Die bisherigen (mir bekannten) Untersuchungen mit Turbulatoren in unserem Re-Zahl-Bereich zeigen, dass die Sache nicht so einfach ist, wie sie scheint. Wenn man in xfoil den Umschlagpunkt mit "xtr" bei 50 - 60 % auf der Oberseite definiert, gewinnen die meisten Profile im Bereich zwischen Re = 80.000 und 200.000 (und das ist der Bereich, der für unsere "normale" Fliegerei mit 3m-Seglern interessant ist) so massiv, dass man sich fragt, warum nicht alle einen Streifen aud die Oberseite kleben. Das haben wohl auch Selig uns seine Leute gedacht, aber die Messergebnise im Windkanal haben die erhofften Verbesserungen bei vielen Profilen nicht bestätigt.
Mein "unwissenschaftlicher" Eindruck ist folgender:
1) Turbulatoren sind eine ganz gute Möglichkeit, um schwere Design-Fehler halbwegs auszubügeln. Ich glaube, ich habe schon mal von der D-36 von robbe berichtet, die ein Freund von mir hatte: Rippenflügel mit Wortmann-Profil und Außentiefe von 70-80 mm (geschätzt), und das bei relativ geringer Flächenbelastung. Im Orginalzustand nur im Schnellflug fliegbar, Thermikkreisen wurde regelmäßig mit einem massiven Strömungsabriss am Außenflügel quittiert. Irgendwann habe ich dem guten Mann einen Streifenband-Turbulator (ca. 0,3 mm x 2 mm) bei ca. 20 % Tiefe draufgeklebt, und die Kiste war nicht wiederzuerkennen, fast lammfromm.
2) Bei modernen Profilen, die einen "weichen" Druckanstieg auf der Oberseite und eine geringe "aft loading" (kenne das deutsche Wort nicht; Druckunterschied zwischen Ober- und Unterseite im hinteren Profilbereich) aufweisen, um die laminare Ablöseblase klein zu halten, bringt ein Turbulator wahrscheinlich in der Regel wenig. Ich habe vor Jahren Versuche gemacht, bei denen ein Flügel mit dem SA-7035 mit Turbulatorbändern (einfach und Zackenband) an verschiedenen Tiefenstellen versehen wurde. Ich konnte (subjektiv) keine Verbesserung feststellen; bei vielen Konfigurationen wurde die Leistung gefühlsmäßig schlechter - es fehlte irgendwie an "Dynamik". Das deckt sich weitgehend mit den Selig-Messergebnissen.
3) Anders dürfte es bei Profilen mit "hartem" Druckanstieg auf der Oberseite aussehen. Beispiele sind vor allem die älteren Eppler-Profile (E-193, 205, 387, 392). Diese profitieren nach Windkanalmessungen (Althaus, D. Schwetzler) gewaltig von Turbulatoren bei 20 - 30 % der Tiefe auf der Oberseite (also grob gesagt am "höchsten Punkt" des Profils), und zwar ohne große Nachteile im Schnellflug. Das leuchtet auch ein: Die laminare Laufstrecke auf der Oberseite reicht auch im Schnellflug sowieso nicht weiter als ca. 50 % der Tiefe, also verliert man durch einen Turbulator bei 30 % sehr wenig. Andererseits führt der "harte" Druckanstieg ohne Turbulator zu einer großen laminaren Ablöseblase, deren Zerstörung durch den Turbulator eine große Widerstandsersparnis im mittleren Geschwindigkeitsbereich bringt.
Meine persönliche Vermutung ist, dass auch die stärker gewölbten (ab 2,5 %) und dickeren (ab 10 %) HQ-Profile bei Re-Zahlen zwischen 80k und 200k von einem Turbulator auf der Oberseite bei ca. 40-50 % profitieren müssten. Denn auch diese Profile haben (wenn auch weiter hinten als die Eppler-Profile) einen "Knick" in der Druckverteilung und eine hohe "aft loading", was nach xfoil zu einer deutlichen laminaren Ablöseblase bei mittleren Geschwindigkeiten führt.
Aber wie gesagt, das ist nur eine Vermutung. Ein letztes praktisches Beispiel: Wir hatten mal Ende der 80er Jahre einen 3m-Segler mit hoher Streckung (über 18) und FX 60-100 in Formen gebaut, der berühmt-berüchtigte JUMO-V. Die meisten Teammitglieder haben die Kiste ohne Turbo oder mit Zackenband-Turbulator geflogen, ich habe einen Blasturbulator bei ca. 45 % der Tiefe, am Außenflügel bei ca. 25 % der Tiefe angebracht. Nach allgemeinem Eindruck war meine Maschine die gutmütigste, ohne dass Leistungsnachteile erkennbar waren. Systematische Vergleiche fehlen, weil wegen anderer Nachteile der Konstruktion (Pendel-V-Leitwerk, zu hohe Zuspitzung) alsbald andere MOdelle im Wettbewerb eingesetzt wurden.
Happy landings!
Carsten.