Original erstellt von waliser:
...Das bedeutet doch, im Langsamflug wirkt der Druckpunkt schon als ausgleichendes Moment zum aerodynamischen Tragflaechenmoment, im Schnellflug unterstuetzt der Druckpunkt das Tragflaechenmoment, bin ich da richtig?
Also man muss sich schon auf eine Betrachtungsweise (=Denkmodell) einigen.
Entweder wir gehen davon aus, dass der Auftrieb des Flügels im Druckpunkt angreift und dieser sich verschiebt. Und zwar bei größerem Anstellwinkel nach vorne und bei kleinerem Anstellwinkel nach hinten.
Definition: Der Druckpunkt ist der Punkt, um den der Auftrieb kein Moment erzeugt -> Angriffspunkt des Auftriebes (analog zum Schwerpunkt als gedachter Angriffspunkt der Gewichtskraft).
Oder wir tun so, als ob der Auftrieb in einem festen Punkt angreift, nennen diesen Punkt "Neutralpunkt" und berücksichtigen die Tatsache, dass der Auftrieb in Wirklichkeit in einem anderen Punkt angreift durch die Einführung eines (Dreh-)Momentes.
Definition: Der Neutralpunkt ist der Punkt, um den eine Änderung des Anstellwinkels nicht zu einer Änderung des Momentes führt.
Die Sache mit dem Druckpunkt ist recht anschaulich, dafür aber schlecht zum Rechnen, der Neutralpunkt ist gut zum Rechnen aber irgendwie wird die Sache um einiges abstrakter (Momente sollen daraus resultieren, dass man so tut als ob der Auftrieb nicht da angreift, wo er es tatsächlich tut
). Wie es auch sei: Mit beiden Ansätzen kommt man natürlich auf das gleiche Ergebnis, allerdings sollte man nicht beide durcheinander würfeln. Also entweder beweglicher Druckpunkt ohne aerodynamisches Moment oder Auftrieb im Neutralpunkt + aerodynamisches Moment.
Soll das in heissen, dass ich mit einer Aenderung des HLW-Winkels von alpha eine Aenderung des Anstellwinkels der Flaeche von >alpha erreichen kann, da ich ja im Langsamflug (gezogen), Auftrieb erzeugen muss, also einen hoeheren Anstellwinkel des Leitwerkes haben muss als im Schnellflug...
Aber so ist es doch: Der Anstellwinkel ist im Langsamflug größer als im Schnellflug. Das gilt für den Flügel genauso wie für das Leitwerk, denn beide sind ja am selben Rumpf befestigt. Da es hinter dem Flügel einen Abwind gibt, der Einfluss auf die Anströmrichtung des Leitwerks hat, ändert sich allerdings der Anstellwinkel des Flügels nicht genauso wie der Anstellwinkel des Leitwerks (nur der Vollständigkeit halber).
...Das wuerde in letzter Konsequenz heissen, dass die Stabilitaetsbedingung erst dann nicht mehr erfuellt ist, wenn ich bei alpha=0 jeden beliebigen Anstellwinkel der Flaeche erzeugen kann?
Nicht ganz: Die Grenze zwischen Stabilität und Instabilität (Indifferenz) ist dadurch gekennzeichnet, dass man mit ein- und demselben Höhenruderausschlag bei jeder Geschwindigkeit fliegen kann -> Ein Änderung des Anstellwinkels führt dann nicht mehr zu einem rückstellenden Moment sondern zu einem neuen Gleichgewichtszustand ohne Änderung des Höhenruderausschlags.
Das alles hat aber nichts damit zu tun, dass ein Aendern der EWD sich lohnt im Vergleich zum Nachtrimmen, da es nur um Wiederstaende geht?
Zwei Aspekte spielen eine Rolle. Erstmal muss das Höhenleitwerk so eingestellt sein, dass die Ruderwirkung für den gesamten Geschwindigkeitsbereich ausreicht. Über die EWD verschiebt man diesen Bereich:
EWD vergrößern -> fliegbarer Geschwindigkeitsbereich verschiebt sich in Richtung Langsamflug
EWD verringern -> fliegbarer Geschwindigkeitsbereich verschiebt sich in Richtung Schnellflug.
Wenn diese sogenannten "Steuerbarkeitsgrenzen" (Gleichgewichtszustände, für die der volle Ruderausschlag erforderlich ist) außerhalb des Geschwindigkeitsbereiches liegen, für den das Flugzeug vorgesehen ist, dann kann man noch hinsichtlich des Widerstandes optimieren. Je nachdem, ob das Modell überwiegend im Langsamflug (Thermik) eingesetzt wird oder als Hangfräse.
Gruß Yeti