) ) Und solange du keine Großserie mit einer Stückzahl > 100.000 aus der Form holen willst, spielt sicherlich auch die Dauerfestigkeit nicht wirklich eine Rolle.

Gruß Yeti
 

Moswey

User
Hallo ihr beiden.
Wie bereits von Yeti erwähnt, für den Formenbau genügen Gewebe mit Silanschlichte allemal.
Gefinishte Gewebe gibt es nur als Glasfilamentgewebe ab ca. 100gm2 bis ca. 400gm2.
Für den Formenbau werden aber oft schwere Rovinggewebe verwendet und die gibt es sowieso nur in Fadensilan.

Noch zu der Bemerkung von Yeti "Wie gesagt treten die Unterschiede vor allem bei Beanspruchungen quer zur Faser...."
Aufpassen: Gewebe werden zwar u.a. wie beschrieben getestet. Die Haftung der Matrix an der Faser spielt aber auch auf die Zugfestigkeit in Faserrichtung eine Rolle. Es ist massgebend, ob die anfallenden Kräfte optimal an die Nachbarfasern weitergeleitet werden oder eben nicht. (Die Beanspruchung quer zur Faser interessiert eigentlich niemand, da sowieso sehr schlecht.)

[ 03. Dezember 2003, 10:50: Beitrag editiert von: Moswey ]
 
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