Hallo Leute,
auch 25 Jahre Auslegungserfahrung von Pfeilnurflügeln schützen nicht davor Fehler zu machen.
So erging es mir bei dem sehr aufwändigen Projekt eines 3 m Hangflug-Pfeils aus Formen an dem ich seit 2013 unregelmäßig gearbeitet habe, die "heiße Phase" mit Fertigstellung der Auslegung und Bau der Formen und des Prototyps des DISPAR begann im Oktober 2016.
Um den Flügel möglichst gut auszunutzen habe ich den Außenflügel mit einer Nasenleisten-Ausrundung relativ stark zugespitzt.
Leider war das zu viel in Richtung Auftriebsmaximierung, so dass die Gutmütigkeit des im Sommer 2018 mit üblen Lackfehlern und sehr hohem Gewicht fertig gestellten Prototyps sehr zu wünschen übrig ließ. Bei den Flugversuchen kam es im Kurvenflug immer wieder zu plötzlichen Strömungsabrissen mit Trudeln, das trotz nachdrücken oft nicht mehr vor dem Einschlag beendet werden konnte.
Die Einschläge führten zu kleinen Beschädigungen und Verbinderbrüchen, die wegen Frust und Zeit die Lösung des Problems hinauszögerten.
Es gab nur einen guten Flugnachmittag des Prototyps im Oktober 2018 und ich weiß bis heute nicht warum der Flieger damals funktioniert hat und am nächsten Flugtag trotz nur kleiner Änderungen nicht mehr:
https://vimeo.com/302502228
Um zu verhindern dass der aufwändige und teure Formenbau umsonst war gab es auf der Suche nach Lösungen mehrere Varianten.
Zunächst wurden die Außenflügel mit einem Zentralleitwerks-Mittelstück bei weniger Pfeilung kombiniert, das trotz des sehr hohen Gewichts leidlich funktionierte, aber wegen einiger Details nicht praxisgerecht war, z.B. gab es wegen des vielen Trimmblei im Flügel nur Platz für sehr kleine Empfängerakkus.
Hier einer der guten Flüge des 2,5 m DISPAR Mini im Urlaub Juni 2019:
https://vimeo.com/343863080
Kollege Jörg hat trotz der Rückschläge einen zweiten Prototyp mit der großen Spannweite aus der Form gebaut und in mehreren Variationen erprobt, darunter verschiedene Wingletvarianten und auch DSA-Rohre, zunächst mit nur geringen Verbesserungen, aber noch nicht sicher fliegend.
Die letzte Variante waren dann geänderte Außenflügel mit je nur 60 mm breiten "Außenflügel-Prothesen", die -5° Zusatzschränkung hatten und an den leicht gekürzten Randbogen transplantiert wurden. Damit war dann relativ sicheres fliegen möglich, aber leider ist der Flieger am zweiten Erprobungstag wegen einem anderen Problem eingeschlagen, danach war er praktisch Totalschaden.
Hier der letzte Flug der Prothesenvariante im Februar 2020:
https://vimeo.com/393300089
Ich wollte wegen des hohen Gewichts der Außenflügel und der üblen Lackfehler den Prototyp nicht mit den Prothesen ausstatten und habe angefangen einen neuen 3. Prototyp in die Form zu legen. Dabei kam mir die Idee den zu stark zugespitzten Außenflügelteil abzuschneiden und durch die dann größere relative Außenflügeltiefe die Auftriebsbelastung des Wingletfuß zu reduzieren. Die Simulation im FLZ_Vortex sah so aus als ob das die Ablösungen und Abrisse vermeiden könnte.
Diese Modifikation habe ich in den letzten 2 Wochen beim alten Prototyp umgesetzt, neue Verbinder musste ich dafür auch laminieren und kleine Schäden von der Flugerprobung reparieren. Als Winglets habe ich vorhandene Pendel-Höhenleitwerke von einem Bruch- Pace VXL verwendet, die aber etwas zu klein sind.
Letztes Wochenende habe ich die neue Variante mit jetzt 2,7 m Spannweite aus der Flitsche und am Hang erprobt und Gestern flog der DISPAR mod 2,7 so wie ich mir das bei der ursprünglichen Auslegung gewünscht hatte: gutmütig, thermikstark und dynamisch.
Das Fluggewicht ist durch die Prototypenfehler recht hoch, die 3,5 kg bedeuten 60 g/dm², aber das merkt man im Flug nach etwas Gewöhnung kaum.
Die ausführliche Story zu diesem Modell ist im Nachbarforum "Thermik-Board" zu finden:
https://www.thermik-board.de/viewtopic.php?f=27&t=1092&start=350#p58473
Dem angefangenen 3. Flieger aus der Form möchte ich die Außenflügel aber nicht kürzen, sondern die Prothesen mit der Zusatzschränkung anbauen um die von Jörg begonnene Flugerprobung der größeren thermiklastigeren Variante zu vollenden.
Hier das Video von Gestern bei 3-4 bft und guter Thermik am Haushang:
https://vimeo.com/409567118
Ich hätte vor ein paar Jahren nicht gedacht, dass man 3 leistungsfähig fliegende Pfeilnurflügel unterschiedlicher Spannweite und Konzeption mit wenigen zusätzlichen Anpassungsteilen aus der selben Flügelform bauen kann. Die Versuche der Fehlerkorrektur der Ur-Auslegung haben letztlich gezeigt was gehen kann wenn man es richtig macht
Gruß,
Uwe.