Hallo Thorsten,
es reizt mich natürlich die Fachsimpelei von Yeti und Hartmut mit zumachen. Zunächst aber ein Hinweis zu deinen Haarrissen. Die sind meistens aufgrund von Schrumpfungen der Polyesterdeckschicht in der Rumpfaussenlage entstanden. Ein reiner Schönheitsfehler, der wegen der schönen Verkaufsoptik vieler Hersteller zu finden ist. Viel Polyester verdeckt zwar den Pfusch im Laminat und den ungleichmäßigen Auftrag, zeigt aber später das von Dir monierte Bild. Dann ist der Flieger halt "weichgekocht", damitman sich endlich einen neuen kauft. Alles nach dem Motto, GFK, Flieger wollt ihr denn ewig leben?
Nun zum Weichkochen. Der Begriff stammt aus der 5 KW-Windenzeit beim F3B, als man noch mit GFK und vor allem Carbon sehr viel herumexperimentiert hat. Und auch heute gibt es noch Weichkocherei. So munkeln Luftfahrtgesellschaften über Weichgekochte CFK-Leitwerke beim Airbus.
Wir rechnen alle überwiegend mit statischen Kräften und vereinfachen Schwingungskräfte dazu. So werden viele Einflüsse aus dynamischen Kräften nicht korrekt oder z.T. gar nicht in die Strukturauslegung mit einbezogen, bevor man rechnet. Im Modellflug "konstruieren" die meisten ohnehin empirisch mit Ausnutzung der Erfahrungen der Käufer. Die meisten Versagenszustände treten deshalb innerhalb einer Konstruktion zunächst nur örtlich auf, z. B. in Schubzonen, Verklebungszonen, Beulzonen, weil die "Erfahrung" nur die Dimensionierung wesentlicher Bauteile für bestimmte Annahmen berücksichtigt: z.B.
Holm für Biegung, Schale für Torsion. Das ist zwar oft hinreichend bringt aber nicht die gewünschte Optimierung. Verstärkungen der Schalenhaut mit CFK zwingen Biegekräfte hinein, so daß das angenommene System nicht mehr stimmt usw. Leider führt die Diskussion in die Tiefe der Konstruktionstechnik und der Materialkennwerte, wobei hier das Verformungsverhalten (Steifigkeit) und die Empfindlichkeit gegenüber dynamischen Belastungen eine wesentliche Rolle spielen. Das wichtigste Prinzip ist, daß nur Material mit gleichem Verhalten in den Kontaktzonen und bei entsprechenden Verformungen gewählt werden.
Im Klartext: ein Carbonflügel sollte möglichst komlett in Carbon gebaut werden. C-Gewebe, -Rovings und Schläuche. Verklebungen nicht mit Microballons sondern als Schaumharz (Epoxy mit Schaumtreibmittel), das mit C-Mehl angedickt und schubfester gemacht wurde. Breitere Holme sind besser in der Lastaufnahme und haben geringere Verklebungskräfte und außerdem eine bessere Torsionssteifigkeit und eine veringerte Beulempfindlichkeit der Schale usw. Das wäre mal wieder ein Anlass zum Sach-Streit der Kompetenz-Strategen bei einem GFK/CFK-Composite-Seminar. Vielleicht sollten wir uns einmal Hinsetzen und ein solche Seminar in Angriff nehmen. Interessenten gibt es sicherlich genug.
Tschö
HB