SUDAN von Jupp Wimmer

Tja, Bernd, das mit dem "kostet nicht mehr" ist so eine Sache. Wenn man 6 Sender betreibt und inzwischen eine dreistellige Zahl Empfänger dazu hat, dann ist ein Systemwechsel eben doch mit gewissen Kosten verbunden, die nicht so locker daher gesagt sind. Auch wenn ich in der Grundthese gar nicht widersprechen will.

Dennoch: Nix gegen die Software der DX-9, die war bei Erscheinen durchaus eine Ansage in Funktionsumfang und Bedienkonzept. Und von voll integrierter Sprachausgabe und Telemetrie haben die Mitbewerber damals meist noch geträumt. Ich halte es da mit dem Jupp, der hat ja auch seine 35MHz bis zum Ende geflogen.

"Mit dem Alten muss man hausen!", hat die Bäuerin gesagt; hat das neue Hemd zerschnitten und das alte damit geflickt.

Ich gehe jetzt mal von "40 Jahre SUDAN aus". Auch irgendwie nachhaltig.

SUDAN 1982.jpg
 
Heute früh Erstflug, leider nur 5 Minuten, dann wieder Sturm. So, dass es mir den gerade eben heil gelandeten Flügel vom Boden aus auf den Rücken gedreht hat und die Seitenflosse klüger war. Und der Klügere gibt ja nach.

Allererste Erkenntnisse:
- VW-Bus mit Liegefläche ist so eben gerade ausreichend für den Transport am Stück.
- 10-cm-Kastenrumpf ist nicht gerade besonders gut zu greifen
- SLW muss stabiler am Rumpf verankert werden
- Er fliegt und lässt sich sogar etwas steuern
- SP 20mm vor Holmachse kann gar nicht so falsch sein, HR stehen im Strak.
- Für Sturm gibt es geeigneteres Gerät
 
Heute Mittag hat der SUDAN den ersten Stundenflug seines Flugzeuglebens absolviert. Bei sehr mittelprächtigen Bedingungen, aber immerhin ohne Schneeregen und ohne Sturmtief. Mehrmals musste ich bei 350m aussteigen und einen Lift abwärts suchen. Also, Jupp, Deine Schöpfung funktioniert. Danke für den schönen Flugtag mit jetzt 2 Flugstunden im Logbuch.

Die bisherigen Eindrücke:
- Der Kraftflug ist nur schwer trimmbar, hier muss mehr Motorsturz und notfalls ein Mischer her
- Die V-Form ist zu gering, der SUDAN fällt in die Kurve hinein und muss mit Gegenseitenruder gekreist werden
- Gegenseitenruder ist suboptimal, das muss das nächste mal anders werden
- Den SP habe ich vorerst auf 15mm vor Holmachse zurückverlegt, mal sehen, was da noch geht
- Der Abfangbogen endet immer noch im Looping
- Seitenrudersteuerung ist OK, nur das Umdrehen der Kreisrichtung erfordert viel Geduld
- (Man sollte versuchsweise heimlich mal einen SUDAN mit QR bauen und auf die Tradition pfeifen)
- Looping geht sehr eng
- Sogar Rückenflug macht das Ding (warum eigentlich?), erfordert aber sehr viel Gefühl am Seitenruder
- Die Höhenruder als QR eingesetzt bringen immerhin eine sinnrichtige minimal-Steuerbarkeit
- Gewollte Strömungsabrisse führen nur zum Brett-typischen "Nicken"
- Die HR-Ruderhörner dienen als Landekufen - da muss dran gearbeitet werden
- Das vom Jupp gefürchtete Springen beim Landen findet auch ohne seinen Draht-Sporn nicht statt
- Die Flugfotos kann der Pilot (m/w/d) ganz gelassen selber machen
- Februar ist auch nicht mehr das, was er 1982 mal war
- Der erste Sonnenbrand der Saison - wer denkt denn an sowas, wenn er bei 7/8 Bewölkung startet?

SUDAN Standbild.jpg
 
Zuletzt bearbeitet:
Sichtbarkeit mindestens bis 350m OK, interessanterweise kommt es einem subjektiv (im Vergleich zum Leitwerkler) viel höher vor.
Die transparent-weiße Folie leuchtet sehr schön am Himmel. Fein!
 

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Mario12

User
Hallo Jonas, das Teil ist wirklich mal 'n Brett von einem Flieger. Mit Pilot daneben kommt das erst so richtig raus.
Ich habe deinen Baubericht sehr genossen. Vor allem die vielen Anspielungen im Text waren sehr kurzweilig und erfrischend.

Danke dafür und viele Grüße
Mario
 

Peter2

User
Hallo Jonas
Danke für Deinen kurzweiligen und bebilderten Baubericht, klasse !
Am Besten das “happy end“
Ich wünsche Dir weiterhin ganz viel Freude mit Deinem Nuri !
Liebe Grüße,
Peter
 
Die weitere Forschung:
(meine Mittagspause findet regelmäßig auf dem Flugplatz statt; Essen mag ja nett sein, aber Fliegen hat Vorrang)

Da der SUDAN mit einem kräftigen Antrieb gar nicht so viel anfangen kann, ist nun der 3536 Motor durch einen 3530/1100 ersetzt. Die Leistung mit 11x7" genügt vollkommen. Jupp hat ausdrücklich nur 1,7ccm vorgeschlagen, er wird Gründe gehabt haben. Und weil der Vogel auf millimeterweise Schwerpunktverlagerung eher gar nicht reagiert, war ich heute mal drastischer und bin 2mm vor Holmhinterkante geflogen. Da stehen die Ruder schon deutlich auf "tief" und der Abfangbogen ist so groß, dass man die Hände schon bewusst festhalten muss, um nicht im Reflex am Höhenruder zu ziehen. Zum Bauplan-Schwerpunkt müsste man aber noch weitere 7mm zurück...
Dafür wird der SUDAN etwas agiler, braucht aber jetzt seinen Piloten. Beim ultimativen Test - Flugzeug in großer Höhe auf den Rücken legen und dann den Sender loslassen - schaukeln sich die Pumpbewegungen immer weiter auf, und der Sudan versucht, sich eher eine stabile Rückenlage zu suchen, als eine Normallage.

Damit ist auch in der Praxis der Wimmersche Schwerpunkt nicht ganz ideal. Allerdings liegt der Erwin-Punkt auch daneben. Männer und der richtige Druckpunkt, ein schwieriges Kapitel. Ich habe mich jetzt vorerst auf Holmvorderkante festgelegt, also 15mm vor J.W. und 20mm hinter E.B. . So ist der Abfangbogen nervenschonend und endet ohne Looping (wenngleich etwas Nachdrücken am Ende schon gut tut), die Fluglage einigermaßen frei von Pumpbewegungen und die Wendigkeit hinreichend. Loopings haben Durchmesser knapp an der Nachweisgrenze, mehr als 1m bestimmt nicht. Durchmesser, nicht Radius. Und das Beste: Im Kraftflug ist das Ding jetzt recht brav und beherrschbar, wenngleich 1° mehr Sturz schon noch gut täten. Auch die Tendenz, in die Kurve hineinzufallen, ist einen Ticken weniger geworden.

Die Ruder stehen jetzt mit ihrer Hinterkante auf gleicher Höhe wie die Endleisten. Sieht komisch aus, aber sind sie so vielleicht im Strak? Da müsste man mal klären, was passiert, wenn man an ein S-Schlag-Profil einfach ein längeres Ruder anhängt, welches die S-Schlag-Krümmung stur verlängert. Vielleicht sollte man die Ruder sogar besser ohne Wölbung bauen?
 
Da hat mich doch Kollege Herbert heimlich mit dem Smartphone gefilmt... Danke dafür! Ausschnitte aus dem ersten Stundenflug, man kann die unruhige Luft an diesem Tag erahnen. Auch die Wolken zeigen: Hammerthermik ist heute ganz bestimmt nicht. Dennoch hat der SUDAN die Stunde ganz nebenbei vollgemacht, ohne dass der 2200er Akku tiefentladen war. Nur einmal ist ein Rotmilan dazugekommen, hat aber gleich wieder aufgegeben. (Foto copyright Herbert)

SUDAN Milan.jpg


 
...
Die bisherigen Eindrücke:
..
- Die Höhenruder als QR eingesetzt bringen immerhin eine sinnrichtige minimal-Steuerbarkeit
...

Hallo Jonas,

danke für den tollen Bericht!

Obiges Deatail im Zitat Sache interessiert mich, und zwar:
-konntest Du erkennen, ob es dabei ein negatives Wendemoment gab? Wenn ja, konntest Du es mit dem Seitenruder wegdrehen?

Danke und Gruß
Klaus.
 
Klaus, zur Beantwortung Deiner Frage habe ich heute sturmfrei drei Akkuladungen durchlaufen lassen. Und die QR-Ausschläge vergrößert, um kräftige Aussage zu bekommen. Ergebnisse:

- Überhaupt gar kein negatives Wendemoment erkennbar, egal bei welcher Fluggeschwindigkeit. Die Trägheit ist stärker.
- Ab einer bestimmten Ausschlaggröße des QR steigt der SUDAN bei QR-Einsatz stark weg, trotz symmetrischer Ausschläge.
- Große QR-Ausschläge muss man unbedingt *negativ* differenzieren, also deutlich mehr runter, als rauf.
- Vom negativ Differenzieren gibt es immer noch kein negatives Wendemoment.
- Mit den QR zu fliegen erfordert sehr genaue Ruderabstimmung (wie oben), sonst kommt es zu gefährlichen Fluglagen
- Ein Mix aus 100% Seite und 75% Quer dazu könnte ganz angenehm zu fliegen sein (Voraussetzung: wie oben).
- Eine DX9 kann keine Differenzierung der aufgemischten QR auf den Höhenruder-Kanälen ausgeben.
- Mit einem weiteren Mixer QR auf HR (beide QR-Richtungen wirken auf "tief") kann man dennoch differenzieren.
- Der Motorsturz ist eigentlich schon an der Grenze, da er die Nase beim Gasgeben erst mal runter nimmt.
- Die meisten Steigflüge sind stabil, aber ab einem bestimmten Anstellwinkel will er von selbst in die Senkrechte = Nullfahrt
- SUDAN ist kein Anfängermodell, eigentlich brav, aber er gerät gelegentlich in Fluglagen, die kluges Aussteuern erfordern.
- Der ultimative Transport-Test ist bestanden: Passt trotz 2,65m Spannweite souverän in den Käfer. Auch bei Regen.
- Brettnurflügel haben Charakter.

SUDAN Käfer.jpg


(als der SUDAN erfunden wurde, war das Käferl Baujahr 1970 schon ein billiger Gebrauchtwagen. Heute sieht man das wieder anders)
 
Danke, Jonas.
Respekt, dass Du soviel Arbeit in meine Rückfrage gesteckt hast.
Interessant die Notwendigkeit des negativen Differenzierens. Das kann ich mir noch nicht erklären. Aber gut, dass der Sudan dabei nicht schiebt.

Meine Frage hatte einen genauen Grund:
-irgendwann bastele ich mir einen Pfeil mit ca. 30° Pfeilung, mit hängenden Außenflügeln im Stil eines Möwenknicks, und mit den 2 Höhenruderklappen in der Mitte. Mit einem leicht negativem Profil, z.B. SA 7036. Auftriebsverteilung sin². Nicht sin³ wie bei Horten, sondern näher an der Ellipse. Es soll ein "Entennuri" werden, wie es sie ab und zu schon gab.

Im Ranis hatte ich einseitig eine HR-Klappe um 5° nach unten ausschlagen lassen (die hellgelbe), und dabei ein leicht negatives Wendemoment angezeigt bekommen. Klar, es muss ja entstehen, aber ich kann die Größe noch nicht beurteilen. Ich werde noch an vielen Klappenkonfigurationen tüfteln um das kleinste negative Wendemoment zu erhalten. Der Möwenknick wird bestimmt die Fuhre auf Kurs halten.

1646056956825.png


Toller Käfer übrigens!
Viel Spaß weiterhin mit dem Sudan!

Gruß
Klaus.
 
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Scheinbar wirken die gekrümmten Ruder viel stärker bei Ausschlag nach oben, als bei Ausschlag nach unten. Der Effekt ist bei S-Schlag-Profilen ja nicht ganz unbekannt, aber so heftig hatte ich es auch noch nicht. Man sollte die Höhenruder also doch mal mit symmetrischem Profil bauen - ich vermute ja, dass das der Sache besser täte. Ich kann mir nicht gut vorstellen, dass das CJ-5 ausgerechnet dadurch besser wird, dass man hinten einfach 4 cm im Kreisbogen dranhängt - wie beim Jupp gezeichnet und von mir brav nachgebaut. Schon die Trimmung zeigt, dass da was noch stimmen kann (man erinnere sich: Die Endleiste der Klappen steht auf gleicher Höhe wie die reguläre Endleiste, also erzeugt die Krümmung der Klappe erst einmal eine geradezu depressive Senke im Profilverlauf; genau dort, wo der S-Schlag eigentlich harmonisch nach oben laufen sollte).

[Den VW hatte ich in der Studentenzeit als Wrack gekauft und dann ein ganzes Jahr munter geschweißt. Ist auch schon über 30 Jahre her.
Laufleistung inzwischen sicher jenseits der 500.000 km - immer noch dem ersten Getriebe. Der Rest ist aber schon mehrfach restauriert. Ich liebe langlebige, immer wieder instandsetzbare Produkte!]
 
1981
(Meinen Aufkleber kann ich wieder runterföhnen.)

Jupp selber schreibt in "Quiet Flight International Magazine, April/Mai 1999:

SUDAN 1981 Text.jpg


Damit haben wir Information aus erster Hand. Danke Jupp! Und Danke Marcus - für den entscheidenden Hinweis.
Das Puzzle setzt sich zusammen.

PS.: Das Magazin wurde von Dave Jones herausgegeben, der übrigens *nicht* Derselbe ist, welcher uns die CJ-Profile geschenkt hat. Dennoch hat man das heimelige Gefühl, es schließe sich hier ein Kreis.
 
Werfen wir doch mal einen Blick auf den zitierten Fit-Fit von Frank Dimmeler und Manfred Konermann, den Jupp wohl schon gesehen hatte, als er seinen SUDAN aus der Taufe hob. Es ist immer gut, die Wurzeln zu kennen.

Bemerkenswert dabei: Jupp hat mit der Vorpfeilung der Ohren die Hebelarme verlängert und konnte so auch sein Seitenleitwerk weiter nach vorne setzen, wodurch der SUDAN kompakter und monolithischer wirkt. Auch die zusätzliche V-Form in der Mitte (Fit-Fit =0°) macht den SDUAN organischer und gefälliger. Obschon der Fit-Fit im Kreisflug durch mehr äußere V-Form stabiler gewesen sein könnte. Mit dem kurzen, aber nach hinten verlängerten HR geht Jupp klar eigene Wege, denn dieses Merkmal findet sich kaum an "Konkurrenz"-Modellen aus der Zeit. Könnte aber auch sein, dass seine Mitbewerber aerodynamisch besser lagen.

Für mich besonders interessant: Der Fit-Fit hatte von Anfang an Folienbespannung, ohne dass sich jemand darüber aufgeregt hätte (das gleiche gilt auch für das "Brettchen", welches anno 1972 schon mit Solarfilm bespannt war). Und 1,5° Schränkung aussen. Die vermutlich vor allem als ungewollte Luftbremse gedient hat, in Sachen Flugstabilität aber gut verzichtbar gewesen wäre.

Wenn ich die Berichte über historische CJ-5 Bretter lese und mit meinem SUDAN vergleiche, dann drängt sich der Eindruck auf, dass das von Siegmann geglättete CJ-5 doch besser gegen den Wind marschiert, als das Original.

SUDAN Fit-Fit.jpg

Quelle: Reinhard Werner / Neckar-Verlag
 

Sichel

User
Hallo Jonas,
meinst Du mit dem mehrmals erwähnten, von Siegmann geglätteten CJ-5,
das CJ-5 gU (glatte Unterseite)?
Dieses CJ-gU hat Jupp Wimmer beim STORCH V, vorgestellt in der FMT 10/93, verwendet.
Gebaut hab' ich den 2018, er kommt ganz gut gegen Wind an,
was mich etwas stört, dass die QR ca 15mm nach oben gestellt sein müssen,
trotz "ausgereiztem" Schwerpunkt.

Grüsse,
Helmut
 
Nein, sonst hätte ich CJ-5GU geschrieben und auf Seite 1 auch ein anderes Profil gezeigt, als das CJ-5...

Die hochgestellten QR beim Storch resultieren aus der vermutlich fehlenden Schränkung. Das ist ja kein reines Brett mehr, sondern geht schon ein Wenig in Richtung Pfeil.


 
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