Todesfall beim Hangflug in der Schweiz

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Mirmig21

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Ich sehe die Sache sehr pragmatisch. Finde ich übersichtliches Gelände vor, wo ich im Falle eines Falles gefahrlos für mein Modell eine Aussenlandung machen kann verwende ich Modelle ohne Antrieb, Ist das Gelände unübersichtlich oder die eventuelle Bergung des Modelles ist risikolos nicht möglich verwende ich Modelle mit Antrieb. Trotz allem kann man ein Modell in den Bergen verlieren. Mir passiert vor einem guten Jahr. Das Modell liegt noch immer dort. Ist mir als ehemaliger Kletterer und auch befreundeten Kletterern zu risikoreich das Modell im Wert von einigen hundert Euro zu Bergen.
LG,Martin
 

UweH

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Diesen Flieger konnte ich nach zu zaghaftem Startwurf aus dem 300 m Steilhang bergen, zwei Tage später ist er nach einem Strömungsabriss (Pilotenfehler) in niedriger Höhe in einen vollkommen zugewucherten, rutschigen Graben gefallen in den ich nicht mal mit Seil reingeklettert bin weil mich selbst die zwei Kollegen nach einem Sturz gegen den Widerstand der Ingwerpflanzen nicht hätten raus ziehen können.
Das sah von außen relativ harmlos aus, war mir aber viel zu gefährlich.
Der Flieger liegt immer noch dort.

Gruß,

Uwe.

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gerwi

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das die oftmals kritisierte Motorisierung als Rückkehrhilfe beim fliegen im Gebirge
ich kann mich noch an die "kritischen" Anmerkungen einiger Lokal-Matadoren am Gaugen und auf der Gerlitzen zu Beginn der E-Seglerei erinnern (ist also schon sehr lange her...und ich fliege mittlerweile auch nur noch selten am Hang). Ich habe mir damals erlaubt aus Sicherheitsgründen einen kleinen E-Segler zum "antesten" zunächst ohne Motoreinsatz zu fliegen. Kommentare im Hintergrund: "Schau, scho wieda a Pifke, der die Hosen voll hat"..."Sowas keat hier verboten, Lärmbelästigung!" Da ich mir neue Gebiete und die Rahmenbedingungen unter Risiko-/Rücksichtsgesichtspunkten meist so erschlossen habe, habe ich das zunächst ignoriert...später dann, wenn andere Motorlose rätselten/abwarteten, einfach gesagt "na, ich teste dann mal an...". Mittlerweile haben sich schnelle, motorisierte Hochleister zuhauf an Hängen etabliert und die ehemaligen Diskussionen höre ich nur noch selten. Meine langjährige persönliche Erfahrung bzgl. Sicherheit (und Schadensvermeidung) spricht allerdings für eine Motorisierung bei Hangfluggeräten - eine Garantie ist es nicht und Vorsicht und Sorgfalt in jeder Hinsicht ist oft besser als (Über-)Mut.
 

psimon

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Todesfall beim Hangflug in der Schweiz

Ein guter Freund hat mich nach diesem Unfall angerufen und berichtet.
Der Tschuggen ist sein Haushang zum Modellsegeln, liegt aber auch auf einer seiner Joggingstrecken. Am Unfalltag war er oben und hat die Gastpiloten und deren Verhalten live erlebt. Beim Abstieg wurde er dann von einem Kollege mit dem Auto eingeholt und unter Schock erzählte er ihm vom tödlichen Unfall.

Die Frage stellt sich immer nach einem Unfall: Hätte der Unfall vermieden werden können?
Und welche Lehre zieht man daraus?

Alpiner Modellsegelflug ist nicht zu unterschätzen und erfordert besondere Kenntnisse und Erfahrungen mit dem sich Aufhalten in den Bergen.
Es gelten grundsätzlich die gleichen Regeln für den Modellflugpiloten, wie auch für den Bergwanderer, Biker oder Skifahrer.
Gutes Schuhwerk, Kleidung, Trinken und etwas zu Essen (Schokolade, Kekse, Obst…)
Notfallapotheke, Notfalldecke, Sonnenschutz aber auch Wind- und Regenschutz gehören zur Grundausrüstung.

Das Wetter kann sich in den Bergen plötzlich entgegen Vorhersagen dramatisch ändern.
So mussten schon sehr erfahrene Modellflugpiloten mit dem Helikopter gerettet werden, weil sie nur in T-Shirt und kurze Hosen loszogen, um ein Modell zu bergen.

Einer der häufigsten tödliche Bergunfälle ereignen sich beim Verlassen der Wanderwege!
Unter diese Kategorie fällt auch dieser hier beschriebene Unfall.
Beim Hangfliegen in den Bergen verlässt man meist die Wanderwege und kann je nach Startplatz sich unwissentlich in Gefahr bringen. Besonders der Tschuggen erfordert grosse Disziplin, wo man stehen darf und wo es gefährlich werden kann.

Die Bergung eines Modells am Tschuggen erfordert alpine Klettererfahrung und Ortskenntnis.
Der verunglückte Pilot ist den Einheimischen schon vorher negativ aufgefallen durch riskante Flugmanöver und hat mehrere mögliche Zusammenstösse in der Luft provoziert.
Die Einheimischen versuchten ihn erfolglos aufzuklären und zur Mässigung zu bringen.

Dann passierte es, der Gastpilot verlor kurz die Kontrolle über das Modell und es kam zur „Aussenlandung“.
Die Einheimischen haben ihn gewarnt das Modell nicht selber zu holen und ihm angeboten später das Modell auf einer Kletterroute von Unten her zu bergen. Der Unglückspilot war uneinsichtig und wollte über die scheinbar einfache Route das Modell selber bergen. Als er los zog ignorierte er weitere energische Warnrufe und rutschte plötzlich auf dem Gras in der abfallende Senke aus. Beim Rutschen fand er keinen Halt mehr und wurde über die Felskante in den Abgrund geschleudert.

Dem Bergler ist bekannt, das steile Wiesenhänge oberflächlich trocken aussehen aber dennoch höchste Rutschgefahr bestehen kann. Wildheuer tragen deshalb immer Steigeisen an den Bergschuhen oder seilen sich wenn möglich an.
Die einheimischen Modellflugkollegen am Tschuggen wussten das!

Das Fehlverhalten des Gastpiloten ist leider auf eine Charakterschwäche, Ignoranz und Selbstüberschätzung, zurück zu führen und hätte vermieden werden können.

Ob die Geschichte wirklich so ereignet hat wie von mir beschrieben, kann ich nicht beschwören. Dennoch kann man daraus Lehren ziehen:

1. Kommunikation mit den anwesenden Piloten ist das oberste Gebot!

2. Als Gastpilot sollte man immer anwesende heimische Piloten um Ratschläge und besondere Regeln fragen.
3. Belehrungen nicht ignorieren, anwesende können es mit dir auch gut meinen und dir vor Schaden schützen.
4. Es gibt auch Startplätze, wo Spaziergänger oder Wandere aber auch Gleitschirmpiloten vorbeiziehen. Hier besonders rücksichtsvoll den Flugstil anpassen und Landungen ankündigen!
5. Beim Segeln in den Bergen sind, wie oben schon beschrieben, gutes Schuhwerk, Kleidung und Proviant lebenswichtig!

Es gibt sicher noch weitere Punkte zu beachten, die man hier ergänzen kann.

Argumente betreffend Erfahrungsschatz mit Segeln in der Ebene, am Hang oder in den Bergen, mit oder ohne Motor, spielen sicher auch eine Rolle. Sind aber meiner Meinung nach der Eigenverantwortung und gesunden Selbsteinschätzung des eigenen Könnens und Risikoabwägung untergeordnet.

Hier ein paar nützliche Beiträge zur Sicherheit im Modellflug:
Sicherheit im Modellflug

Und insbesondere dem Hangflug:
Sicherheit am Hang

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Claus Eckert

Moderator
Teammitglied
Mit diesem Bericht beenden wir das Thema.

Ich wünsche Euch eine unfallfreie Flugsaison 2023.
Beherzigt die hier gegebenen Ratschläge und kommt immer gesund, nach einem schönen Hangflugtag, nach Hause.
 
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