UweH
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Horten IX V3 / Go 229 V3 Erklärungsversuch der Instabilität mit Impeller
Horten IX V3 / Go 229 V3 Erklärungsversuch der Instabilität mit Impeller
Ich glaube einen Maßkrug auf einem Besenstiel während des fliegens eines Horten IX-Impeller-Modells zu balancieren ist schwieriger als einen Styroporstreifen im bewegten Luftstrom zu balancieren
Ihr liebe Leut wie man bei mir Daheim sagt, ich hab mir aufbauend auf dem Erklärungsansatz von Groovy noch mal ein paar Gedanken über das Instabilitätsproblem der H IX-Impeller gemacht, hier mein Erklärungsversuch, sorry dass es so lang ist:
Horten-Nurflügel haben Aufgrund des fehlenden Seitenleitwerks eine geringe Dämpfung um die Hochachse, sie stabilisieren sich nur über die Pfeilung (vergleiche Nickel/Wohlfahrt, "Schwanzlose Flugzeuge", Seite 142ff). Das führt dazu, daß bei einem Querruderausschlag zur Einleitung einer Kurve, sagen wir nach links, der Flieger durch das negative Wendemoment zuerst falsch rum nach rechts zu schieben beginnt. Zum Glück rollt er dabei auch nach links, also richtig rum, so daß ihn das Schiebegiermoment dann richtig rum in die Kurve dreht.
Diese Stabilisierungswirkung aus der Pfeilung ist auftriebsabhängig. Je geringer der Anstellwinkel und damit der Auftrieb, umso geringer ist die Stabilisierungswirkung.
Das ist sowohl bei den Horten-Seglern als auch bei den Horten-Motorflugzeugen so. Solange das Flugzeug ausreichend gut rollen kann und keine weiteren destabilisierenden Effekte dazu kommen ist das kein Problem.
Bei den Jets und Motorflugzeugen kommt jetzt aber ein Faktor zur Flugzeugaerodynamik dazu, der einen großen Einfluß hat: der Schub des Antriebs mit seinem Schubvektor.
Wird bei einer Horten eine Kurve eingeleitet, dann giert das Flugzeug wie oben beschrieben zunächst in die falsche Richtung. Dadurch zeigt der Schubvektor des Antriebs ebenso in die falsche Richtung aus der Kurve
heraus und verstärkt das Schieben. Fliegt das Flugzeug mit niedrigem Anstellwinkel und cA, dann ist zwar der auftriebsabhängige negative Wendemoment gering, aber auch die Pfeilungsstabilisierung ist gering.
Das Flugzeug giert bis zum Abriss bevor es richtig rum in die Kurve rollen kann und somit lange bevor das Schiebegiermoment greift.
Fliegt das Flugzeug mit hohem Anstellwinkel und cA, dann ist auch der negative Wendemoment groß, das Flugzeug giert in die falsche Richtung und der Schubvektor des Antriebs schiebt in die falsche Richtung bis zum Abriß weiter.
Man sieht also, dass kein Weg an den Problemen vorbeizuführen scheint, trotzdem fliegen die Hortentypen mit Schubpropeller und Schubstrahlaustritt hinter dem Flugzeugheck problemlos Kurven ....meistens jedenfalls
Bei Horten mit Heckpropeller sollte der Schubvektor beim einleiten von Kurven eigentlich auch durch das Gegengieren aus der Kurve heraus zeigen, aber das Beharrungsvermögen der rotierenden Propellermasse dämpft das System so stark, dass das Gegengieren unterbleibt oder so stark gedämpft wird, dass der Rollvorgang in die richtige Richtung eingeleitet wird bevor es zu Problemen kommt. (siehe die Erklärung von Groovy auf Seiten 3 und 6)
Um herauszufinden ob das tatsächlich so ist hab ich verschiedene Versuche mit meiner Horten XII mit Heckpropeller gemacht. Zunächst hab ich Rollen mit hoher Motordrehzahl geflogen. Die kamen ohne viel Gegensteuern wie am Schnürchen. Die Rollen mit wenig Motordrehzahl gelangen jedoch trotz allen Gegensteuerns überhaupt nicht rund, das Heck des Modells drehte sich scheinbar in einer Kreisbahn um die Flugzeugnase.
Noch deutlicher ist die Stabilisierungswirkung des Propellerkreises zu überprüfen wenn man schnelle Kurvenwechsel links/rechts fliegt. Sowohl bei hoher als auch bei niedriger Drehzahl schaukelt sich meine XII auf, aber bei wenig Propdrehzahl genügen schon 2-3 Kurvenwechsel und man bekommt Angst weil extreme Schiebezustände auftreten. Bei viel Drehzahl sind es mehr als doppelt so viele.
Jetzt könnte man argumentieren das liege an der unterschiedlichen Geschwindigkeit, cA, Pfeilungsstabilisierung, größerem negativem Wendemoment usw.. Ich flieg die XII inzwischen schon eine Weile und habe viel Routine mit dem Typ, aus dieser Routine heraus habe ich versucht Anstellwinkeleffekte durch anpassen der Flugbahn zu minimieren.
Ich bin mir sicher die beobachteten Effekte sind gyroskopische Folgen der Propellerdrehzahl.
Ein großer Hebelarm des Propellerkreises hinter (!) dem Schwerpunkt, hohe Drehzahl, große Propellermasse und große sonstige Massen weit hinter dem Flugzeug verstärken die dämpfende Wirkung.
Bei der Horten IX sind die Impeller normalerweise in der Nähe des Schwerpunkts untergebracht, die Innenläufermotoren und Kunststoff- oder Holzimpeller haben wenig Schwungmasse und der Schubvektor greift ebenfalls sehr nah am Schwerpunkt an. Das alles dämpft das falsche Gegengieren aus dem negativen Wendemoment nicht ausreichend, um den destabilisierenden Schubvektor aus der Kurve heraus im Zaum zu halten. Der Schubvektor dreht das Flugzeug um die Hochachse in den Strömungsabriß bevor es weit genug rollen kann um vom postiven Schiebegiermoment in die richtige Flugrichtung gedreht zu werden.
Im Gegensatz zu "Groovy" Christian bin ich der Überzeugung, dass dies die komplette Ursache des Problems ist. Dieser Erklärungsansatz steht fast so auch schon auf Seite 3 im Post # 35 dieses Threads, aber da war mir noch nicht klar wie das mit den Propellerflugzeugen zusammen paßt und wie ein paar andere Effekte zu erklären sind. Mit der differenten Kreiselstabilisierung aus den rotierenden Propeller- Impeller- und Turbinenläufermassen wird das System jetzt für mich schlüssig. Einen durch den Schubvektor induzierten falschen Flügel-cA halte ich als Ursache für wenig wahrscheinlich. Wir fliegen mit unseren Modellen ständig durch bewegte Luft und ständig ändert sich durch die Spannung zwischen Massenträgheit und aerodynamischen Kräften der induzierte Flügel-cA, ohne dass es so schnelle instabile Flugzustände zur Folge hätte wie sie bei der Horten IX regelmäßig zu beobachten sind wenn man es darauf anlegt.
Aber Christian, ohne Deinen Erklärungsversuch wäre ich nicht auf meinen gekommen. Im Nachbarforum meinte jemand dass ich offensichtlich ebenfalls Hilfe bei der Horten 229 bräuchte, er hatte Recht. Danke Christian.
Hier meine Erklärungen nochmal in Stichpunkten:
- Ursache der Instabilität der Horten IX-Impeller ist eine Anfachung der falschen Gierbewegung aus dem negativen Wendemoment durch den Schubvektor des Antriebs.
- Bei den Propellertypen ist das Gegengieren durch das Beharrungsvermögen des drehenden Props so stark gedämpft, dass das rollen und richtige gieren aus dem Schiebegiermoment die Fluglage schneller beeinflußt als der falsche Schubvekor.
- Bei den Impellertypen der IX ist die Dämpfung wegen des geringen Anstands der Schwungmassen und des Schubvektors zum Schwerpunkt nicht ausreichend.
- Bei Impellern vor dem Schwerpunkt wird das Problem verstärkt.
- Bei Propellern vor dem Schwerpunkt tritt das gleiche Problem wie bei den Impellern auf, weil die Schwungmasse vor dem Schwerpunkt das Gegengieren aus dem negativen Wendemoment verstärkt. Es ist als ob der Prop das Flugzeug an der Nase festhält und das Gegengieren aus dem negativen Wendemoment den Rest des Flugzeugs aus der Kurve dreht. Bei großen Modellen mit kleinen Zug-Props tritt das Problem wegen der Kräfteverhältnisse kaum auf, im Gegensatz zu z.B. relativ kleinen Frontmotor-Speedmodellen mit hohen Drehzahlen. Auch dafür gibt es Belege, z.B. hat die FluFlu 3 von Stephan Brehm keine Probleme und derjenige der Probleme hat und den ich hier nicht namentlich nennen möchte kapiert jetzt hoffentlich endlich mal woran das liegt
- Bei den Turbinen-IXer liegen die Schwungmassen und der Schubvektor zwar in Schwerpunktnähe, aber durch die hohe Drehzahl und die relativ hohe Masse des schweren Metallläufers ist das Beharrungsvermögen groß genug um die Probleme klein zu halten. Eric v. d. Hoogen ist mit einem Mehrklappenflügel mit relativ einfacher Klappenmischung ohne Schubröhren geflogen, bei John Wright mit konventioneller Klappenmischung genügen kurze Schubröhren zur Beseitigung der Probleme. Turbinen-IXer sind ohne Zusatzmaßnahmen und nur einer aktiven Steuerklappe pro Flügelhälfte genau an der Grenze zwischen Stabilität und Instabilität.
- Die Schubröhren wirken durch den von Groovy beschriebenen Besenstieleffekt, der neben dem Kreiseleffekt der zweite "Groschenschubser" bei mir war. Die Wirkung der Schubröhren ist nicht ganz einfach einzusehen, bzw. auch warum man einen längeren Besenstiel besser balancieren kann als einen kurzen. Bei der IX liegt es vereinfacht ausgedrückt daran, dass bei gleichem Antriebs-Schubvektor aus der Kurve heraus der Drehrichtungsvektor für das falsche Schieben aus dem negativen Wendemoment länger wird weil der Hebel um den Drehpunkt sich vergrößert. Das macht das System des falschen Gierens so träge (oder langsam), dass das richtige Rollen und der positive Schiebegiermoment schneller wirken.
- bei Hortentypen mit zentralem Schubvektor hinter dem Flugzeugheck wie z.B. jüngst die Turbinen-Schapel SA 882 wirkt der große Hebelarm des Schubvektors zum Schwerpunkt wie die Schubröhren bei der IX als Besenstieleffekt. Ist die Turbine mit ihrer großen Kreiselstabilisierung auch noch hinter dem Schwerpunkt angebracht, dann ist das System sozusagen idiotensicher weil gleich 2 Effekte das falschen Gieren dämpfen.
- bei den Seglern und Gleitern fehlt der destabilisierende Schubvektor aus der Kurve heraus. Ihre Konstruktion ist so ausgelegt, dass der negative Wendemoment durch das Rollen und das Schiebegiermoment ausgeglichen werden kann. Als gutes Mittel und praktikabler Kompromiss aus Leistung und Handling hat sich eine glockenförmige Zirkulationsverteilung sin^3 im Auslegungspunkt erwiesen.
Damit bin ich bei den möglichen Gegenmaßnahmen bei der Horten IX:
- Seitenflächen hinter dem Schwerpunkt dämpfen das System des falschen Gierens. Sie begrenzen den Schiebewinkel, dämpfen die Drehgeschwindigkeit und machen das System so träge (oder langsam), dass das richtige Rollen und der positive Schiebegiermoment schneller wirken als der falsche Schubvektor.
- richtig gemischte Mehrklappensysteme erzeugen Giermomente in Kurvenrichtung und wirken dem falschen gieren aus dem negativen Wendemoment entgegen.
- Bremssteuerung aus Bremsklappensystemen, Spreizklappen, einseitig Butterfly von Mehrklappenflügeln usw. können Giermomente gegen das negative Wendemoment erzeugen und die Instabilität beseitigen. Ich bin
aber der Überzeugung, dass sie unmittelbar zur Steuerung eingesetzt werden sollten. Eine mittelbare Stabilisierung über Gegensteuern durch den Piloten oder Kreisel dürften wegen der Reaktionsgeschwindigkeit schwierig in der Handhabung und wenig sicher sein.
- Ein Schubstrahlruder im Impellerauslaß, das ohne Kreisel parallel mit dem Querruder in Kurvenrichtung ausschlägt, sollte gegen den falschen Schubvektor so wirksam sein, dass es mindestsens bei einem Mehrklappenflügel die Frise-Nasen des Originals ersetzen kann. Welche Möglichkeiten so etwas noch bietet müßte getestet werden.
- positive Flügel-V-Form wirkt sich positiv auf den Schiebegiermoment aus, ich empfehle für die Horten IX 1,5 - 2° pro Seite. Das spart ein bisschen Detailarbeit an den vorbeschriebenen Gegenmaßnahmen.
Hier noch ein paar weniger ernst gemeinte Gegenmaßnahmen :
- Große Massen am Aussenflügel und Flugzeugheck dämpfen das falsche Gieren sowohl aus dem negativen Wendemoment als auch aus dem falschen Schubvektor. Leider kann man mit so einem Flugzeug dann trotzdem nur geradeaus oder ganz große Kreise fliegen weil das Gegenteil, also eine Massenzentralisierung bei Horten das Handling deutlich verbessert
- die Impeller möglichst weit hinter dem Schwerpunkt montieren, nur mit Außenläufermotoren betreiben und Platinrotoren verwenden
die Steigerung des vorgenannten Punktes wäre:
- die Außenläufer-Platin-Impeller in einer Art Anhänger hinter dem Flugzeug montieren. Dann ist zwar nur der vordere Teil des Gespanns Scale und man kommt in Erklärungsnöte warum der Anhänger kein Leitwerk ist, aber mit einem gelben Nummernschild dran erübrigen sich die Fragen dann meist vollständig
Ich nehme für mich nicht in Anspruch die tatsächliche, vollständige Ursache und Lösung für die Flugstabilitätsprobleme der Horten IX hier aufgeschrieben zu haben...aber ich hoffe es zumindest für die Ursache
Gruß,
Uwe.
P.S. den Besenstiel muß ich noch genauer erklären glaub ich. Ein kurzer und ein langer Besenstiel haben unterschiedliche Hebelarme zwischen Balancierfinger und Massenschwerpunkt. Wenn nun einer der Besenstiele beim Balancieren seitlich ausweicht und dabei der Massenschwerpunkt durch die Schwerkraft einen Weg von 5 mm Richtung Erdmittelpunkt zurück legt, dann ist die seitliche Auslenkung bei dem langen Besenstiel größer als bei dem kurzen. Da die Erdbeschleunigung 9,81 m/s² für beide gleich ist, benötigt der lange Besenstiel durch den größeren seitlichen Auslenkungsweg aber mehr Zeit für die gleiche Vertikalbewegung und das ermöglicht so langsamen alten Knackern wie mir auch einen Besenstiel auf einem Finger zu balancieren solange er lang genug ist
P.P.S.: Alkohol ist die eigentliche Ursache aller Probleme, aber Homer Simpson meint es wäre auch gleichzeitig die Lösung aller Probleme..in diesem Sinne Prost und Gute Nacht
Horten IX V3 / Go 229 V3 Erklärungsversuch der Instabilität mit Impeller
Ich glaube einen Maßkrug auf einem Besenstiel während des fliegens eines Horten IX-Impeller-Modells zu balancieren ist schwieriger als einen Styroporstreifen im bewegten Luftstrom zu balancieren
Ihr liebe Leut wie man bei mir Daheim sagt, ich hab mir aufbauend auf dem Erklärungsansatz von Groovy noch mal ein paar Gedanken über das Instabilitätsproblem der H IX-Impeller gemacht, hier mein Erklärungsversuch, sorry dass es so lang ist:
Horten-Nurflügel haben Aufgrund des fehlenden Seitenleitwerks eine geringe Dämpfung um die Hochachse, sie stabilisieren sich nur über die Pfeilung (vergleiche Nickel/Wohlfahrt, "Schwanzlose Flugzeuge", Seite 142ff). Das führt dazu, daß bei einem Querruderausschlag zur Einleitung einer Kurve, sagen wir nach links, der Flieger durch das negative Wendemoment zuerst falsch rum nach rechts zu schieben beginnt. Zum Glück rollt er dabei auch nach links, also richtig rum, so daß ihn das Schiebegiermoment dann richtig rum in die Kurve dreht.
Diese Stabilisierungswirkung aus der Pfeilung ist auftriebsabhängig. Je geringer der Anstellwinkel und damit der Auftrieb, umso geringer ist die Stabilisierungswirkung.
Das ist sowohl bei den Horten-Seglern als auch bei den Horten-Motorflugzeugen so. Solange das Flugzeug ausreichend gut rollen kann und keine weiteren destabilisierenden Effekte dazu kommen ist das kein Problem.
Bei den Jets und Motorflugzeugen kommt jetzt aber ein Faktor zur Flugzeugaerodynamik dazu, der einen großen Einfluß hat: der Schub des Antriebs mit seinem Schubvektor.
Wird bei einer Horten eine Kurve eingeleitet, dann giert das Flugzeug wie oben beschrieben zunächst in die falsche Richtung. Dadurch zeigt der Schubvektor des Antriebs ebenso in die falsche Richtung aus der Kurve
heraus und verstärkt das Schieben. Fliegt das Flugzeug mit niedrigem Anstellwinkel und cA, dann ist zwar der auftriebsabhängige negative Wendemoment gering, aber auch die Pfeilungsstabilisierung ist gering.
Das Flugzeug giert bis zum Abriss bevor es richtig rum in die Kurve rollen kann und somit lange bevor das Schiebegiermoment greift.
Fliegt das Flugzeug mit hohem Anstellwinkel und cA, dann ist auch der negative Wendemoment groß, das Flugzeug giert in die falsche Richtung und der Schubvektor des Antriebs schiebt in die falsche Richtung bis zum Abriß weiter.
Man sieht also, dass kein Weg an den Problemen vorbeizuführen scheint, trotzdem fliegen die Hortentypen mit Schubpropeller und Schubstrahlaustritt hinter dem Flugzeugheck problemlos Kurven ....meistens jedenfalls
Bei Horten mit Heckpropeller sollte der Schubvektor beim einleiten von Kurven eigentlich auch durch das Gegengieren aus der Kurve heraus zeigen, aber das Beharrungsvermögen der rotierenden Propellermasse dämpft das System so stark, dass das Gegengieren unterbleibt oder so stark gedämpft wird, dass der Rollvorgang in die richtige Richtung eingeleitet wird bevor es zu Problemen kommt. (siehe die Erklärung von Groovy auf Seiten 3 und 6)
Um herauszufinden ob das tatsächlich so ist hab ich verschiedene Versuche mit meiner Horten XII mit Heckpropeller gemacht. Zunächst hab ich Rollen mit hoher Motordrehzahl geflogen. Die kamen ohne viel Gegensteuern wie am Schnürchen. Die Rollen mit wenig Motordrehzahl gelangen jedoch trotz allen Gegensteuerns überhaupt nicht rund, das Heck des Modells drehte sich scheinbar in einer Kreisbahn um die Flugzeugnase.
Noch deutlicher ist die Stabilisierungswirkung des Propellerkreises zu überprüfen wenn man schnelle Kurvenwechsel links/rechts fliegt. Sowohl bei hoher als auch bei niedriger Drehzahl schaukelt sich meine XII auf, aber bei wenig Propdrehzahl genügen schon 2-3 Kurvenwechsel und man bekommt Angst weil extreme Schiebezustände auftreten. Bei viel Drehzahl sind es mehr als doppelt so viele.
Jetzt könnte man argumentieren das liege an der unterschiedlichen Geschwindigkeit, cA, Pfeilungsstabilisierung, größerem negativem Wendemoment usw.. Ich flieg die XII inzwischen schon eine Weile und habe viel Routine mit dem Typ, aus dieser Routine heraus habe ich versucht Anstellwinkeleffekte durch anpassen der Flugbahn zu minimieren.
Ich bin mir sicher die beobachteten Effekte sind gyroskopische Folgen der Propellerdrehzahl.
Ein großer Hebelarm des Propellerkreises hinter (!) dem Schwerpunkt, hohe Drehzahl, große Propellermasse und große sonstige Massen weit hinter dem Flugzeug verstärken die dämpfende Wirkung.
Bei der Horten IX sind die Impeller normalerweise in der Nähe des Schwerpunkts untergebracht, die Innenläufermotoren und Kunststoff- oder Holzimpeller haben wenig Schwungmasse und der Schubvektor greift ebenfalls sehr nah am Schwerpunkt an. Das alles dämpft das falsche Gegengieren aus dem negativen Wendemoment nicht ausreichend, um den destabilisierenden Schubvektor aus der Kurve heraus im Zaum zu halten. Der Schubvektor dreht das Flugzeug um die Hochachse in den Strömungsabriß bevor es weit genug rollen kann um vom postiven Schiebegiermoment in die richtige Flugrichtung gedreht zu werden.
Im Gegensatz zu "Groovy" Christian bin ich der Überzeugung, dass dies die komplette Ursache des Problems ist. Dieser Erklärungsansatz steht fast so auch schon auf Seite 3 im Post # 35 dieses Threads, aber da war mir noch nicht klar wie das mit den Propellerflugzeugen zusammen paßt und wie ein paar andere Effekte zu erklären sind. Mit der differenten Kreiselstabilisierung aus den rotierenden Propeller- Impeller- und Turbinenläufermassen wird das System jetzt für mich schlüssig. Einen durch den Schubvektor induzierten falschen Flügel-cA halte ich als Ursache für wenig wahrscheinlich. Wir fliegen mit unseren Modellen ständig durch bewegte Luft und ständig ändert sich durch die Spannung zwischen Massenträgheit und aerodynamischen Kräften der induzierte Flügel-cA, ohne dass es so schnelle instabile Flugzustände zur Folge hätte wie sie bei der Horten IX regelmäßig zu beobachten sind wenn man es darauf anlegt.
Aber Christian, ohne Deinen Erklärungsversuch wäre ich nicht auf meinen gekommen. Im Nachbarforum meinte jemand dass ich offensichtlich ebenfalls Hilfe bei der Horten 229 bräuchte, er hatte Recht. Danke Christian.
Hier meine Erklärungen nochmal in Stichpunkten:
- Ursache der Instabilität der Horten IX-Impeller ist eine Anfachung der falschen Gierbewegung aus dem negativen Wendemoment durch den Schubvektor des Antriebs.
- Bei den Propellertypen ist das Gegengieren durch das Beharrungsvermögen des drehenden Props so stark gedämpft, dass das rollen und richtige gieren aus dem Schiebegiermoment die Fluglage schneller beeinflußt als der falsche Schubvekor.
- Bei den Impellertypen der IX ist die Dämpfung wegen des geringen Anstands der Schwungmassen und des Schubvektors zum Schwerpunkt nicht ausreichend.
- Bei Impellern vor dem Schwerpunkt wird das Problem verstärkt.
- Bei Propellern vor dem Schwerpunkt tritt das gleiche Problem wie bei den Impellern auf, weil die Schwungmasse vor dem Schwerpunkt das Gegengieren aus dem negativen Wendemoment verstärkt. Es ist als ob der Prop das Flugzeug an der Nase festhält und das Gegengieren aus dem negativen Wendemoment den Rest des Flugzeugs aus der Kurve dreht. Bei großen Modellen mit kleinen Zug-Props tritt das Problem wegen der Kräfteverhältnisse kaum auf, im Gegensatz zu z.B. relativ kleinen Frontmotor-Speedmodellen mit hohen Drehzahlen. Auch dafür gibt es Belege, z.B. hat die FluFlu 3 von Stephan Brehm keine Probleme und derjenige der Probleme hat und den ich hier nicht namentlich nennen möchte kapiert jetzt hoffentlich endlich mal woran das liegt
- Bei den Turbinen-IXer liegen die Schwungmassen und der Schubvektor zwar in Schwerpunktnähe, aber durch die hohe Drehzahl und die relativ hohe Masse des schweren Metallläufers ist das Beharrungsvermögen groß genug um die Probleme klein zu halten. Eric v. d. Hoogen ist mit einem Mehrklappenflügel mit relativ einfacher Klappenmischung ohne Schubröhren geflogen, bei John Wright mit konventioneller Klappenmischung genügen kurze Schubröhren zur Beseitigung der Probleme. Turbinen-IXer sind ohne Zusatzmaßnahmen und nur einer aktiven Steuerklappe pro Flügelhälfte genau an der Grenze zwischen Stabilität und Instabilität.
- Die Schubröhren wirken durch den von Groovy beschriebenen Besenstieleffekt, der neben dem Kreiseleffekt der zweite "Groschenschubser" bei mir war. Die Wirkung der Schubröhren ist nicht ganz einfach einzusehen, bzw. auch warum man einen längeren Besenstiel besser balancieren kann als einen kurzen. Bei der IX liegt es vereinfacht ausgedrückt daran, dass bei gleichem Antriebs-Schubvektor aus der Kurve heraus der Drehrichtungsvektor für das falsche Schieben aus dem negativen Wendemoment länger wird weil der Hebel um den Drehpunkt sich vergrößert. Das macht das System des falschen Gierens so träge (oder langsam), dass das richtige Rollen und der positive Schiebegiermoment schneller wirken.
- bei Hortentypen mit zentralem Schubvektor hinter dem Flugzeugheck wie z.B. jüngst die Turbinen-Schapel SA 882 wirkt der große Hebelarm des Schubvektors zum Schwerpunkt wie die Schubröhren bei der IX als Besenstieleffekt. Ist die Turbine mit ihrer großen Kreiselstabilisierung auch noch hinter dem Schwerpunkt angebracht, dann ist das System sozusagen idiotensicher weil gleich 2 Effekte das falschen Gieren dämpfen.
- bei den Seglern und Gleitern fehlt der destabilisierende Schubvektor aus der Kurve heraus. Ihre Konstruktion ist so ausgelegt, dass der negative Wendemoment durch das Rollen und das Schiebegiermoment ausgeglichen werden kann. Als gutes Mittel und praktikabler Kompromiss aus Leistung und Handling hat sich eine glockenförmige Zirkulationsverteilung sin^3 im Auslegungspunkt erwiesen.
Damit bin ich bei den möglichen Gegenmaßnahmen bei der Horten IX:
- Seitenflächen hinter dem Schwerpunkt dämpfen das System des falschen Gierens. Sie begrenzen den Schiebewinkel, dämpfen die Drehgeschwindigkeit und machen das System so träge (oder langsam), dass das richtige Rollen und der positive Schiebegiermoment schneller wirken als der falsche Schubvektor.
- richtig gemischte Mehrklappensysteme erzeugen Giermomente in Kurvenrichtung und wirken dem falschen gieren aus dem negativen Wendemoment entgegen.
- Bremssteuerung aus Bremsklappensystemen, Spreizklappen, einseitig Butterfly von Mehrklappenflügeln usw. können Giermomente gegen das negative Wendemoment erzeugen und die Instabilität beseitigen. Ich bin
aber der Überzeugung, dass sie unmittelbar zur Steuerung eingesetzt werden sollten. Eine mittelbare Stabilisierung über Gegensteuern durch den Piloten oder Kreisel dürften wegen der Reaktionsgeschwindigkeit schwierig in der Handhabung und wenig sicher sein.
- Ein Schubstrahlruder im Impellerauslaß, das ohne Kreisel parallel mit dem Querruder in Kurvenrichtung ausschlägt, sollte gegen den falschen Schubvektor so wirksam sein, dass es mindestsens bei einem Mehrklappenflügel die Frise-Nasen des Originals ersetzen kann. Welche Möglichkeiten so etwas noch bietet müßte getestet werden.
- positive Flügel-V-Form wirkt sich positiv auf den Schiebegiermoment aus, ich empfehle für die Horten IX 1,5 - 2° pro Seite. Das spart ein bisschen Detailarbeit an den vorbeschriebenen Gegenmaßnahmen.
Hier noch ein paar weniger ernst gemeinte Gegenmaßnahmen :
- Große Massen am Aussenflügel und Flugzeugheck dämpfen das falsche Gieren sowohl aus dem negativen Wendemoment als auch aus dem falschen Schubvektor. Leider kann man mit so einem Flugzeug dann trotzdem nur geradeaus oder ganz große Kreise fliegen weil das Gegenteil, also eine Massenzentralisierung bei Horten das Handling deutlich verbessert
- die Impeller möglichst weit hinter dem Schwerpunkt montieren, nur mit Außenläufermotoren betreiben und Platinrotoren verwenden
die Steigerung des vorgenannten Punktes wäre:
- die Außenläufer-Platin-Impeller in einer Art Anhänger hinter dem Flugzeug montieren. Dann ist zwar nur der vordere Teil des Gespanns Scale und man kommt in Erklärungsnöte warum der Anhänger kein Leitwerk ist, aber mit einem gelben Nummernschild dran erübrigen sich die Fragen dann meist vollständig
Ich nehme für mich nicht in Anspruch die tatsächliche, vollständige Ursache und Lösung für die Flugstabilitätsprobleme der Horten IX hier aufgeschrieben zu haben...aber ich hoffe es zumindest für die Ursache
Gruß,
Uwe.
P.S. den Besenstiel muß ich noch genauer erklären glaub ich. Ein kurzer und ein langer Besenstiel haben unterschiedliche Hebelarme zwischen Balancierfinger und Massenschwerpunkt. Wenn nun einer der Besenstiele beim Balancieren seitlich ausweicht und dabei der Massenschwerpunkt durch die Schwerkraft einen Weg von 5 mm Richtung Erdmittelpunkt zurück legt, dann ist die seitliche Auslenkung bei dem langen Besenstiel größer als bei dem kurzen. Da die Erdbeschleunigung 9,81 m/s² für beide gleich ist, benötigt der lange Besenstiel durch den größeren seitlichen Auslenkungsweg aber mehr Zeit für die gleiche Vertikalbewegung und das ermöglicht so langsamen alten Knackern wie mir auch einen Besenstiel auf einem Finger zu balancieren solange er lang genug ist
P.P.S.: Alkohol ist die eigentliche Ursache aller Probleme, aber Homer Simpson meint es wäre auch gleichzeitig die Lösung aller Probleme..in diesem Sinne Prost und Gute Nacht