Hallo Sven,
ich versuche Deine Frage mal möglichst kurz zu beantworten, aber es wird trotzdem keine kurze Antwort weil das Thema viele Abhängigkeiten hat und deshalb recht umfangreich ist
Zunächst hat die Anzahl und Wirkung der Klappen beim Nuri genauso viel oder wenig mit dem Profil zu tun wie beim Leitwerker, also S-Schlag oder nicht ist erstmal vollkommen Wurscht.
Um zu verstehen wie ein Nurflügel grundsätzlich funktioniert kann man die Funktion einiger Bauteile des Nuris mit Bauteilen von Leitwerkern vergleichen. Der Vergleich hinkt manchmal etwas, deshalb ist diese Aufzählung nicht vollständig und auch nicht immer ganz korrekt:
Höhenleitwerk (Leitwerker) = Außenflügel (Pfeil) = Profilendfahne (Brett)
EWD (Leitwerker) = Schränkung (Pfeil) = Größe S-Schlag (Brett und ungeschränkter Pfeil) = Klappengrundstellung Höhenruder (Brett und ungeschränkter Pfeil)
Flügel (Leitwerker) = Flügel (Brett und Pfeil)
Pilot (Leitwerker) = ein bisschen kranker Pilot (Nurflügel)
Die grundsätzlichen Einsatzmöglichkeiten hängen von der Pfeilung ab, denn Pfeilung bildet einen Hebelarm zwischen inneren und äußeren Klappen.
Wenn Pfeilung vorhanden ist kommt noch der Einfluß der Streckung dazu, denn höhere Streckung vergrößert den Hebelarm zwischen innerer und äußerer Klappe trotz gleichem Pfeilwinkel.
Grundsätzlich ist es sogar so, dass der Hebelarm das entscheidende ist, nicht die Pfeilung. Beim Brett ist der Hebelarm besonders kurz und das Leitwerk ist ganz im Profil integriert.
1. Brett:
Bei einem ungepfeilten oder gering gepfeilten Brett gibt es keinen nennenswerten Hebelarm zwischen inneren und äußeren Klappen. Jeder Ausschlag der Innenklappen benötigt einen Gegenausschlag der Außenklappen um die Momentenbilanz wieder auszugleichen. Der Auftriebsgewinn des Innenflügels wird durch den Auftriebsverlust des Außenflügles aufgehoben
Hier lassen sich die 4 Klappen nur als Butterfly-Landehilfe und mit speziellen Mischungen als Kompensation des negativen Wendemoments nutzen. Eine auftriebserhöhende Wölbklappenwirkung ist nicht vorhanden. Bei der Butterfly-Mischung beim Brett kommt noch dazu, dass sich die Profilmomente über den Klappenweg bei vielen Brettprofilen nicht linear ändern und deshalb ein fahren über Bremsklappenknüppel oder Schieber zu starken, ungewollten Nickbewegungen führen kann.
Deshalb sind stark nach unten fahrende innere Butterfly-Klappen beim Brett nur schwer beherrschbar und meist fährt man relativ geringe Ausschläge über einen Schalter digital Ein / Aus
2. Pfeilflügel mit relativ geringer Pfeilung (z.B. CO5):
Mit zunehmender Pfeilung vergrößert sich der Hebelarm zwischen innerer und äußerer Klappe stärker als der Schwerpunkt nach hinten wandert. Damit kann man "echte" Wölbklappen einsetzen, denn wenn die inneren Klappen nach unten gefahren werden wandert der Hebelarm stärker nach hinten als der Schwerpunkt. Wenn die inneren Klappen nach unten gefahren werden muß man bei den äußeren Klappen mit zunehmender Pfeilung auch zunehmend weniger Gegenausschlag geben um das abnickende Moment der inneren Klappen auszugleichen. Der Gesamtauftrieb des Flügels wächst. Trotzdem ist es immer noch so, dass nur die inneren Klappen den Auftrieb erhöhen, die äußeren nehmen aber einen Teil dieser Auftriebserhöhung für den Momentenausgleich wieder weg.
Butterfly und Spezialmischungen zur Unterstützung des Kurvenflugs werden mit zunehmnder Pfeilung immer effektiver.
3. Pfeilnurflügel mit hoher Pfeilung (z.B. E.T, X-mess, Triad, Multibumm)
Wie bei 2. vergrößert sich der Hebelarm zwischen innerer und äußerer Klappe stärker als der Schwerpunkt nach hinten wandert. Bei Pfeilungen von ~30° und mehr von Pfeilflügeln mit Streckungen zwischen ~10 und ~13 liegt ein großer Teil des Innenflügels komplett vor dem Schwerpunkt. Ein Ausschlag der inneren Klappen hat eine starke Auftriebserhöhung des Innenflügels und einen aufnickenden Moment zur Folge. Z. B. beim X-Mess ist das aufnickende Moment bei kleinen Wölbklappenausschlägen noch moderat und kann gut zum eintrimmen des Flugzustands Thermik / Strecke / Speed genutzt werden. Höhenruderausschlag wird dabei nur noch für Manöver gegeben.
Beim setzen von Butterfly mit starkem Ausschlag der inneren Klappen nach unten entsteht ein aufnickendes Moment das durch nach unten (!) fahren der äußeren Klappen ausgeglichen wird.
Der Auftrieb des Flügels erhöht sich stark weil alle Klappen eine Erhöhung des Profilauftriebs bewirken. Das Modell kann sehr langsam geflogen werden, die Bremswirkung kommt von der Störung der Zirkulationsverteilung durch den unterschiedlich starken Ausschlag der inneren zu den äußeren Klappen und das fest stehende Endleistenstück dazwischen.
Bei starken Pfeilungen kann es so weit gehen, dass die inneren Klappen als Höhenruder dienen können (z.B. Multibumm) und dabei beim "ziehen" nach unten fahren ("sinnrichtige Klappenwirkung"), sie wirken damit als Höhenruder und Wölbklappe gleichzeitig. Beim Triad geht das so weit, dass für den Thermikflug alle Flügelklappen nach unten fahren und damit alle Klappen sinnrichtig wirken. Das ist auch ideal zur Auftriebserhöhung im Hochstart und an der Winde.
Leider haben sehr hohe Pfeilungen den Nachteil dass dabei Querströnmungseffekte zu Leistungsverlust und schlecht trimmbaren Flugzuständen führen, das macht die Vorteile dieses Konzepts wieder zunichte wenn man über die Pfeilwinkel der bewährten Konzepte hinaus gehen will.
Es gäbe zu Klappen am Nurflügel noch sehr viel mehr zu schreiben, aber .....des soll erschtemal genuch Fudder zu dem Thema sei.....
Gruß,
Uwe.