Erstflug Tomahawk ASG 29 im Maßstab 1:2 in voll GFK/CFK
Erstflug Tomahawk ASG 29 im Maßstab 1:2 in voll GFK/CFK
Hallo,
ich hoffe shak662000 (Franz), du nimmst es mir nicht Übel, wenn ich deinem geplanten, lang ersehnten Bericht von Erstflug zuvorkomme und selbst von meinem heutigen Erstflug berichte.
Zwar hat mich vorgestern auch eine Erkältung erwischt, aber zum Glück ist es nicht so schlimm.
Eigentlich wollte ich gar keinen Bericht vom Erstflug mehr veröffentlichen, jedoch habe ich im Laufe der Zeit einige Anfragen bzgl. Erfahrungsbericht und Detaillösungen zur Tomahawk ASG29 bekommen. Zudem wurde mir bei meinen eigenen Fragen zu anderen Projekten hier auch öfters geholfen, so dass ich dem Forum hiermit fairerweise auch etwas "zurückgeben" möchte.
Also, nachdem ich den nackten unberührten Teilesatz meiner ASG29 bei Tomahawk Ende Juni abgeholt hatte, verbrachte ich sehr viel von meiner Freizeit im Keller, um unbedingt diesen Sommer noch fliegen zu können. Es waren ohne Programmierung des Modells rund 250 netto-Arbeitsstunden bis zum flugfertigen Modell, vermutlich sogar etwas mehr, da ich alles komplett in Eigenregie fertig gestellt habe. Leider spielte oft das Wetter nicht mit oder ich hatte bei passendem Wetter einfach keine Zeit aufgrund anderer Verpflichtungen. Vorletztes Wochenende Flieger das erste Mal am Platz gehabt, jedoch zog ein Regengebiet auf und wollte auch nicht mehr verschwinden. Letztes Wochenende dann verabschiedete sich leider ein Servo, so dass ich den Erstflug verschob.
Heute war es dann eeeeendlich soweit, um die ASG29 das erste Mal ihrem Element übergeben zu können.
Zuerst einmal das Setup
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- Jeti Central Box 400
- HV-Servos auf allen Funktionen Hitec 7954SH (29kg). Ausnahme: auf Höhenruder (2x Savöx SV-1250MG) sowie das äußere Querruder links/rechts MKS HBL 6625 HV
- Nasenantrieb Reisenauer Superchief 5:1 Polygonwelle 6x7 mit weisser RFM 23x12 Klappluftschraube (ca. 75A bei 45V Lastspannung)
- Jeti Mezon 135 opto, harmoniert gut mit o.g. Antrieb, sauberes Laufverhalten
- 12s 5000mAh Lipo
- Wemo EZFW mit ölgedämpftem Federbein, Federhärte stufenlos einstellbar
- Startgewicht ehrliche 24,4kg in meiner gebauten Ausführung, aufgerundet 91g/dm² Flächenbelastung (vgl. der legendäre H-Model 8m Duo Discus hat bei 25kg Startmasse eine Flächenbelastung von etwa 100g/dm²)
Qualität der GFK-Teile:
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Bei der Abholung konnte ich alle GFK-Teile zum ersten Mal begutachten. Ich habe noch nie eine so perfekte GFK-Qualität gesehen - nein ich übertreibe nicht! Oder soll ich besser sagen CFK-Qualität? Die Tragflächen sind vollständig kohleunterlegt! Ebenso das hintere Rumpfsegment. Ich bin im Laufe meiner Modellfliegerkarriere seit 1998 sehr pingelig geworden, aber hier gab es bei bestem Willen nichts zu meckern. Das hätte ich so niemals erwartet. Perfekte Oberflächen, saubere Handarbeit, keine sichtbare Naht. Preis-Leistung meiner Meinung nach daher absolut top!
gegenüber dem Standard-Lieferzustand durchgeführte Änderungen:
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- Damit für das innere Querruder der Außenflächenstücke auch ein 20mm Servo passt, musste lediglich der Servoschacht bzw. die Öffnung der Flächenschale Richtung Holm um 10-15mm weiter aufgefräst werden - passt ohne den Holm anzufräsen. Das hätte man auch herstellerseitig so erledigen können, denn das Profil ist dort bereits ausreichend dick für ein Standardgrößenservo. Lediglich im äußeren Querruder wird ein 10 oder 12mm Servo unumgänglich.
- Alle Flächenruder sind herstellerseitig NICHT getrennt, d.h. ein langes Ruder (ca. 220cm lang) wird von 2 Servos bewegt. Dies wird von Thomahawk so empfohlen, damit sich die Ruder nicht so stark verwinden. Aber: Das habe ich geändert, damit jedes Servo unabhängig voneinander arbeiten kann. Also Ruder sinnvoll geteilt. Ein aufwändiger Abgleich untereinander entfällt somit. Die Ruder besitzen einen eigenen Steg mit Carbonschlauch und sind entgegen der Aussage von Tomahawk somit sehr torsionssteif, auch wenn sie getrennt werden. Vielleicht hat der Hersteller hier zwischenzeitlich nachgebessert bzgl Bauweise?
- Aufgrund der Teilungsmaße der Ruder am manntragenden Original sind die äußeren 30cm der Wölbklappen der Innenflächen abgetrennt als eigenständiges Klappenstück und es ist vorgesehen, dass dieses Stück über eine Zunge vom inneren Querruder der Außenfläche mitgenommen wird. Das habe ich geändert: Verklebt mit äußerer Wölbklappe der Innenfläche, so dass dieses Ruderstück nicht erst über einen Zungenverbindung vom Ruder der Außenfläche mitgenommen werden muss.
- Scharnierlinie aller Ruder auf der Oberseite, gegossene Dichtlippen auf der Unterseite (Standardmäßig herstellerseitig genau anders herum)
- Alle Flächenruder habe ich in Eigenregie mit komplett innen liegenden Anlenkungen (kein RDS!) versehen, so dass keinerlei Hutzen oder Gestänge von außen sichtbar sind. Aufgrund der Flächendicke dieser Modellgröße ist das problemlos in Eigenregie möglich.
- Das Höhenruder wird standardmäßig mit einem einzige 20mm Servo angelenkt. In dieser Preisklasse ist mir das aber zu risikobehaftet, so dass ich es mittig geteilt und mit 2 15mm Midiservos angelenkt habe. Die Seitenflosse bietet zudem ausreichend Raum für zwei nebeneinander angeordnete 15mm Servos und im Gewicht macht das so gut wie keinen Unterschied.
- Von der Rumpfnase ausgehen habe ich herstellerseitig im Produktionsprozess gleich eine Verstärkung in Form von Extra-Glasgewebematerial auf größerer Länge einarbeiten lassen, da ich einen FES-Antrieb (Nasenantrieb) einbauen wollte (und dies auch so umgesetzt habe).
- Steckung Außenfläche: Herstellerseitig vorgesehen ist außen ein Alurohr, darin wird ein kürzeres CFK-Rohr mittig eingeklebt und wiederum darin mittig ein noch kürzeres weiteres Alurohr. Was das ganze ohne Kleber wiegt, weiß ich nicht mehr genau. Jedenfalls habe ich lediglich das äußere Alurohr als Basis genommen und dieses mit Kohlefaser-Rovings komplett gefüllt und im Backofen bei 50°C 24 Stunden getempert. Gewichtszunahme für beide Steckungen (links/rechts) zusammen weniger als 150g (habe den genauen Wert nicht mehr im Kopf)
- Meine Haube ist komplett abnehmbar ohne Haubenlift, da ich einen möglichst einfachen Zugang zum Antriebsakku haben wollte ohne irgendwelche Verrenkungen
- kein Cockpitausbau, lediglich die Abdeckung des Instrumentenpilzes verbaut.
- Randbogenschoner selbst angefertigt mit größerem Rad (rollt besser auf Gras) als bei den käuflichen Produkten.
- Tragflächenunterseite herstellerseitig in der Form mit schwarzer Deckschicht versehen statt mit üblicher weisser. Ich kenne genügend Großsegler, die bei blauem wolkenlosen Himmel schlecht zu sehen sind. Aus eigener Erfahrung habe ich schon häufig festgestellt: Schwarze Tragflächen sind bei wolkenlosem Himmel am besten zu sehen in größerer Höhe! Ja ich weiss, schwarz ist natürlich nicht Scale... Na und? Ich will meinen Flieger in jeder Flugsituation gut sehen und das ist bei weisser Flächenunterseite leider oftmals nicht der Fall, wenn keine Wolken vorhanden sind!
Schluss mit dem langweiligen Geplänkel, nun zum Erstflug:
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Wetterbedingungen: Strahlender Sonnenschein, 18°C Lufttemperatur, kein Wind
Bodenstart: Es ist KEINE Starthilfe in Form von Startrolli vorgesehen, auch kein Helfer, der die Flächenspitze in der Luft hält, damit der Flügel in der Horizontalen sein würde. Flieger steht einfach da mit der rechten Flächenspitze/Wingletrad am Boden.
Los geht's: Höhenruder stets gezogen, damit das Heck am Boden bleibt, weil sonst die Klappluftschraube über die absinkende Nase den Boden berühren würde (Bodenfreiheit etwa 7cm auf ebenem Untergrund). Langsam Gas gegeben. Ab etwa Halbgas beginnt der Flieger leicht zu rollen. Rollt weiter geradeaus, trotz einseitig liegender Fläche am Boden (da bremst also nichts auf dem Gras, wie erst befürchtet). Vollgas gegeben, etwas Querruder, damit sich die rechte Flächenseite hebt. Vom Stillstand aus bereits nach 10-15m (!!) trotz Windstärke 0 hebt der Flieger bereits ab. Das hätte weder ich noch die anwesenden Fliegerkollegen erwartet. Der Abhebevorgang ist völlig unkritisch. Sobald das Hauptfahrwerk den Boden verlässt, Höhenruder wieder neutral und der Flieger zieht souverän weg. Kein Ziehen oder Drücken in der Luft notwendig. (Der Schubvektor des Antriebs zielt direkt auf den Tragflächenschwerpunkt, das scheint hier also sehr gut zu passen bei diesem Segler).
Steigleistung nach 30 Sekunden (Spitzenspannung des Antriebsakkus ist dann weg) sichere 6m/s laut Telemetrie, teilweise mehr. Ich hatte in der Auslegung des Antriebs für diese Gewichtsklasse anhand eigener Erfahrungen und Vergleichen mit anderen motorbetriebenen Seglern mit 4-5m Steigen pro Sekunde pessimistisch kalkuliert. Na umso besser!
Auf etwa 300m über Grund Antrieb abgeschaltet. Flieger fliegt schonmal geradeaus. Ein paar Kreise gezogen. Lässt sich super kreisen, kein tänzeln um die Hochachse erkennbar so wie bei höher gestreckten Seglern wie Nimbus 4 oder ASW22 etc.
Reagiert gut auf Querruder, nehme die Wölbklappen über einen Mischer allerdings zur Unterstützung ein wenig mit. Differenzierte Ausschläge: das jeweils benachbarte äußere Ruder schlägt etwas weiter aus als das nebenliegende innere, da weiter außen mehr "Weg" auf der Kreisbahn zurück gelegt werden muss.
Der von Tomahawk angegebene Schwerpunkt ist übrigens völlig unkritisch und passt super für den Erstflug!
Da heute weder Wind noch Thermik vorhanden war, konnte ich von der Telemetrie ein paar interessante Werte aus dem mit einer TEK-Pro-Düse von wstech verbundenen SM GPS 2 Logger (übrigens ein Klasse teil, individuell am PC konfigurierbar bzgl. Telemetriedatenvolumen) ablesen: Sinkgeschweindigkeit dauerhaft 0,3 bis 0,5m/s bei absolut ruhiger Luft, Geschwindigkeit über Grund bei neutralen Wölbklappen bei mir ca. 70km/h. Abrissgeschwindigkeit etwa 40km/h. Bei positiven Wölbklappen Geschwindigkeit ca. 52km/h, Abrissgeschwindigkeit unverändert ca. 40km/h.
Was für ein Genuss, trotz null Thermik und null wind relativ lange oben bleiben zu können! Meine biosherigen Segler hatten eine deutlich höhere Sinkgeschwindigkeit in ruhiger thermikloser Luft!
Landung: Die Störklappen wirken super, etwa 3m/s Sinken bei voll ausgefahrenen Bremsklappen (serienmäßig von Schambeck). Weiträumig angeflogen, alle Ruder neutral, keine Wölbklappen gefahren. Bei voll ausgefahrenen Störklappen nimmt der Flieger die Nase leicht runter, aber wirklich nur minimal. Ein Stück hinter der Hälfte unserer Platzlänge (ca. 230m gesamt) aufgesetzt und ausgerollt.
Alles super gelaufen!
Vor dem Flug hatte ich ein weniog Bedenken, weil gar kein Gegenwind vorhanden war. Keine Ahnung wie schnell der Flieger zur Landung reinkommen würde!?! Aber es waren nichteinmal Wölbklappen (langsamere Anfluggeschwindigkeit) für die Landung notwendig.
Etwas später folgte dann noch der zweite Flug bei identischen Wetterbedingungen. Auch hier erfolgen Bodenstartstart, Flug sowie Landung ebenso problemlos wie zuvor. Scheinbar passt das Konzept mit dem Nasenantrieb und dem eigenständigen Bodenstart hier sehr gut. Die Langzeiterfahrung wird es zeigen.
Ich habe für den zweiten Flug 5% Höhenruder zu den Störklappen dazu gemischt. Denn durch das kleinste Runternehmen der Nase (ohne Mischer) steigt die Fluggeschwindigkeit (bzgl Landung) spürbar an und man merkt schon deutlich, wie die Masse schiebt, auch beim Ausrollen am Boden!
Für die nächsten Flüge werde ich persönlich noch etwas tiefer anfliegen, damit ich nicht so weit laufen muss nach der Landung
Denn ohne gefahren Störklappen läuft der Vogel ziemlich weit in der Luft beim Endanflug!
Schlusswort:
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Abschließen kann ich sagen, dass ich vom Gesamtkonzept und den heute gemachten ersten Flugerfahrungen begeistert bin. Die vollständige Unabhängigkeit von Schleppflugzeugen gepaart mit dem (scheinbar) völlig problemlosen Bodenstartverhalten dieses Modells lässt hoffen, dass ich endlich meinen alltagstauglichen XXL Großsegler gefunden habe, welcher sich gleichzeitig auch in nahezu jedem Auto (auch Nicht-Kombis) problemlos und stressfrei transportieren lässt dank teilbarem Rumpf und nur ca. 2,20m langen Flügelteilen.
Und: Da ich mich nicht mit streikenden oder allgemein Probleme bereitenden Klapptriebwerken herumärgern muss (sorry Franz, ist nicht böse gemeint) und gleichzeitig mit Nasenantrieb noch mindestens 2.000 Euro gespart habe, bin ich überzeugt, dass die Fraktion FES-Antrieb bei Großseglern weiter wachsen wird!
Einen nervigen Kritikpunkt am Modell habe ich dann allerdings doch: Durch die große Oberfläche des Fliegers hat man wegen dem ganzen Fliegenschiss mit feuchtem Tuch am Ende des Flugtages viel zu putzen...
PS: Anbei noch ein paar Fotos am Boden. Ein Vereinskollege hat den zweiten Start sowie die zweite Landung freundlicherweise mit seinem Smartphone gefilmt. Die Sequenzen lade ich morgen mal hoch und reiche sie dann nach.