Liebes Tagebuch :-)
Frei nach Trapper-Toni: ich habe Jungfernflug! Der Whirli lebt noch, der Pilot ist happy - so gesehen war es also ein voller Erfolg, auch wenn die Bedingungen widrig waren:
Je näher das Wochenende kam, desto gespannter schaute ich auf den Wetterbericht. Der sagte für Samstag ganztägig Sonne voraus, für Sonntag war Sonne mit im Tagesverlauf zunehmender Bewölkung vorhergesagt. Also war es gesetzt: Samstag sollte der Erstflug stattfinden.
Letzten Herbst habe ich in der Nähe ein schönes Fleckchen gefunden, das meines Erachtens ideal für einen Erstflug ist. Ein Buckel auf einem weiträumigen Hügel, der Buckel selbst ist Grasfläche, drumherum Felder. Bäume erst in weiterer Entfernung, so dass eventueller Wind also unverwirbelt ankommt, und auch keine bösen Überraschungen mit Springbäumen lauern dürften. Dort sollte es hingehen.
Nach dem Mittagessen habe ich schnell noch einen kurzen Fototermin mit dem Whirli im Vorgarten eingelegt, mit Sonnenschein und blühendem Krokus, als wäre es bestellt - wer genau hinschaut, sieht die bereits auf der Nase als "Angstblei" aufgeklebte 20-Cent-Münze:
Dann ab ins Auto und auf Richtung designiertem Erstfluggelände. 20 Fahrtminuten später dann die Ernüchterung. Während es daheim quasi windstill war, blies der Wind hier ganz ordentlich. Schlimmer aber: was im Herbst noch Wiese war, ist jetzt zum Grossteil zum Acker umgepflügt. Zwar gibt es noch Rasenfläche, aber leider auf der Leeseite des Buckels, und somit ungeeignet. Das war wohl nix.
Nun gut, also zurück ins Auto und zwei Kilometer weiter gefahren, dort ist auch eine schöne Wiese und ein leicht abfallender Hang passend zur Windrichtung. Diese Wiese existierte auch noch so, wie ich sie im Herbst zuletzt gesehen habe - Glück gehabt. Der Wind pustete aber weiterhin recht kräftig, mit geschätzten 4 Windstärken - alles andere als ideal für einen Erstflug mit einem F3K-Modell, aber hey, Mut zur Lücke, muss gehen. Der erste zaghafte Speerwurf verlief unspektakulär - der Whirli flog, als hätte er nie was anderes getan, und mit einem kleinen Jauchzer wich auch prompt die Anspannung des Piloten. Es folgten Drehwürfe mit zunehmender Stärke, hier und da ein bisschen Feintuning an den Ruderausschläge, und so kamen insgesamt zwei Flugstunden im eisigen Hangwind zusammen.
Trotz der nicht optimalen Bedingungen war es ein erfreulich unspektakulär Tag. Eigentlich. Denn uneigentlich hatte der Whirli beweisen müssen, was er aushält. Und das ging so:
Nachdem ich die daheim sehr rudimentär vorgenommene Grundprogrammierung (keine Flugphasen, nur etwas Wegbegrenzung und Expo auf den Querrudern, ...) etwas optimiert habe und damit für den Moment ganz gut klar kam, wollte ich etwas gegen den recht schwachen Steigwinkel beim Start tun. Bei meinem Funny Fast Birdy hatte ich auf einem Momentschalter einen Mischer programmiert, den ich am Ende der Steigphase betätige, um ihn die Waagerechte zu bringen. Hier wollte ich den Momentschalter nutzen, um kurz vor dem Loslassen Höhe zu geben, damit der Whirli im richtigen Winkel wegsteigt. Ich meinte mich auch noch zu erinnern, wie ich das beim FFB damals gemacht habe, war nicht schwer... also, dann mal los. In der Tat war der Mischer schnell eingerichtet. Ein kurzer Funktionstest: Switch betätigen, Höhenruder geht nach unten. Prima, geht. Also dann: Drehwurf, Schalter ziehen, loslassen... und schon schlug der Whirli mit einem lauten Rumms drei Meter von mir entfernt mit der Nase im Boden ein. Zum Glück war das nur ein 50%-Wurf, und der Boden war noch recht weich wegen des Regens der letzten Tage. Dem Pilot entfuhr ein lautes "Sch****e!", aber der Whirli war munter und wohlauf - Glück gehabt.
Ok, der Fehler war auch gleich identifiziert, und der aufmerksame Leser wird ihn schon im letzten Absatz bemerkt haben: ich hatte den Switch auf Tiefe gelegt, wohl in der (unbewussten) Erinnerung daran, wie es beim Birdy war. Der Schreck saß noch tief, also löschte ich den Mischer erstmal und flog ein paar Runden. Dann kehrte der Mut zurück... ist doch nicht so schwer, der Mischer muss nur andersherum programmiert werden, was soll da schon schiefgehen. Gesagt, getan. Mischer programmiert, Schalter betätigt, Ruder geht auf Höhe, prima. Testen wir es mal.
Den nun beschriebenen Ablauf bitte in Zeitlupe vorstellen: Drehwurf, ca. 30% Kraft, dann losgelassen. Der Whirli entgleitet sanft der Hand. Das Auge nimmt wahr, dass er eine sanfte Kurve gen Boden macht, während das Gehirn gerade darauf kommt, dass der Finger vergessen hat, vor dem Abwurf den Schalter zu ziehen. Der Finger reagiert rasch, um das Versäumnis auszubügeln. Das Auge nimmt wahr, dass der Flieger sich abfängt und eine leichte Aufwärtskurve beschreibt. Das Hirn verarbeitet aber gerade erst die Bilder, die vor dem Ziehen des Schalters entstanden waren... "hä, huch, wieso geht der jetzt runter - Mist, Schalter falsch programmiert!". Der Finger lässt den Schalter los. Zwischenzeitlich hat die Verarbeitung der Bilder begonnen, die nach dem Ziehen des Schalters entstanden. "Puh, Glück gehabt, das ging gerade nochmal..." RUMMS. "Äh, wie jetzt?!" Schon wieder machte der Whirli einen auf Vogel Strauss, diesmal gute 20m entfernt vom Startpunkt.
Die anschliessende Diagnose: das entstand, weil ich den Mischer irgendwie so programmiert habe, dass ohne gezogenen Schalter Tiefenruder gegeben wurde, und beim ziehen des Schalters dann Höhenruder. So kam es dann nach dem Abwurf zu einem kurzen Wellenflug, der im angrenzenden - kürzlich aufgepflügten und regenbedingt weichen - Acker endete. Wiederum Glück im Unglück, kein bleibender Schaden erkennbar. Diesmal kam dann auch endlich die abschliessende Erkenntnis, dass es eine ziemlich bescheuerte Idee ist, solche Dinge im Wind stehend auf der Wiese "mal eben schnell" zu programmieren.
Dank Jan Hennings Arbeit hat der Rumpf diese zwei Stecklandungen klaglos überstanden. Erst daheim entdeckte ich, dass eine der Harzraupen am Servobrett "losgelassen" hat und nun munter im Rumpf rumfiel. Das Servobrett sass aber noch fest, und die Raupe wurde auch schon wieder ersetzt, also alles gute gegangen.
Unter dem Strich also ein schöner, nicht ganz unaufregender und keineswegs alltäglicher Erstflugtag. Am Abend wurde dann genossen: 4cl für den Piloten, 212mA für den Akku:
Sonntag. Neuer Tag, neues Glück. Morgens aus dem Fenster geschaut: wolkig, aber windstill. Heureka!
Von Hügeln hatte ich erstmal genug. Deshalb sollte es diesmal auf eine nahegelegene, recht grossräumige Wiese gehen, die ich nach gut 10 Minuten Fussweg durch ein Wäldchen erreichen kann.
Also habe ich meinen Kram eingepackt und bin losgelaufen... und merkte schon unterwegs, dass es keineswegs so windstill war, wie es daheim noch aussah. Am Ziel angekommen, bestätigte sich der Eindruck: nahezu die gleiche Windstärke wie am Tag davor, nur eben in der Ebene. Egal, nun war ich halt da. An "Thermik suchen" war natürlich nicht zu denken, wenn sich überhaupt welche gebildet hatte, ist sie gleich verblasen worden. Die Idee, die Heuballen als "Minihang" zu nutzen, habe ich auch rasch wieder aufgegeben, der Wind war mir zu bockig und die Gefahr zu gross, dass ich den Flieger am Ende noch in den Bäumen links versenke.
Im Wesentlichen habe ich die Gelegenheit genutzt, ein gepflegtes Stündchen lang Würfe zu üben und trotz der Böen sicher zu landen. Auch das war also nicht das "richtige" einfliegen. Aber vielleicht war das auch ganz gut so - es war jedenfalls eine "vertrauensbildende Massnahme" für mich und den Whirli, und ich fühle mich schon ein gutes Stück sicherer mit ihm.
Übrigens hat sich gezeigt, dass der Grund für den geringen Steigwinkel beim Start in den HLW-Federn lag. Samstag abend habe ich von 2 x 0,3er 90-Grad Federn auf 1 x 0,5er 100-Grad-Feder gewechselt. Schon in der Werkstatt entstand der Eindruck, dass die Feder jetzt stärker ist, und das hat sich auf dem Feld am Sonntag auch bestätigt.
Und was kann ich sonst noch an Erkenntnissen aus den ersten rund drei Flugstunden mit dem Whirli ziehen? Nun, zunächst mal die, dass ich ein alter, völlig untrainierter Sack bin, der jetzt Muskelkater in den dollsten Muskelpartien hat
Ausserdem musste ich feststellen, dass es keineswegs so leicht ist, wie man vielleicht glaubt, die beim Studium der unterschiedlichsten Wurftechnikvideos in Gedanken schon eingeübten Bewegungsabläufe in die Tat umzusetzen. Das gilt insbesondere für die Wurftechnik von Jun Catacutan, den ich mir als Vorbild auserkoren habe...
Aber als abschliessendes Fazit kann ich unumwunden sagen: das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft, die hoffentlich noch lange halten wird!