Moin,
Achtung:
*Storymodus alte Zeiten on*
Da hab ich doch glatt was hinsichtlich eigener Erfahrungen bei M-Boot und Kiellänge vergessen gehabt: Hab eine M aus den späten 80igern mit so einem damals modernen flachen Eierschalenrumpf ala Skalpell 1. Das Boot ist dem von Chris hier damit recht ähnlich, etwas breiter gehalten. Der damalige Originalkiel dazu hat ich glaube was um 3,6 kg Blei dran und ist um die 45 cm tief – was den Skalpellen damals auch entsprach und zu den damals tiefen Versionen gehörte. Auch eine recht breite, leicht nach hinten gepfeilte Flosse ebenfalls im damaligen Walicki-Style (was der grosse Meister machte, musste ja gut sein - das Boot war aber nicht von mir… ,-)). Das Boot ist mit einem Universalrigg mit 190 cm Großsegelvorliek ausgestattet, wie hier das von Chris, war zwar nie auf Regatten, wäre aber technisch damals durchaus sehr gut regattafähig ausgerüstet gewesen und ist auch schön leicht und sehr gut gebaut. Zu diesem Boot hatte der ursprüngliche Eigner dann später (in den Mitte 90igern) noch mal einen zweiten Kiel angefertigt, die gleiche Flosse noch etwas nach unten verlängert und weniger Blei in längerer, dünner Torpedoform. Er ist das Boot dann nur noch damit gesegelt und fand es besser so. Als ich es bekommen habe, hab ich dagegen diesen Kiel recht schnell zur Seite gelegt und den Originalkiel verwendet. Zwar war das Boot teilweise durch das geringere Gewicht agiler (logisch), aber es fühlte sich irgendwie nicht rund an. Trotz weniger Blei teilweise sogar irgendwie steifer, gehemmter. Der etwas kompaktere und schwerere Kiel haben dem Boot in meinen Augen ein besseres Allroundverhalten gegeben, das lief damit einfach für mein Empfinden runder und ausgewogener, flüssiger. Und das, obwohl ich, wie oben schon mal gesagt, ja eigentlich auch eher auf leichte, empfindlich abgestimmte Boote stehe und mir deren Agilität (meist) besser gefällt/gefiel. Vielleicht hätte ich den leichteren Kiel bei einem Regattaeinsatz dann trotzdem verwendet, von wegen alte Gewohnheiten und auch ein bisschen Theorie-Denke von wegen das muss ja eigentlich besser sein mit tiefer und leichter und so, aber so als Freizeit-Boot hat er mir halt nicht gefallen. Es ist ja auch ein bisschen was anderes, ein Boot just for fun und dann zumeist auch allein auf einem Gewässer fahren zu lassen, oder eben in einer Gruppe dicht bei dicht um Plätze zu rangeln und da auch zumeist sofort die Unterschiede in der Performance zu sehen (oder vorgeführt zu bekommen…). Wenn ich hier noch gelegentlich am See meine Wanderrunden drehe, ist es mir sehr recht, wenns Boot auch mal Streckenabschnitte ganz alleine schafft, ohne dass man am Ruder quasi ständig am Tun sein muss. Dafür geht halt ein mehr oder weniger grosser Tick an Bootsgefühl verloren, wenns Boot dann so ziemlich ausgewogen segelt und keine oder nur sehr wenige Reaktionen übermittelt. Spätestens wenn man dann verduzt feststellt, dass es mit Am-Wind Segelstellung bei inzwischen gedrehtem Wind fast raum läuft, aber einfach stur geradeaus weiter läuft und man null entsprechende Rückmeldung bekommt. Dann doch lieber Zicke. Aber ok, das ist ein anderes Thema, über das man auch lang und breit (und letztlich ohne einheitliches Ergebnis ,-)) diskutieren kann…
Das andere Erlebnis war direkt bei der Entwicklung eines Bootes. Das basierte auf einem älteren 1-Meter Rumpf samt bereits vorhandenem recht tiefen Kiel mit Blei, da war quasi schon alles fertig an Werkzeugen für da. Nur kam ein ganz anderes Rigg drauf, Ketschtakelung, also insgesamt ein deutlich niedriger gehaltenes Rigg, aber mit nicht unbedingt weniger Gesamtsegelfläche. Der Prototyp fuhr soweit auch ganz ok, allein er wirkte auf dem Wasser manchmal etwas steif und gehemmt, auch noch, als ich im eigentlich letzten Ansatz der Testerei dann noch mal die Segelfläche vergrösserte. Das Ding lief ziemlich stur und extrem ausgewogen. Aus irgendeiner Laune heraus hab ich dann mal einen um 1/3 kürzeren Kiel aus den vorhandenen Bauteilen fabriziert und den dann gleich beim ersten Test bei recht frischem, böigem Wind ausprobiert. Aber hallo, das war ein Aha-Erlebnis! Mit dem langen Kiel segelte das Boot zwar gut steif am Wind, raumschots gabs aber einige Unterschneider, kein Weg- und Durchrauschen. Mit dem kürzeren wars natürlich etwas weniger steif am Wind, lag etwas mehr auf der Backe, aber ohne dabei gefühlsmässig nun großartig schlechter unterwegs zu sein, es fühlte sich aber spürbar agiler an. Raumschots ging in Böen dann aber plötzlich die Katze aus dem Sack, das Ding kam jetzt wunderbar und wie vom Bogen geschossen ins Gleiten – die Böe rauscht an, ein leichtes, aber fast waagerechtes und sattes Eintauchen des Rumpfes und dann gings ab wie am Gummi gezogen mit Spritzwasser weit zu beiden Seiten weg, ganz so wie es einige Fotos von den damaligen Whitebread-Maxis gab. Kein Abtauchen mehr, sondern Vortrieb pur in Speed. Ein extrem gutes, lang anhaltenes Erlebnis.
Das war für mich auch so überzeugend, das ich diesen kürzeren Kiel dann gegen alle Widerstände fürs fertige Boot umgesetzt habe.
Das hat auch dazu geführt, das die kleinere MM damals auch einen recht kurzen Kiel bekam, was damals schon eher ungewöhnlich war. Letztlich zwar in dem Fall ein Tick länger, als ein Versuchsmuster, aber doch kürzer und kompakter, als man es bei der Bootsgrösse gemeinhin unter „modernen“ Gesichtspunkten / Erwartungen wohl dran erwartet hätte.
Ich hatte hier eine längere Flosse aber gar nicht erst versucht. Es gab ja Jahre später auch mal so eine Fernost-MM-Kopie im Vertrieb von Krick, die mit einem deutlich längeren Kiel versehen war, ansonsten aber die MM sehr weit in allen Grundabmessungen und Dimensionen abkopiert hatte. Fand ich interessant, so konnte man so einen längeren Kiel ganz gut im Vergleich mal sehen. Das Boot war nicht schlecht, aber die originale segelte für mein Empfinden mit dem kurzen Kiel einfach etwas spritziger und agiler, auch wenn sie halt in Wellen etwas mehr „hoppelte“, der lange Kiel da mehr beruhigt, aber eben vor dem Wind auch spürbar mehr bremst. Es gab auch ein paar Eigenbau-Kiele in längerer Ausführung bei anderen, abseits der heiligen MM-Klassenauslegung, einfach so. Aber da hat mich auf dem Wasser auch nichts von überzeugt, auch nicht bei mehr Segelfläche oben drauf. Aber für manche Segler wäre die kleine MM wahrscheinlich mit längerem Kiel angenehmer zu segeln, weil eben alles gedämpfter, nicht so quirlig. Für andere eben nicht, da spielen halt auch Gewohnheiten und Vorlieben mit rein ,-)
Lange Rede, kurzer Sinn: Nicht immer alles nach der aktuellen Mode oder nach „das gehört so“ ausrichten, sondern auch mal andere Ideen probieren – kann u. U. überraschend positive Ergebnisse geben (muss aber nicht - oder muss nicht zu den persönlichen Vorlieben passen).
Scherzmodus:
OK, liebe Leser, das war damit das Wort zum Sonntag auf Ihrem beliebten Entertainment Kanal RC-Network im wunderweitenweb, wünsche noch einen schönen Tag und schalten Sie gern wieder ein, wenns hier mal wieder heisst, Oldies und Stories aus den goldenen Zeiten bei RC-Network.
,-))
*Storymodus off*
Gruß
Thomas