Betreff:*Drohnenverordnung wird am Mittwoch den 22.02.2017 behandelt der Verkehrsausschuss des Bundesrats die Bundes Drucksache 39/17, auch Drohnenverordnung genannt.
Damit soll die Vorraussetzung zum Betrieb autonom fliegender Geräte geschaffen werden.
Modellflieger wehren sich!
Schon wieder? Warum?
1. Ein Kompromiss, erreicht nach einem Jahr Verhandlungen, wird aufgekündigt
2. Modellflieger fühlen sich verschaukelt
3. Der Modellflug wird geopfert
4. Der Luftraum wird frei gemacht für die kommerziellen, militärischen und behördlichen Drohnen
5. Die Gefahren werden nicht mehr kalkulierbar
Und das alles unter dem Deckmäntelchen der Sicherheit!
"Die neue Drohnenverordnung" des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, Kabinettbeschluss der Bundesregierung, Drucksache Bundesrat 39/17 vom 18.01.2017; Folgen und Verwaltungs-Mehraufwand auf Länderebene
Sehr geehrte Damen und Herren,
am 18.01.2017 ist im Bundeskabinett die „Verordnung zur Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten“ (sogenannte "Neue Drohnenverordnung") beschlossen worden. Am 22. Februar 2017 soll nach unserer Kenntnis dieser Entwurf auf der Sitzung des Verkehrsausschusses des Bundesrats beraten werden und am 10.03.2017 im Bundesrat entschieden.
Im Konsens mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) sowie relevanten Gruppen der Luftfahrtbranche, wurde im November 2016 ein Entwurf verabschiedet, der sowohl das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung, Belange der bemannten Luftfahrt, und des traditionellen Luftsports (u.a. Modellflug) vollumfänglich berücksichtigte.
"Drohnenbesitzer", die überwiegend keinerlei primäres Interesse am Fliegen haben, sondern eher sekundäre Ziele wie etwa Luftbildaufnahmen u.a. meist mittels käuflicher Multikopter verfolgen, befassen sich teils nicht ausreichend mit den Erfordernissen für einen sicheren Flugbetrieb. Kernpunkt der Drohnenverordnung im Entwurf vor dem 18.01.2017 war daher neben der Kennzeichnungspflicht die Verpflichtung zu Kenntnisnachweisen von Piloten, bevor diese Flüge über 100 Meter durchführen dürfen. Dies hat die Sicherheit tatsächlich verbessern und verschiedenste Interessen in ausgewogenem Verhältnis wahren können und wurde ausdrücklich von allen Beteiligten begrüßt.
Kernpunkt:
Die Verordnung in jetziger Form, Drucksache Bundesrat 39/17 kam nach der Anhörung / Ressortabstimmung ohne erneute Abstimmung am 18.01.2017 durch das BMVI zustande. Unserer Information nach wurde dabei vom Bundesministerium für Verteidigung (BMVg) eine zentrale Forderung für Drohnen (UAV) und Modellflugzeuge nach einer grundsätzlichen 100-m-Höhenbegrenzung nachgelegt. Ein Paradigmenwechsel, der den in über einem Jahr ausgehandelten Konsens in grundlegenden Punkten revidierte, so dass nun weitreichende Folgen für die Mehrheit der Luftsportler entstehen. Zudem werden die relevanten Änderungen und deren Auswirkungen durch das BMVI, Hr. Minister Dobrindt im Bundestag und in der Vorlage an das Bundesratsgremium nicht korrekt dargestellt (Flyer des BMVI und weitere Quellen s.u.). Die Auswirkungen sind bei genauerem Hinsehen wesentlich weitreichender, und zwar wie folgt zusammengefasst:
- Es soll der untere Flugkorridor (Luftraum G), bisher für Flugsport nach Sichtflugregeln frei nutzbar, unter generellen Genehmigungsvorbehalt der Länder gestellt werden, ohne Rechtsanspruch. Somit wird klassischer Luftsport faktisch verboten bzw. existentiell gefährdet.
- Eine Vielzahl, d.h. mehrere Tausend Anträge auf Ausnahme-Genehmigung werden von Luftsportlern an die Länderebene (RP) zur Bearbeitung gestellt werden
- Dieser bisherige Luftraum G wird im Gegenzug für den Betrieb autonomer, gewerblicher Flugobjekte frei geräumt, d.h. im Widerspruch zu den berechtigten Sicherheitsfragen der autonome, bodennahe Drohnenflug intensiviert.
Hintergrund:
Zwar wird durch das BMVI nach wie vor kommuniziert, dass Modellflieger von dieser 100-m-Höhenbegrenzung ausgenommen seien. Diese Ausnahmeregelungen greifen aber bei genauerem Hinsehen nur für Modellflugplätze mit einer gesonderten luftrechtlichen Aufstiegserlaubnis (AE), ausgestellt durch das jeweilige RP, sowie bei Anwesenheit einer Flugleitung.
Im Gegensatz zur vom BMVI postulierten Interessenwahrung (vgl. Flyer), werden hierdurch ein Großteil aller besonders umweltfreundlichen und bisher legalen sowie mit höchster Sicherheit durchgeführten Flugsport-Aktivitäten de facto verboten, da weit mehr als die Hälfte der Vereine ihren Betrieb auf Geländen und Modellflugplätzen unterhält, welche nicht im Sinne einer gesonderten luftrechtlichen AE zugelassen sind. Vielmehr unterhalten diese aufgrund erheblicher bürokratischer Hindernisse den sogenannten „zulassungsfreien“ Flugbetrieb. Dies trifft automatisch besonders die leisen, umweltfreundlichen Sparten Segel- oder Elektromodellflug mit unter 5 kg Startgewicht. In dieser Art ist eine Zulassung von der Luftfahrtbehörde auf Länderebene bisher nicht nötig und im Regelfall auch gar nicht zu erhalten.
Die Verordnung wird- wenn sie unverändert vom Bundesrat bestätigt werden würde - zu einem enormen Antragsaufkommen bei den unteren Luftfahrtbehörden führen. Denn diejenigen Modellflugvereine, die aktuell über keinen Platz mit AE verfügen, werden vor dem Hintergrund der Ausnahmeregelung der neuen Drohnenverordnung versuchen, eine Platzzulassung zu erwirken, allerdings ohne Rechtsanspruch (auch dies ist eine neue Dimension in der Regulierung).
In Baden – Württemberg sind dies allein rund 140 Vereine mit ca. 8.700 Einzelmitgliedern (!), ähnliche Zahlen sind für NRW zu erwarten. Bundesweit vertritt der DMFV rund 90.000 Mitglieder, zusammen mit DAeC und kleineren Verbänden ergibt sich eine Zahl von rund von 180.000 – 190.000 organisierten Flugsportlern. Hiervon werden mehr als die Hälfte existentiell gefährdet!
Ausweislich der Rede des Bundesverkehrsministers Dobrindt im Bundestag am 18.01.2017 sollen die in der Drohnenverordnung vorgesehenen "zahlreichen Ausnahmen für den Modellflugsport" aber dazu führen, "dass Modellflieger in Vereinen ihrem Sport, so wie bisher schon gewohnt, nachgehen können." Diesem Ziel wird die Verordnung aus den genannten Gründen absolut nicht mehr gerecht. Ungeachtet bleibt auch, dass der klassische Modellflug wie allgemein anerkannt, eine extrem gute Sicherheitsbilanz aufweist (vgl. Quellen).
Somit ist der Verordnungsentwurf in aktueller Form auch vor dem Hintergrund des Verhältnismäßigkeits-Grundsatzes anzuzweifeln.
Wenn es denn um Drohnen geht - Fakt ist:
Der Betrieb von Drohnen ist bisher stark reglementiert, jetzt entfallen im Prinzip alle Einschränkungen:
Der Einsatz von Drohnen ist nicht mehr im Einzelfall genehmigungspflichtig.
Drohnen ab 5 Kilo dürfen plötzlich auch ohne Sichtkontakt betrieben werden und autonomer Betrieb ist nicht ausgeschlossen.
Drohnen ab 25 Kilo sind verboten – es gibt aber unzureichend definierte Ausnahmetatbestände.
Zwischen 100m und 760m dürfen faktisch nur noch (gewerbliche, behördliche, militärische) Drohnen fliegen. Segelflieger, Drachen- und Gleitschirmflieger bekommen hier ein echtes Problem.
Das heißt im Klartext, dass mit der VO ein exklusiver Luftraum für größere Drohnen (bis 25 Kilo) geschaffen wird, wobei weder das eingesetzte Fluggerät noch der Betrieb wirksam überwacht werden kann! Das freut die Drohnenindustrie (der untere deutsche Luftraum ist quasi Testfluggelände für Neuentwicklungen – ggfs. auch militärische), Amazon und Co. (deren Interesse ist ja bekannt) und auch die Polizei/Verfassungsschutz, weil ganz neue Spielräume auch für „Anwendungen“ im Bereich innerer Sicherheit eröffnet werden (Behörden dürfen jetzt Drohnen ohne jegliche luftverkehrsrechtliche Einschränkungen nutzen!). Die Regelungen schaffen nicht mehr Sicherheit – vielmehr werden ganz neue Risiken produziert.
Da in Brüssel wahrscheinlich noch in diesem Jahr Regeln für den Betrieb von Drohnen erlassen werden (Trilog beginnt in zwei Wochen), wollte das BMVI wohl noch schnell Fakten schaffen und hat eine Drohnenindustrieförderungsverordnung erlassen.
Dazu ist auch diese Information sehr hilfreich, denn diese belegt die vermutlich eigentliche Zielsetzung der Verordnung und die wirtschaftliche Verflechtung mit dem Lobby-Verband UAV DACH e.V., der zeitgleich eine große Präsentationsreihe in Berlin abhält!
https://www.uavdach.org/website2016/...rmationen.html
Darum sollte die VO im Bundesrat angehalten werden.
Zusammenfassung:
Die aktuelle Fassung des BMVI wird einen schweren und gleichzeitig völlig unnötigen Verlust an Lebensqualität für hunderttausende Bürger, fehlenden Nachwuchs in Vereinen und langfristig weitreichende Nachteile für den Technologiestandort Deutschland bedeuten.
Diese Folgen der Verordnung sind in aktueller Form nicht hinreichend berücksichtigt, noch sind vom BMVI bzw. dem BMVg die Absichten hinter der generellen Höhendeckelung auf 100m über Grund nachvollziehbar kommuniziert worden. Somit könnten auf Ebene der Ländervertretungen im Bundesrat die Folgen eines Beschlusses in aktueller Fassung nicht vollumfänglich erfasst werden.
Vor diesem Hintergrund, auch im Namen von rund 190.000 organisierten Flugsportlern, ist zu fragen:
Ist Ihnen bekannt, dass es im November 2016 einen Konsensentwurf, getragen vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, der bemannten Luftfahrt und den Modellflugverbänden, zur Verordnung gab, der die Rechte der Modellflieger in Verbänden und Vereinen gewahrt hätte und auf einer „Einweisungslösung“ durch die beauftragten Verbände beruhte?
Wie können die berechtigten Interessen aller Flugsportler gewahrt werden, d.h. auch der Mehrheit, welche außerhalb von Geländen mit luftrechtlicher Aufstiegserlaubnis (AE) z.B. an Hängen und Freigeländen ihren Sport betreiben? Mit anderen Worten: wird man sich dafür einsetzen, dass die „Lösung Kenntnisnachweis“ ohne Erfordernis einer zusätzlichen Aufstiegsgenehmigung für Flüge über 100 Meter außerhalb von luftrechtlich zugelassenen Modellfluggeländen ausreicht?
Welche wahre Motivation steht hinter der Forderung des BMVg nach einem generellen „Deckel“ der Flughöhe auf 100müber Grund, im Wissen, dass weder militärische Tiefflüge noch Sicherheitskriterien derzeit diese Forderung rechtfertigen und wie will man die Einhaltung dieser massiven Beschränkung überwachen?
Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um den Verwaltungsaufwand auf Länderebene und Rechtssicherheit bei ggf. personenbezogenen luftrechtlichen Zulassungen zu erreichen?
Sind die Kosten, welche den Modellsportlern durch faktische Entwertung ihrer Geräte entstehen, belastbar kalkuliert, d.h. unter Berücksichtigung von Informationen aus den Luftsportverbänden?
Sind die wirtschaftlichen Schäden durch den Ausfall einer gesamten Technologiebranche, ca. 700- 1.000 eingetragenen Luftsport-Vereinen und insgesamt rund 180.000 aktiven Flugsportlern berücksichtigt, auch unter Berücksichtigung von Informationen aus den Luftsportverbänden?
Quellen/ Nachweise/ Links:
http://www.bundesrat.de/SharedDocs/d...cationFile&v=1
https://www.bundestag.de/dokumente/t...fragung/487008
https://www.bundesregierung.de/Conte...1-bmvi-bt.html
Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA):
- „Technical Opinion“ zur A-NPA 2015-10;
- Artikel 15 der aktuellen „Prototype” Commission Regulation on Unmanned Aircraft Operations
www.dmfv.aero
http://www.modellflug-im-daec.de/aktuelles
Flyer des BMVI - Die neue Drohnenverordnung
https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Pu...ublicationFile